SEITE VIII <strong>DIE</strong> <strong>WELT</strong> MITTWOCH, <strong>23</strong>. OKTOBER 2013FORDERUNGSMANAGEMENTEinkaufsformelnDie Kreditwürdigkeit von Verbrauchern wird oftüber statistische Verfahren geklärt. Für viel derBetroffenen ist dieses Scoring eher rätselhaft,doch so undurchsichtig ist es eigentlich nichtJOST BURGERWer online etwas aufRechnung kauft, bekommtwahrscheinlicheinen. Wer imElektronikmarkt seinneues Handy auf Raten bezahlt, ebenfalls.Und wer mal eben rasch einen kleinenVerbraucherkredit abschließt, überden wird ganz sicher ein Kreditscore erstellt.Dieser persönliche Punktwert sagtetwas über die Kreditwürdigkeit der jeweiligenPerson aus, macht schnelle Einkäufemöglich und soll Firmen vor Zahlungsausfällenschützen. Scoring heißtdas Verfahren. Aber wie funktioniert es,und wer steckt dahinter?Die infoscore Consumer Data GmbH(ICD) zum Beispiel. Die Wirtschaftsauskunfteigehört zur Bertelsmann-eigenenArvato-Gruppe, einem führenden Anbietervon Outsourcing-Dienstleistungen.Die ICD versorgt ihre Geschäftspartnerim Handel mit Informationen über dieKreditwürdigkeit ihrer (potenziellen)Kunden. Für ihre umfangreiche Datenbankgreift sie, wie alle Auskunfteien,unter anderem auf öffentlich zugänglicheBonitätsinformationen wie das Insolvenzverzeichnisoder die Schuldnerregisterder Amtsgerichte zurück.ANZEIGEAuch Erfahrungen, die ein Unternehmenin der Vergangenheit mit einemKunden gemacht hat, fließen in die Bewertungein. Doch nicht immer reichtdas aus, erklärt Geschäftsführer WolfgangHübner: „Liegen zu einem Konsumentenkeine bekannten Zahlungserfahrungenvor – insbesondere in der Neukundenphase– kommen auch Scoring-Verfahren zum Einsatz.“ Dabei nutztScoring statistische Verfahren, die dieWahrscheinlichkeit errechnen, mit derdie Kunden ihre Rechnungen bezahlen.Kombiniert werden Erfahrungen mit bestimmtenMerkmalsgruppen. Je nachAnbieter schaut man etwa auf Alter, Beruf,Name oder Adresse. Wohnt jemandbeispielsweise in einem Stadtviertel mitschlechter Zahlungsmoral, kann derScoringwert sinken. Versandhändler forderndann eventuell Vorkasse, um Risikenzu vermeiden oder zu begrenzen.„Scorewerte werden einzelfallbezogenund tagesaktuell ermittelt“, betont Hübner.Das heißt, den einen Scoringwertgibt es nicht. Je nach anstehendem Geschäft,je nach Branche und je nach Produktwerden die vorhandenen Daten inder Regel auf verschiedene Weise genutzt.Übrigens: Welche Daten Auskunfteiengespeichert haben, müssen sie lautGesetz den Betroffenen mitteilen, falscheDaten müssen sie zudemändern. Doch wie siedie Scoringwerte dann jeweilsim Detail berechnen,das bleibt bei allen ein Geschäftsgeheimnis.Das ist auch bei derSchufa so. Als Institutiondürfte sie nahezu jedemDeutschen bekannt sein.Im Unterschied zu anderenAuskunfteien kenntsie alle 66,2 MillionenDeutschen, die potenzielleKreditnehmer sind. Dennauch die Schufa erstellt branchenabhängigeScores. Genau wie andere Anbietersorgt sie so unter anderem für dieschnelle Bearbeitung von Krediten oderRatenzahlungen – Bequemlichkeiten, dieKonsumenten erwarten. „An dieser Stellekommen häufig Scoring-Systeme zumEinsatz“, sagt Andreas W. Lehmann,Sprecher der Schufa Holding. Denn Scoringist vor allem ein schnelles Verfahren.Scoringwerte werden <strong>vom</strong> Computerberechnet, auf die Datenbanken derAnbieter können angeschlossene Unternehmenonline zugreifen – oft automatisiertaus ihren Bezahlprozessen heraus.