Abi-Jahrgang 2010: Darum sieht Hamburgs Wirtschaft ... - HAN Online
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2<br />
B&P: Im Krisenzeitraum 2008/<br />
2009 hat der Hamburger Hafen<br />
einen starken Rückgang bei den<br />
Umschlagzahlen erlitten – bis<br />
zu 30 Prozent allein bei den<br />
Containern. Andere europäische<br />
Häfen waren nicht so stark<br />
betroffen. Wie krank ist der Patient<br />
Hamburger Hafen wirklich?<br />
Horch: Der schmerzhafte<br />
Rückgang, insgesamt sprechen<br />
wir von minus 20 Prozent, ist<br />
natürlich in erster Linie eine<br />
Folge der weltweiten <strong>Wirtschaft</strong>skrise.<br />
Aber auch über<br />
diesen Trend hinaus hat der<br />
Hafen im Vergleich zu anderen<br />
stärker gelitten. Zu den Ursachen<br />
zählt dabei sicherlich die<br />
ewig verschobene Anpassung<br />
der Elb-Fahrrinne – das ist ein<br />
nicht unerheblicher Punkt. In<br />
Krisenzeiten wird die Ladung<br />
auf große Schiffe konzentriert,<br />
und die haben es schwer, in den<br />
Hamburger Hafen hineinzukommen.<br />
Dabei geht es nicht<br />
etwa um Schiffe mit 14 000 TEU<br />
(Standardcontainer, d. Red.),<br />
sondern auch um Größen von<br />
6000 bis 8000 TEU. Selbst die<br />
haben heute Probleme, den<br />
Hafen tideunabhängig anzulaufen.<br />
B&P: Hat die Hansestadt Hamburg<br />
denn ihre Schularbeiten<br />
gemacht?<br />
Horch: Die gesamte Infrastruktur<br />
ist nicht in dem zügigen<br />
Maße umgesetzt worden, wie<br />
es die Zeit verlangt hätte. Um<br />
sich auf die Zeit nach der Krise<br />
vorzubereiten, sind schnelle<br />
Entscheidungen nötig, doch<br />
das wird an vielen Stellen nicht<br />
umgesetzt. Dennoch muss man<br />
sagen: Unter den zugegebenermaßen<br />
schwierigen Koalitionsverhältnissen<br />
in Hamburg mit<br />
einem schwarz-grünen Senat ist<br />
es noch relativ gut gelaufen –<br />
nur eben zu langsam.<br />
INTERVIEW<br />
WIRTSCHAFT IM GESPRÄCH<br />
„Wir müssen dafür sorgen, dass alle klugen<br />
Köpfe in der Stadt eine Chance bekommen!“<br />
Schule, Hafen und Industrie: Sechs Fragen an Frank Horch, Präses der Handelskammer Hamburg<br />
EDITORIAL<br />
VON WOLFGANG BECKER<br />
B&P: Ziemlich schnell ging es<br />
jetzt mit der Hafenquerspange<br />
– und zwar so schnell, dass die<br />
Harburger Bezirksverwaltung<br />
nicht einmal eine Stellungnahme<br />
abgeben konnte. Wie<br />
beurteilen Sie den Bereich der<br />
Verkehrsinfrastruktur?<br />
Horch: Ganz klar: Die Organisation<br />
des Straßenverkehrs<br />
im Hamburger Süden ist<br />
grenzwertig. Deshalb sind die<br />
A26 und die Verbindung zwischen<br />
der A1 und der A7 so<br />
wichtig. Die Nordvariante der<br />
Hafenquerspange wird zu<br />
teuer und ist deshalb nicht<br />
vertretbar. Deshalb ist jetzt die<br />
Südvariante am wahrscheinlichsten<br />
und sinnvollsten. Aus<br />
Sicht der <strong>Wirtschaft</strong> gilt der<br />
Leitspruch: Realisierung geht<br />
vor Trassierung. Hamburg<br />
kann es sich nicht erlauben,<br />
dieses Projekt auf die lange<br />
Bank zu schieben.<br />
B&P: Das Hamburgische<br />
Weltwirtschaftsinstitut HWWI<br />
hat unlängst die Ausweisung<br />
neuer Industrieflächen gefordert<br />
und dies vor allem im<br />
Süden für möglich erachtet.<br />
Das hat sogar im Landkreis<br />
Harburg für Unruhe gesorgt.<br />
Wie hoch ist der Handlungsdruck?<br />
Horch: Es gibt in der Tat große<br />
Industrieunternehmen, beispielsweise<br />
aus dem Bereich der<br />
regenerativen Energien, die Flächen<br />
