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Soziale Ungleichheit – Kein Schnee von gestern! - Zeithistorische ...

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38 SOZIALE UNGLEICHHEITEINE EINFÜHRUNG 39(s) Sie behandeln nur »vertikale« <strong>Ungleichheit</strong> und lassen »horizontale« <strong>Ungleichheit</strong>en(zum Beispielaufgrund <strong>von</strong> Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit,Religion), die in heurigen Gesellschaften immer bedeutsamer und daher auchals »neue« soziale <strong>Ungleichheit</strong>en bezeichnet werden, unberücksichrigr. 4(6) Sie unterstellen - zumindest in der (neo)marxistischen Tradition - eine einseitigeKausalität, bei der aus äußeren Lebensumständen (den Klassenlagen)alltägliches Handeln folgt.Im Kontext dieser Kritik haben drei neue Konzepte seit den 198oer Jahren in derdeutschen Sozialstrukturanalyse eine erhöhte Relevanz erhalten: <strong>Soziale</strong> Lagen,Lebensstile und soziale Milieus. Sie vertreten meist einen umfassenden Anspruch,denn sie wollen die Gesamtheit der Lebenswelt (das Alltagshandeln) aller Gesellschaftsmitglieder(auch der auf dem Arbeitsmarkt nicht aktiven) erfassen - und .dies zugleich mehrdimensionalund nicht nur eindimensional ökonomisch.Lagenkonzepte haben - wie es im Text <strong>von</strong> --7 Stefan Hradil heißt - das Ziel,durch eine Verbindung <strong>von</strong> ökonomischen und nicht-ökonomischen Determinantenund Dimensionen sozialer <strong>Ungleichheit</strong> der Mehrdimensionalität <strong>von</strong><strong>Ungleichheit</strong>sstrukturen in heutigen westlichen Gesellschaften besser gerecht zuwerden. Das Konzept der sozialen Lagen <strong>von</strong> Hradil erfasst dabei - wie Klassenund Schichten - die objektiven Strukturen der Handlungsbedingungen und-ressourcen (Determinanten). Mit diesem Konzept werden gleichwohl nicht dieUrsachen (Mechanismen) der Nutzung dieser Ressourcen, die zu ungleichen Resultatenhinsichtlich der Erreichung <strong>von</strong> Lebenszielen (das heißt der vorhandenenLebensbedingungen als Dimensionen sozialer <strong>Ungleichheit</strong>) führen, benannt.<strong>Soziale</strong> Lagen sind vielmehr »typische Kontexte <strong>von</strong> Handlungsbedingungen,die vergleichsweise gute oder schlechte Bedingungen zur Befriedigung allgemeinanerkannter Bedürfnisse gewähren« (--7 Hradil, S. 295). 5 Wie dann aus sozialen4 Um Irritationen in Bezug auf den fünften Kritikpunkt zu vermeiden: Vertikal und horizontalbezieht sich hier nicht auf die Dimensionen sozialer <strong>Ungleichheit</strong>. Diese sind immer >>Ve rtikal«,denn es geht um Vor- oder Nachteile, ein Mehroder Weniger, ein Höher oder Tiefer. Gemeint sindhier vielmehr Determinanten sozialer <strong>Ungleichheit</strong>. Es gehralso darum, ob eine bestimmte Determinantebereits selbst eine <strong>Ungleichheit</strong> bzw. Asymmetrie definiert (wie Klassen und Schichten),oder ob es sich um eine Determinante handelt, die selbst nicht asymmetrisch isr oder sein muss.5 Im Text verwendet Hradil nur den Begriff der Dimension sozialer <strong>Ungleichheit</strong>, in Bezug auf dieoben definierten Strukturelemente sozialer <strong>Ungleichheit</strong> sind jedoch teilweise Determinantensozialer <strong>Ungleichheit</strong> gemeint. Von Determinante wäre bei >>sozialen Lagen« (und deren definierendenSozialkaregorien, hier als primäre und sekundäre » Dimensionen« bezeichnet) alsobjektive Handlungsbedingungen