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DIE WELT-Sonderausgabe Forderungsmanagement vom 23 ...

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MITTWOCH, <strong>23</strong>. OKTOBER 2013 <strong>DIE</strong> <strong>WELT</strong> SEITE IXFORDERUNGSMANAGEMENTMit Empathieund ArgumentenVerständnis, Ausdauer und Verhandlungsgeschick sindgefragt, um offene Rechnungen einzutreiben. Jenach Größe des Arbeitgebers unterscheidet sich derArbeitsalltag eines Inkasso-Beraters erheblichReich sind nur die,die Freunde haben:Statt auf Konfrontationsetzen seriöseInkassofirmen vorallem auf Dialog,um Lösungen zufinden. Dabei bietensie Schuldner auchRatenzahlungen anALEXANDRA GROSSMANNFür einen Inkasso-Berater gibtes keinen geregelten Tagesablauf.Jeder neue Arbeitstagbringt neue Kunden, neueSchuldner, neue Ausreden –aber auch neue Einigungen. Eines allerdingsist immer gleich: „Ganz früh morgenskontrolliere ich meinen Kontostandund sehe nach, ob jemand gezahlt hat.Das ist das erste, was ich mache“, sagtAnnegret Krol, selbstständige Inkasso-Beraterin. Danach hänge vieles davon ab,was anfalle: Wiedervorlagen durchgehen,Briefe schreiben, Schuldner erinnern,mit den Kunden in Kontakt treten.Krol hat ihre Inkasso-Firma Ask Mevor sechs Jahren gegründet. Seitdem arbeitetsie allein. Sie zieht Forderungenfür kleine und mittelständische Unternehmenein, derzeit hat sie rund 50 Auftraggeber.„Meine Kunden rufen an,schildern einen neuen Fall, und wirüberlegen, ob es sinnvoll ist, diesen weiterzu verfolgen“, sagt sie. „Meist lasseich mir dann die Unterlagen schickenund prüfe, ob ich das übernehme.“Ähnlich verfahren die Mitarbeiter vonDr. Duve Inkasso, einem mittelständischenUnternehmen mit Sitz in Hannover.Die Firma wurde 1987 gegründet undbeschäftigt 25 Mitarbeiter. „Ganz typischfür die Vorgehensweise ist, dass wir Aufträgevon unseren Kunden bekommen“,erklärt Geschäftsführer Andreas Bingemer.„Dann beginnt in der Regel der Recherche-Teil,das heißt, wir versuchen,die Daten zu verifizieren, um herauszubekommen,ob die Forderungen wirtschaftlichwerthaltig sind.“Annegret Krol schreibt zunächst dieSchuldner an. Im Idealfall kommt dannprompt die Zahlung. Wenn nicht, schicktdie Inkasso-Beraterin in der Regel einenSTINA BEBENROTHPro Jahr wechseln 4,8 MillionenMenschen in Deutschland ihrenWohnort und damit ihre Adresse.Versäumen sie dabei, einen Nachsendeantragbei der Post zu stellen, landen dieBriefe wieder beim Absender oder verschwindenim Zweifelsfall einfach. „Daskann zu einem klassischen Missverständnisin der Kommunikation führen“,sagt Steffen Kowalski. „Wenn ein UnternehmenRechnungen verschickt und keineRückmeldung bekommt, muss derSchuldner am Ende hohe Gebühren zahlenoder wird sogar in ein Gerichtsverfahrenverwickelt.“Kowalski ist Trainer an der DeutschenInkasso Akademie und anderen Institutionen,und er weiß: „Die meisten Menschen,die Rechnungen nicht bezahlen,sind zahlungswillig. Der Grund für dieSchulden liegen oft in anderen Bereichen.“Damit sie diese Gründe kennenlernenund Missverständnisse aus demWeg räumen können, schult KowalskiUnternehmen und Inkassofirmen im Telefoninkasso.Die Idee ist es, Schuldnernach der ersten schriftlichen Kontaktaufnahmeper Anruf zu erreichen. ImGespräch können die Kunden dann ihreGründe darlegen, warum sie Rechnungennicht begleichen, und die Unternehmenhaben die Möglichkeit, entsprechendzu reagieren. „Das Ziel eines solchenAnrufs ist immer, am Ende die Zahlungsmodalitätenwie Raten und Terminefestgelegt zu haben“, sagt Kowalski.Für die Firmen hat sich dieses Vorgehenschon häufig bewährt. „Briefe sindsehr anonym und ganz klar eine reineForderung“, sagt Rebecca Poppe vonGFKL Financial Services. „Mit den Telefongesprächensignalisieren wir unsereKompromissbereitschaft. Das führt nichtzweiten Brief oder versucht, telefonischKontakt mit der Person oder Firma aufzunehmen.Ziel ist immer eine Vereinbarung– entweder nennt der Schuldner einenTermin, zu dem er bezahlen kann,oder er vereinbart eine Ratenzahlung.