„So können teils auch nachts oder amWochenende Kreditentscheidungen, wieEine kluge Frau ist ein unbezahlbarer Schatz: In einer Partnerschaft mag das Sprichwort stimmen. Doch bei Krediten oder Online-Käufen wirdauch deren Kreditwürdigkeit genau geprüft. Denn nach einer Studie stammen 72 Prozent der Einnahmen des deutschen Handels von Frauenzum Beispiel Online-Kredite und spontaneFinanzierungen an der Kasse, getroffenwerden“, schildert Lehmann dieVorteile. Das wird am Beispiel Online-Handel deutlich. Viele Shopbetreiberübergeben ihre Zahlungsabwicklung zumindestteilweise an Dienstleister, vorallem, wenn es um den Kauf auf Rechnungoder Rate geht. Dabei treten Sie ihreForderung an den Dienstleister ab –und damit das Risiko eines Zahlungsausfalls.Die Ware kann sofort versendetwerden, und der Verkäufer bekommtumgehend sein Geld <strong>vom</strong> Dienstleister.Factoring heißt diese Art des Geschäfts.Einer der größten Factoring-Anbieterim Onlinebereich in Deutschland ist dieKlarna Gmbh – und sie setzt auf Scoring.„Als Factoring-Dienstleister gehen wirfinanziell in Vorleistung. Deshalb ist esunser ureigenstes Interesse, Zahlungsausfällezu vermeiden. Wir müssen innerhalbvon Sekunden klären, ob einEinkauf nicht ein zu großes Risiko ist.Dafür ist Scoring ein unerlässliches Instrument“,erklärt Tobias Teuber,Deutschland-Chef von Klarna. Wählt einKunde in einem angeschlossenen Onlineshopdie Option „Rechnungskauf“,übernimmt Klarna den Fall. Einzugebensind nur wenige Daten wie Namen,Adresse, Geburtsdatum, E-Mail und eineTelefonnummer. Über die Schufa wirddann vollautomatisch ein Identitäts-Check durchgeführt – und geklärt, ob diePerson überhaupt existiert.„Sollte sich schon über die Schufa erweisen,dass die Bonität extrem fragwürdigist, ziehen wir bereits zu diesem Zeitpunktdie Notbremse. Die maßgeblichePrüfung findet jedoch bei uns internstatt“, sagt Tobias Teuber. Dabei werdendann mehrere Dutzend Faktoren zur Abschätzungder Kreditwürdigkeit einbezogen.Wie das vor sich geht, erläutert Teuberan einem möglichen Beispielfall:„Wenn jemand nachts um halb drei voneinem Internetcafé aus 20 iPads bestelltund dabei angibt, er sei eine 85-jährigeFrau, dann werden wir stutzig. Das Systemerkennt genau solche Ungereimtheiten.Unter Umständen wird der Kaufdann abgelehnt.“ Auch wenn die einzelnenDaten für sich gesehen natürlich unproblematischsein könnten.Dieses Beispiel von Klarna zeigt: BeiScoring geht es neben statistischen Abwägungenauch um Plausibilitätsprüfungen,mit deren Hilfe sich Unternehmenschützen wollen. Dass Scoringanbieterdabei ihre Verfahren nicht offenlegenwollen, ist aus deren Sicht verständlich.Und dass die Verfahren treffsicher sind,liegt ebenfalls in deren Interesse. Einengewissen Schutz vor falschen Einschätzungenerhalten Betroffene zudemdurch das Datenschutzgesetz. Und auchScoringunternehmen selbst versuchen,sich diesbezüglich abzusichern: Klarnaetwa erhebt die Telefonnummer nach eigenerAussage, um fragliche Eingaben direktklären zu können. Denn rein theoretischist es ja durchaus möglich, dass einerüstige Rentnerin nachts tatsächlichzehn iPads ordern will.GETTY IMAGES„Auch eine Frage der Erziehung“Psychologe Georg Felser über Zahlungsmoral und SchuldenmachenIHR SPEZIALIST IM FORDERUNGSMANAGEMENT.Als führender Anbieter für <strong>Forderungsmanagement</strong>-Dienstleistungen finden wirauch für Sie die richtige Lösung.Wir sind Ihr Spezialist für:klassisches Inkasso/AuslandsinkassoPortfoliomanagementForderungskaufOutsourcingDatenmanagementE-Commerce LösungenGFKL betreut ein Forderungsvolumen von derzeit rund 21,7 Milliarden Euro.Standard & Poor's verlieh das höchste Ranking als Servicer „Strong.