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subtitel. Berlinale 04 - Teresa Urban

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»Noch ein Tag, noch ein Tag – jetzt bin ich soweit.«»Noch ein Tag, noch ein Tag – jetzt bin ich soweit.«48Die Farben. Die einzige Vorstellung. Zabriskie Point. Am Vortag war ichschon um sieben Uhr am Kartenschalter um mir eine Karte für diese eineVorstellung zu sichern. Einen Tag später, etwas übermüdet, sitze ich indem bis auf den letzten Platz besetzten Kinosaal und warte auf diesesMeisterwerk. Aber zuerst betritt ein schon etwas älterer Mann die Bühne.Er entschuldigt sich schon vor dem Film für die Qualität der Kopie. Ererzählt davon, wie schwer es war überhaupt eine Kopie von MichelangeloAntonionis Film zu ergattern. Aber eine Kopie gab es und diese liegt nunbereit. Allerdings handelt es sich bei der Kopie um eine Kinokopie, dievor über 30 Jahren in den Kinos lief und somit schon einige Gebrauchsspurenaufzuweisen hat. Außerdem sind die Farben des Materials schonins Rot gekippt. Was das wohl heißt frage ich mich als das Licht dunkelwird und der Film beginnt.Der Vorspann beginnt mit Musik von Pink Floyd. Ich habe eineGänsehaut. Wann ist mir das zum letzten Mal passiert, dass ich im Kinoeine Gänsehaut bekommen habe und das schon beim Vorspann? Der Filmläuft und die Farben sind perfekt. Zum ersten Mal in meinem Leben binich froh farbfehlsichtig zu sein. Meine Augen haben eine starke Rotschwäche.Wu n d e r b a r. In diesem Moment rechtfertigen sich alle peinlichenMomente in meinem Leben. Die Augenfarbe der Freundin zu verwechseln,in der Schule ein lilanes Meer zu malen. Die Wut der Freundin, dashöhnische Gelächter der Mitschüler, alles vergessen. Dieser Film, in diesemMoment, diese Kopie war nur für mich, für meine Augen und dieGänsehaut kam noch öfter. Ausgezeichnet.T.F.Zabriskie PointRegie: Michelangelo AntonioniUSA 1969-70The ShootingRegie: Monte HellmanUSA 1966Unverständlich. 1,5 Stunden Wüste und 4 nuschelnde Protagonistennach 3,5 Stunden Schlaf. Da hilft selbst die Droge <strong>Berlinale</strong> nichts mehr.Und wahrscheinlich hätte auch der liebgewonnene und hier schrecklichvermisste Untertitel nicht mehr viel gebracht. Ich greife zum Äußersten.Oder besser, versuche, zum Äußersten zu greifen, nämlich nach meinerPackung Notfall-Koffeintabletten. Also krame ich in meiner viel zu vollenTasche – schließlich braucht frau so einiges – für den Notfall – und findealles. Bis auf das Gesuchte natürlich. Und während ich versuche, sogeräusch- und bewegungslos wie möglich vorzugehen, den Blick nachvorn gerichtet, die Gedanken in meiner Tasche – In welche entlegeneEcke könnte ich die Packung in einem der ›seltenen‹ hektischen Momenteder letzten Tage bloß geschmissen haben? – höre ich von links seltsamgenervt klingende Stöhngeräusche. Während ich den Inhalt derLeinwanddialoge nur mit viel Fantasie und unter Bevorteilung meinesHörsinns erahnen kann, macht es mir keine Mühe, dieses »mtoahh« zudeuten. Im Augenwinkel sehe ich das angespannte, wutentbrannteGesicht eines schnöseligen Mitzwanzigers, das sich mir demonstrativzuwendet – und halte inne. Als hätte ich diesen Ordnungshüter grad nachStrich und Faden beleidigt. Bevor er selbiges mit mir tut, trete ich denTaschen-Rückzug an. Und fluche, in Gedanken, über diesen Blödmannund meine Müdigkeit. Und dann gebe ich mich einem von beiden hin.Nein, nicht dem aufmerksam Rezipierenden – so groß sind meine Schuldgefühlenun auch wieder nicht. Ich erfülle meinen Augen ihren Wunschund befreie sie von der gelbbraunen Monotonie der letzten 60 Minuten.Endlich, erlösende Dunkelheit. Ich finde Ruhe, und mein Nachbar auch.Dachte ich. Aber weil er sie nicht findet, ist es mit meiner auch bald wiedervorbei. Ich höre eine hasserfüllte Stimme, die in ihrer Deutlichkeitkeineswegs einem der Protagonisten angehören kann, und schrecke auf.Was habe ich denn jetzt schon wieder gemacht? Etwa geschnarcht?! Bloßnicht! Nein, diesmal habe nicht ich es gewagt, den Herrn Musterrezipientenbei den Schulaufgaben zu stören. Das Fauchen gilt der ›unverschämtenBande‹ hinter ihm. Ob er »nicht zumindest die letzten 10 Minuten desFilms ohne ihr Gequatsche genießen« könne, fragt er ›leicht‹ gereizt.»Bitte, wehrt euch, missachtet ihn wenigstens – Toleranz durch Ignoranz«,denke ich, mich meiner eigenen Feigheit schämend. Aber leider, dieStimmen verstummen. Und der Schnösel hat sie zurück, seine Konzentration.Und was bleibt mir? Offene Augen, Wut im Bauch und ein Filmende,das verwirrender nicht sein könnte.N.H.49

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