September 2013sein Fehlverhalten übernehmen, indem ersich selbst von der Tat distanziert. Diesenletztgenannten Aspekt der unterschiedlichenWirkweisen von Wiedergutmachung undVerurteilung hat der australische Kr<strong>im</strong>inologeBraithwaite als Vertreter einer „RestorativeJustice“ in seiner Theorie des „ReintegrativeShaming“ aufgegriffen.b) Vorteile für den <strong>Täter</strong><strong>Täter</strong>-<strong>Opfer</strong>-<strong>Ausgleich</strong> ist ein zentraler Behandlungsansatzder Kr<strong>im</strong>inalprävention.<strong>Täter</strong> können gerade durch schwere Tatenin einen Konflikt mit sich selbst geraten, habenSchuldgefühle, bereuen die Tat. Deshalbwenden sie verschiedene Techniken der Neutralisierung,Verdrängung und Leugnung desUnrechts und der Verschiebung der Schuldauf andere an, um ein inneres Gleichgewichtwiederherzustellen. Be<strong>im</strong> Zusammentreffenmit dem <strong>Opfer</strong> werden Verdrängungsprozesse<strong>im</strong> Gegensatz zur sonst möglichen„Schutzzone <strong>Strafvollzug</strong>“ verhindert. DieKonfrontation mit dem <strong>Opfer</strong> erlaubt es indessen Gegenwart nicht mehr, die Schuld aufandere, gar auf das <strong>Opfer</strong> selbst abzuwälzen.Dass sich der <strong>Täter</strong> der Verantwortung stellenmuss, ist nicht <strong>im</strong>mer angenehm. Durcheine Leistung oder eine Geste der Wiedergutmachung,der Bitte um Entschuldigung, kannder <strong>Täter</strong> aber auch zeigen, dass er sich vonder Tat distanziert und die Verantwortungfür sein Verhalten übern<strong>im</strong>mt. Diese Verarbeitungsprozessekönnen in vielfältiger Weisein die Therapie des Gefangenen integriertwerden.Diese positiven Aspekte der Behandlungwerden nicht dadurch in Frage gestellt, dassdaneben die Aussicht auf Vergünstigungen<strong>im</strong> <strong>Strafvollzug</strong> eine wesentliche Motivationfür den Gefangenen ist, an einem <strong>Ausgleich</strong>teilzunehmen. Der TOA unterscheidet sichinsoweit nicht vom Angebot traditionellerBehandlungsansätze <strong>im</strong> <strong>Strafvollzug</strong>. Be<strong>im</strong>TOA sind auch die positiven Folgen für denGefangenen nach der Entlassung zu berücksichtigen.Mit einem <strong>Täter</strong>-<strong>Opfer</strong>-<strong>Ausgleich</strong>ist auch der Konflikt bereinigt und eventuellsonst auf den Entlassenen zukommendegerichtliche Auseinandersetzungen auf zivilrechtlichemWeg werden vorher erledigt.Restorative Justice <strong>im</strong><strong>Strafvollzug</strong>a) Grundsätze des TOA <strong>im</strong> <strong>Strafvollzug</strong>Die Entwicklung der Restorative Justice <strong>im</strong>Strafrecht in den letzten 20 Jahren hat ihrenEinsatz verfestigt und sehr positive Effektebei der Resozialisierung gezeigt. Diese Beobachtunggilt international wie national. InDeutschland sind die Ansätze der Mediationmit ihrem Ziel des Tatfolgenausgleichs durchBerücksichtigung der <strong>Opfer</strong>interessen, freiwilligeVerantwortungsübernahme durchden <strong>Täter</strong> und Konfliktregelung <strong>im</strong> allgemeinenStrafrecht (§§ 46 a StGB; 155, 155 aStPO) und <strong>im</strong> Jugendstrafrecht (§ 45 Abs. 2s. 2 JGG) fest etabliert.Ihr Ziel und Ihre Grundlagen der beabsichtigtenpositiven Verhaltensbeeinflussunggelten für das gesamte Strafrecht und verliereninsbesondere bei dem behandlungsorientierten<strong>Strafvollzug</strong> mit schweren Straftatenund entsprechenden <strong>Opfer</strong>schädennichts an Bedeutung. Neue Programme undModelle belegen positive Wirkungen aufmehreren Ebenen:• Thematisierung und Bearbeitung der Tatdurch Aufmerksamkeitsprozesse für dasherbeigeführte <strong>Opfer</strong>leid insbesonderein der ersten Vollzugszeit mit Elementendes Empathietrainings auch durch Konfrontationmit stellvertretenden <strong>Opfer</strong>n,• Auseinandersetzung mit der eigenen Verantwortungam Geschehen und Prozesseder Verantwortungsübernahme,• Unterstützung von Wiedergutmachungsbemühungengegenüber dem <strong>Opfer</strong> undvon Mediationsprozessen,• Lernen von gewaltfreienKonfliktlösungen <strong>im</strong> Umgang mit Bedienstetenund Mitgefangenen,• Möglichkeiten der symbolischen Wiedergutmachungbezogen auf die Gemeinschaft,in die der Gefangene nach derHaft zurückkehrt.Um diese Ansätze in den <strong>Strafvollzug</strong> zutransferieren, sind gesetzliche Regeln erforderlich,die einerseits die Notwendigkeit solcherBehandlungsansätze für das Gesamtprogrammder Resozialisierungsansätze genügendkonkret vorgeben, andererseits aberausreichend Spielraum für die Entwicklungneuer Konzepte bieten.10
TOA-Magazin - Nr. 01Prof. Dr. Dieter RössnerStudium, Promotion und Habilitation in den Rechtswissenschaftenin Tübingen. Ehemaliger Direktor des Institutsfür Kr<strong>im</strong>inalwissenschaften der Universität Marburg. Seit1983 Forschungen zum TOA und seit 2012 Rechtsanwaltin Tübingen.b) Gesetzesvorschlag für ein umfassendes TOA-KonzeptAls Zusammenfassung wird eine Vorschrift mit nachfolgendem Wortlaut vorgeschlagen, die schonvorhandene einzelne Ansätze der Ländervollzugsgesetze aufn<strong>im</strong>mt, vor allem aber ein Gesamtkonzept<strong>im</strong> oben dargestellten Sinn enthält:§ .....(<strong>Opfer</strong>bezogene Vollzugsgestaltung)(1) Der Verwirklichung des Vollzugszieles dienen Behandlungsansätzeder konstruktiven Tatverarbeitung unter Einbeziehung des <strong>Täter</strong>-<strong>Opfer</strong>-Verhältnisses.Sie setzen <strong>im</strong> Strafverfahren begonnene Tatfolgenausgleichsbemühungenfort oder wirken auf deren Beginn <strong>im</strong> <strong>Strafvollzug</strong> hin.(2) Konstruktive Tatverarbeitung befasst sich mit den berechtigten Interessendes Verletzten und Möglichkeiten der Mediation. Sie wirkt daraufhin,a) die Einsicht in die be<strong>im</strong> Verletzten verursachten Tatfolgen zu weckenund Mitgefühl zu entwickeln,b) die Verantwortung zu übernehmen und den durch die Tat verursachten<strong>im</strong>materiellen und materiellen Schaden wieder gut zu machen,c) die Fähigkeiten zur konstruktiven Konfliktlösung <strong>im</strong> Zusammenlebenauch <strong>im</strong> <strong>Strafvollzug</strong> zu fördern.11