“Risiken minimieren – Kosten senken – Erträge steigern.Durch die Übertragung Ihres <strong>Forderungsmanagement</strong>s an die Experten von GFKL.GFKL Financial Services AGLimbecker Platz 145127 EssenSprechen Sie uns an!Tel. +49 201 102 1162Fax +49 201 102 110 2256vertrieb@gfkl.comwww.gfkl.comJENS KOHRSEs ist die grundsätzliche Abneigung,einen Verlust zu realisieren,die viele davon abhält, Rechnungenpünktlich zu bezahlen, sagt GeorgFelser, Fachdozent für Markt- und Konsumpsychologiean der HochschuleHarz in Wernigerode. Hinzu komme außerdem,dass der Genuss einer Leistungund das Bezahlen immer stärker entkoppeltwerden.<strong>DIE</strong> <strong>WELT</strong>: Herr Felser, warum istdie Zahlungsmoral von Menschen sounterschiedlich?GEORG FELSER: Grundsätzlich habenwir alle eine Abneigung, Verluste zu realisieren.Doch der Referenzpunkt, vondem aus wir betrachten, ob etwas füruns ein Gewinn oder Verlust ist, liegtnicht fest. Das ist eine Frage der persönlichenDeutung. Wer es also als Verlustsieht, eine Rechnung zu begleichen oderSchulden zu tilgen, weil das ein Loch inseine Kasse reißt, wird sich mit dem Bezahlenschwer tun. Dabei lässt sich dieSituation natürlich auch anders heruminterpretieren: Mit den Schulden ist derVerlust längst gemacht, und durch dieTilgung wird er abgemildert.Ist die Deutung eine Frage des Typs?Eine Möglichkeit ist sicher, dass wir esvon Geburt an, gewissermaßen genetischbedingt, unangenehm finden, irgendwoSchulden zu haben. Viel wichtiger allerdingssind die Erziehung und das, wasuns vorgelebt wird – durch unser Umfeld,die Familie und die Freunde. Außerdemspielen die Politik und die Nachrichteneine große Rolle. Wenn in derallgemeinen Stimmung Konsum gewissermaßenals Bürgerpflicht gilt, werdenauch diejenigen, die sonst eher dagegensind, es in Ordnung finden, Schulden zumachen. Die omnipräsente Meta-Botschaft‚Konsum ist gut’ ist ein Bausteinfür das Schuldenmachen.Bei der Steuererklärung ist Schummelnzum „Volkssport“ geworden. Istes ein ähnliches Phänomen, dassRechnungen erst auf den letzten Drückerbezahlt oder sogar bewusst dieMahnungen abgewartet werden?Bei der Steuererklärung verursacht einedrohende Nachzahlung ein Verlustgefühl.Je nachdem, wie hoch die Erwartungeiner Rückzahlung ist, sinkt die Bereitschaftzu schummeln. Mit Blick aufeine Nachforderung könnte man ja auchsagen, der Staat hat bislang einen kostenlosenKredit gewährt, und diesesGeld war dadurch viel länger nutzbar.Doch die Verlustaversionist höherals die Freudeüber diesen Gewinn.Auch eineGeorg Felser istFachdozent fürMarkt- und KonsumpsychologieHOCHSCHULE HARZRechnung wirdoft nicht mit derbereits erhaltenenLeistung in Verbindunggebrachtund darf deshalbruhig eine Weileliegen bleiben.Dahinter stehtauch, dass Genussund Bezahlen immer stärker entkoppeltwerden. Kreditkarten, Flatratesund „Heute-kaufen-später-zahlen-Angebote“tragen dazu bei. Auch deshalb werdennormale Zahlungsvorgänge als Realisierungeines Verlustes umgedeutet.Warum