13.07.2015 Aufrufe

Anschauen - Availon

Anschauen - Availon

Anschauen - Availon

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

4 1418 20


INHALT | November 2013410141820242630FokusTitelthema: Energiewende – vom Wunsch zur rauen Wirklichkeit.ThemaProf. Dr. Heise: Gastbeitrag „Infra struktur und erneuerbare Energien“.InterviewMatthias Willenbacher: über Energiewende, EEG und einen Masterplan.BlickDr. Konstanze Kinne (Commerzbank AG): wie Banken Serviceanbieter beurteilen.EinsatzGroßauftrag: ein Spezialist als Partner.NetzwerkVereiste Rotorblätter: eine Sensorlösung als Upgrade.BudgetÖlqualität: Teil vier der Reihe mit Thema „Additive“.KontextMeinungen und Gedanken: was andere zu Energie und Wende sagen.IMPRESSUMHerausgeber: <strong>Availon</strong> GmbH · Jacksonring 2 · 48429 RheineFon 0 59 71 80 25 - 0 · Fax 0 59 71 80 25 -109 · www.availon.euRedaktion und Gestaltung: Expect More Kommunikation GmbH · Breite Straße 4 · 48431 RheineFon 0 59 71 80 818 - 0 · Fax 0 59 71 80 818 -100 · www.expectmore.deV. i. S. d. P.: Dagmar da CostaFotos: iStockphoto: James Pauls eyecrave LLC (S. 1), iStockphoto: Mojzes Igor (S. 1), Juwi AG (S. 2, 15),Commerzbank AG (S. 19), iStockphoto: Franz Pfluegl (S. 14), iStockphoto: (S. 30, 31), Fotolia: Gaj Rudolf (S. 2, 18),Allianz SE (S. 1, 11), Ulrich Wozniak (S. 2, 21, 22, 23), Wolf Heider-Sawall (S.11), Shutterstock: kropic1 (S. 27),Shutterstock: olmarmars (S. 27), Shutterstock: infocus (S. 27), Reiner Kamp (S. 20), Bosch Rexroth Monitoring SystemsGmbH, Rewitec GmbH (S. 26, 28), Hochschule Mannheim (S. 27), Wikimedia: Leckherchen (S. 24, 25)Copyright: Alle in der ON Service veröffentlichten Beiträge (Texte, Fotos, Grafiken, Logos und Tabellen) sind urheberrechtlichgeschützt. Das Copyright liegt bei der <strong>Availon</strong> GmbH, sofern dies nicht anders gekennzeichnet ist.Nachdruck, Aufnahme in Datenbanken, Onlinedienste und Internet seiten sowie Vervielfältigung auf Datenträgernsind nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung durch die <strong>Availon</strong> GmbH gestattet.Auflage: 31.000 StücknatureOffice.com | DE-296-909380


4FokusDie Energiewende:vom Wunsch zur


6 FokusEnergiewende und Offshore: kein Land in Sicht.Der Ausbau der Offshore-Windenergie wird gern alsProblemkind der Energiewende hingestellt. Und das inmancher Hinsicht durchaus zu Recht. Die Techniken sindnicht ausgereift. Und den ambitionierten Ausbauplänenhinkt man hinterher. Wortgewandte Kritiker sprechendabei gern schon mal vom „Stuttgart 21 auf hoherSee“ und stellen den Bedarf an „Meeresstrom“ grundsätzlichinfrage. Die Diskussion „Onshore oder Offshore?“ist ein Paradebeispiel dafür, wie Anhänger der erneuerbarenEnergien mittlerweile sogar anfangen, gegeneinanderzu wettern.Überschattet werden derlei Diskussionen immer wiedervon weiteren Verzögerungen und echten Schicksalsschlägen.So kam im Juli dieses Jahres ein Taucher bei einemtragischen Unfall im Windpark Riffgat ums Leben. Darüberhinaus ist der Windpark zwar fertig gestellt, kannaber nicht ans Netz. Grund sind immer wieder Munitionsfunde,die ein weiteres Verlegen der Kabel verhindern. DieVerzögerungen kosten den Netzbetreiber Millionen. Unddoch ist dies nur ein Problem unter vielen, mit denen sichdas selbst ernannte Rückgrat der Energiewende zurzeitbeschäftigen muss.Langfristig scheinen die Aussichten positiver zu sein. Sobelegen Studien renommierter Institute, wie des FraunhoferISE, dass die Stromgestehungskosten von Erneuerbare-Energie-Anlagen bis 2020 sinken werden. Selbst im BereichOffshore bis zu 28 %.Doch wer denkt schon hoffnungsvoll viele Jahre weiter,wenn er zunächst nur die Stromrechnungen der nächstenMonate im Kopf hat? Der Verbraucher sicherlich nicht.Schon mit Blick auf die Zusammensetzung des Strompreiseszeigt sich, dass er die Hauptlast der Energiewende trägt.Der Strompreis im Detail.Die Erzeugung:Neben der reinen Erzeugung sind auch die Beschaffungund Lieferung enthalten. All das wird vor allem (in Deutschland)an der Leipziger Strombörse EEX bestimmt, wo Erzeugerund Versorger von Energie bestimmte Strommengenein- und verkaufen. Der Posten beinhaltet auch Emissionsrechte(CO 2) und Margen der Stromanbieter.Das Netznutzungsentgelt:Damit abgedeckt werden der Aufbau, der Betrieb und dieInstandhaltung von Stromnetzen (Stromleitungen) sowieder Transport des Stroms zum Verbraucher. Diese Abgabe istgesetzlich reguliert und kommt den Netzbetreibern zugute.Die EEG-Umlage:Hiermit sollen die erneuerbaren Energien gefördert werden.Produzenten dieser Energien bekommen dafür einen gesetzlichfestgelegten Preis. Dieser liegt deutlich über den Konditionen,zu denen der Strom zum Beispiel an der Strombörsegehandelt wird. Die Differenz aus diesen Preisen macht dieEEG-Umlage aus und wird vom Verbraucher bezahlt.Strom aus erneuerbaren Energien wird billigerQuellen: Begleitende Vorgaben zum EEG-Erfahrungsbericht 2011, DLR: Leitszenario 2010; Fraunhofer ISE 2010, Stand 8/2011


Fokus7Zusammensetzungdes Strompreisesin Deutschland 2013Viele Zusammenhänge und Verhaltensmuster von Beteiligtenan der Energiewende erscheinen klarer, wennman sich den Strompreis einmal genauer anschaut. Auswelchen Abgaben und Komponenten setzt er sich eigentlichaktuell zusammen? Und wer zahlt da wie viel an wen?Die prozentualen Anteile in der Grafik sind dabei Durchschnittswerte,da sie je nach Anbieter und Standort desVerbrauchers variieren können.Quelle: IBC Solar AGDie Öko-/Stromsteuer:Eigentlich heißt es nur Stromsteuer. Von Ökosteuer sprichtman, weil mit der Einführung der Steuer 1999 die Förderungklimapolitischer Ziele bezweckt war. Oft diskutiertwird, dass die Einnahmen fast komplett in die Rentenkassenfließen. Der Verbraucher zahlt an den Staat.Die Konzessionsabgabe:Damit werden Wegerechte bezahlt, zum Beispiel für denBau und den Betrieb von Stromleitungen. Die Wegerechtewerden von den Gemeinden eingeräumt, entsprechendbekommen diese das Geld.Die Netzentgelt-Umlage (§ 19):Durch die Befreiung der Großindustrie seit 2012 vom Netznutzungsentgeltentgehen den Netzbetreibern natürlichErlöse. Dieser Verlust soll durch die Abgabe ausgeglichenwerden. Gezahlt wird sie vom Verbraucher.Die Offshore-Haftungsumlage:Mit dieser Abgabe übernimmt der Verbraucher seit 2012 zugroßen Teilen das finanzielle Risiko für Schadenersatzkosten,die z. B. durch Ausfälle aufgrund mangelnder Netzanbindungvon Meereswindparks zum Übertragungsnetz an Landentstehen. Der Verbraucher zahlt die Umlage an den Staat.Die Kraft-Wärme-Kopplungs-Umlage:Hiermit sollen seit dem Jahr 2000 Anlagen gefördertwerden, die nach dem Prinzip Kraft-Wärme-Kopplungsowohl Strom als auch nutzbare Wärme erzeugen. Dazugehören z. B. Blockheizkraftwerke. Der Verbraucher zahltdie Umlage an den Staat.Die Mehrwertsteuer:Sie beträgt zurzeit 19 % des Nettostrompreises. Dieser ergibtsich aus der Summe aller Preisbestandteile, die oben erwähntwurden. Der Verbraucher zahlt die Steuer an den Staat.Unterm Strich.Der Strompreis bildet sich aktuell zu nahezu 51 %aus Steuern und Abgaben, die dem Staat zufließen.1998 lag dieser Anteil noch bei 24,5 %. Demgegenüber steht eine Strompreisentwicklung von17,11 ct/ kWh im Jahr 1998 auf 28,73 ct/kWh im Jahr 2013.(Quelle: BDEW, Stand 04/2013).Und ein Ende ist nicht abzusehen. So berichtet dasVergleichsportal Verivox, dass zu Beginn dieses Jahresbereits 728 von 854 Grundversorgern ihre Strompreise umdurchschnittlich 12 % erhöht haben.


