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Titel - Berliner Ärzte

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T I T E L T H E M AAls Bundesgesundheitsminister DanielBahr (FDP) pünktlich zu Beginn derdiesjährigen Sommerferien vorschlug, esnicht bei den verpflichtenden Schulein -gangsun tersuchungen bewenden zu lassen,sondern künftig regelmäßig <strong>Ärzte</strong> zurVorsorge in Schulen zu schicken, fand dasallgemein große Resonanz. „Damit könntenbestehende Lücken in der medizinischenVersorgung von Kindern undJugendlichen geschlossen werden“, erklärteauch der Präsident der <strong>Ärzte</strong>kammerBerlin, Dr. med. Günther Jonitz. Er nahmden Vor schlag des Ministers jedoch gleichzum Anlass, um ein leidiges Problem zuthematisieren: Woher sollen die Ärztinnenund <strong>Ärzte</strong> kommen, die diese zusätzlicheAufgabe übernehmen? „Im ÖffentlichenGesundheitsdienst wurden über Jahre hinwegStellen gestrichen. Jetzt werden wiederhänderingend <strong>Ärzte</strong> benötigt, zugleichweigern sich aber die kommunalen Arbeit -geber, akzeptable Arbeitsbedin gungenanzubieten.“Besonders im ländlichen Bereich könntenviele Gesundheitsämter schon heutepädiatrische Stellen nicht besetzen, sodass zusätzliche Aufgaben kaum zuschultern wären, so reagierte auch Dr.med. Ute Teichert-Barthel, Vorsitzendedes Bundesverbandes der Ärztinnen und<strong>Ärzte</strong> des Öffentlichen Gesundheits -dienstes (BVÖGD), auf den ministeriellenVorstoß. Schon mit der Einschulungs -untersuchung, die die Ämter flächendeckenddurchführen, sind sie vielerortsüberlastet.Dritte SäuleDer Öffentliche Gesundheitsdienst giltneben der stationären und der ambulantenVersorgung als dritte Säule desGesundheitswesens. Doch trotz dersonnigen Sonntagsreden scheint er imSchatten der beiden wuchtigen anderenSäulen zu stehen. Und das nicht zuletzthinsichtlich der Bezahlung der dorttätigen <strong>Ärzte</strong>. „Wir arbeiten für IhreGesund heit – aber nicht für ein Gehalt2. Klasse“ – das stand auf Transparen -ten, die Teilnehmer des letztjährigenwissenschaftlichen Kongresses desBVÖGD in Trier auf einer öffentlichenDemonstration trugen. Nachdem kürzlichdas Schlichtungsverfahren zwischenMarburger Bund und der Vereinigungder kommunalen Arbeitgeberverbändegescheitert ist, dürfte es allerdingszunächst weiter bei diesen Gehälternbleiben.Der Marburger Bund hatte sich dafüreingesetzt, die Kollegen aus demÖffent lichen Gesundheitsdienst in denTarifvertrag für kommunale Kranken -häuser einzubeziehen. Erst mit derEinführung eines Tarifvertrags für denöffentlichen Dienst im Jahr 2005 wardas Gefälle zu ihren Kollegen aus denKliniken überhaupt entstanden. DasArgument, sie würden im Unterschiedzu den dort tätigen Kollegen keinePatienten behandeln, ist aber wenigstichhaltig: Die in den Klinika tätigenPathologen, Mikrobiologen oder Labor -mediziner und auch der MedizinischeDienst der Krankenkassen (MDK)stechen schließlich nicht durch regePatientenkontakte hervor. Umgekehrthaben die Mitarbeiter des ÖffentlichenGesundheitsdienstes viel Kontakt mitMenschen – auch mit kranken. „Wasmeinen Sie, was der sozialpsychiatrischeDienst macht, wenn er akut Suizidge -fährdete auffängt? An den Wochenta -gen zwischen 8 und 16 Uhr sind wirdafür zuständig!“, gibt Dr. med. ClaudiaWein, Leiterin des GesundheitsamtesLichtenberg, zu bedenken. Dort ist auchdas Zentrum für tuberkulosekranke und-gefährdete Menschen angesiedelt,dessen Mitarbeiter täglich Schwerst -kranke zu sehen bekommen und ihreArbeit in Zusammenarbeit mit derCharité auch wissenschaftlich auswerten.Seit 2010 beobachtet man dort wiedereinen kontinuierlichen Anstieg derFälle – eine <strong>Berliner</strong> Besonderheit, weilviele von ihnen aus Osteuropa „importiert“sind. „Je eher wir die Patientenidentifizieren, desto größer die Chance,dass sie noch niemanden angestecktFoto: privatDr. med. Claudia Weinhaben“, fasst Wein das Hauptzielder Arbeit des Zentrums zusammen.Sie berichtet aber auch von demgroßen Kraftakt, den es jedes Malbedeutet, mittellose TB-Kranke unterzubringen,zu verköstigen und für ihresichere Behandlung zu sorgen.Als am TB-Zentrum in den Jahren2010 und 2011 mehrere Mediziner -stel len zu besetzen waren, habe es17 Ausschreibungen in verschiedenenMedien gegeben, berichtet Wein. „Eineinziger Kollege hat sich daraufhinentschieden, zu uns zu kommen.“Eine Umfrage der KassenärztlichenBundesvereinigung zeigt dabei: Fastein Fünftel der Medizinstudenteninteressiert sich zumindest grund -sätzlich für eine Tätigkeit im Rahmendes öffentlichen Gesundheitswesens.„Alte Vorbehalte schwinden, aber dasGehaltsniveau wird allgemein alsunzureichend betrachtet“, kommentiertWein die Situation nüchtern.Rund 80 Prozent der medizinischenMitarbeiter des Öffentlichen Gesund -heitsdienstes sind in Berlin heuteFrauen. Angesichts der vielbeschworenen„Feminisierung“ der Medizinwäre das nicht sonderlich erwähnenswert– gäbe es da nicht den beträchtlichenGehaltsunterschied zu denetwas weniger feminisierten Tätig -B E R L I N E R Ä R Z T E 10/2012 S. 15

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