zeigt Post von einem Inkasso-Büromeist schneller Wirkung alsdie Mahnungen der Gläubiger?Das erklärt sich vielleicht mit der Ideeder mentalen Kontoführung. Die Frageist, welcher Kategorie jemand einenPosten zuordnet. Nehmen Sie beispielsweisedas Budget für Winterkleidung.Wenn es ausgeschöpft ist, jemand einbestimmtes Kleidungsstück aber unbedingthaben möchte, deklariert er eseinfach als ‚gut für den Übergang’ oder‚ideal fürs Büro’. Schon gehört es in eineandere Kategorie, und es kann gekauftwerden. Mein mentales Konto definiert,welchen Zweck ich erreiche undwelches Ziel ich habe. Ein Inkasso-Büroist in diesem Sinn ein anderes Konto –da will ich verhindern, dass ich richtigÄrger bekomme.Gläubiger fürchten oft, Kunden fürkünftige Geschäfte zu verlieren,wenn sie beharrlich auf Zahlungenbestehen. Ist die Angst berechtigt?Aus lernpsychologischer Sicht halte ichdas für hochproblematisch, denn es verstärktdas Verhalten der Nicht-Zahler.Stattdessen sollten Unternehmen grundsätzlichmit einrechnen, dass Kunden eineunterschiedliche Qualität haben. Dabeimüssen sie gut differenzieren, dennes gibt zwei große Fehlerquellen: den falschenAlarm, bei dem ich einen Kundenherausfiltere, obwohl keine Gefahr desZahlungsausfalls bestand, und die Auslassungsfehler,bei denen ich mit KundenGeschäfte mache, die später nichtbezahlen. Es ist etwas zynisch, aber dieFrage ist, wie viele dieser falsch-negativenAuslassungsfehler ich mir leistenkann. Kommen sie zu häufig vor, mussindividueller differenziert werden. Dasist ja nicht neu: Der Krämer um die Eckehat schon früher immer gewusst, wer einguter und wer ein schlechter Kunde war.Heutige Verfahren sind die konsequenteWeiterführung. Dabei ist die Grundidee,von vergangenem auf künftiges Verhaltenzu schließen, nicht falsch.Und wie ist das, wenn wir uns vonFreunden Geld geliehen haben? Wiesteht es da um die Bereitschaft, diesesauch wieder zurück zu zahlen?Da fällt die persönliche Beziehung starkins Gewicht. Und was die Bereitschaftjenseits aller Beziehungspflege zusätzlichenorm verstärkt, ist das Gefühl,dass der Andere das nicht tun musste,dass er also einen ungeschuldeten Gefallengetan hat. Dann ist der Druckzum Ausgleich sehr viel höher, weil dasGefühl besteht, den Gefallen unbedingterwidern zu müssen. Würde es gelingen,auch dem Angebot eines Dienstleistersdiesen Charakter zu geben, wäredas eine Möglichkeit, den Zahlungsdruckzu erhöhen.+
MITTWOCH, <strong>23</strong>. OKTOBER 2013 <strong>DIE</strong> <strong>WELT</strong> SEITE IXFORDERUNGSMANAGEMENTMit Empathieund ArgumentenVerständnis, Ausdauer und Verhandlungsgeschick sindgefragt, um offene Rechnungen einzutreiben. Jenach Größe des Arbeitgebers unterscheidet sich derArbeitsalltag eines Inkasso-Beraters erheblichReich sind nur die,die Freunde haben:Statt auf Konfrontationsetzen seriöseInkassofirmen vorallem auf Dialog,um Lösungen zufinden. Dabei bietensie Schuldner auchRatenzahlungen anALEXANDRA GROSSMANNFür einen Inkasso-Berater gibtes keinen geregelten Tagesablauf.Jeder neue Arbeitstagbringt neue Kunden, neueSchuldner, neue Ausreden –aber auch neue Einigungen. Eines allerdingsist immer gleich: „Ganz früh morgenskontrolliere ich meinen Kontostandund sehe nach, ob jemand gezahlt hat.Das ist das erste, was ich mache“, sagtAnnegret Krol, selbstständige Inkasso-Beraterin. Danach hänge vieles davon ab,was anfalle: Wiedervorlagen durchgehen,Briefe schreiben, Schuldner erinnern,mit den Kunden in Kontakt treten.Krol hat ihre Inkasso-Firma Ask Mevor sechs Jahren gegründet. Seitdem arbeitetsie allein. Sie zieht Forderungenfür kleine und mittelständische Unternehmenein, derzeit hat sie rund 50 Auftraggeber.