8FokusEnergiewende und Unternehmen:Netzentgelte, Steuern und andereSparmaßnahmen.Machen wir uns nichts vor. Niemand zahltgern Steuern. Aber selten war die Versuchunggrößer, sich manche Steuerzahlungen undAbgaben an den Staat zu sparen. Vorausgesetzt,man hat ein Unternehmen. Dabei bestehengrundsätzlich zwei Möglichkeiten: Manversucht, sich von der EEG-Umlage befreienzu lassen. Oder man wird selbst zum Energieundsomit Eigenversorger. Beide Möglichkeitenwerden in immer größerem Maße genutzt.StrompreisentwicklungEntlastung durch den Staat:die Befreiung von der EEG-Umlage.Die Fakten sprechen für sich. Laut Bundesamtfür Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA),das für die „Besondere Ausgleichsregelung fürstromintensive Unternehmen“ (Befreiung vonder EEG-Umlage) zuständig ist, profitierten imJahr 2012 insgesamt 734 Unternehmen bzw.Unternehmensteile von der Befreiung. Die sobegünstigte Strommenge lag bei 85.402 GWh.Quelle: BDEW, EurostatEin Jahr später kommen bereits 1.691 Unternehmenbzw. Unternehmensteile in denGenuss der „Besonderen Ausgleichsregelung“.Der Wert ist nach oben offen, da nochnicht über alle Anträge entschieden wurde.Bislang liegt die begünstigte Strommenge bei94.181 GWh.(Quelle: Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, www.bafa.de)Nun könnte man gerade anhand der Zahlenfür die Strommenge vermuten, dass hiertatsächlich ausschließlich energieintensiveIndustrieunternehmen begünstigt wurden,wie Stahlgießereien oder die Aluminium verarbeitendeIndustrie. Tatsächlich finden sie sichauf der Excel-Liste, die jeder auf der Internetseitedes BAFA (www.bafa.de) herunterladenkann. Aber ebenso finden sich auf der Listezum Beispiel Hersteller von Seifen und Süßwarensowie diverse Geflügelschlachtereien.An diesem Punkt zeigt sich, dass der Anspruchenergieintensive Unternehmen zu entlastenund so deren Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten,nach und nach aufweicht. Und dass immermehr Unternehmen die Möglichkeit nutzen,Abgaben zu umgehen. Der Verbraucher stehtfassungslos daneben und zahlt immer mehr,um den Abgabenrückgang auszugleichen.Eine zunehmende Anzahl von Unternehmenhingegen, die nicht von der EEG-Umlagebefreit sind, wehren sich auf ganz andere Artund Weise: Sie produzieren ihren Strom selbst.Entlastung durch sich selbst:die Eigenproduktion von Energie.Immer mehr Unternehmen nehmen die Energiewendewörtlich und kehren ihr den Rückenzu. Dass Volkswagen bis 2020 rund 600 MillionenEuro in den Ausbau erneuerbarer Energieninvestieren möchte, ist nur ein besondersgroßes Indiz dafür. Ziel ist natürlich die dezentraleEnergieversorgung der eigenen Unternehmensstandorte.Immer mehr Unternehmen,wenn auch nicht unbedingt in gleichenDimensionen, denken ähnlich.Genaueres weiß die Deutsche Industrie- undHandelskammer (DIHK). Die hat 2.300 Industrieunternehmenbefragt und herausgefunden,dass bereits 8 % von ihnen ihren Energiebedarfzum großen Teil selbst produzieren. Zusätzliche21 % investieren schon in Photovoltaik-Anlagen,WEA oder Biogasanlagen oderplanen solcherart Investitionen zurzeit.Fast könnte man von einer Flucht aus demSystem sprechen. Natürlich geht es vorrangigdarum, sich Netzentgelte, Steuern und andereAbgaben im Rahmen des EEG zu sparen. Aberwer will einem Unternehmen vorwerfen, dasses Kosten vermeidet, also ökonomisch handelt.Und das – ganz im Sinne der Energiewende –mit ökologischer Technologie. Die Folgen sinddennoch dramatisch.Denn wo immer mehr Unternehmen aus demklassischen Strommarkt aussteigen, bleibenimmer weniger Unternehmen und alle privatenHaushalte zurück, die den Kostenanteil derEigenversorger kompensieren müssen.Energiewende, Stromkonzerne und Stadtwerke:Große mit großen Problemen.Der Trend zur dezentralen Eigenversorgungwird aber auch Auswirkung auf die Bedeutungvon großen Kraftwerken haben, wie sievon Stromkonzernen oder Stadtwerken betriebenwerden. Experten prognostizieren schonheute, dass diese in den kommenden zehnJahren lediglich noch zur Stabilisierung derNetze eingesetzt werden könnten. Wirtschaftlichtragbar wären sie damit nicht mehr.Dabei sind die Probleme schon jetzt offensichtlich.Der sinkende Preis an der Strombörse,auch aufgrund des Erfolgs der Erneuerbaren,senkt die Auslastung fossiler Kraftwerke gleichmit. So sehr, dass erste Stadtwerke bereitsselbst hochmoderne Gaskraftwerke konservieren,was einer Stilllegung gleichkommt.Dass die weitere Entwicklung in diese Richtungkeinesfalls abwegig ist, zeigt auch einKommentar von Peter Terium, Chef des RWE-Konzerns: „Die Energiewende hat zum erstenMal deutlich gemacht, es geht auch ohne uns.“


Fokus 9Energiewende und Bürger:die Instrumentalisierung der Verbraucher.Die Energiewende implementiert nicht nur die Verantwortung gegenüberKlima, Umwelt und Wettbewerbsfähigkeit. Sie trägt auch einegroße soziale Verantwortung in sich. Das wird zunehmend behauptet,insbesondere von der Politik. Im Ansatz ist das natürlich auch so. Dennder Verbraucher trägt einen Großteil der Kosten und ist nicht über alleMaßen belastbar.Aber wer genau hinschaut, weiß, dass insbesondere die EEG-Umlagegar nicht der Antreiber für steigende Energiekosten ist (siehe Abb.„Strompreisentwicklung“). Das Thema macht sich allerdings gut, wennes darum geht, die eigene Lobby in einem besseren Licht dastehen zulassen. Dass die Energiewende dabei in den Augen der Verbraucherimmer diffuser daherkommt, wird billigend in Kauf genommen. Fakt ist:Die Produktion von grünem Strom ist in diesem Jahr gesunken. Und zwarbisher um ca. 1,3 Mrd. kWh bzw. 2,6 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.Das belegt eine aktuelle Studie des Internationalen WirtschaftsforumsRegenerative Energien (IWR). Trotzdem zahlt der Verbraucherhöhere Strompreise. Da stellt sich die berechtigte Frage, ob der Verbrauchertatsächlich noch den Ausbau der erneuerbaren Energien finanziertoder eher die günstigen Strompreise der Industrie subventioniert.Wen wundert da die zunehmende Zahl Bürgerproteste, wenn es umgrößere und effizientere Anlagen im Binnenland oder neue Standortein Waldgebieten geht. Aber all das und mehr brauchen wir im Windbereich,wenn die Energiewende ein Erfolg werden soll. Stattdessenentdeckt der Verbraucher immer mehr sein Protestpotenzial und dieMöglichkeiten, schnell und effizient über soziale Netzwerke Widerstand,zum Beispiel gegenüber Windprojekten, zu organisieren. Eine Entwicklung,die dann tatsächlich den weiteren Ausbau und Erfolg der erneuerbarenEnergien gefährdet.Endlich gemeinsam!Ob Restrukturierung des verramschten Emissionshandels, eine kritischereBefreiungspraxis von der EEG-Umlage oder eine kurzfristigeWeitergabe von sinkenden Kursen der Strombörse an den Verbraucher:Ansätze gibt es einige. Wo dann tatsächlich die Lösungen für eine erfolgreicheund verträgliche Energiewende liegen, können und müssen alleBeteiligten aus Politik, Industrie und Institutionen gemeinsam eruieren.Zusammenrücken heißt dabei aber auch abrücken. Weg von Lobbyismus,Stimmenfang und anderen rein subjektiven Interessen. Wir sitzennach wie vor alle in einem Boot. Und dieses Boot heißt Energiewende.Geben wir ihm gemeinsam wieder den richtigen Kurs. Denn wenn jederdas Ruder allein für sich in die Hand nimmt, drehen wir uns weiterhinalle nur im Kreis. Die Energiewende ist nicht am Ende. Wir brauchen nurwieder einen gemeinsamen Anfang.Ene rgiewe nд d …… Mhias WillнbachрLesen Sie ab Seite 14 auch das Interview zum Thema!Preisentwicklung an der StrombörseTerminmarkt Jahresfuture (1.1.2007–22.5.2013)Jahresfuture Baseload (rollierend) Jahresfuture Peakload (rollierend)Quelle: EEX


10ThemaInfrastruktur underneuerbare Energien.Prof. Dr. Michael HeiseChefvolkswirt der Allianzüber attraktive Zukunftschancenfür institutionelle InvestorenFür Deutschlands Energiewende sowie die Umsetzunginternationaler Klimaschutz-Abkommenwerden jährliche Zusatzinvestitionen in Milliardenhöhebenötigt. Die öffentliche Hand wird diesenFinanzierungsbedarf nicht annähernd abdecken.Investitionen in Infrastruktur und erneuerbareEnergien werden aber auch für private Anlegerattraktiver, insbesondere im derzeitigen Niedrigzinsumfeld.Lebensversicherern und Pensionsfondskönnen der langfristige Investitionshorizont,das attraktive Rendite-Risiko-Verhältnis und diekalkulierbaren konstanten Erträge von Infrastrukturinvestitioneine gute Passung zu langfristigenAuszahlungsverpflichtungen gegenüber Kundenbieten. Allerdings wird dieses volkswirtschaftliche„win-win“ nur zustande kommen wenn dieRahmenbedingungen für private Infrastrukturinvestitionenstimmen.


Thema11Auch für die nächste Legislaturperiode werden Klimawandelund Energiepolitik im Zentrum der politischen Aufmerksamkeitstehen. Deutschland hat sich mit der Energiewendeviel vorgenommen. Die Energieversorgung soll klimafreundlicher,sicherer und unabhängiger von Rohstoffpreisengestaltet werden. Ziel ist, die Treibhausgasemissionen bis2050 um 80 bis 95 % zu senken und den Großteil des Stromverbrauchsaus erneuerbaren Energien zu decken. Zugleichmuss Energie erheblich effizienter als heute genutzt werden,nicht zuletzt um den Ausstieg aus der Atomenergie bis 2022aufzufangen.Auch auf europäischer und internationaler Ebene gibtes ambitionierte Abkommen zum Klimaschutz und zumUmbau der Energiewirtschaft. Die Erreichung dieser Zielewird gewaltige Auslagen erfordern: die Internationale Energieagenturbeziffert den Investitionsbedarf allein in der Energieversorgungauf $ 37 Billionen bis zum Jahr 2035.Deutschland benötigt Milliardeninvestitionen nicht nur inWindparks und Solarenergie, sondern auch in Netze, Speichertechnologien,in die Regelleistung, in Effizienzsteigerungstechnologienund begleitend – für die Zeit desÜbergangs – auch in CO 2-reduzierende Lösungen imRahmen bestehender Anlagen.Die öffentliche Hand alleine wird diese Summen nichtaufbringen können, zumal im Zuge der Finanzkrise und desdemographischen Wandels viele Regierungen unter Sparzwangstehen. Experten gehen inzwischen davon aus, dassder Privatsektor einen Großteil der Energiewende und desKlimaschutzes nicht nur in Deutschland sondern auch internationalfinanzieren muss.Energie und Infrastruktur können attraktive langfristige Investitionsmöglichkeitenfür private Anleger bieten, insbesonderein Zeiten einer anhaltenden Niedrigzinsphase und volatilerAktien- und Rentenmärkte. Allerdings hat die Finanzkrise dieprivaten Finanzierungsoptionen für Energie und Infrastrukturgeschmälert. Einige auf Infrastruktur spezialisierte Finanzinstitutesind aus dem Markt ausgeschieden. Auch Bankenwerden als potentielle Investoren bei großen Infrastrukturfinanzierungenzukünftig zu einer stärkeren Zurückhaltunggezwungen sein. Einer der Gründe ist, dass die Bankenregulierungdas von Finanzinstituten anrechenbare Kernkapitalspürbar verringern wird.Daher könnte institutionellen Investoren wie Pensionsfondsund Versicherungsunternehmen zukünftig eine prominentereRolle in der Infrastrukturfinanzierung zukommen. Schon seiteinigen Jahren richtet sich der Blick vieler institutioneller Investorenverstärkt auf sogenannte alternative Investments, womitauch Sachwerte wie Immobilien, Infrastruktur oder Anlagen imBereich erneuerbarer Energien gemeint sind. Verstärkt wird derTrend zu Sachwerten durch die anhaltende Verunsicherung anden Renten- und Aktienmärkten, aber auch durch ein verstärktesStreben institutioneller Investoren nach Diversifikation ihrerPortfoliorisiken.Was macht Infrastrukturinvestitionen attraktiv?Lebensversicherer und Pensionsfonds benötigen langfristigeund sichere Anlagemöglichkeiten, die sich mit den langfristigenAuszahlungsverpflichtungen an ihre Kunden decken.Infrastruktur bietet im Vergleich zu anderen Anlageformeneine über die Zeit gesehen insgesamt volatilitätsdämpfendeund teilweise marktzyklusresistente Komponente im Portfolio.Die Korrelation von manchen Infrastrukturinvestitionenmit anderen Anlageklassen wie Aktien oder Staatsanleihenist tendenziell eher gering.Bei großvolumigen Infrastrukturprojekten kommen nebeneiner oft unelastischen Nachfrage und dem reguliertenUmfeld auch noch eine meist exklusive Anbieterpositionund ein langfristiges Betreibermodell zum Tragen, diezusammen einen möglichst frühzeitig einsetzenden undsehr stabilen, gut kalkulierbaren Cash-Flow generieren.Solch ein Cash-Flow speist sich zum Beispiel aus Nutzungs-/Mautgebühren, Stromverkauf, Miete/Pacht oder Nutzungvon Steuervergünstigungen. Zudem können bei richtigerVertragsgestaltung die laufenden Erträge an die Preissteigerungsrategebunden werden, was Investoren einen gewissenInflationsschutz bietet.Institutionelle Investoren könneneinen wichtigen Beitrag leistenPrivate Investoren können in den Energie- und Infrastruktursektorüber verschiedene Wege einsteigen. Die Auswahl anFonds die auf erneuerbare Energien oder Infrastruktur spezialisiertsind, wächst stetig. Allerdings kann, wenn diese börsennotiertsind, die Infrastrukturperformance durch breitereKapitalmarktbewegungen überlagert werden. Dasselbe giltfür Aktienbeteiligungen an Firmen, die Infrastruktur erbauenund betreiben.Auf der anderen Seite zeichnen sich Direktinvestitionen inInfrastrukturprojekte durch eine hohe Markteintrittshürdeaus. Diese entsteht durch einen enormen Kapitalbedarf, aberauch durch hohe Anforderungen an Know-how, Marktkenntnisund die Fähigkeit, in einem komplexen politisch-regulatorischenUmfeld zu navigieren. Institutionelle Investoren sindoft besonders befähigt, solche Hürden zu meistern. Sie verfügenin der Regel über sehr hohe Anlagevolumina (allein diedeutschen Versicherer haben einen Kapitalanlagebestandvon über € 1,3 Billionen). Und insbesondere Versicherungsunternehmenhaben oft profunde Kenntnis des Risikoprofilsvon Sachwerten unterschiedlichster Kategorien, da sie diesehäufig auch versichern.Allianz hat bislang in die Erzeugung von Wind- und Solarstromin und außerhalb Deutschlands € 1,7 Milliarden investiert undstrebt weitere Investitionen an. Die Allianz investiert nicht nur,sie versichert für die Energiewende relevante Technologienund Projekte, analysiert deren Risikoprofil und den technologischenReifegrad umfassend und präzise und trägt so zur Lernkurvealler Marktteilnehmer bei. Infrastrukturprojekte werdendurch Investoren wie die Allianz aus der Anlauf- und Förderphaseheraus- und in eine selbsttragende, dauerhafte Wettbewerbsfähigkeitüberführt.


