13.07.2015 Aufrufe

Zeitpolitisches Magazin - Deutsche Gesellschaft für Zeitpolitik

Zeitpolitisches Magazin - Deutsche Gesellschaft für Zeitpolitik

Zeitpolitisches Magazin - Deutsche Gesellschaft für Zeitpolitik

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

KINDERBETREUUNG RUND UM DIE UHRWie viele Stunden werden Kinder ergänzendbetreut?Das Gros der Kinder hat ja nicht so viele ergänzende Stunden.Mal 80, mal 30 im Monat. Samstags, wenn die Mutterim Verkauf oder bei einem Postdienst arbeitet. Wenndas jeden Samstag ist, hat das Kind eine Sechstage-Woche.Hier ist zu bedenken: wenn ein Kind sehr viele Stunden betreutwird, Kita oder Hort, dann Schule, dann wieder Hortund dann noch ergänzende Betreuung, da muss eventuellnach anderen Modellen gesucht werden. Man muss vomKindeswohl her denken. Es gibt berufliche Situationen,durch die Eltern ihre Kinder kaum noch sehen. Zum Beispielim Security-Dienst, da müssen sie um vier Uhr anfangen,oder sie sind im Spätdienst bis 23 oder 24 Uhr.Solche Arbeitszeiten gehen eigentlich gar nicht, wenn mankleine Kinder hat! Wir haben einmal ausnahmsweise beieiner Afrikanerin mit mehreren Kindern, die unbedingt arbeitenwollte, eine ergänzende Tagespflege eingerichtet,weil wir gerade jemanden hatten. Das war ein Ehepaar, dassich engagieren wollte. Die gehen morgens in die Familieund wecken die Kinder oder sie holen abends die Kinderaus der Kita und bleiben bis Mitternacht dort. Wo aber niemandin die Familie geht, müssen die Kinder woandersschlafen. Eine solche Mutter kann ihr Kind nur eine Wocheim Monat sehen, wenn sie zwischen den Schichten eineWoche frei hat!Solche Arbeitszeiten sind schon nicht ganz kinderfreundlich.Das ist schon Stress <strong>für</strong> die Kinder. Eigentlich reichtes schon, wenn sie tagsüber den ganzen Tag betreut werden.Wenn ein Kind in den Frühhort oder die Kita um 6Uhr geht, und wenn Hort oder Kita um 18 Uhr schließt,dann sind das 12 Stunden außerhalb der Familie. Und vielleichtsind es dann nicht die Eltern, die abholen. Undmanchmal geht es dann noch woanders hin…Wirtschaftsunternehmen und Arbeitgeber sind diejenigen,an die Forderungen zu richten wären, dies abzuwenden.Eltern mit Kleinkindern sollten familienfreundlicheArbeitszeiten angeboten werden. Die Frauen sind oft sehrunter Druck. Sie haben vielleicht schon alles Mögliche versucht,auch mit dem Arbeitgeber gesprochen, oder mit denVätern, die sich aber weigerten. Sie haben Angst, dass sieihren Arbeitsplatz verlieren. Das tut uns dann sehr leid.Wir fühlen uns dann selbst unter Druck. Manche sagenauch, dass sie es zu Hause nicht mehr aushalten. Sie wollenarbeiten, weil sie vielleicht schon ein paar Jahre zuHause sind.In einigen Fällen aber, wenn es nicht so viele Stundensind, ist eine ergänzende Betreuung sogar ganz gut. Daskann sogar eine Bereicherung <strong>für</strong> alle Beteiligten sein. Esgibt viele Familien mit Müttern, die sehr isoliert leben. Wirhaben hier z. B. eine Frau, die in Rente ist und die Betreuungschon lange macht. Die hat dadurch auch Kontakt. Diefreut sich, und die Kinder freuen sich. Oft freunden sichdie Eltern mit der Tagespflegeperson an.Übernacht-Betreuung kommt meist nur gelegentlich vor,aber manchmal, bei Schichtdienst, regelmäßig. Wenn dieBetreuungsperson nicht bereit ist, in den Haushalt zu gehen,vielleicht hat sie ja selbst Kinder, dann schläft dasKind bei ihr. Dass Betreuer in der Wohnung schlafen, istselten. Denn irgendwann am Abend kommt Mutter oderVater ja nach Hause. Wir hatten eine Familie, da warenbeide Eltern Sänger, die oft auf Tournee gehen. Da habenwir dann erst eine Tagesmutter gefunden und dann anschließendeine ergänzende Betreuung, die in der Wohnungder Betreuungsperson stattfand. Denn die Elternhatten so schwierige Temperamente, dass sich keine Pflegepersonfand, die in die Familie gehen wollte. Aber dasläuft jetzt gut; das Kind fühlt sich da sehr wohl.Wenn ergänzende Betreuung notwendig ist, ist es am bestenin der eigenen Wohnung des Kindes. Die Kinder sindja den ganzen Tag lang in großen Gruppen, müssen sichständig anpassen und sich durchschlagen. Dann brauchensie Ruhe zu Hause und im günstigen Fall auch eine guteBeziehung zur Pflegeperson.Aber in manchen Fällen müssen wir dann sagen: „So wieSie sich das vorstellen, geht es nicht. Das können Sie sichund Ihrem Kind nicht antun. Das ist es nicht wert. Ganzschnell sind ein paar Jahre um und Sie werden es bedauern,sich und dem Kind nicht mehr Zeit gewidmet zu haben.“Solche Gespräche – das unterscheidet uns vongewerblichen Trägern. Wir haben ja eine ganz andereSichtweise. Wir haben die Kinder im Fokus, gleichwohlmöchten wir auch die Mütter unterstützen und gucken,dass es allen gut geht. Gerade die ergänzende Betreuungist sehr vielfältig. Man muss sich jeden Fall genau ansehen.Es ist ganz wichtig, dass es so bleibt.Das Gespräch führte Helga Zeiher.ZPM NR. 23, DEZEMBER 2013 17

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!