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Handout - Berufsschule Mode und Gestaltung Zürich

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Jugendlichen vorbeigehen.“ Exemplarisch wird eine Unterrichtseinheit also in dem Maße, wie sie in Inhalt <strong>und</strong> Methode zugleichkonkrete Präsenz <strong>und</strong> menschheitliche Weite <strong>und</strong> Tiefe gewinnt.2.2 Genetisch: Genetisch wird ein Unterricht in dem Maße, in dem esgelingt, den Werdegang der Erkenntnis zum Lehr-/Lerngang zu machen.Also sind der Werdegang des menschheitlichen <strong>und</strong> des jeweilsindividuellen Erkenntnisprozesses so miteinander zu verbinden, dassdie Erkenntnisfunken herüber <strong>und</strong> hinüber fliegen. WagenscheinsLeitbeispiel: Wir verstehen den Paradigmenwechsel von der Geozentrikzur Heliozentrik, von Ptolemäus zu Kopernikus viel besser, wennwir Kopernikus, Kepler, Galilei oder Newton im Ringen um die neueErkenntnis begleiten, <strong>und</strong> zwar nicht nur äußerlich historisch, sonderninnerlich, genetisch verdichtet <strong>und</strong> existenziell („begreifen, wasuns ergreift“). Unser Verständnis des damaligen ErkenntnisringensDer Alpstein, geo-grafischwird nur lebendig <strong>und</strong> tiefgründig in dem Maße, in dem wir uns durchdie Probleme <strong>und</strong> Lösungsversuche auch heute selbst durchringen -ein wechselseitiges Geben <strong>und</strong> Nehmen. Genetisch wird eine Unterrichtseinheit also in dem Maße,wie sie einen Zusammenhang stiftet zwischen dem Werdegang des Unterrichtsgegenstandes <strong>und</strong> demWerdegang unseres Lernens: der Werdegang als Lehrgang!2.3 Dramaturgisch: „Vor unseren Augen, in dramatischem Ringen, bildet sich ein Exempel – <strong>und</strong> wir mittendrin, bilden unsmit: Ein doppelseitiger Bildungsprozess.“ Drei Hinweise: 1. Die Lernsituation (soweit ohne Krampf<strong>und</strong> Verrenkung möglich) annähern an die ursprüngliche Situation des Erkenntnisdurchbruchs – dasUrheberprinz. 2. Den Lernprozess umwandeln in einen möglichst kulturauthentischen Handlungsprozess– Drama heißt ja wörtlich Handlung – mit einem roten Faden von der Ouvertüre bis zumFinale. 3. Lebendige Spielszenen einbauen. Zu unserem <strong>Mode</strong>llist inzwischen Pascals Erfindung der Wahrscheinlichkeitsrechnunggeworden. Pascal wurde (historisch verbürgt) von einemPariser Spieler am Hof von Louis XIV gefragt, warum er frühermit einem simplen <strong>und</strong> jetzt mir einem prinzipiell gleichen,nur komplexeren Spiel verloren habe; beide Spielregeln sindbekannt. Aus dieser Problemstellung eines bankrotten Glücks-Pascals Wahrscheinlichkeitsrechnungspielers hat Pascal (auf leider bislang noch unbekanntenDenkwegen) die Wahrscheinlichkeitsrechnung erf<strong>und</strong>en. Für die Lehrkunstdidaktik natürlicheine Einladung zur kulturauthentischen dramaturgischen Lehrstückgestaltung <strong>und</strong> -inszenierung.Dramaturgisch wird eine Unterrichtseinheit also in dem Maße, wie das Ringen um den Gegenstand im Unterricht mitvollziehbarin Szene gesetzt wird. Man darf sich bei der Unterrichtsgestaltung öfter mal fragen: Was würde denn das Theater aus unserem Unterrichtsgegenstandmachen?3. Acht LehrstückkomponentenEin Lehrstück beginnt normalerweise mit einem Phänomen (1), das im Verlauf des Unterrichts nicht etwa verschwindet, sondernbis zum Ende der Unterrichtseinheit präsent bleibt.Aus der Betrachtung des Phänomens erheben sichverschiedene Fragestellungen. Eine oder mehrere sogenannte „Sogfragen“ (2) kristallisieren sich als weiterführendheraus <strong>und</strong> übernehmen die Führung imUnterrichtsaufbau. Die Handlung (3) entwickelt sich,sobald die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler den Unterrichtsgegenstandzu „ihrer Sache“ machen. Die Ich-Wir-Balance (4) beschreibt das Verhältnis der Lernerinnen<strong>und</strong> Lerner als Einzelne gegenüber der Sache <strong>und</strong> alsBeteiligte <strong>und</strong> Mitgestalter des Lernprozesses einerGruppe. Über den Interaktionsbegriff hinausgehendist die Ich-Wir-Balance daher ein strukturelles Momentdes Lehrstückunterrichts. Das Mass, in welchem„Stimmeinsatz" der LehrstückkomponentenAesops-Fabeln <strong>und</strong> meineAristoteles´ Verfassungsratschlagdie Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler im Unterrichtsverlaufpartizipieren, indem sie selbst zu Akteuren des eigenenLernens werden, ist für die Nachhaltigkeit des Lernens, die Vertiefung zum Bildungsereignis – oder schlicht für den „Outcome“– von grosser Bedeutung, denn: Lehrstücke sind „improvisationsoffene Mitspielstücke“. Die Nähe zum TZI-Ansatz Ruth Cohns istunverkennbar. Wo immer möglich treten Urheber (5) einer Entdeckung oder Erfinder eines Werks szenisch auf, <strong>und</strong> sie helfen (wonötig) beim Kategorialen Aufschluss (6), beim Sprung in eine neue Erkenntnis, die durch sie einst das Licht der Welt erblickt hat <strong>und</strong>jetzt gerade im Unterricht wieder neu erblickt, <strong>und</strong> die im Werkschaffen (7) <strong>und</strong>/oder im Denkbild (8) ihren/seinen Ausdruck findet.www.lehrkunst.ch

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