12ThemaVersicherer als Investoren können somit dazu beitragen,einen für die kommenden Jahrzehnte klar absehbarengroßvolumigen Investitionsbedarf abzudecken, dendie öffentliche Hand aus eigenen Mitteln nicht bewältigenkönnte. Sie können außerdem mit ihren Investitionensowie mit ihrer Technologie- und Risikoexpertise auchtechnologische Erneuerung, Ressourceneffizienz und denKlimaschutz unterstützen.Risiken und RahmenbedingungenTrotz des stark steigenden Kapitalbedarfs und der klarenpotentiellen Vorteile für institutionelle Investoren hat sichInfrastruktur noch nicht als eigenständige Asset-Klasseetabliert. (Was auch daran liegen mag, dass nicht nur dasInvestitionsobjekt, sondern auch die Art der Investitionhöchst unterschiedlich sein können). Die meisten institutionellenAnleger haben nur einen geringen Prozentsatz ihresPortfolios in Infrastruktur und Energie investiert.Zwar mag die Volatilität von Investitionen in Infrastrukturvergleichsweise geringer ausfallen, ihr Risikoprofil, ihr langfristigerCharakter und ihre Abhängigkeit von vielerlei externenFaktoren birgt aber auch eine Fülle an Überraschungsmomenten.Eine angemessene Reaktion auf unvorhergeseheneEntwicklungen – seien sie wirtschaftlicher, ökologischer,regulatorischer, technologischer oder politischer Natur –kann im Nachhinein beträchtliche Ressourcen binden oderein Investment sogar unprofitabel machen.Dies gilt zum Beispiel gerade dann, wenn neue Technologien– wie zum Beispiel Offshore-Windkraft – im Spielsind, oder wenn Ausschläge bei Preisbildungsmechanismen– bedingt durch das Zusammenwirken von volatilerÖkostromerzeugung bei gleichzeitig noch zu unflexiblenkonventionellen Kraftwerken, begrenzten Netzkapazitäten,Einspeisegarantien und Nachfrageschwankungen –dazu führen, dass von politischer Seite Bestandszusagenin Frage gestellt werden, die essentiell für die Investitionsrechnungund -entscheidung waren.Für langfristige, großvolumige Infrastrukturinvestitionenist ein unterstützendes, stabiles und prognostizierbaresregulatorisches Umfeld von besonderer Bedeutung. EineHerausforderung besteht im Umfang des Eigenkapitals,mit der ein Versicherungsunternehmen eine Investition inInfrastruktur unterlegen muss. Die Eigenkapitalquote mussdas Risikoprofil von Infrastruktur im Vergleich mit anderenAsset-Klassen wie Hedge-Fonds oder Private Equityadäquat berücksichtigen. Dies ist bei derzeitigen Regelungen,insbesondere auch bei der in den nächsten Jahrenin Kraft tretenden EU Richtlinie Solvency II, nicht der Fall.Auch Vorschriften für den europäischen Energiemarkt,die eine vollständige Entflechtung von Energieerzeugungund -transport vorsehen, können es Investoren erschweren,sich umfassend im Energiesektor zu engagieren.Deutschland könnte noch weitere regulatorische undaufsichtsrechtliche Anpassungen vornehmen, um Versicherungsunternehmenden Weg in den Infrastruktursektorzu erleichtern. Zum Beispiel ist es Versicherungsunternehmenderzeit nur bedingt gestattet, sich an konzerneigenenInfrastrukturprojekten zu beteiligen.


Thema13Langzeit-Investoren müssen in der Lage sein, mit einemunvermeidlichen Quantum an politischer Unsicherheitund regulatorischen Risiken – auf regionaler, nationaler undEU-Ebene – umzugehen. Hier liegt vielleicht die allergrößteHerausforderung: Vertrauensstörendes politisches Handelnzu antizipieren, die Stimme in angemessener aber wirksamerWeise zu erheben und vorausschauend die sich erst inder Zukunft materialisierenden Konsequenzen für Betreiber,Kunden und Investoren zu adressieren. Ein Infragestellendes Bestandsschutzes von Fördermaßnahmen oder steuerlichenRegelungen entzieht großvolumigen Infrastrukturinvestitionenrückwirkend die Kalkulationsgrundlage. Dasschreckt potentielle Investoren ebenso ab wie Überregulierung,ausufernde Bürokratie oder überlange, intransparenteGenehmigungsprozesse. Je höher das regulatorischeRisiko, desto höher sind tendenziell die Kapitalkosten.Der Markt für Infrastrukturinvestitionen generell und mitbesonderem Blick auf erneuerbare Energien, Netzinfrastrukturund intelligentes Netzmanagement mit seinenSubsegmenten wie Brücken- und Speichertechnologien,wird auf lange Sicht ein Wachstumssektor bleiben. WesentlicheErfolgskriterien sind ein unverstellter Blick auf dasRendite-Risiko-Verhältnis, verlässliche Rahmenbedingungenund langjährige Erfahrung mit Investitionen in unterschiedlichsteSegmente von Infrastruktur.Ausblick auf einen potentiellen WachstumsmarktAuf längere Sicht könnten Anlagen in klimaschutzrelevanteProjekte für private Investoren noch attraktiverwerden. Energie aus Wind und Sonne wird mit zunehmenderNutzung wettbewerbsfähiger werden, währendFördermechanismen bei einem Umbau des Energiemarktszurückgefahren werden können. Außerdem könnte allmählichein Sekundärmarkt für solche Infrastrukturinvestmentsentstehen, was zum Ausbau und zur Stabilisierung dieserAsset-Klasse insgesamt führen und neue Opportunitätenfür Investoren eröffnen könnte.


14InterviewWie 60 + 25+5t @sächch 100 e rгbe n.Mhias Willнbachр übe r Ene rgiewe nд,EEG d e n Maste rp n.Es hat sich längst herumgesprochen, was er verspricht: Matthias Willenbacher willseine gesamten Anteile an der juwi AG an Energiegenossenschaften verschenken,sollte Angela Merkel die Energiewende sofort umsetzen. Dabei räumt der Vorstandder juwi AG nicht nur mit den „Mythen“ auf, warum die Energiewende nicht soschnell umgesetzt werden kann. Er präsentiert auch gleich einen Masterplan für dieZukunft der erneuerbaren Energien. ON Service wollte es genauer wissen und sprachmit einem Mann, der gleich vier Charaktere zu verkörpern scheint.Wer Ihr Buch gelesen hat, dem mögen mit Blick aufIhre Person vier Charaktere in den Sinn kommen: Weltverbesserer,cleverer PR-Stratege, Idealist und vielleichtnoch Revolutionär. Wo ordnen Sie sich ein?Matthias Willenbacher (MW): Eine meiner wesentlichenEigenschaften ist, dass ich nicht in Schubladen denke.Manchmal bin ich bodenständig, ein anderes Maldenke ich voraus und versuche, durch visionäre ThemenMenschen aufzurütteln. Ich glaube, mir gelingt es dabeisehr gut, auch komplexe Zusammenhänge für dieZukunft zu durchdenken und daraus Schlüsse für dieGegenwart zu ziehen.Sie machen sich für eine dezentrale Bürger-Energiewendestark. Die Stromkonzerne und damit Fondsgesellschaftensowie Aktionäre haben hier nach IhrenAuffassungen keinen Platz. Kommt mit der Energiewendeebenso eine Energierevolution?MW: Ja, definitiv. Die Energieversorgung wird komplettumgestellt von einem Monopol-, Oligopol- und Kartellsystem,bei dem Bürger seit jeher abgezockt werden, hinzu einer transparenten, bürgernahen, dezentralen sowienachhaltigen Energieversorgung. Das Einzige, was bleibt,ist, dass wir auch künftig Energie nutzen werden. Ansonstenwird sich viel verändern.