„Auf Fingerspitzengefühl kommt es an“,weiß Annegret Krol. Auch sie passt ihreVerhandlungstaktik dem Gegenüber an:„Ein Schuldner, der bereit ist für Verhandlungen,auf den gehe ich auch ein.Aber wenn einer pampig ist, dann reagiereich härter.“ Es sei wichtig, trotzdemimmer freundlich zu bleiben. Zudemmüsse sie neutral bleiben und dürfe keinepersönliche Beziehung entwickeln.Die Kommunikation mit den Kunden istfür Krol ebenso wichtig, wie die mit denSchuldnern „Meine Kunden möchten inden meisten Fällen über jeden meinerSchritte sehr genau informiert sein“,sagt Krol. Deshalb bekommen sie die gesamteKorrespondenz als Kopie, ebenfallsdie Protokolle der Telefonate.Auch Frank Kebsch, Geschäftsführervon Arvato Infoscore weiß: „Beim Inkassokommt es auf die Kommunikationan.“ Seine Mitarbeiter seien pau-IN KONTAKTSeriöse Inkassofirmen setzen auf Kommunikation.Denn im Gespräch mitSchuldnern können Fragen geklärt undLösungswege für das Begleichen derSchulden besprochen werden. DieErfahrungen zeigen, dass eine gerichtlicheVerfolgung so oft vermiedenwerden kann. Die Kommunikationumfasst neben dem obligatorischenBriefverkehr eine telefonische Kontaktaufnahmeund auch das direkte Gesprächdurch Außendienstmitarbeiter.Persönliche Mitteilungensenlos damit beschäftigt,mit denGläubigern und denKunden zu sprechen,diese zu informierenund mit ihnen zuverhandeln. Das zurBertelsmann-Gruppegehörende Unternehmenist europaweittätig, rund 3500Mitarbeiter betreuenetwa 10.000 Kundenin elf Ländern.„Wir haben Kundenaus ganz verschiedenenBranchen“, soKebsch. „Wir bearbeitensowohl Hypotheken-Forderungenalsauch solche aus demSchwarzfahrer-Geschäft.“Hinzu kämen unter anderem Telekommunikationund Versandhandel.Mit diesem Branchen-Mix gehen die unterschiedlichstenArten von Forderungeneinher. Diese wiederum sind mit unterschiedlichenRechtsfragen verknüpft.Laut Kebsch muss man sich spezialisieren,„denn die jeweiligen Sachgebieteunterscheiden sich auch in rechtlicherHinsicht teilweise erheblich von einander“.Deshalb seien bei Arvato Infoscoredie Abteilungen so organisiert, „als würdenwir aus einzelnen Inkasso-Unternehmenbestehen“.Am Ende komme es aber immer daraufan, möglichst wenig Zeit und Geldzu investieren, um die Schulden einzutreiben,meint auch Andreas Bingemervon Dr. Duve Inkasso: „Wir wollennicht, dass unsere Kunden gutes Geldschlechtem Geld hinterherwerfen.“Das bedeutet: Hat ein Schuldner bereitsmehrere Forderungen negativDie Branche setzt verstärkt auf Kontakt am Telefon. Das signalisiertKompromissbereitschaft und verbessert die KundenbeziehungGeld ist nicht alles: Missverständnisselassen sich am besten im Gespräch klärennur dazu, dass Rechnungen schneller beglichenwerden, sondern bewirkt auch,dass die gute Beziehung zwischen Kundeund Rechnungssteller bestehen bleibt.“Steffen Kowalski schult seine Seminarteilnehmer,damit die Anrufe erfolgreichverlaufen: „Gerade beim ThemaGeld reagieren viele emotional. Damitein solches Telefonat nicht aus dem Ruderläuft, sollte der Anrufer sachlichbleiben“, erklärt der Trainer. Zudemmüssen die Mitarbeiter mit den Datenschutzbestimmungenvertraut sein.HOHE FORDERUNGENDie durchschnittliche Forderung, dieInkassounternehmen für Gläubigereinziehen, beträgt dem Branchenverbandzufolge 646 Euro. Forderungenmit niedrigen Eurobeträgen machendemnach lediglich einen geringenTeil aus: Nur in 16 Prozent der Fällegeht es um weniger als 100 Euro. MitBlick auf private Verbraucher