in Hamburg suchen. Ich<br />
gehe jedoch davon aus, dass<br />
große Produktionsflächen eher<br />
in den neuen Ländern eine<br />
Chance haben, weil dort die<br />
Förderung lockt. Im Masterplan<br />
Industrie haben wir bereits vor<br />
zwei Jahren darauf gepocht,<br />
dass Hamburg 100 Hektar sofort<br />
verfügbare Fläche für Industrie<br />
vorhalten sollte. Es muss<br />
möglich sein, solche Unternehmen<br />
in einer Stadt mit Hafen<br />
unterzubringen.<br />
Allerdings muss man dabei<br />
auch die Metropolregion betrachten.<br />
Es gibt bereits kooperative<br />
Ansätze über die Ländergrenzen<br />
zu Schleswig-Holstein<br />
und Niedersachsen hinweg, die<br />
sich an der Clusterpolitik ausrichten.<br />
Die Arbeitsteilung in<br />
der Welt führt dazu, dass wir<br />
gut erreichbare Flächen brauchen,<br />
auf denen die Komponenten<br />
aus aller Welt zusammengeführt<br />
und weiterbearbeitet<br />
werden können. Vorstellbar<br />
ist das in der Unterelberegion.<br />
Dazu haben die drei Kammern<br />
ein gemeinsames Papier entwickelt.<br />
Titel: „Die Zukunft liegt<br />
an der Küste!“ Dieser länderübergreifende<br />
Ansatz klingt<br />
Der Channel – Eine Erfolgsgeschichte im Herzen Harburgs<br />
Gern als „Kleine Hafen-<br />
City“ bezeichnet, hat<br />
sich der Harburger<br />
Channel im Binnenhafen im<br />
Zeitraum von zehn Jahren zu<br />
einem aufstrebenden Quartier<br />
in bester Wasserlage entwickelt.<br />
Bereits 20 Jahre ist es her, dass<br />
der Harburger Unternehmer<br />
Arne Weber mit dem Kauf der<br />
damals bereits leer stehenden<br />
Lever-Seifenfabrik am Schellerdamm<br />
das erste Puzzle-Teilchen<br />
setzte. Zu Recht gilt er als der<br />
Vita Frank Horch<br />
p Frank Horch wurde am<br />
25. Februar 1948 in Geversdorf<br />
geboren. Nach seinem<br />
Schiffbaustudium in Hamburg<br />
startete er 1974 als<br />
Entwicklungsingenieur bei<br />
der Harburger Phoenix AG<br />
ins Berufsleben. Dort stieg<br />
er innerhalb von 17 Jahren<br />
bis zum Generalbevoll-<br />
Begründer des Channel Hamburg,<br />
wie das Gebiet heute aus<br />
Marketing-Gründen heißt. In<br />
Business & People findet sich<br />
deshalb erstmals ein achtseitiges<br />
Special – natürlich mit Themen<br />
rund um den Channel.<br />
Die Auswahl erfüllt nicht den<br />
Anspruch der Vollständigkeit,<br />
denn wer die Channel-Entwicklung<br />
dokumentieren möchte,<br />
der sollte lieber ein Buch schreiben.<br />
Die Themen geben dennoch<br />
Einblick in neue Entwick-<br />
Foto: Handelskammer/Perrey<br />
mächtigten auf. 1993 wechselte<br />
er zur Fried. Krupp AG und<br />
wurde 1997 Vorsitzender der<br />
Geschäftsführung der Krupp Elastomertechnik.<br />
Von 2005 bis 2007<br />
arbeitete er als Vorsitzender der<br />
Geschäftsführung der Harburg-<br />
Freudenberger Maschinenbau<br />
GmbH. Seit April 2008 ist Horch<br />
Mitglied der Geschäftsführung<br />
lungen, neue Ansiedlungen<br />
und neue Pläne. Die Botschaft:<br />
Nach dem Krisenjahr 2009<br />
kommt neuer Schwung in Harburgs<br />
modernsten Stadtteil.<br />
Auch unter einem anderen<br />
Aspekt ist Business & People<br />
1/10 bemerkenswert: Erstmals<br />
halten Sie eine Ausgabe mit<br />
32 Seiten Umfang in den Händen.<br />
Ein neuer Rekord. Wieder<br />
bieten wir Ihnen ein buntes<br />
Spektrum aus der <strong>Wirtschaft</strong> im<br />
Hamburger Süden – von der<br />
der Blohm + Voss Shipyards &<br />
Services GmbH. Er war darüber<br />
hinaus von 2007 bis 2009 Vorstandsvorsitzender<br />