Interview 15Die Energiewende hat aber auch erhebliche Auswirkungenauf die Wirtschaftlichkeit von kommunalen Stadtwerken.Denen drohen Millionenverluste, weil siereihenweise Kraftwerke stilllegen müssen, die unrentabelwerden. Trifft es da nicht Unternehmen, die aucheinen erheblichen Teil zum Ausbau vor allem der Windenergiebeigetragen haben?Matthias Willenbacher ist diplomierter Physiker und Pionier auf dem Gebietder erneuerbaren Energien. Gemeinsam mit Fred Jung gründete er 1996die Firma juwi. Die AG ist ein führender Projektentwickler von Erneuerbare-Energie-Anlagen. Über 1.800 Mitarbeiter realisieren Projekte rund umSolarstrom, Windenergie, Bioenergie sowie Wasserkraft und Geothermie.MW: Das ist eine schwierige Frage. Wenn Stadtwerke vor fünfoder zehn Jahren entschieden haben, in ein Kohlekraftwerkzu investieren, dann war das nicht unbedingt ein idealerEntschluss. Schon damals gab es viele Menschen, die den Ratgaben, mehr auf erneuerbare Energien zu setzen. Trotzdementschieden sich manche Stadtwerke, weiterhin ihr Geld mitKohlekraftwerken zu verdienen. Wenn also auf die falscheTechnologie gesetzt wurde, so kann ich die Betroffenenwenig bedauern. Stadtwerke sind dennoch als dezentraleEnergieerzeuger immens wichtig, da sie regionale Wurzelnhaben, wodurch eine hohe Bürgernähe gegeben ist.Die Politik allgemein, aber insbesondere die Energiepolitik,ist geprägt von einem starken Lobbyismus. Diemeisten Verfechter der erneuerbaren Energien habendiese Lobby nicht. Wie kann es da je einen Konsens für100 % Erneuerbare geben?MW: Natürlich ist die Lobby der Energieversorger sehr stark.Historisch gesehen schlossen sich diese Unternehmen 1998nach der Liberalisierung zusammen, um im Grunde zu vierMonopolisten zu werden. Diese Monopolstellung beinhaltetnatürlich eine gute Vernetzung, nicht allein zur Politik,sondern auch zur Wirtschaft und zu den Medien. Man kannjedoch dagegen angehen, wenn viele Verbraucher bzw.Energiebürger dafür abstimmen, dass sie Strom aus lokalenoder regionalen erneuerbaren Energiequellen haben möchten.Letztendlich entscheidet das Volk, welche Energiepolitikdie Regierung macht. Das wird auch bei Umfragen deutlich.So bestätigten 82 % der Bevölkerung jüngst in einerUmfrage: Ja, wir wollen die Energiewende. Weil dieLobby der Politik eingeredet hat, die Erneuerbaren seienzu teuer, will die Politik nun den Umbau verlangsamen.Ich behaupte genau das Gegenteil: Erneuerbare Energiensind erheblich günstiger, wenn man nicht nur auf dieEEG-Umlage schaut, sondern alle Kosten berücksichtigt,die ein normaler Haushalt in Deutschland zahlen muss.Wenn diese Information viele Menschen erreicht, dannwird die Energiewende sehr schnell kommen.Entwicklung der EnergiekostenQuellen: Bundeswirtschaftsministerium, 2013; Deutsche Windguard, 2013


16 InterviewSie sagen, die Entscheidungen nach derReaktorkatastrophe von Fukushima hätteneinen Systemkampf entfacht. Dem gegenüberstehen aus Ihrer Sicht vor allem dreiArgumente der Energiewende-Gegner.Können Sie diese Argumente benennenund widerlegen?MW: Ein Argument lautet: Ökostrom machtden Strompreis teurer und ist somit unsozial.Ökostrom macht den Strompreis abergünstiger. Nur den Strompreis zu betrachten,ist außerdem zu kurzsichtig. Wir müssendas ganzheitlich sehen. So ist es heutzutagemöglich, durch dezentrale Energiennur 25 % der Gesamtenergie zu verbrauchen.Wir benötigen heute knapp 4.000 Terawattstunden(TWh), obwohl wir mit 1.000 TWhauskommen würden, vorausgesetzt, wirkombinieren die drei Bereiche Strom, Wärmeund Mobilität vernünftig miteinander.Das zweite Argument betrifft die Subventionen.Wenn endlich aufgehört wird, Energieträgernwie Kohle, Gas und Atomkraft dramatischhohe Subventionen zu zahlen, dann haben wirschon automatisch günstigere Energie durchBiogas, Wind und Solar. Wir produzieren Atommüll,ohne zu wissen, wo wir ihn letztendlichlagern wollen. Das sind alles Kosten, die nichtim Strompreis enthalten sind und für die Kraftwerksbetreibernicht aufkommen müssen.Dabei dürfen wir nicht allein die EEG-Umlagevon 200 Euro betrachten, denn ein Haushaltbezahlt inklusive der genannten verdecktenKosten in Wirklichkeit ja schätzungsweiseschon mehr als 5.000 Euro für Energie. Dagegenist die EEG-Umlage eine Kleinigkeit.Und ein drittes, gern zitiertes Argumentgegen die Energiewende: „Mit Onshore-Wind lassen sich die Ziele nicht erreichenund daher benötigt man Offshore-Windenergie.“Ist das wirklich so?MW: Auch ich war zunächst der Meinung, dassOffshore-Technologie günstiger sein könnteals die Onshore-Windenergie. Es hat sich aberherausgestellt, dass diese Technologie immernoch bis zu dreimal teurer ist und es auch bleibenwird. Außerdem widerspreche ich demArgument, an Land gäbe es nicht genügendPlatz für Windenergieanlagen. Damals, vor 10bis 15 Jahren, verfügten Windenergieanlagenüber eine Leistung von 1 bis 1,5 MW und überNabenhöhen von 60 bis maximal 100 Metern.Damit hätte man zwischen 1 Mio. und maximal5 Mio. KWh an Strom pro Windrad undJahr produzieren können.Entwicklung der WindenergieanlagenIn den vergangenen Jahrenhaben Windenergieanlageneine enorme Entwicklunggemacht und produzierenimmer mehr Strom. Das Endedieser Entwicklung ist nichtabzusehen.Ende 2012Heute werden Windräder gebaut, die 10, 20oder 25 Mio. KWh Strom pro Jahr produzierenkönnen. Rechnet man dies einmal hoch,benötigen wir nicht viel mehr Windräder alsdie derzeit 23.000 installierten, um 60 % unseresStrombedarfs über Windenergie abzudecken.Das Argument des fehlenden Platzes fürWindenergieanlagen lässt sich daher leichtwiderlegen.Nach Aussagen des IWR vom August 2013müssen private Stromverbraucher und dasKleingewerbe für die Unterstützung vonGroßkunden mehr als 7 Mrd. Euro aufbringen.Mehr als 4,3 Mrd. Euro entfallendabei auf die EEG-Umlage. ZunehmendeAkzeptanz der Energiewende seitens derBürger ist so nur schwer zu erreichen.Wird die EEG-Umlage verwendet, umStimmung gegen erneuerbare Energienzu machen?Künftig(bisherigeAnnahmen)Künftig(intelligent)Anzahl Anlagen 23.000 40.000 25.000Gesamtleistung 31.000 MW 160.000 MW 80.000 MWDurchschnittlicheGröße1.350 kW 3-5.000 kW 2-4.000 kWVolllaststunden 2.000 h 2.000 h 4.000 hEnergieertrag (imDurchschnittsjahr)Anteil amStrombedarf(540 TWh)Typische WEA:im Jahr 2000 im Jahr 2010 im Jahr 2014- 65m Nabenhöhe - 100m Nabenhöhe - 150m Nabenhöhe- 75m Rotor - 100m Rotor - 120m Rotor- 1,5 MW Leistung - 3 MW Leistung - 2,0-2,5 MW Leistungg 1.500 Volllaststunden g 2.500 Volllaststunden g 4.000 Volllaststunden62 TWh 320 TWh 320 TWh10 % 60 % 60 %Quelle: Berechnung und Darstellung durch 100 prozent erneuerbar stiftungMW: Das ist bewusst so gesteuert. Nach Fukushimamusste die Energiewende auch von denkonservativen Parteien eingeleitet werden.Dann wurde gesagt, ganz Deutschland würdeim Dunkeln sitzen. Also müssten wir Strom ausdem Ausland importieren, da wir mit erneuerbarenEnergien unseren eigenen Bedarfnicht decken könnten. Tatsache ist, dass wirim ersten Halbjahr 2013 mehr Strom exportierthaben als jemals zuvor. Das Argument stimmtalso nicht.Was als Argument aber gezogen hat, ist,dass die Kosten für die erneuerbaren Energienviel zu hoch sind. Rösler, Altmaier undCo. behaupten, die Erneuerbaren seien vielzu teuer, eröffnen aber gleichzeitig wesentlichmehr Firmen die Möglichkeit, sich vonder EEG-Umlage komplett befreien zu lassen.Sinn und Zweck dieser „Befreiung“ war es, dieWettbewerbsfähigkeit von international täti-


Interview 17damit 320 TWh gedeckt werden. Der deutscheNettostromverbrauch liegt aktuell bei540 TWh. Mit 25.000 modernen Windrädernkann man also 60 % des zukünftigen Nettostrombedarfsproduzieren.Auf die 25 % Sonnenstrom kommt man, indemman die Nutzung der Solarenergie optimiert –durch eine Erhöhung der Volllaststundenzahlauf 1.500 bis 2.000 und mehr Leistungauf Dächern. Der Ertrag wird insbesondere anbewölkten Tagen und somit auch im Winterdeutlich steigen.Die Überschüsse werden gespeichert (vorallem in Batterien) und in Wärme umgewandelt(vor allem in warmes Wasser). Insgesamtbenötigen wir aber im Vergleich zu sämtlichenheute vorgeschlagenen Szenarien wenigerLangzeitspeicherung von Strom.Die Betriebskosten spielen in Bezug aufdie Wirtschaftlichkeit von Windparkprojekteneine große Rolle. Gerade bei älterenWindenergieanlagen können diese durcherhöhte Fehlerhäufigkeit und Schädenoder ansteigende Preise von Seiten desWindenergieanlagenherstellers drastischsteigen. Inwieweit haben unabhängigeServiceanbieter hier ihren Beitrag geleistet?gen Unternehmen zu erhalten. Nun sind auchder Deutsche Wetterdienst oder die Braunkohlebaggervon Garzweiler von der Umlagebefreit. Hätte man solche Einrichtungen oderähnliche Betriebe nicht befreit, wäre dieUmlage nicht so stark gestiegen.Warum hat man hierauf nicht geachtet? Damitdiese Umlage möglichst hoch ist, um einvermeintlich unschlagbares Argument dafürzu haben, wie teuer und unbezahlbar dochdie erneuerbaren Energien sind. Je stärker dieUmlage als „Preisschild“ der Energiewendesteigt, desto besser kann man die erneuerbarenEnergien ausbremsen.Sie haben einen sogenannten Masterplanmit der Formel 60-25-5 für eine 100-prozentigeEnergiewende entwickelt. Können Siediesen kurz skizzieren?MW: Es ist technisch und real möglich, mitWind- und Sonnenstrom eine sehr gleichmäßigeStromproduktion zu erreichen. Dazubrauchen wir Anlagen, die viel Wind und vielSonne gut einfangen können und dabei kleineGeneratoren beziehungsweise Wechselrichterhaben. Diese Anlagen müssen ihren Stromoptimal verteilt über Deutschland und jeweilsnahe am Verbraucher produzieren.Wir können etwa 60 % unseres Bedarfs mitWindstrom und etwa 25 % mit Sonnenstromdecken. Wenn noch 5 % Wasserkraft hinzukommen,sind bis zu 90 % unseres Strombedarfsüber die direkten Quellen Wind, Sonneund Wasser abgedeckt. Der Rest kommt überBlockheizkraftwerke, die mit Bioenergie betriebenwerden.Wenn Windenergieanlagen künftig mit 4.000Volllaststunden optimiert arbeiten, könnenMW: Unabhängige Serviceanbieter haben hiereinen sehr großen Beitrag geleistet, da sich– mit Ausnahme einiger weniger – die meistenHersteller auf den Verkauf von Windenergieanlagenkonzentriert und daher lange Zeitdas Servicegeschäft vernachlässigt haben.Das hat sich jetzt deutlich verändert, bedingtdurch den Wettbewerb mit unabhängigenServiceanbietern. Dieser Wettbewerb hat demService für die WEA sehr gut getan.„Mein unmoralisches Angebot an die Kanzlerin“ist Ihr erstes Buch. Planen Sie weitere?Sollte die Kanzlerin Ihr Angebot annehmen,hätten Sie ja Zeit dafür.MW: Ich würde mich sehr freuen, wenn AngelaMerkel das Angebot annehmen würde.Das passiert natürlich nur dann, wenn vieleMenschen die Energiewende jetzt auch tatsächlichfordern. Wenn sehr, sehr viele Menschenden Ausbau der erneuerbaren Energien möchten,kann ich mir vorstellen, dass dieser Ausbauauch schneller vorangeht. Das ist für mich imZusammenhang mit diesem Interview ein ganzwichtiger Appell an die Bürger. Ein weiteresBuch habe ich allerdings nicht geplant.Herzlichen Dank für das Gespräch!


