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Soziale Ungleichheit – Kein Schnee von gestern! - Zeithistorische ...

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26 SOZIALE UNGLEICHHEITEINE EINFÜHRUNG 27Abb. 2: Unterschied zwischen Klassen und SchichtenSchichtenMitteUntenKlassenHerrschafts- oderAusbeutungsbeziehungensich Klassentheorien gerade dadurch aus, dass sie nicht nur mit Klassen die Determinantesozialer <strong>Ungleichheit</strong> benennen, sondern zugleich - wenn auch je nachTheorie unterschiedlich- einen Mechanismus angeben, durch den aus der Klassenzugehörigkeiteine ungleiche Verteilung in unterschiedlichen Dimensionen sozialer<strong>Ungleichheit</strong> folgt.Die oben genannte Klassendefinition ist die allgemeinste - sozusagen derkleinste gemeinsame Nenner. Es gibt sehr unterschiedliche Klassentheorien.Zentraler Unterschied dieser Theorien ist der jeweils benannte Mechanismussozialer <strong>Ungleichheit</strong>, aus dem dann auch Unterschiede in den Definitionsmerkmalen<strong>von</strong> Klassen sowie Unterschiede in den Dimensionen resultieren. Es gibtzwei zentrale Traditionen <strong>von</strong> Klassentheorien: Die marxistische Perspektive,begründet durch Karl Marx (r8r8-r883) -in Zusammenarbeit mit FriedrichEngels (r820-r895) -, und die weberianische Perspektive, zurückgehend aufMax Weber (r864-1920) und seine Auseinandersetzung mit Marx. Für marxistischeKlassentheorien ist zentral, dass sie das Definitionskriterium für Klassenin der Eigentumsordnung an Produktionsmitteln und der dadurch strukturellbedingten Stellung <strong>von</strong> Personengruppen im Produktionsprozess sehen. ZentralerMechanismus der <strong>Ungleichheit</strong>sproduktion ist die Ausbeutung. Im Unter-schied dazu definieren weberianische Klassentheorien Klassen zunächst durchihre Stellung im Distributionsprozess, nämlich als Positionen auf dem Markt:» Erwerbsklasse soll eine Klasse insoweit heißen, als die Chancen der Marktverwertung<strong>von</strong> Gütern oder Leistungen die Klassenlage primär bestimmen« (~Weber, S. 127). Deutlich wird damit ein weiterer Unterschied: Während n achWeber eine Strukturierung sozialer <strong>Ungleichheit</strong> nach Klassen nur in Marktwirtschaftenvorhanden ist (» Es sind nach dieser Terminologie eindeutig ökonomischeInteressen, und zwar an die Existenz des >Markts< gebundene, welche die>Klassen< schaffen « ;~ Weber, S. 134 f.), wird <strong>Ungleichheit</strong> in der marxistischenTradition in jeder Gesellschaft, in der es privaten Besitz an Produktionsmittelngibt, entlang <strong>von</strong> Klassen strukturiert: » Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaftist die Geschichte <strong>von</strong> Klassenkämpfen« (~ Marx/Engels, S. 7 5).Beginnen wir mit einer kurzen Einführung zu den Texten des Readers, diedem marxistischen Klassenparadigma angehören. Im » Kommunistischen Manifest«( erstveröffentlicht r848) definieren ~ Karl Marx und Friedrich Engelsihr analytisches KlassenmodelL Anliegen ist hier nicht, eine Beschreibung derGesellschaft ihrer Zeit - oder vergangener Zeiten - sowie der Entstehungsprozessebestimmter Klassen zu liefern. Diese nimmt zum Beispiel Marx im IS.Brumaire des Louis Bonaparte (r8s 2) vor. Ihr Ziel ist es hier vielmehr, allgemeineGesetze der Entwicklung<strong>von</strong> Gesellschaften zu bestimmen. Als zentrales Gesetzgesellschaftlicher Entwicklung sehen sie revolutionäre Umwälzungenaufgrund<strong>von</strong> Konflikten zwischen sogenannten antagonistischen Klassen. Klassenantagonismusbezeichnet dabei einen unversöhnlichen Gegensatz zwischen Klassen,der nur durch eine Auf- bzw. Ablösung der jeweils bestehenden Gesellschaftsformation» gelöst« werden kann. Von daher entwickeln sie - als Abstraktion<strong>von</strong> der Realität -ein dichotomes Zwei-Klassenmodell, bei dem die beidenHauptklassen einer Gesellschaftsformation über den Ausbeutungsmechanismusin einer antagonistischen Beziehung zueinander stehen. Die ausbeutendeKlasse - in welcher Gesellschaftsformation auch immer - hat aufgrund ihres Besitzesan Produktionsmitteln die Möglichkeit, sich aufKosten der ausgebeutetenKlasse einen Teil des erwirtschafteten Mehrwerts anzueignen. Ausgebeuteteund ausbeutende Klassen bedingen sich dabei (d. h., sie sind relational), denn derBesitz an Produktionsmitteln erbringt nur dann einen (Mehr-)Wert, wenn dieseauch produktiv durch Arbeitskräfte zum Einsatz gebracht werden; umgekehrtkönnen die Besitzlosen nur dann überleben, wenn ihnen Produktionsmittel fürdie Verausgabung ihrer Arbeitskraft zur Verfügung gestellt werden. Ausbeutungist dabei zunächst kein moralischer, sondern ein ökonomischer bzw. strukturellerBegriff. Die drei wesentlichen Definitionskriterien für Ausbeutung sind ( ~Wright):

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