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SoWi Seitenblicke Text: Univ.-Prof. Dr. Gustav Wachter<br />
> Ausgangssituation<br />
Bis vor kurzem hat es für Juristen in Österreich<br />
nur eine einzige Studienrichtung<br />
gegeben, nämlich „RECHTSWISSEN-<br />
SCHAFTEN“ (Studiendauer: 8 Semester,<br />
Semesterstunden: 100 – 125). Für die Gestaltung<br />
dieses Studiums gilt (gemäß § 3<br />
Z 11 UniStG) der Grundsatz, dass die Berufszugänge<br />
gewährleistet werden müssen.<br />
Die Studienpläne für die Studienrichtung<br />
„Rechtswissenschaften“ müssen in<br />
ganz Österreich so ausgestaltet werden,<br />
dass sie eine wissenschaftliche Berufsvorbereitung<br />
für so unterschiedliche<br />
Berufe wie Richter, Rechtsanwalt usw.<br />
bieten. Daraus resultieren eine universaljuristische<br />
Ausrichtung dieses Studiums<br />
und eine Konzentration auf die Rechtsfächer;<br />
wirtschaftliches Wissen, Sprachen<br />
usw. können nicht ausreichend vermittelt<br />
werden.<br />
Für Juristen ist es in den vergangenen<br />
Jahren schwieriger geworden, einen<br />
Arbeitsplatz zu finden. Positionen in der<br />
Wirtschaft, die früher selbstverständlich<br />
von Juristen bekleidet worden sind,<br />
werden immer häufiger mit Nichtjuristen<br />
besetzt. Für die Unternehmen ist allerdings<br />
auch der Einsatz von Nichtjuristen<br />
oft nicht ideal, weil diese nicht über das<br />
in vielen Bereichen an der Schnittstelle<br />
zwischen Wirtschaft und Recht doch<br />
unerlässliche grundlegende juristische<br />
Wissen verfügen.<br />
Alledem ist nach meiner schon lange<br />
gereiften Überzeugung mit einer eigenen<br />
wirtschaftsjuristischen Studienrichtung<br />
zu begegnen. Dazu konnte unlängst ein<br />
hervorragender Erfolg gefeiert werden:<br />
Über Initiative von Dekan Weber und<br />
mir hat der Gesetzgeber folgende neue<br />
juristische Studienrichtung geschaffen:<br />
„WIRTSCHAFTSRECHT“ (Studiendauer:<br />
9 Semester, Semesterstunden: 130 bis<br />
155). Damit ist es nun erstmals mög-<br />
26<br />
Neue Studienrichtung<br />
„Wirtschaftsrecht“<br />
an der ReWi-Fakultät<br />
lich, neben dem klassischen Studium<br />
„Rechtswissenschaften“ ein innovatives<br />
neues Studium anzubieten, mit dem<br />
Juristen ausgebildet werden, die für die<br />
Wirtschaft maßgeschneidert sind.<br />
> Ziel und Inhalte der Studienrichtung<br />
„Wirtschaftsrecht“<br />
Ziel der neuen Studienrichtung ist die<br />
Berufsvorbereitung für „JURISTEN FÜR<br />
DIE WIRTSCHAFT“ (und wirtschaftsnahe<br />
Berufe). Es werden aber nicht etwa<br />
„Schmalspurjuristen“ ausgebildet werden,<br />
sondern vollwertige Juristen, allerdings<br />
mit einer speziellen Ausrichtung auf die<br />
Wirtschaft. Aus diesem Verwendungsprofil<br />
resultieren folgende Anforderungen<br />
an die künftigen Wirtschaftsjuristen:<br />
> ein solides juristisches Grundwissen<br />
> ein vertieftes Wissen auf den erforderlichen<br />
juristischen Spezialgebieten<br />
> ein grundlegendes Wissen auf den<br />
erforderlichen wirtschaftswissenschaftlichen<br />
Gebieten<br />
> die Fähigkeit, praxisnahe und rechtlich<br />
gangbare Lösungen für wirtschaftliche<br />
Fragestellungen aufzuzeigen („Gestaltungskompetenz“)<br />
> und allgemeine Fertigkeiten (z.B.<br />
Fremdsprachen, „soziale Kompetenzen“<br />
usw.)<br />
Entsprechend diesen Anforderungen<br />
werden rund zwei Drittel des Studiums<br />
auf juristische Fächer und ca ein Drittel<br />
auf wirtschaftswissenschaftliche und<br />
sonstige Fächer entfallen. Die rechtswissenschaftlichen<br />
und die sonstigen<br />
Kenntnisse werden dabei nicht bloß<br />
additiv nebeneinander gestellt, sondern<br />
miteinander verknüpft und wirtschaftsorientiert<br />
zusammengeführt. Mit alledem<br />
ausgestattet, werden die AbsolventInnen<br />
neben der für einen Juristen selbstverständlichen<br />
Fähigkeit, bereits geschehene<br />
Sachverhalte rechtlich kompetent zu<br />
beurteilen, in besonderem Maße auch<br />
die Befähigung haben, mit den Mitteln<br />
des Rechts und unter Berücksichtigung<br />
der rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
wirtschaftliche Ziele zu verwirklichen<br />
(„GESTALTUNGSJURIST“).<br />
Eine im Auftrag der ReWi-Fakultät erstellte<br />
sozialw. Untersuchung hat der neuen<br />
Studienrichtung und dem vorgesehenen<br />
Curriculum in jeder Hinsicht ein sehr<br />
gutes Zeugnis ausgestellt und den AbsolventInnen<br />
überdurchschnittliche Arbeitsmarktchancen<br />
prognostiziert.<br />
> Berufsfelder des künftigen Wirtschaftsjuristen<br />
Die neue Studienrichtung wird eine optimale<br />
Berufsvorbildung für ein breites<br />
Spektrum von juristischen Tätigkeitsfeldern<br />
in der Wirtschaft und in wirtschaftsnahen<br />
Bereichen bieten, konkret z.B.:<br />
Führungspositionen, die rechtliche<br />
Kompetenz erfordern, Rechts- und Personalabteilungen,<br />
Assistenten der Geschäftsführung,<br />
Wirtschaftstreuhänder,<br />
Steuerberater, Unternehmensberater,<br />
Versicherungswirtschaft, Bau- und Immobilienwirtschaft,<br />
Interessenvertretungen,<br />
Teile der öffentlichen Verwaltung, Sozialversicherungsträger<br />
uä.<br />
Nicht vorgesehen ist die neue Studienrichtung<br />
für rein ökonomische Tätigkeiten<br />
bzw. als Berufsvorbereitung für Richter,<br />
Staatsanwälte, Rechtsanwälte oder<br />
Notare. Wer sich alle Optionen offen<br />
halten will, muss ein Doppelstudium<br />
absolvieren.<br />
> Wann geht es mit der wirtschaftsjuristischen<br />
Studienrichtung los?<br />
Die Arbeiten zur Einrichtung der neuen<br />
Studienrichtung sind an der ReWi-Fakultät<br />
mittlerweile sehr weit vorangetrieben.<br />
Es ist davon auszugehen, dass mit ihr am<br />
1.10.2003 gestartet werden wird. Damit<br />
kann sich zugleich ein starkes Bindeglied<br />
zwischen der ReWi- und der SoWi-Fakultät<br />
entwickeln.