18BlickKopfoder Zahl ?Wie Banken ganz konkretverschiedene Serviceanbieter beurteilen.Bei der Wahl des passenden Serviceanbieters füreine Windenergieanlage (WEA) oder einen Windparkhat Zufall nichts verloren. Schon garnicht aus Sicht der Banken. Denn alsFinanziers haben sie ein entscheidendesMitspracherecht. Dochwelche Maßstäbe setzen siedabei an? Und gibt es Unterschiedezwischen der Bewertungvon Anlagenherstellernund unabhängigen Serviceanbietern?ON Service sprachdazu mit Dr. Konstanze Kinne,Abteilungsleiterin Marktfolgefür ProjektfinanzierungenErneuerbare Energien bei derCommerzbank AG.


Blick19Die Commerzbank AG ist bereits seit den 1980er Jahren als Finanziervon Erneuerbare-Energien-Projekten aktiv. Aktuell betreut sie in diesemBereich ein Volumen von circa 3 Milliarden Euro weltweit. Der Anteil derWindenergie beläuft sich auf rund 20 % im deutschen Markt. Die Frage,ob die Commerzbank AG bei der Betrachtung der Serviceleistungenvom Hersteller oder unabhängigen Anbietern Unterschiede machte,verneint die Expertin der Bank.„Bei dem Maßstab zur Bewertung von Serviceunternehmen im Bereichder Windenergie gibt es bei uns keine Unterschiede zwischen OEM undunabhängigen Anbietern.“Höhere Rücklagen: die Risikoabwägung gegenüber dem Eigner.Wenn Dr. Konstanze Kinne von „Bewertung“ spricht, dann meint sie inerster Linie Verträge, die der Bank von Kunden im Zuge der Auswahleines geeigneten Serviceanbieters zur Prüfung vorgelegt werden. ImRahmen von Kreditverträgen zur Finanzierung von WEA wird hierbeizwischen klassischen Wartungsverträgen in allen möglichen Variantenund verschiedensten Vollwartungsverträgen unterschieden.„Da bei einfachen Wartungsverträgen das Betriebsrisiko einer WEA odereines Windparks vor allem beim Eigner liegt, müssen wir unter Umständendarauf achten, dass dieser über ein Reservekonto verfügt, umRücklagen für größere Reparaturen oder Großkomponentenwechselansparen zu können.“Höchste Maßstäbe:die Risikoabwägung gegenüber dem Serviceanbieter.Anders verhält es sich bei Vollwartungsverträgen, bei denen ein Großteilder Betriebsrisiken an einen Serviceanbieter abgegeben werden.Im Falle einer solchen Risikoverlagerung muss ein Kreditinstitut höhereMaßstäbe und somit andere Bewertungskriterien ansetzen. Dabeikonzentriert es sich verständlicherweise mehr auf das Leistungsspektrumund das technologische Know-how eines Serviceunternehmens.„Als erfahrene Bank haben wir hierbei sehr genaue Vorstellungen, wiesolche Verträge und die damit verbundenen Leistungen im Sinne einerRisikominimierung aussehen müssen. Vor diesem Hintergrund sind wiraußerdem daran interessiert zu erfahren, wie ein unabhängiger Serviceanbieterlangfristig aufgestellt ist. Hierzu nehmen wir eine klassische Corporate-Analysevor, zu der u. a. auch die Bewertung der Bonität gehört. Umes nochmals zu betonen: Unsere Anforderungen an unabhängige Anbieterunterscheiden sich hierbei nicht von denen an den Hersteller.“Zu diesem Thema gehören außerdem – neben der Organisation derErsatzteilbeschaffung – z. B. Strategien zur kurzfristigen Bereitstellungvon Großkomponenten sowie eine Fernüberwachung, aber auch derUmgang mit technischen Upgrades, um nur einige wesentliche Anforderungenzu nennen.“Auf Lager statt auf Anfrage: die zuverlässige Verfügbarkeit.Ein besonders wichtiger Aspekt bei der Beurteilung eines potenziellenunabhängigen Dienstleisters ist nach Aussagen von Dr. KonstanzeKinne zudem die Verfügbarkeitsgarantie.„Wir müssen sicherstellen, dass die über einen sehr langen Zeitraumzugesicherten Leistungen auch zuverlässig erbracht werden. Interessantist hierbei für uns auch, ob ein Vertrag den Austausch bestimmterKomponenten ausschließt oder ob eine Gewährleistung für sämtlicheGroßkomponenten übernommen wird.“Das Extra wird zur Selbstverständlichkeit: die Zertifizierungen.Ob unabhängige Serviceanbieter oder Hersteller: Die sehr unterschiedlichen– und vor allem im Falle von Vollwartungen – sehr hohen Anforderungenan den Service müssen von beiden gleichermaßen erfülltwerden können. Dazu setzt Dr. Konstanze Kinne eines immer voraus:Zertifizierungen.„Entsprechende Zertifizierungen reflektieren sehr gut den technischenStandard eines Unternehmens. Wenn ein Serviceanbieter hierbei Auditsdurchführen lässt, die über das zwingend Notwendige hinausgehen, soist das sicherlich positiv zu bewerten.“Happy End schon vor Vertragsende:die Option eines frühzeitigen Ausstiegs.Als weniger positiv bewertet Dr. Kinne allerdings die Tatsache, dasszwischen den ersten Gesprächen mit den Kunden über einen möglichenVollwartungsvertrag und dem eigentlichen Vertragsbeginn häufigsehr viel Zeit vergeht.„Die Option eines vorzeitigen Ausstiegs aus langfristigen Verträgen wäreaber durchaus wünschenswert, sollte es zwischen dem Betreiber unddem Anlagenhersteller bzw. einem Servicedienstleister einmal nicht gutlaufen. Für unabhängige Serviceunternehmen könnte hier ein neuesGeschäftsfeld aufgebaut werden, das nicht nur Leistungen für ältereAnlagen anbietet, sondern auch für WEA mit verhältnismäßig kurzenBetriebslaufzeiten.“Das beste Mittel gegen technisches Risiko:die technische Kompetenz.Bewertet werden nicht nur die Kapitalstruktur und der Finanzstatuseines Dienstleisters, sondern auch dessen interne Abläufe, mit denenbestimmte vertraglich festgelegte Leistungen erbracht werden. Wobeidas Thema regelmäßige Mitarbeiterschulungen aus Sicht von Dr. KonstanzeKinne sicherlich dazugehört. Da der Serviceanbieter mit Blick aufden zuverlässigen Anlagenbetrieb ein hohes technisches Risiko übernimmt,richtet sich das Augenmerk der Bank in diesem Zusammenhangaber vor allem auf die technische Kompetenz.Dr. Konstanze Kinne,Abteilungsleiterin Marktfolgefür ProjektfinanzierungenErneuerbare Energienbei der Commerzbank AG.„Wir sind sehr daran interessiert, dass sich auch unabhängige WEA-Serviceanbieter intensiver mit den Technologien der von ihnenbetreuten Anlagen auseinandersetzen. Nur so lässt sich die Wirtschaftlichkeitund Profitabilität von Windparks nachhaltig sicherstellen.


20EinsatzSpeiste nzum tr ein гsucht.Ein Großauftrag winkt. Da ist die Freude groß. Die Herausforderung allerdings auch. Zum Beispiel, wenn dieeigenen Personalressourcen nicht ausreichen, um das anspruchsvolle Projekt in einem äußerst eng gestecktenZeitplan zu stemmen. Was tun? Einen Spezialisten als Partner gewinnen! So wie im folgenden konkretenFall. Axel Ringhandt, Branchenmanager Wind von der Bachmann electronic GmbH, erinnert sich.„Wir erhielten im letzten Jahr einen sehr ambitioniertenAuftrag von einem großen Windparkeigner: Mehr als1.300 Windenergieanlagen (WEA) unterschiedlicher Herstellerund Typen sollten von uns in Europa und den USA mitCondition-Monitoring-Systemen ausgestattet werden, unddas innerhalb nur weniger Monate.“Wenig Zeit braucht viel Kompetenz.Allein in Europa mussten in insgesamt 263 WEA von GE®,Gamesa®, Repower®, Vestas® und Siemens® Condition-Monitoring-Systeme (CMS) installiert werden.„Mit unseren eigenen Personalressourcen war ein erfolgreicherAbschluss in dem vom Auftraggeber sehr knappbemessenen Zeitfenster nicht zu realisieren. Deshalbentschieden wir uns für <strong>Availon</strong> als kompetenten, zuverlässigenund international aufgestellten Partner, der uns beider Installation der CMS in diversen WEA-Typen in verschiedenenLändern Europas unterstützen sollte.“Eine Entscheidung mit europaweiter Tragweite.Die Entscheidung für den markenübergreifenden Serviceanbieteraus Rheine fiel aus guten Gründen. Axel Ringhandt,der aufgrund seiner umfangreichen Projektmanagement-Erfahrungen für den Zeitraum des Großprojekts auch dieProjektleitung für die Bachmann Monitoring GmbH übernahm,erklärt warum:„Wir müssen uns bei diesem Projekt auf unseren Partnerverlassen können, denn die Installation von CMS ist einedurchaus komplexe Aufgabe. In anderen Projekten hattenwir bereits Erfahrungen mit der hohen fachlichen Kompetenzund Leistungsfähigkeit von <strong>Availon</strong> gesammelt. Daherhalten wir das Unternehmen für einen der fähigsten unabhängigenServiceanbieter in Europa.“Zwei Systemwelten für 16 Windparks.Im konkreten Fall sollten nach Aussagen des ProjektleitersAnlagen in insgesamt 16 Windparks in Deutschland, Frankreich,Italien und Polen mit zwei unterschiedlichen Typenvon CMS ausgerüstet werden. So ließen sich für Anlagen,die bereits über eine Bachmann-Steuerung verfügten, vollintegrierteSysteme nutzen. Die Messaufgabe des CMS läufthierbei auf der Hauptsteuerung, wobei deren Variablen fürdas Condition Monitoring verwendet werden können.„Diese vollintegrierten Systeme bieten mit Blick auf dasWEA-Verhalten und die Verarbeitung der CMS-Daten u. a.auch für die Zukunft wesentlich bessere Auswertungsmöglichkeiten.In allen anderen Anlagen war es allerdingserforderlich, für das CMS eine separate Steuerung zurDatenerfassung aufzubauen.“Axel Ringhandt ist Branchenmanager Wind bei der Bachmann electronicGmbH. Das Unternehmen mit Stammsitz im österreichischenFeldkirch ist mit über 60.000 installierten Systemen der weltweit führendeAnbieter im Bereich Automatisierung von Windenergieanlagen.