„Meine Kunden rufen an,schildern einen neuen Fall, und wirüberlegen, ob es sinnvoll ist, diesen weiterzu verfolgen“, sagt sie. „Meist lasseich mir dann die Unterlagen schickenund prüfe, ob ich das übernehme.“Ähnlich verfahren die Mitarbeiter vonDr. Duve Inkasso, einem mittelständischenUnternehmen mit Sitz in Hannover.Die Firma wurde 1987 gegründet undbeschäftigt 25 Mitarbeiter. „Ganz typischfür die Vorgehensweise ist, dass wir Aufträgevon unseren Kunden bekommen“,erklärt Geschäftsführer Andreas Bingemer.„Dann beginnt in der Regel der Recherche-Teil,das heißt, wir versuchen,die Daten zu verifizieren, um herauszubekommen,ob die Forderungen wirtschaftlichwerthaltig sind.“Annegret Krol schreibt zunächst dieSchuldner an. Im Idealfall kommt dannprompt die Zahlung. Wenn nicht, schicktdie Inkasso-Beraterin in der Regel einenSTINA BEBENROTHPro Jahr wechseln 4,8 MillionenMenschen in Deutschland ihrenWohnort und damit ihre Adresse.Versäumen sie dabei, einen Nachsendeantragbei der Post zu stellen, landen dieBriefe wieder beim Absender oder verschwindenim Zweifelsfall einfach. „Daskann zu einem klassischen Missverständnisin der Kommunikation führen“,sagt Steffen Kowalski. „Wenn ein UnternehmenRechnungen verschickt und keineRückmeldung bekommt, muss derSchuldner am Ende hohe Gebühren zahlenoder wird sogar in ein Gerichtsverfahrenverwickelt.“Kowalski ist Trainer an der DeutschenInkasso Akademie und anderen Institutionen,und er weiß: „Die meisten Menschen,die Rechnungen nicht bezahlen,sind zahlungswillig. Der Grund für dieSchulden liegen oft in anderen Bereichen.“Damit sie diese Gründe kennenlernenund Missverständnisse aus demWeg räumen können, schult KowalskiUnternehmen und Inkassofirmen im Telefoninkasso.Die Idee ist es, Schuldnernach der ersten schriftlichen Kontaktaufnahmeper Anruf zu erreichen. ImGespräch können die Kunden dann ihreGründe darlegen, warum sie Rechnungennicht begleichen, und die Unternehmenhaben die Möglichkeit, entsprechendzu reagieren. „Das Ziel eines solchenAnrufs ist immer, am Ende die Zahlungsmodalitätenwie Raten und Terminefestgelegt zu haben“, sagt Kowalski.Für die Firmen hat sich dieses Vorgehenschon häufig bewährt. „Briefe sindsehr anonym und ganz klar eine reineForderung“, sagt Rebecca Poppe vonGFKL Financial Services. „Mit den Telefongesprächensignalisieren wir unsereKompromissbereitschaft. Das führt nichtzweiten Brief oder versucht, telefonischKontakt mit der Person oder Firma aufzunehmen.Ziel ist immer eine Vereinbarung– entweder nennt der Schuldner einenTermin, zu dem er bezahlen kann,oder er vereinbart eine Ratenzahlung.„Auf Fingerspitzengefühl kommt es an“,weiß Annegret Krol. Auch sie passt ihreVerhandlungstaktik dem Gegenüber an:„Ein Schuldner, der bereit ist für Verhandlungen,auf den gehe ich auch ein.Aber wenn einer pampig ist, dann reagiereich härter.