liegtdie Höhe jeder vierten Forderungzwischen 100 und 499 Euro. Und derBereich von 100.000 Euro und mehrmacht immerhin 19 Prozent aus.JAQUES BAGIOSDer Trend zur persönlichen Kommunikationhat mittlerweile einen Großteilder Inkassobranche erfasst. Je nachSchuldnergruppe werden dabei unterschiedlicheWege der Kontaktaufnahmegewählt. Beim persönlichen Gesprächam Telefon oder beim Vor-Ort-Inkassoetwa kann die individuelle Situation derSchuldner geklärt und gemeinsam eineLösung gefunden werden. Zudem kommenim Rahmen der gesetzlichen Möglichkeitenauch E-Mails und SMS zumEinsatz, zum Beispiel um an Ratenzahlungenzu erinnern.Ein weiteres wichtiges Instrumentsind Schuldnerportale, über die SchuldnerKontakt zu Inkassofirmen aufnehmenund direkt Zahlungsmodalitätenvereinbaren können. „Statt als das unheimlicheUnbekannte, präsentierensich Inkassofirmen dort als Helfer undUnterstützer der Schuldner. Das Bild inder Öffentlichkeit wird dadurch positivbeeinflusst“, sagt Steffen Kowalski.Auch bei dohr-inkasso hat sich das bereits2009 installierte Schuldnerportalim Internet bewährt. „Die wichtigsteFunktion ist es, mit den Schuldnern insGespräch zu kommen und ihnen klar zumachen, dass wir uns für ihre Sicht derDinge und Probleme interessieren“, sagtGeschäftsführer Hans Iuel Dohr: „Besondersfreut uns, dass sich ehemaligeAbwicklungskunden als Testimonials zurVerfügung gestellt haben, die mit unsererHilfe ihre Schulden begleichen konnten.Das macht anderen natürlich Mut.“Internetportale und Mails ermöglichenes, „andere Wege des Forderungseinzugeszu gehen“, betont auch ErwinFalkner, Geschäftsführer von Euro-Inkasso:„Dieser findet dann nicht mehrgegenüber einem Schuldner statt, sonderngegenüber einer Person mit Wünschenund Bedürfnissen.“CreditreformThese Nr. 5hinter sich – also in Form von EidesstattlichenVersicherungen, Haftanordnungen– oder ist er bei den Inkassounternehmenmehrfach aufgefallen,so hält Andreas Bingemer Rücksprachemit seinem Kunden. Er informiert ihnüber die Vorgeschichte des Gläubigersund fragt nach, ob er in diesem Fallwirklich tätig werden soll. Dafür ist esallerdings notwenig, umfangreiche Recherchenüber den Schuldner einzuholenund sich auch von diesen Informationennicht hinters Licht führen zulassen. „Oft ist zum Beispiel ein Firmennameein Fantasiename, so etwawie ‚Andreas’ Pommesbude’. Dannmüssen wir herausfinden, wer eigentlichder Gewerbetreibende ist, wer alsofür die Forderung haftbar zu machenist“, erklärt Bingemer.GELDIST NICHTALLES,WAS SIEVERLIEREN. **Verband der Vereine Creditreform e.V.Tel. 0800 - 9995500 | www.creditreform.deAuch AnnegretKrol überprüft alserstes den Schuldnerund seine Bonität.Dazu nutzt sie in denmeisten Fällen dasInternet. Über Auskunfteienerhalte sieeine Vermögensauskunftund erfahre, obes bereits andere Forderungengegen denSchuldner gebe, sagtdie Inkasso-Unternehmerin.In jedemFall aber versucht sie,mit dem Schuldner inKontakt zu treten:„Meist gelingt esauch, und wir findeneine Einigung.“ Seltenpassiere es, dasssich Schuldner nicht melden oder nureinmal ans Telefon gehen, danach nichtmehr. Wenn Krol gar nicht an die Leuteherankomme, gehe sie gerichtlich vor –mit einem Mahnbescheid und dann miteinem Vollstreckungsbescheid. Schließlichdrohe sie schriftlich mit dem Gerichtsvollzieher,erklärt sie: „Dass derkommt, wäre der letzte Schritt. Diemeisten zahlen vorher.“CREDITREFORM. MIT SICHERHEIT MEHR WERT.Zahlungsverzögerungen bei Ihren Kunden kosten Geld und Nerven. Wenn Sie auf Ihren Forderungen sitzenbleiben, können sich schnell fatale Finanzierungslücken auftun.Wir sorgen dafür, dass Sie schneller an Ihr Geldkommen und schonen noch dazu Ihre Kundenbeziehungen. 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