Einsatz 21


22EinsatzErstens kommt es anders undzweitens, als man denkt.Bei einem Auftrag wie diesem kommt es in der Praxis immer wieder auch zu unvorhergesehenenHerausforderungen. Wie man die mit Humor nimmt und vor allem mit ganz besonderemKnow-how meistert, weiß ein Servicetechniker von <strong>Availon</strong> zu berichten.Technisches geografisch gelöst.„Wir sollten 21 Anlagen eines polnischen Windparks mit CMS ausstatten. Und das war in jederHinsicht eine große Aufgabe. Denn die Anlagen verteilten sich im gesamten Windpark übereine Fläche von 120 Quadratkilometern. Aber neben den technischen stellen wir uns natürlichauch immer gern den logistischen Herausforderungen. Also haben wir uns ein Hotel ungefährin der Mitte gesucht und sind dann jeden Tag zu den einzelnen Anlagen gefahren.“So hart kann’s kommen.„Das Wetter im Mai war ideal und manchmal mit bis zu 40 Grad ungewöhnlich heiß. Wasden Auftrag betrifft, sollten die Sensoren in den Anlagen mit 2-Komponenten-Kleber befestigtwerden. Wir hatten für eine bestimmte Anzahl Sensoren eine genau kalkulierte Mengean Kleber dabei. Aufgrund der hohen Temperatur härtete der Kleber jedoch sehr schnell,nämlich schon beim Anmischen, aus. Also machten wir einen genauen Plan, wie viel Kleberwir für die jeweils anstehenden Befestigungen anmischen konnten. Angesichts des festgelegtenKleberkontingents eine ziemlich spannende Angelegenheit.“„GE“ ist eine eingetragene Marke der GENERAL ELECTRIC COMPANY, US.„Gamesa“ ist eine eingetragene Marke der GAMESA CORPORACION TECNOLOGICA, S. A., ES.„Vestas“ ist eine eingetragene Marke der Vestas Wind Systems A/S, DK.„Siemens“ ist eine eingetragene Marke der Siemens Aktiengesellschaft Berlin und München, 80333 München, DE.„Repower“ ist eine eingetragene Marke der Repower AG, 7743 Brusio, CH.


Einsatz 23Mit viel Know-how gelöst undmittels einer App protokolliert.Ob nun ein vollintegriertes CMS oder ein System mit separaterSteuerung, in beiden Fällen sind die Installation undInbetriebnahme nach Aussagen des Projektleiters einekomplexe und verantwortungsvolle Aufgabe.„Die Installation von Anlagen mit einem vollintegriertenCMS verlangten außerdem auch Arbeiten an den WEA-Steuerungen selbst. Zwar werden die Installation, Funktionsprüfungund Inbetriebnahme durch ausgewählteProgramme unterstützt. Dennoch ist hierbei entsprechendesKnow-how erforderlich.“Der Abschluss aller Arbeiten wurde dann – und das warauch für die Teams von <strong>Availon</strong> neu – erstmals mit einerspeziellen Smartphone-App digital protokolliert.Zu guter Letzt ein Happy End.Apropos Abschluss. Den Auftrag für die Ausrüstung derAnlagen in Europa erhielt Bachmann Ende 2012. Das Projektendewar nach endgültiger Abstimmung mit dem Kundenfür Mitte 2013 vorgesehen.„Wir konnten trotz zahlreicher Hindernisse den Zeitplanweitestgehend einhalten. Und das auch dank der sehrguten Vorplanung und professionellen Arbeit der Teamsvon <strong>Availon</strong> in Deutschland, Frankreich, Italien und Polen.“


24NetzwerkDas Ende der Eiszeit.Rotorblattsensoren für mehr Sicherheitund weniger Stillstand.Den Winter sollte man auf dem Zettel haben, bevor man spontanzu Mütze und Schal greift. Denn bereits mit zunehmend sinkendenTemperaturen kann sich Eis auf den Rotorblättern von Windenergieanlagen(WEA) bilden. Eine echte Gefahr – für Umwelt und Anlagengleichermaßen. Mit einer Sensorlösung als Upgrade, die automatischden Stopp und die Wiederinbetriebnahme einer WEA ermöglicht, lassensich die Risiken jedoch äußerst effizient minimieren, weiß Dr. JohnReimers, bei der Bosch Rexroth Monitoring Systems GmbH zuständigfür Marketing und Vertrieb.Eisabwurf: wenn unkalkulierbare Gefahrins Spiel kommt.Bei einer Anlage mit 105 Meter Nabenhöheund einem Rotordurchmesser von 90 Meternergibt sich anhand dieser Formel ein Radiusum den Anlagenturm von 292 Metern. Dasentspricht einer Gesamtfläche von ca. 37Fußballfeldern, auf der das von den Rotorenabgeworfene Eis potenziell einschlagen kann.Grund genug für viele Behörden, bei einerumgebungsgefährdenden Eisbildung ein Abschaltender WEA zu fordern. Insbesonderedann, wenn sich in unmittelbarer UmgebungStraßen oder Zuwegungen befinden.„Die übliche Lesart lautet: Es darf niemanddurch Eisabwurf gefährdet werden.“ Die Risikenträgt somit vor allem der WEA-Betreiber.Und das nicht nur in Bezug auf eine möglicheGefährdung der Umgebung, sondern auchhinsichtlich der Betriebssicherheit der Anlage.Dr. John Reimers ist Leiter Marketing und Vertrieb beider Bosch Rexroth Monitoring Systems GmbH. Über37.500 Mitarbeiter des weltweit führenden Spezialistenfür Antriebs- und Steuerungstechnologien entwickelnund produzieren Komponenten zum Antreiben,Steuern und Bewegen, unter anderem für WEA.„Wenn sich im Winter Eis auf den Rotorblätternbildet, geschieht das vor allem aufderen Vorderkanten. Bleibt die Anlage weiterhinin Betrieb, wird sich das Eis irgendwannlösen und es wird von den Rotoren abgeworfen.Dann besteht eine erhebliche Gefährdungfür die Umwelt. Denn die Eisbrocken könnenbis zum Aufprall auf den Boden enormeGeschwindigkeiten und auch Entfernungenerreichen. Diese potenzielle Gefahr lässt sichmit der Formel Nabenhöhe plus Rotordurchmessermultipliziert mit 1,5 sogar recht gutabschätzen.“Lasteinwirkung:eine Nabe mit Übergewicht.„Eis auf den Rotorblättern verursacht Unwuchten,die zu erheblichen Lasteinwirkungen aufden Triebstrang einer WEA führen können.Angenommen, die Rotorblätter sind auf deräußeren Hälfte gleichmäßig mit je 10 kg Eis aufder Vorderkante belegt. Das Eis ist dann geradeeinmal einen halben Zentimeter dick. Löst sichdas Eis auf einem der Blätter, dann ist dieUnwucht so groß, als würde man im laufendenBetrieb einer WEA ein schweres Motorradaußen an der Rotornabe auf der Blattwurzelparken.“Da neben der Umweltgefährdung jede statischeUnwucht den Triebstrang belastet undsomit die Lebensdauer einer WEA potenziellverkürzt, kann es nach Auffassung von Dr.John Reimers nur im Interesse des Betreiberssein, seine Anlage bei signifikanter Eisbildungabzuschalten.


Netzwerk252. Die Analogsignale der Sensoren in den Rotorblätternwerden über Messkabel an das Modul in der Nabe übertragen.Dort werden sie verstärkt, digitalisiert und dann über einenAccess-Point via WLAN an die Auswerteeinheit weitergeleitet.1. Die einzelnen Komponenten von BLADEcontrol: rechts vorn die mehrdimensionalen Schwingungssensorenmit integrierter Temperaturmessfunktion, dahinter das Modul zur Verstärkungund Digitalisierung der Sensorsignale sowie die Auswerteeinheit. Links ist der Access-Point zurÜbertragung der Signale vom Modul in der Nabe zur Auswerteeinheit zu sehen.Näher dran:die Messung direkt am Rotorblatt.Eigentlich müsste man hierfür zunächst zurbetreffenden WEA fahren, um sich durch einevisuelle Inspektion von einer Eisbildung aufden Rotorblättern zu überzeugen. Anschließendwürde man dann die Anlage manuellabschalten. Weitaus effizienter geht dasjedoch mit BLADEcontrol, einer von BoschRexroth entwickelten Sensorlösung, die<strong>Availon</strong> nun als WEA-Upgrade für die Eisdetektionanbietet.„Um Eisbildung zuverlässig zu detektieren,empfiehlt es sich, am Ort des Geschehens zumessen, also an den Rotorblättern selbst.Genau das macht BLADEcontrol. Natürlich gibtes auch andere Lösungen, z. B. Sensoren, dieauf dem Maschinenhaus installiert sind. DieDetektion von Eis in diesem Bereich lässt aberkeine sichere Aussage zu, ob sich auf denRotorblättern Eis gebildet hat.”Detektion?!Der Begriff leitet sich vom lateinischendetector ab und bedeutet „Offenbarer“.Mit einem Fleder mausdetektor offenbartsich zum Beispiel die Anwesenheit vonFledermäusen. Mittels der Eisdetektionlässt sich die Bildung von Eis nachweisen.In diesem Fall an den Rotorblätterneiner WEA.Sicherheit:alles eine Frage der Frequenz.Die Entwicklung von Bosch Rexroth macht sichdie Schwingungseigenschaften der WEA-Rotorblätter zunutze. Angeregt durch denWind, verfügt jedes Rotorblatt über spezifischeEigenfrequenzen. Bildet sich auf einem RotorblattEis, verringert sich die Frequenz derSchwingung im Vergleich zum eisfreienZustand, weil das Rotorblatt durch denEis ansatz schwerer wird.„Die Detektion von Eisbildung erfolgt durchSensoren, die sich in den Rotorblättern befinden.Die analogen Sensorsignale werdendurch ein in der Nabe befindliches Modulverstärkt, digitalisiert und anschließend überWLAN an eine Einheit übertragen. Diese Einheitwertet die Signale anhand der Verschiebungvon Frequenzpeaks aus. In Abhängigkeit davon,ob die Anlage läuft oder steht, werden hierbeiunterschiedliche Frequenzen ausgewertet.”Alles automatisch:Start und Stopp und Zufriedenheit.Im Falle einer Eisbildung stellt die Auswerteeinheitvon BLADEcontrol ein spezifisches Signalzur Verfügung. Damit kann die WEA über dieAnlagensteuerung automatisch gestopptwerden. Da die Eisdetektion auch bei Anlagenstillstanderfolgt, lässt sich die Anlage nachWegfall des Eissignals automatisch wieder inBetrieb nehmen. Das geschieht, sobald sichdas Eis vom Rotorblatt gelöst hat.„Dieses Verfahren ist vom Germanischen Lloydzertifiziert und wird von den Behörden akzeptiert.Es kann für fast jede WEA genutzt werden.“Mit BLADEcontrol kann die Gefahr für dieUmwelt durch sich lösende Eisbrocken minimiertwerden. Aber auch zeitaufwendige Fahrtenzur WEA, wenn diese überhaupt aufgrundder Witterung möglich sind, haben sich mitdem automatischen Wiederanschalten derWEA während der kalten Jahreszeit erübrigt.„Wir haben mit einem auf dem Maschinenhausinstallierten Eissensor Vergleichsmessungenmit BLADEcontrol durchgeführt und sind u. a.zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Eisansatzauf einer Gondel häufig nicht in direktemZusammenhang mit einem Eisansatz auf denRotorblättern steht. Bei spezifischen Wettersituationenkann ein Gondelsensor einen starkenEisansatz auf den Rotorblättern nichtdetektieren. Im Gegensatz dazu wird eineAnlage häufig über die Sensormessung auf derGondel angehalten, obwohl sich auf denRotorblättern kein Eis gebildet hat. Mitunterbeginnt die Vereisung sogar erst, nachdem dieAnlage gestoppt wurde. Die Rotorblätterwerden demnach bei bestimmten Witterungsbedingungendurch deren Drehbewegungeisfrei gehalten.“Insgesamt würden die Stillstandszeiten einerWEA nach Auffassung von Dr. John Reimersdurch BLADEcontrol im Vergleich mit einemEissensor auf einem Maschinenhaus erheblichsinken.Und wer dann doch noch zu Schal und Mützegreift, erfreut sich bei einem Spaziergangdaran, dass vermeidbare Anlagenstillständeund Ertragsverluste bei Eisbildung der Vergangenheitangehören.