“ Es sei wichtig, trotzdemimmer freundlich zu bleiben. Zudemmüsse sie neutral bleiben und dürfe keinepersönliche Beziehung entwickeln.Die Kommunikation mit den Kunden istfür Krol ebenso wichtig, wie die mit denSchuldnern „Meine Kunden möchten inden meisten Fällen über jeden meinerSchritte sehr genau informiert sein“,sagt Krol. Deshalb bekommen sie die gesamteKorrespondenz als Kopie, ebenfallsdie Protokolle der Telefonate.Auch Frank Kebsch, Geschäftsführervon Arvato Infoscore weiß: „Beim Inkassokommt es auf die Kommunikationan.“ Seine Mitarbeiter seien pau-IN KONTAKTSeriöse Inkassofirmen setzen auf Kommunikation.Denn im Gespräch mitSchuldnern können Fragen geklärt undLösungswege für das Begleichen derSchulden besprochen werden. DieErfahrungen zeigen, dass eine gerichtlicheVerfolgung so oft vermiedenwerden kann. Die Kommunikationumfasst neben dem obligatorischenBriefverkehr eine telefonische Kontaktaufnahmeund auch das direkte Gesprächdurch Außendienstmitarbeiter.Persönliche Mitteilungensenlos damit beschäftigt,mit denGläubigern und denKunden zu sprechen,diese zu informierenund mit ihnen zuverhandeln. Das zurBertelsmann-Gruppegehörende Unternehmenist europaweittätig, rund 3500Mitarbeiter betreuenetwa 10.000 Kundenin elf Ländern.„Wir haben Kundenaus ganz verschiedenenBranchen“, soKebsch. „Wir bearbeitensowohl Hypotheken-Forderungenalsauch solche aus demSchwarzfahrer-Geschäft.“Hinzu kämen unter anderem Telekommunikationund Versandhandel.Mit diesem Branchen-Mix gehen die unterschiedlichstenArten von Forderungeneinher. Diese wiederum sind mit unterschiedlichenRechtsfragen verknüpft.Laut Kebsch muss man sich spezialisieren,„denn die jeweiligen Sachgebieteunterscheiden sich auch in rechtlicherHinsicht teilweise erheblich von einander“.Deshalb seien bei Arvato Infoscoredie Abteilungen so organisiert, „als würdenwir aus einzelnen Inkasso-Unternehmenbestehen“.Am Ende komme es aber immer daraufan, möglichst wenig Zeit und Geldzu investieren, um die Schulden einzutreiben,meint auch Andreas Bingemervon Dr. Duve Inkasso: „Wir wollennicht, dass unsere Kunden gutes Geldschlechtem Geld hinterherwerfen.“Das bedeutet: Hat ein Schuldner bereitsmehrere Forderungen negativDie Branche setzt verstärkt auf Kontakt am Telefon. Das signalisiertKompromissbereitschaft und verbessert die KundenbeziehungGeld ist nicht alles: Missverständnisselassen sich am besten im Gespräch klärennur dazu, dass Rechnungen schneller beglichenwerden, sondern bewirkt auch,dass die gute Beziehung zwischen Kundeund Rechnungssteller bestehen bleibt.“Steffen Kowalski schult seine Seminarteilnehmer,damit die Anrufe erfolgreichverlaufen: „Gerade beim ThemaGeld reagieren viele emotional. Damitein solches Telefonat nicht aus dem Ruderläuft, sollte der Anrufer sachlichbleiben“, erklärt der Trainer. Zudemmüssen die Mitarbeiter mit den Datenschutzbestimmungenvertraut sein.HOHE FORDERUNGENDie durchschnittliche Forderung, dieInkassounternehmen für Gläubigereinziehen, beträgt dem Branchenverbandzufolge 646 Euro. Forderungenmit niedrigen Eurobeträgen machendemnach lediglich einen geringenTeil aus: Nur in 16 Prozent der Fällegeht es um weniger als 100 Euro. MitBlick auf private Verbraucher liegtdie Höhe jeder vierten Forderungzwischen 100 und 499 Euro. Und derBereich von 100.000 Euro und mehrmacht immerhin 19 Prozent aus.JAQUES BAGIOSDer Trend zur persönlichen Kommunikationhat mittlerweile einen Großteilder Inkassobranche erfasst. Je nachSchuldnergruppe werden dabei unterschiedlicheWege der Kontaktaufnahmegewählt. Beim persönlichen Gesprächam