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So spielt Südtirol - Zu den Bezirkszeitungen

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Kunst & KulturDiesen Artikel hat Univ.-H.Prof. Doz. DDr.Helmut Rizzolli, Präsi<strong>den</strong>t der StiftungBozner Schlösser für Sie verfasst.standes sehr große Unterschiede.Die besten Flächen gehörten zu<strong>den</strong> großen, im Hochmittelalterangelegten Höfen, die häufig weitauseinander lagen mitten in <strong>den</strong>Wiesen und Äckern lagen, diedazu gehörten. Freilich gehörtendiese Höfe im Mittelalter nur in<strong>den</strong> seltensten Fällen <strong>den</strong> Bauernselbst, sondern meist <strong>den</strong> adeligenGrundherren, welche die Höfe anBauern gegen Zins zur Bewirtschaftungüberließen. Durch das Systemder Erbpacht allerdings wur<strong>den</strong> dieBauernfamilien auf diesen Höfenpraktisch über Generationen ansässig,so dass sich eine selbstbewussteOberschicht im Bauernstand bil<strong>den</strong>konnte.Diesen vermögen<strong>den</strong> Bauern standeine große Anzahl von Hüttlernoder Häuslern gegenüber. Dies warenKleinbauern, die oft nur eineneinzigen Acker und einen sehr beschei<strong>den</strong>enBestand an Kleinvieh,meist Ziegen, besaßen und ausdiesem Besitz <strong>den</strong> Lebensunterhaltihrer Familien kaum decken konnten.Sie waren also gezwungen, sichals Knechte und Tagelöhnen aufgrößeren Höfen zu verdingen oderim Nebengewerbe einem Handwerknachzugehen.Völlig anders war dies Situationin <strong>den</strong> begünstigten Lagen, woWeinbau möglich war. Der Weinbauentwickelte sich im Mittelalter zueiner ertragreichen <strong>So</strong>nderkultur.Der Weinbauer hatte eine höhereErtragssicherheit als der Ackerbauer,<strong>den</strong>n er war weit weniger <strong>den</strong>Risiken der Witterung ausgesetzt.Allerdings war der Arbeitsaufwandim Weinbau wesendlich höher, sodassder Weinhof im Durchschnittweniger Fläche als der Bergbau-ernhof aufwies. Aus Grün<strong>den</strong> derFleischversorgung verfügten diemeisten Weinhöfe zudem über einenbeschei<strong>den</strong>en Viehbestand.Der hohe und regelmäßige Ertragaus dem Weinbau brachte die Weinbauernaus ökonomischer Sichtan die Spitze des Bauernstandes.Das Rebmesser entwickelte sich zueinem Statussymbol und wurde alssolches auch außerhalb der Arbeit,ja sogar an <strong>So</strong>nn- und Feiertagenmit sich getragen. Es wurde in manchenGegen<strong>den</strong> zu einem Bestandteilder bäuerlichen Bekleidung.An <strong>den</strong> Beginn dieser Entwicklungerinnert die Figur des Winzers, deram Leitacher-Törl der Bozner Stadtpfarrkircheangebracht ist und ausder Zeit um 1400 stammt. Selbstbewusstzeigt der Weinbauer seinRebmesser neben der Ackerhaueals Standeszeichen.Auch die Sichel wurde von <strong>den</strong>Ackerbauern als Statussymbol verwendetund zwar gegenüber <strong>den</strong>Klein- und Ziegenbauern. Man sahdarin einen Hinweis auf <strong>den</strong> lukrativenAnbau von Weizen, der nur in<strong>den</strong> günstigeren Lagen möglich war,während in <strong>den</strong> höheren TallagenRoggen und Gerste wuchsen.Das Tragen von scharf geschliffenenArbeitsgeräten außerhalb der Arbeit,an <strong>So</strong>nn- und Feiertagen undbesonders auch in Gasthäusern, warselbstverständlich ein Problem fürdie öffentliche Sicherheit. Deshalbkam es nach 1800 durch <strong>den</strong> österreichischenStaat zu einer Reihe vonEinschränkungen. Einen vorläufigenHöhepunkt bildete die Verordnungvon 1830, die für die südlichenKreise von Trient und Rovereto dasTragen von Rebern, Runkeln undSicheln, sowie jeglicher andererscharf geschliffener bäuerlicherArbeitsgeräte an <strong>So</strong>nn- und Feiertagen,in öffentlichen Räumen wieGasthäusern, streng untersagte undfestlegte, dass diese bäuerlichenStatussymbole auch außerhalb derArbeitszeit nur eingewickelt mitsich getragen wer<strong>den</strong> durften.Damit verschwan<strong>den</strong> auch in diesenGegen<strong>den</strong> die Attribute desvielschichtigen Bauernstandes, diebis dahin einen festen Bestandteilder Tracht gebildet hatten.Foto: A. Ochsenreiter.Karl von Lutterotti, 2. Viertel 19. Jahrhundert, Ansicht von Kaltern in RichtungSee: Links im Bild ein jackenloser Weinbauer mit breitem Scheibenhut und grünenHosenträgern. In einer Hand hält der Mann ein Rebmesser, in der anderen eineTraube. Privatbesitz.TLM-FB 4288-BL 12Karl von Lutterotti, 2. Viertel 19. Jahrhundert, Aquarell: „Thal Piné. LandgerichtCivezzano“ (Trient). Stolz zeigt sich das junge Mädchen in Festtagskleidung undbäuerlichen Attributen, Sichel und Rechen, um auf ihren ländlichen Ursprunghinzuweisen.19

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