26BudgetÖlqualität – Teil 4:Additive - wenn Zusätze aucheinen Zusatznutzen haben.ON Service hat bereits mehrfach über die Qualität und die Wichtigkeit von Getriebeölsowie die Auswirkungen auf den Verschleiß und die Standzeit von Hauptgetrieben inWindenergieanlagen (WEA) berichtet. In dieser Ausgabe widmen wir uns den sogenanntenAdditiven (Zusatzstoffen im Öl), denen eine ganz entscheidende Bedeutung zukommt.Wie entscheidend und überzeugend positiv deren Eigenschaften für WEA-Getriebesind, zeigen wissenschaftliche Untersuchungen anhand eines konkreten Beispiels.Stefan Bill ist Geschäftsführerder REWITEC GmbH. Schon seitvielen Jahren konzentriert sichdas Unternehmen erfolgreichauf die Entwicklung undForschung zur Verminderungvon Reibung und Verschleiß,z.B. bei Getrieben in WEA.Tribologie?!ON Service sprach dazu mit Dr. Markus Grebe, Leiter fürindustrielle Forschung und Laborbetriebsleiter des Kompetenzzentrumsfür Tribologie an der Hochschule Mannheim,und Stefan Bill, Geschäftsführer der REWITEC GmbH,die mit der Produktreihe DuraGear® eine innovative Nanobeschichtungauf Basis verschiedener synthetischer undmineralischer Silikatverbindungen entwickelt, produziertund weltweit vertreibt.Pure Wissenschaft statt reines Wunder.Additive wie REWITEC sind keine Wundermittel. Aber manwundert sich, welches Potenzial und welche positivenEigenschaften darin stecken. Vor allem, wenn diese, wiein diesem Fall, wissenschaftlich belegt sind. Das war auchein wesentlicher Aspekt für Stefan Bill, der die Wirkung desGetriebeöl-Additivs auf das Reibungs- und Temperaturverhaltenan Zahnflanken am Kompetenzzentrum Tribologieder Hochschule Mannheim testen ließ.Der Begriff stammt aus dem Griechischen und bedeutetReibungslehre. Im Fachbereich der Tribologie werdenentsprechend die Reibung, die Schmierung und derVerschleiß geprüft. Zum Beispiel von Lagern, GetriebeundMotorteilen oder anderen Maschinenkomponenten.Stefan Bill: „Klassisch gesehen handelt es sich bei unserenTechnologien um Additive, also Zusätze für Getriebe- undMotoröle sowie Fette, die aus einer Kombination von bis zusieben verschiedenen Rohstoffen bestehen. Insbesondere imAutomotive-Bereich haben Additive jedoch oft den Ruf von‚Wundermitteln‘. Und die versprechen nicht selten mehr, alssie letztendlich halten können. Wir möchten uns von solchenVersprechungen abgrenzen und haben uns daher entschlossen,einen wissenschaftlich fundierten Nachweis der positivenEigenschaften unserer Additive zu erbringen. Dafür sprichtauch, dass wir diese Produkte bereits seit 2007 erfolgreich inweltweit mehr als 800 Windenergieanlagen einsetzen.“Tribologie:Was wissenschaftlich fundiert klingt, ist es auch.Für den von Stefan Bill selbst geforderten Nachweis beauftragteREWITEC das bereits genannte KompetenzzentrumTribologie der Hochschule Mannheim. Das Kompetenzzentrumwurde vor 20 Jahren mit Unterstützung der regionalenIndustrie und der IHK Rhein-Neckar gegründet. Zumeinen, um dem wichtigen Bereich der Tribologie an derHochschule Mannheim mehr Beachtung zu schenken. Undnatürlich auch, um wichtige Forschungskapazitäten zurVerfügung zu stellen.Dr. Markus Grebe: „Heute beschäftigen wir 16 Mitarbeiterund haben mittlerweile 37 verschiedene Prüfstände. Somitgehören wir sicherlich zu den vergleichsweise größerenInstituten in Deutschland, die sich mit dem SpezialgebietTribologie beschäftigen.“


Budget 27Wie man ein theoretisches Ziel praktisch erreicht.Ziel des von Juli bis September 2012 durchgeführtenProjektes war es, die Wirkung unterschiedlicher Zusatzstoffeim Getriebeöl auf das Wälzverhalten zu untersuchen.Die Versuche wurden auf einem modernen 2-Scheiben-Prüfstand durchgeführt, der zur Untersuchung der BewegungsartenRollen, Gleiten und Wälzen eingesetzt werdenkann. Er ermöglicht es, die Vorgänge – wie sie üblicherweiseauch in WEA-Getrieben zu finden sind – modellhaftabzubilden.Darüber hinaus wurden die Oberflächen der Prüfscheibenvor und nach den einzelnen Testläufen mithilfe einesWeißlichtinterferometers topografisch untersucht. Weißlichtinterferometrieisteine berührungslose unddamit zerstörungsfreie optischeMessmethode, die die Interferenzvon breitbandigem Licht (Weißlicht) ausnutzt. Damitsind feinste 3-D-Profilmessungen von Strukturen bis in denMikrometerbereich möglich. Zusätzlich wurden mit einemRasterelektronenmikroskop Aufnahmen der Oberflächenangefertigt, um die Wirkung der Zusätze auf den Oberflächenauch visualisieren zu können.Dr. Markus Grebe: „In diesem konkreten Fall haben wiranhand von Simulationen an Probenkörpern untersucht,inwieweit sich das Reibungsverhalten und die Temperaturim Bereich von Zahnflanken in der Bewegungsart Wälzendurch Zugabe von REWITEC verändern.“Alles andere als oberflächlich:willkommen im Mikrometerbereich.Die Tests wurden mit zwei Getriebeölen durchgeführt:Agip Blasia 150, einem häufig in der Industrie eingesetztenStandardöl, und Agip Blasia SX320, einem Hochleistungsöl,das vielfach in Windenergieanlagen zum Einsatzkommt. Bei beiden wurden der Reibungskraftverlauf sowiedie Temperatur gemessen. Jeweils ohne und mit Zugabevon 0,2 % Additiv.Stefan Bill: „Die Wirkung der Zusätze wurde in den20-Stunden-Tests gewissermaßen in einem Zeitrafferverfahrendargestellt. Damit auch der Nachweis einerkonstanten Wirkung über eine längere Anwendung derZusätze, insbesondere im höherviskosen Öl, erbrachtwerden konnte, schlug Dr. Grebe eine weitere Testreiheüber die Dauer von jeweils dreimal 20 Stundenvor. Hierbei lag demnach der Schwerpunkt auf demLangzeitverhalten und den sich hierbei einstellendenVerschleißraten.“Weniger sollte man nicht erwarten:mehr Reduktion der Reibkraft.Die Ergebnisse der Untersuchung zeigten durch die Zusatzstoffesowohl beim Standard- als auch beim Hochleistungsölin den Kurzzeittests eine deutliche Reduzierungdes Reibungsmoments und damit auch des Temperaturniveausunter Wälzbedingungen im Vergleich zu den Getriebeölenohne Zusatz. Aber warum ist das so?Dr. Markus Grebe, Leiterfür industrielle Forschungund Laborbetriebsleiterdes Kompetenzzentrumsfür Tribologie an derHochschule Mannheim.


28BudgetDr. Markus Grebe: „Die Wirkung beruht auf der Einglättung der Oberflächenunter Mischreibungsbedingungen, die wir sehr gut durch dieWeißlichtinterferometrie belegen konnten. Durch diese positive Einglättungim Mikrobereich nimmt der hydrodynamische Anteil an Mischreibungsbedingungenzu.“Grenzreibung?! Mischreibung?!Als Laie kann man sich das gut am Beispiel eines Wasserskiläufersvorstellen, der zunächst im seichten Wasser steht und mitseinen Skiern beim Anziehen durch das Boot noch den Untergrundberührt. Dies wäre die Grenzreibung. Erhalten die Skierbei steigender Geschwindigkeit einen leichten Auftrieb, istdies vergleichbar mit der Mischreibung. Ab einer bestimmtenGeschwindigkeit erhalten die Skier so viel hydrodynamischenAuftrieb, dass der Sportler ohne Kontakt zum Untergrund aufdem Wasserski laufen kann.In den Getrieben und Lagern herrschen vor allem da, wo es reibt,hohe Drücke und Temperaturen. „Wir vermuten, dass die Beschichtungspartikelunter diesen Bedingungen an den metallischen Oberflächenreagieren“, erklärt Dr. André Schirmeisen. Der Professor, der ander Uni Gießen am Lehrstuhl für Angewandte Physik lehrt, untersuchtim Auftrag von REWITEC die wissenschaftlichen Zusammenhänge.Demnach findet ein physikalisch-chemischer Verbindungsprozessstatt, bei dem sich die Silikatatome aus der Wirksubstanz mit denAtomen der metallischen Oberflächen verbinden. An der Justus-Liebig-Universität Gießen betrachteten die Forscher auf einem Tribologie-Prüfstandauch das Einlaufverhalten mit und ohne Zugabe vonREWITEC. Beim Einlaufen, auch Einfahren genannt, sollen sich dieVerzahnungen möglichst optimal aufeinander anpassen. Hier schautendie Wissenschaftler nach, ob sich Reibung und Verschleiß durchdie Zugabe des Additivs änderten. Die Testläufe wurden in Abhängigkeitvon der Größe der Kontaktfläche der Reibpartner, des Druckesund der Temperatur durchgeführt. „Unsere Ergebnisse bestätigen,dass sich die ursprünglichen Materialeigenschaften durch Zugabe desAdditivs deutlich verbessern“, sagt Dr. Schirmeisen. Bis zu 30 % wenigerReibung konnten die Forscher messen. Aus der Sicht von Stefan Bill istdeshalb eine Zugabe des Wirksubstrats schon zum Anlagenstart sinnvoll:„Mögliche Schäden können so von Beginn an verhindert werden,bevor sie überhaupt entstehen.“ Der Prozess selbst ist wissenschaftlichnoch nicht ganz geklärt. Erste Ergebnisse deuten aber daraufhin, dass die Additivpartikel im laufenden Prozess mit den Molekülender Metalloberfläche eine wenige Nanometer dicke passivierendeMetall-Silikat-Schicht ausbilden. Das Endergebnis wäre eine neue, sehrreibungsarme Oberfläche, die zudem günstigere Verschleißeigenschaftenhat als die unbehandelten metallischen Reibpartner.Mit dem höherviskosen Öl Agip Blasia SX320, so Dr. Grebe, stelle sichgrundsätzlich ein niedrigeres Reibungsniveau ein, was auf einen höherenhydrodynamischen Anteil der Mischreibung deute und wodurch dieWirkung des Zusatzes nicht mehr so deutlich sichtbar sei.Dr. Markus Grebe: „Je höher die Viskosität des Öls, desto größer ist diehydrodynamische Wirkung. Es kommt somit zu einer schnelleren Trennungvon Grund- und Gegenkörper (d. h. der sogenannte Ausklinkpunktliegt bei einer niedrigeren Drehzahl). Daher wurden die Bedingungenfür den 60-Stunden-Dauerlauf noch einmal verschärft und der Schlupfwurde auf 20 % erhöht. Darüber hinaus wurde mit Blick auf eine realeSimulation der Temperaturentwicklung die Pressung der Probekörpergeringfügig reduziert.“Analyse des Einflusses des REWITEC-ZusatzesWälzverschleiß-Untersuchungen am 2-disc-Prüfstand.


