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subtitel. Berlinale 04 - Teresa Urban

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»Ihre Antwort dehnt den Augenblick«74»Ihre Antwort dehnt den Augenblick«B-HappyRegie: Gonzalo JustinianoChile/Spanien/Venezuela 2003Wunderbare Leichtigkeit. Südliche Farben,staubige Straßen, ein schmieriger Lastwagenfahrer.In seinem Laden hebt die Mutter ihrKleid, die Tochter weiß sich ihm zu wehren.Katti ist ein junges Mädchen, und ihre Augenhaben bereits die Härte des Lebens gesehen. IhrVater ist nur kurze Zeit aus dem Gefängnis undwieder auf der Flucht und auch ihr BruderDanilo und ihre Mutter lassen sie allein zurück.Chemo und Katti begegnen sich in der Schuleund auf dem Weg sprechen sie die ersten Wortemiteinander. Ihr flüchtiger Abschied kennt dasWiedersehen.In ihrem Zimmer bewegen sie sich aufeinanderzu. Sein Moment des Innehaltens und Kattisbestimmende Worte »Zieh dich aus«. Seine fragendeund dann schnellere Bewegung desEntkleidens. Ihre Antwort dehnt den Augenblick.Sonnenstrahlen tauchen sie in ein Licht,umschmiegen ihren Körper und schenken eineFotografie, deren Schönheit berührt. Die Kameradeutet ihre Umarmung nur an, sie verweilt nicht.Sie findet einen Raum für das eigentliche Kleid,das erste Mal. Es ist ihr Mann und ihr Augenblickund wir erleben die Leichtigkeit, die ihrnatürliches Wesen zeichnet.Kattis Suche nach ihrem verschwundenen Vaterwird zu einer Reise der Begegnungen. MitSehnsucht in der Stimme hatte er ihr von einerHafenstadt erzählt. Anfang und Ende von »B-Happy« wiederholen die wie ein Gedicht gesprochenenWorte: Ich habe keine Angst, nichtvor dem Wind, nicht vor den Zigeunerinnen …Gonzalo Justinianos Film und Manuela Martellimachen nachdenklich-glücklich und bald süchtignach einem Wiedersehen.W.B.Jenseits der Kulissenhaut. Eine Szene ineinem verlassenen Haus. Die Katze schleichtdurch die leeren Räume. Nur Katti und Chemo.Der Wind spielt zaghaft an den Fensterläden.Sie quietschen. Bestimmt aber sanft befiehlt sieihm, sich auszuziehen. Sie sind Schulfreunde.Sitzen nebeneinander in der Klasse. Zögerndstreift er seinen Pullover ab, dann das Hemd,die Hose – Kattis Gesicht blinzelt vor Neugierde.Sie muss ungefähr 13 oder 14 sein, nicht älter.In Windeseile hat sie sich ausgezogen. Nackt.Kindlich. Erotisch steht sie vor ihm, fragt, obihm gefällt was er sieht. Gleich einer Katze klettertsie zu ihm aufs Bett. Ihr Körper ist fest,klein und stark. Ihre honigbraune Haut leuchtetim zaghaften Licht. Man kann sich eine Katze,einen Hund oder seine Freunde aussuchen, aberseinen Vater, seine Familie, die kann man nichtwählen. Katti bestimmt Chemo zu ihrem erstenLiebhaber, weil man sagt, dass man das ersteMal nicht vergisst. Als könnte sie ihn in ihreErinnerung brennen – da in diesem nacktenund warmen Augenblick. Als könnte sie diesevon ihr erwählte Erinnerung über die anderenErinnerungen legen, sie erstummen lassen.Es gibt jene Momente im Kino, in denen dieKamera unseren Blick direkt da auf der nacktenHaut ablegt. Momente, in denen wir zuschauendürfen, wenn das Paar sich liebt. In denen wirzwischen den Finger hindurch luken, wennDemütigung und Erniedrigung einsetzt. Peinlichkeit.Scham. Nacktheit als Entblößung. Alsverführerischer Moment. Als Spiel. Nacktheitals Natürlichkeit. Als Peinigung. Strafe. AlsWaffe. Das Gesicht der Nacktheit weiß einevielfältige Mimik.Wenn Katti sich vor Chemo entkleidet, ist siemit sich angezogener denn je. Es ist dieser insich nackte Moment, in dem es nicht um ihreEntblößtheit als solche geht. Nicht um das Spielder Liebenden. Nicht um Verführung. Vielmehrist es der Augenblick, in dem sie sich das ersteMal offenbart, das erste Mal nach dem greift,was sie allein will. Das diese erste ÖffnungKattis mit dem Moment ihres ersten Malszusammenfällt, untermalt die Bewusstheit diesesfilmischen Augenblicks. Wenn Katti ihreKleider ablegt, streift sie auch ihre Kindhaftigkeitvon sich. Kattis honigbraune Haut wird zurProjektionsfläche einer Selbstbestimmung.Wird zum Gewand ihrer Mutes, sich das eigeneLeben anzueignen. Das eigene Leben da in demverlassenen Haus in den Bergen Chiles. Wenndie Kamera rechtzeitig das Liebespaar verlässtund weiter an diesem coming-of-age Poemdichtet, wird deutlich, dass sich das. was unsder Film »B-Happy« wirklich erzählen möchte,jenseits dieser Kulissenhaut bewegt. S.R.75

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