zu sprechen. Sie definieren den » Input> Dimensionen« sozialer <strong>Ungleichheit</strong> hingegenDeterminanten(~ Hradil, S. 290).Lagen eine <strong>Ungleichheit</strong> in der Befriedigung<strong>von</strong> Bedürfnissen entsteht, das heißt,durch welche sozialen Prozesse oder Mechanismen hier ein Zusammenhang hergestelltwird, bleibt ebenso offen wie der Zusammenhang zur tatsächlichen Lebensführung(--7 Hradil, S. 293). Die Frage, welchen subjektiven Realitätsgehalt diesetypischen Handlungsbedingungen (soziale Lagenzugehörigkeiren) besitzen, ist fürHradil allein eine empirische Frage- ein Mechanismus der Verbindung <strong>von</strong> objektiverLage und subjektiver Interpretation und Nutzungwird nicht benannt. Damitliefert dieses Konzept zwar gegebenenfalls eine »realitätsnähere« Beschreibungsozialer <strong>Ungleichheit</strong> als Klassenkonzepte, jedoch enthält es keine umfassendeErklärung sozialer <strong>Ungleichheit</strong> (ähnliches gilt für das soziale Lagenkonzept <strong>von</strong>Zapf 1989).Die »Nutzung« <strong>von</strong> (objektiven) Handlungsressourcen ist auch Gegenstand<strong>von</strong> Lebensstil- und Milieukonzepren. Lebensstile sind dabei, allgemein formuliert,ein Ensemble <strong>von</strong> Wertorientierungen, Einstellungen, Deutungen und Geschmacksdifferenzen,das in relativ stabile Muster der alltäglichen Lebensführungmündet (siehe oben die Definition <strong>von</strong> Sozialstruktur). Sie kennzeichnen zugleichdie kulturelle Vielfalt <strong>von</strong> Individuen. <strong>Soziale</strong> Milieus sind im Unterschieddazu eher Gruppen <strong>von</strong> Menschen, die ähnliche Lebensstile, -auffassungen und-ziele aufweisen und dadurch (subkulturelle) Einheiten innerhalb der Gesellschaftbilden. Zu betonen ist, dass die verschiedenen Lebensstil- und Milieutypologien-wie Klassen und Schichten- eine ausschnitthafte Abbildungder sozialenWirklichkeit darstellen. Im Unterschied zu Klassen werden sie meist empirisch-induktivdurch statistische Klassifikationsverfahren (zum Beispiel Clusreranalysen)ermittelt. Dabei werden Personen in (Lebensstil- oder Milieu-)Typen zusammengefasst,die sich innerhalb eines Clusters ähnlich sind und in ihren MerkmalskombinationenUnterschiede zu Personen anderer Cluster aufweisen. Diese Clusterwerden dann, wie bei Klassen- und Schichrkonzepren, durch Forscherinnen undForscher benannt. Für Lebensstiltypologien werden häufig Informationen zuFreizeit-, Musik- und Leseinteressen, Wohnsril, Kleidungssril, Konsumgewohnheitenund anderes mehr erhoben. Bei Milieus ist es ähnlich (--7 Vester). Inwieweitsich Personen selbst - subjektiv - diesen Clustern zuordnen würden, wird dabei inder Regel nicht erhoben. Im Unterschied zu Klassen- und Schichtkonzepten sinddie Konzepte Lebenslagen, Lebensstile und Milieus auf das Individuum bezogen,das heißt, die Zuordnung zu einzelnen Lagen (da Geschlecht und Alter zu ihrenDefinitionskriterien gehören), Lebensstilen (die stark altersabhängig sind) oderMilieus kann sich für die Mitglieder des gleichen Haushalts unterscheiden.Die empirische Forschung hat gezeigt, dass sowohl Lebensstile als auch Milieusnicht vollständig <strong>von</strong> objektiven Lebensbedingungen »entkoppelt« sind(--7 Orte). Lebensstile sind neben dem Alter, dem Gesundheitsstatus und demLebenszyklus klar <strong>von</strong> Bildung und Einkommen abhängig - auch in der viel

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