Budget29Niedriger: Reibemoment und Temperatur.Ohne Zusatz nahm beim Hochleistungsöl während der Langzeittestsdie Reibkraft in den ersten 20 Stunden von 260 N auf 210 N ab. Danachwar während des gesamten Testverlaufs nur noch eine Abnahme auf180 N erkennbar. Die Temperatur sank dabei nur minimal ab und lagwährend der gesamten Versuchsdauer bei circa 150 °C.Mit Zusatz nahm das Reibemoment in diesen Tests jedoch sehr schnellab und sank bereits in den ersten fünf Stunden von 285 N auf 145 N.Nach 60 Stunden lag die Reibkraft bei 120 N und war damit im Vergleichzum unbehandelten Öl um 33 % geringer. Hierdurch sank auch dieProbekörpertemperatur, die sich auf rund 100 °C einpendelte. Damit lagsie 20 % unter der Temperatur des unbehandelten Öls.Stefan Bill: „Die Ergebnisse zeigen, dass REWITEC gegenüber einemStandardmineralöl die Reibung um 23 % und die Temperatur um 8 %senkt. Die Kurzzeittests belegen ferner die positiven Eigenschaften derAdditive bei höherviskosen Ölen: Die Reibung konnte um 18 Prozentund die Temperatur um 4 Prozent im Vergleich zu einem Hochleistungs-PAO-Ölabgesenkt werden. Im Langzeittest und unter höherenBelastungen senkt REWITEC gegenüber einem Hochleistungsöl dieReibung sogar um 33 %, die Temperatur um 20 % und Rauheitskennwerteum circa 50 %.“Realistischer: Praxistest statt Prüflauf.So überzeugend die theoretischen Testergebnisse schon waren,das Produkt musste natürlich auch im realen Einsatz seine Stärkenunter Beweis stellen. Gemeinsam mit der <strong>Availon</strong> GmbH – dieschon aufgrund ihrer jahrelangen Erfahrung mit Anlagen vom TypGE® für einen solchen Versuch infrage kam – konnten die Resultatevon REWITEC konkret an einem bereits vorgeschädigten Getriebeeindrucksvoll belegt werden.Getriebeschädigungen lassen sich je nach Laufzeit einer WEA und denLasten, die auf den Triebstrang einwirken, über kurz oder lang nichtvermeiden. Ist ein Getriebe aber vorgeschädigt, muss das nicht immereinen sofortigen oder kurzfristigen Austausch bedeuten. Im Gegenteil.Stefan Bill: „Wir haben in den letzten Jahren eine ganze Reihe solcherkonkreten Beispiele für die positiven Eigenschaften von REWITECsammeln können. Unter anderem in Zusammenarbeit mit der <strong>Availon</strong>GmbH am Getriebe einer Anlage vom Typ GE® 1,5 MW. Mittels ConditionMonitoring konnten verschiedene Verschleißspuren identifiziertwerden. Neben altersbedingten Laufspuren an den Zahnflanken undLagerungen wurden dabei beginnende Abplatzungen in einem Lagervorgefunden. Dieses konnte aus technischen und wirtschaftlichenGründen nicht im Rahmen einer sogenannten On-Tower-Repair auf derAnlage gewechselt werden. In diesem Fall ist eine Schädigung der Lagerungeinem kostenintensiven Getriebewechsel gleichzusetzen. Und das,obwohl die weiteren Bestandteile des Getriebes durchaus noch eineStandzeiterwartung von mehreren Jahren haben.“Das Ergebnis: ein glatter Erfolg.Für den Feldtest wurden neben den messbaren Parametern auchsubjektive Parameter wie Vibrationen aufgenommen. Diese waren,ausgehend von der vorgeschädigten Lagerung, bereits vor dem Betretender WEA am Fundament spürbar.Um eine Verbesserung der Oberfläche zu erreichen oder zumindestein Einfrieren des aktuellen Zustands für eine längere Laufzeitdes Getriebes zu erzielen, wurde dem Getriebeöl der WEA ein Additivvon REWITEC zugesetzt. Nach rund einem halben Jahr untersuchteman dann die zuvor identifizierten Getriebestellen erneut. DieCMS-Auswertung und eine entsprechende Verifizierung der Messergebnissedurch eine Videoendoskopie erbrachten ein erfreulichesErgebnis.Stefan Bill: „Die Oberfläche wurde an den Bruchkanten geglättet unddie Laufspuren beseitigt. Selbst die subjektiv wahrgenommenen Vibrationenim Regelbetrieb waren nicht mehr spürbar. Das vorgeschädigteGetriebe befindet sich nunmehr seit 1,5 Jahren im weiteren Betrieb.Dabei war bislang weder eine Teilreparatur noch der Wechsel desgesamten Getriebes nötig.“Das sieht auch Jochen Holling so. Als Leiter Technischer Support &Entwicklung Mechanik bei <strong>Availon</strong> hat er die Testphase betreut.Jochen Holling: „Ich lasse mich gern nach dem Motto ,Belegen stattbehaupten‘ überzeugen. Im Fall von REWITEC haben die Erfahrungengezeigt, dass in Bezug auf Verschleiß und bestimmte Vorschädigungendie weiteren Mechanismen in ihrem Verlauf verzögertund im besten Fall eingefroren werden. Natürlich wird auch durchREWITEC ein Zahnausbruch im Getriebe nicht wieder rückgängiggemacht. Eine positive Wirkung auf die Standzeitverlängerung allerdingsist sowohl im Labor als auch in der Praxis belegt worden. Wirselbst setzen REWITEC ein und sind von der Wirkung überzeugt. Auchbei Getrieben mit Schädigungen. Dabei unterliegt der Einsatz jedochimmer einer Einzelfallprüfung. Insgesamt kann ich den Einsatz vonREWITEC nur empfehlen.“Höher: Lebensdauer und Wirkungsgrad.Die Zahlen und Resultate sind unterm Strich durchaus beeindruckend,zumal sie auch im Praxistest nachweislich belegt worden sind. Voneinem Wunder sollte man dennoch nicht sprechen, denn auch dieWirkung von Zusätzen ist begrenzt und muss von Fall zu Fall geprüftwerden. Festgestellt und belegt werden konnte jedoch ein positiverEinfluss auf die Reststandzeit von verschlissenen und vorgeschädigtenGetrieben. Insgesamt ergibt sich so ein ressourcenschonender Umgangmit einer wichtigen Hauptkomponente wie dem Getriebe. Was sich imHinblick auf die weiteren Betriebskosten letztendlich auch positiv aufdas Budget auswirkt.Nach Einschätzung von Stefan Bill hat der Einsatz von Additiven inGetriebeölen von WEA jedoch nicht nur Auswirkungen auf die Lebensdauerder Getriebe, sondern auch auf deren Wirkungsgrad. Da derZusatz auch die Temperatur des Öls und damit dessen Viskosität positivbeeinflusst, lässt sich mit REWITEC im Vergleich zu einem unbehandeltenÖl auch eine bessere Schmierung über einen längeren Zeitraumerzielen.Stefan Bill: „Wird der Wirkungsgrad eines Getriebes zudem mit demZusatz durch konstant niedrigere Öltemperatur und geringere Reibungnur um 1 % erhöht, hat sich die Investition in diese Technologie bereitsin Form eines höheren Ertrags amortisiert.“


Kontextmöchte ab sofort darlegen, was sich in den letzten Wochen und Monateninnerhalb der Windenergiebranche und auf dem Energiemarkt allgemeingetan hat. Es will ein authentisches Stimmungsbarometer voller Meinungen,Gedanken und Theorien sein. Was hat bewegt? Wo droht Stillstand?Sei es im Dialog oder im Glauben an die Zukunft der Erneuerbaren.Was dabei zum Schmunzeln und was zum Nachdenken anregt, möge jederfür sich persönlich entscheiden.„Zwischen Flensburg und Konstanzstehen heute mehr als 27.000Windindustrieanlagen.Viele sind höher als der Kölner Dom.Mit bis zu 200 Meter Höhedominieren sie die Landschaftund blinken Tag und Nachtvor sich hin.“Rainer Brüderle, FDP in: Handelsblatt,7. Juni 2013, „Die Reißleine ziehen“„Der Energiemarkt entwickelt sichso rasant, dass wir über zwei Jahrehinaus keine Ziele definieren.“Hans Bünting,Vorstandsvorsitzender RWE Innogy in:neue energie, 6/2013, „Anschluss verpasst“„Müssten wir den vollen EEG-Satzzahlen, dann wären das derzeit fürunsere deutschen Standorte imJahr rund 50 Millionen Euro.“Peter Willbrandt, Vorstandschef Aurubisin: Handelsblatt, 8. Juni 2013,„Wir müssten im Ausland investieren“


Kontext31„Viele Ministerpräsidentenplädieren grundsätzlich fürden Erhalt des EEG.Auch wenn es bei einigennur um die Sorge geht,dass ihnen eine Abschaffungpolitisch auf die Füßefallen könnte.“Uwe Leprich,wissenschaftlicher Leiter des IZESin: neue energie, 08/2013, „Urnengrab“„Die deutsche Energiewendewird nicht zum Erfolg,wenn sie nicht europäischgedacht wird.“Jochen Homann,Chef der Bundesnetzagenturin: Handelsblatt, 28. Juni 2013„Nicht die Erneuerbarenersetzen jetzt die Kernkraft,sondern die Kohle tut es.“Matthias Kurth, ehem. Präsident derBundesnetzagenturin: neue energie, 6/2013,„Ein Ziel war mal der Klimaschutz“„Ich habe neulich eine Präsentationvon State Grid of China(staatlicher chinesischer Stromnetzbetreiber)gesehen: Dort arbeiten 10.000Leute im Bereich Forschungund Entwicklung. Wir müssensehen, dass wir da noch Schritthalten können.“Dr. Olaf Heil, Leiter Wasserkraft & NeueAnwendungstechniken RWE Innogyin: Handelsblatt, 1. Juli 2013,„Neue Impulse für die Energiewende“„Je mehr erneuerbare Energiendie Versorger in die Netzeeinspeisen müssen,umso mehr konventionelleReservekraftwerke müssenfür den Zitterstrom her.“Bernd Ziesemer, Publizist und ehem.Chefredakteur Handelsblattin: Handelsblatt, 17. Juni 2013,„Billionen-Euro-Desaster“„Nach zwei Jahren Energiewendeist die Energieversorgungin Deutschlandschmutziger, unsichererund teurer als je zuvor.“Johannes Teyssen, VorstandsvorsitzenderEon SE in: Handelsblatt, 17. Juni 2013,„Planwirtschaft ohne Plan“

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!