des Industrieverbands<br />
Hamburg e.V. Seit<br />
Mai 2008 ist Frank Horch Präses<br />
der Handelskammer Hamburg<br />
und seit März 2009 gleichzeitig<br />
Vizepräsident des Deutschen<br />
Industrie- und Handelskammer-<br />
Revolution der Rasensanierung<br />
über ein Porträt der Helios Mariahilf<br />
Hamburg Klinik, das Werben<br />
der <strong>Wirtschaft</strong> um den<br />
Hamburger Doppel-<strong>Abi</strong>turjahrgang<br />
und die Schlossinselbebauung<br />
bis hin zur Renaissance<br />
der Beratungsleistung im Lebensmitteleinzelhandel.<br />
Neu: In Zusammenarbeit mit<br />
dem Projekt „Klimzug Nord“<br />
erscheint künftig die Rubrik<br />
„Klima News“ mit Nachrichten<br />
rund um den klimatischen<br />
tags (DIHK). Horch ist verheiratet<br />
und hat zwei Kinder. Dem Standort<br />
Harburg ist er nach wie vor<br />
als Mitglied des Binnenhafen-<br />
Stammtisches verbunden, den<br />
der Unternehmer Horst Mönke<br />
(Palettenservice Hamburg) 1996<br />
ins Leben gerufen hatte, um mit<br />
den Akteuren vor Ort regelmäßig<br />
im Gespräch zu sein.<br />
Wandel, der auch an Norddeutschland<br />
nicht spurlos vorübergehen<br />
dürfte. Ebenfalls<br />
neu ist die Kolumne „Ein Fall für<br />
SCHLARMANNvonGeyso“, in<br />
der versierte Mitarbeiter der renommierten<br />
Harburger Kanzlei<br />
juristische Themen kommentieren.<br />
Eine interessante Lektüre<br />
wünscht Ihnen<br />
heute aus Hamburger Sicht anders,<br />
als wir es noch vor einigen<br />
Jahren gehört hätten.<br />
B&P: Die Handelskammer<br />
Hamburg hat sich in den vergangenen<br />
Monaten stark in die<br />
Hamburger Schul-Diskussion<br />
eingeschaltet. Warum dieses<br />
Engagement, das von politischer<br />
Seite ja durchaus kritisch<br />
kommentiert wurde?<br />
Horch: Wir müssen dafür sorgen,<br />
dass alle Köpfe in der Stadt<br />
eine Chance bekommen. Die<br />
<strong>Wirtschaft</strong> braucht qualitativ<br />
gut ausgebildeten Nachwuchs.<br />
Wir müssen in diesem Bereich<br />
höchste Qualität fordern. Dabei<br />
kommt es uns nicht darauf an,<br />
was an einer Schule dransteht,<br />
sondern was herauskommt. Wir<br />
müssen weg von der ideologischen<br />
Debatte und den Schulfrieden<br />
wieder herstellen. Die<br />
Kammer ist nach wie vor bemüht,<br />
Kompromisslösungen<br />
aufzuzeigen.<br />
B&P: Bei diesem Thema fällt<br />
auch das Stichwort demografischer<br />
Wandel ein. Wie hoch ist<br />
der Handlungsdruck?<br />
Horch: Wir wissen heute, dass<br />
uns in den Jahren 2020/2030<br />
etwa 50 Prozent der Fachkräfte<br />
fehlen werden. Dieser Rückgang<br />
kommt auf uns zu. Deshalb<br />
müssen wir heute handeln<br />
und junge Menschen ausbilden.<br />
Die Unternehmen sollten<br />
also jede Chance nutzen, für<br />
qualifiziertes Personal zu sorgen<br />
und entsprechend ausbilden.<br />
Der doppelte <strong>Abi</strong>turjahrgang<br />
<strong>2010</strong> bietet hier eine einmalige<br />
Chance. Ich möchte an dieser<br />
Stelle aber auch all jenen Unternehmen<br />
danken, die in wirtschaftlich<br />
schwierigen Zeiten<br />
weiter ausbilden. Das ist weitsichtiges<br />
Verhalten!<br />
Das Interview führte <strong>HAN</strong>-<br />
Redakteur Wolfgang Becker<br />
IMPRESSUM<br />
BUSINESS<br />
&PEOPLE REDAKTION & FOTOS:<br />
Wolfgang Becker<br />
(verantw.)<br />
Linda Babst<br />
Christian Bittcher<br />
Urte Michaelsen<br />
Peter Noßek<br />
GRAFIK & LAYOUT:<br />
Gunda Schmidt<br />
ANZEIGEN:<br />
Jens Kalkowski<br />
VERLAG:<br />
Lühmanndruck