Telefon oder beim Vor-Ort-Inkassoetwa kann die individuelle Situation derSchuldner geklärt und gemeinsam eineLösung gefunden werden. Zudem kommenim Rahmen der gesetzlichen Möglichkeitenauch E-Mails und SMS zumEinsatz, zum Beispiel um an Ratenzahlungenzu erinnern.Ein weiteres wichtiges Instrumentsind Schuldnerportale, über die SchuldnerKontakt zu Inkassofirmen aufnehmenund direkt Zahlungsmodalitätenvereinbaren können. „Statt als das unheimlicheUnbekannte, präsentierensich Inkassofirmen dort als Helfer undUnterstützer der Schuldner. Das Bild inder Öffentlichkeit wird dadurch positivbeeinflusst“, sagt Steffen Kowalski.Auch bei dohr-inkasso hat sich das bereits2009 installierte Schuldnerportalim Internet bewährt. „Die wichtigsteFunktion ist es, mit den Schuldnern insGespräch zu kommen und ihnen klar zumachen, dass wir uns für ihre Sicht derDinge und Probleme interessieren“, sagtGeschäftsführer Hans Iuel Dohr: „Besondersfreut uns, dass sich ehemaligeAbwicklungskunden als Testimonials zurVerfügung gestellt haben, die mit unsererHilfe ihre Schulden begleichen konnten.Das macht anderen natürlich Mut.“Internetportale und Mails ermöglichenes, „andere Wege des Forderungseinzugeszu gehen“, betont auch ErwinFalkner, Geschäftsführer von Euro-Inkasso:„Dieser findet dann nicht mehrgegenüber einem Schuldner statt, sonderngegenüber einer Person mit Wünschenund Bedürfnissen.“CreditreformThese Nr. 5hinter sich – also in Form von EidesstattlichenVersicherungen, Haftanordnungen– oder ist er bei den Inkassounternehmenmehrfach aufgefallen,so hält Andreas Bingemer Rücksprachemit seinem Kunden. Er informiert ihnüber die Vorgeschichte des Gläubigersund fragt nach, ob er in diesem Fallwirklich tätig werden soll. Dafür ist esallerdings notwenig, umfangreiche Recherchenüber den Schuldner einzuholenund sich auch von diesen Informationennicht hinters Licht führen zulassen. „Oft ist zum Beispiel ein Firmennameein Fantasiename, so etwawie ‚Andreas’ Pommesbude’. Dannmüssen wir herausfinden, wer eigentlichder Gewerbetreibende ist, wer alsofür die Forderung haftbar zu machenist“, erklärt Bingemer.GELDIST NICHTALLES,WAS SIEVERLIEREN. **Verband der Vereine Creditreform e.V.Tel. 0800 - 9995500 | www.creditreform.deAuch AnnegretKrol überprüft alserstes den Schuldnerund seine Bonität.Dazu nutzt sie in denmeisten Fällen dasInternet. Über Auskunfteienerhalte sieeine Vermögensauskunftund erfahre, obes bereits andere Forderungengegen denSchuldner gebe, sagtdie Inkasso-Unternehmerin.In jedemFall aber versucht sie,mit dem Schuldner inKontakt zu treten:„Meist gelingt esauch, und wir findeneine Einigung.“ Seltenpassiere es, dasssich Schuldner nicht melden oder nureinmal ans Telefon gehen, danach nichtmehr. Wenn Krol gar nicht an die Leuteherankomme, gehe sie gerichtlich vor –mit einem Mahnbescheid und dann miteinem Vollstreckungsbescheid. Schließlichdrohe sie schriftlich mit dem Gerichtsvollzieher,erklärt sie: „Dass derkommt, wäre der letzte Schritt. Diemeisten zahlen vorher.“CREDITREFORM. MIT SICHERHEIT MEHR WERT.Zahlungsverzögerungen bei Ihren Kunden kosten Geld und Nerven. Wenn Sie auf Ihren Forderungen sitzenbleiben, können sich schnell fatale Finanzierungslücken auftun.Wir sorgen dafür, dass Sie schneller an Ihr Geldkommen und schonen noch dazu Ihre Kundenbeziehungen. 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