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SFT 5/84 - Science Fiction Times

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<strong>Science</strong> <strong>Fiction</strong> <strong>Times</strong> 5/<strong>84</strong> 11damit die Tunnelmenschen über entsprechendsinnentleertes, den Mächtigengenehmes Wortmaterial verfügen. Denndie Bevölkerung von 37-a besteht ausVerbalexistenzen, die auch nur verbalmiteinander verkehren. Zentrale Idee,das Ideal, vielleicht die Ideologie dieserGesellschaft ist das kugeltranszendentaleVorhaben, als Bild der Autoren für etwasAbgehobenes, das zum Normalbürgerkeinen Bezug hat, auf das aber überall inAnträgen und Texten sinnlose Verweiseerfolgen. Es dient dem Wohle eines jedenKugel-37-a-Bewohners, auch wennniemand weiß, was dieses Vorhaben eigentlichdarstellt.Das Grundmotiv des Romans ist einWiderspruch zwischen Theorie und Praxis,zwischen sozialistischem Ideal undgesellschaftlicher Wirklichkeit in derDDR. Die Dimension dieser Kritik derBrauns wird für den westlichen Leserleichter verständlich, wenn er andere,neuere Texte aus der DDR zusätzlichliest, die mit realistischen Erzählmittelndiesen Widerspruch darstellen. So beschreibtz. B. Monika Maron in ihremRoman „Flugasche“ (Fischer Taschenbuch2317, Frankfurt/M. 1981) die DDRals eine Gesellschaft, in der „Schizophreniezum Lebensprinzip“ geworden ist ,d.h. man lebt damit, etwas zu sagen, vondem man weiß, daß es nicht so ist. Oder:Die Medien idealisieren eine Wirklichkeit,die nicht unbedingt mit dem empirischerfahrbaren Alltag übereinstimmt.Die Brauns übersteigern dies grotesk inihrer Kugel-37-a-Gesellschaft, wo etwasist, weil man sagt, daß es sei und nicht,weil es tatsächlich ist.Neben diesem Grundmotiv findensich eher beiläufige, kritische Anmerkungenund Anspielungen, die z.T. witzig-aphoristisch wirken können: „derDREIER-Mensch lebt glücklich, weilunbemerkt“. Insgesamt wirkt das Buchin seiner Kritik schärfer, grundsätzlicherals die vorangegangenen. Das Groteskeschlägt schon fast ins Absurde um. Undwo früher bei den Autoren hinter Ironieund Selbstironie Hoffnung auf Veränderung,Verbesserung zu erkennen war,scheint jetzt eher Resignation zu stehen.„Die unhörbaren Töne“ ist ein Kurzroman,der als Folge von fiktiven Berichtenangelegt ist, die an die „Behörde zurAuflösung überflüssiger wissenschaftlicherInstitutionen“ gerichtet sind. DieBehörde schickt verschiedene Auflöseraus, die für die Schließung des „Institutszur Erforschung der Wiedergabetechnikunhörbarer Töne“ wirken sollen.Die Mitarbeiter dieses Instituts neigtenschon selbst dazu, die unhörbaren Töneals nichtfaßbares. Phantom aufzugeben,die von der Behörde entsandtenDestruktoren bewirken jedoch, daß siesich selbst fragen, ob an ihrer offenkundigsinnlosen Pseudowissenschaftnicht doch etwas dran wäre. Bevor dieInstitutsmitarbeiter am Ende ihr Institutselbst auflösen, gelingt es ihnen noch ,die kritischen Prüfer, die die Auflösungentweder sehr akkurat, buchhalterischangehen, oder psychologisch, sowietheoretisch und militärisch, in das Institutzu integrieren bzw. diese zu verunsichern.Auch hier thematisieren dieBrauns wieder den Grundwiderspruchzwischen Ideal und gesellschaftlicherWirklichkeit. Absurdität, Weltfremdheitund Menschenverachtung von wissenschaftlichenForschungsprojekten und/oder Instituten, als vordergründigereProblemebene, dürften dem westlichenLeser jedoch auch nicht fremd sein.Beide Bücher von Johanna und GünterBraun sind keine einfache Lektüre,sondern verlangen vom Leser, daßer sich etwas auf sie einläßt, sie lassensich dann aber auch mit entsprechendemGewinn lesen. Sie belegen zudem eineWandlung der Autoren, bei denen früherdas Phantastische vor allem mit Ironieund Selbstironie nach dem Vorbild romantischerDichtung einherging, derenPhantastik aber heute eine sarkastischeNote aufweist, mehr an Mynona oderScheerbart erinnert als an E.T.A. Hoffmannoder Jean Paul.NEU im CORIAN-VERLAG, dem Fachverlag für phantastische Literatur!STUDIEN ZUR PHANTASTISCHEN LITERATUR, die neue literaturwissenschaftliche Buchreihe.Band 1: Dagmar Barnouw, FEMINISTISCHE UND ANDERE UTOPIEN FÜR BESSERE WELTEN Analyseund Wertung feministischer und anderer Sozialutopien in Werken von James TiptreeJr., Joanna Russ, Marge Piercy, Doris Lessing, Ursula K. LeGuin, Samuel R. Delany u. a.Ca. 250 Seiten. DM 39,00. ISBN 3-89048-110-8 (lieferbar ab Juni 1985)Band 2: Barbara Puschmann-Nalenz, SCIENCE FICTION UND IHRE GRENZBEREICHEEin Beitrag z ur Gattungsproblematik zeitgenössisc her Erzählliteratur.Ca. 250 Seiten. Ca. DM 39,00. ISBN 3-89048-111-6 (erscheint im Herbst 1985)Beachten Sie auch den bereits vorliegenden Titel:Heinrich Keim, NEW WAVE - DIE AVANTGARDE DER MODERNEN ANGLO-AMERIKANISCHENSCIENCE FICTIONEine Untersuchung des literarischen Phänomens „New Wave“ anhand der Werke von JamesGraham Ballard, Michael Moorcock, Brian Wilson Aldiss , John Brunner, Norman Spinrad,Thomas M. Disch, John T. Sladek , Roger Zelazny, Samuel R. De lany.615 Seiten . DM 59,00. ISBN 3-89048-301-Fordern Sie weitere Informationen an !CORIAN-VERLAG Heinrich Wimmer, Postfach 1169, D-8901 Meitingen

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