Florian Härle: Über filmische Bewegtbilder, die sich wirklich bewegenMalewitsch, Tatlin, Lissitzky und Mondrian werden im Zusammenhang mitdieser Entdeckung erwähnt. An den genannten Künstlern macht er die Ursprüngeder Installation fest und dabei wird eines deutlich, nämlich dass dieEntdeckung des Kontextes wie O´Doherty ihn begreift, zusammenfällt mit derEntstehung der Kunstform Installation.Der Titel dieses dritten und letzten Aufsatzes ist Programm: Context asContent definiert konkret den Kontext als Inhalt beziehungsweise als Text. Inder deutschen Übersetzung von Ellen Kemp und Wolfgang Kemp ist diesermit Kontext als Text betitelt. Die Entscheidung, das englische Wort ›content‹,das im Deutschen eigentlich ›Inhalt‹ bedeutet, durch die Vokabel ›Text‹ zuübersetzen, ist gleichermaßen spannend wie bezeichnend. Denn das lateinischeWort ›textus‹ heißt auf Deutsch ›Gewebe‹, ›Geflecht‹, ›Zusammenhang‹.Damit rückt die Kemp´sche Übersetzung den Begriff ›Kontext‹ in die semantischeNähe von ›Textur‹, ›Gewebe‹ und ›Zusammenhang‹, wobei Konnotationenzu etwas tatsächlich Greifbarem oder Materiellem möglich werden, einerWand beispielsweise, an die etwas gehängt wird.In dieser Wechselwirkung der Konnotationen, in dieser Interaktion 2der Begriffe wird die Komplexität von O´Dohertys Idee deutlich. Die deutscheÜbersetzung hebt dies in aller Deutlichkeit hervor. So ist der Galerieraum,den O´Doherty als Impulsgeber beschreibt <strong>für</strong> weiterführende Gedanken überKunst und ihre Geschichte oder als Raum, der von Wänden umgeben ist andenen Kunst hängt, nie nur ein einfacher Raum. Er ist immer beides zugleich,ein konkreter Raum, dessen Wände durch die Bildflächen sensibilisiert wurden(vgl. O´DOHERTY 1996: 62) und ein Zeichen <strong>für</strong> einen Ort, dessen Geschichteaufs engste mit der Geschichte der Moderne verknüpft ist (O´DOHERTY 1996:8). Das heißt, dass <strong>für</strong> O´Doherty sowohl der Umraum als künstlerisches Elementbedeutungsvoll ist, als auch der kunstgeschichtliche Hintergrund – beidessind Kontexte und Inhalte, die der ausgestellten Kunst Bedeutung stiften.Die Setzung Context as Content ist eine spannende und weitreichende.O´Doherty konnte sie 1976 treffen, indem er als Künstler einen kunsthistorischenBlick auf die Ursprünge der Installation warf. Aus der Untersuchungvon kunsthistorischen Fakten und künstlerischen Formulierungen, die er imZusammenhang mit dieser Kunstform beobachtete, gelang es ihm, eine Perspektiveauf die Installation seiner Zeit zu generieren und durch diese Perspektiveeine Theoretisierung derselben zu entwickeln.4. Perspektivenwechsel als InterpretationsmethodeDie Basis der Interpretationsmethode bilden Kontexte. Sie können in der Entwicklungder künstlerischen Arbeit als werkkonstituierende Elemente vomKünstler reflektiert und bewusst in das Werk integriert worden sein oder inForm von Stil, Technik oder Zeitgeist in die künstlerische Arbeit einfließen.2Zur Verwendung des Interaktions-Begriffes in diesem Zusammenhang siehe beispielsweiseHans Dieter Hubers Aufsatz Interkontextualität und künstlerische Kompetenz (2001).<strong>IMAGE</strong> | Ausgabe <strong>17</strong> | 1/2013 112
Florian Härle: Über filmische Bewegtbilder, die sich wirklich bewegenKontexte können entweder explizit ausformuliert und konkret in Erscheinungtreten, beispielsweise in einem Gegenstand, oder subtil auf etwas verweisen.In jedem der Fälle liegt es am Betrachter, mit den künstlerischen Elementenumzugehen und Kontexte zu entdecken. Sie ermöglichen es, das Kunstwerkeinzuordnen, zu verstehen und zu erleben. Kontexte besitzen <strong>für</strong> die Betrachterseiteeine elementare Relevanz und laden bei der Interpretation die präsentierteKunst mit Bedeutungen auf.Im Grunde stellen Kontexte Angebote dar, die künstlerische Arbeit ausverschiedenen Perspektiven zu betrachten. Und erst durch Perspektivenwechselergibt sich ein Gesamtbild, eine Ebene, auf der eine Interpretation stattfindenkann. Was damit gemeint ist, lässt sich an der performativen Filminstallationauf anschauliche Weise zeigen.Ihrer Verfasstheit nach besteht diese Kunstform aus drei Kunstformen:Film, Installation und Performance. Vor dem Hintergrund von O´DohertysKontextbegriff lässt sich nun sagen, dass die genannten Kunstformen demKunstwerk, welches sie im Ganzen ergeben, filmische, installative und performativeElemente stiften. Damit sind im Werk historische Entwicklungender einzelnen Kunstformen eingeschrieben und künstlerische Diskurse stilistischer,formaler oder inhaltlicher Art impliziert. In der Art und Weise wie beiO´Doherty liegen diese Kontexte als Texte beziehungsweise Inhalte in denWerken. Sie müssen vom Betrachter herausgelesen und in Zusammenhanggebracht werden. Kunstformen sind Kontexte und damit, wie andere künstlerischeElemente, Bedeutungsträger.Die Kunstformen mit ihren spezifischen Eigenschaften lassen sichauch als Perspektiven betrachten, als bestimmte Sichtweisen auf das Kunstwerk.Denn wenn ich als Betrachter die performative Filminstallation durchdie Perspektive des Kontextes Film betrachte, ergeben sich bestimmte Bezügeund Bedeutungen, die sich nur ergeben, wenn ich das Werk durch diese einePerspektive betrachte, beispielsweise filmhistorische, -stilistische oder-theoretische. Die Perspektive beeinflusst die Sichtweise und bei den PerspektivenInstallation und Performance verhält es sich genauso.Das bedeutet nicht, dass die gesammelten Einsichten, Eindrücke undFakten getrennt voneinander zu behandeln sind. Ganz im Gegenteil. Sie müssenin Relation zueinander betrachtet werden. Denn oftmals ergeben sich inder Relation, die sich durch den Perspektivenwechsel ergibt, spannendeNachbarschaften von Kontexten und Bedeutungen.An dieser Stelle angekommen möchte ich die Behauptung aufstellen, dasssich gerade durch die Oszillation von Kontexten in einer Art Interkontextualität(vgl. BÜHLER / KOCH 2001) der Kern der performativen Filminstallation Wirlagern uns ums Feuer der Künstlergruppe Schmelzdahin aus den 80er Jahrenabbildet. Erst durch den Perspektivenwechsel des Betrachters und die dabeivon ihm generierte Nachbarschaft von Kontexten entlädt sich ihre Funktionund verschiedene Themenbereiche finden in einer kritischen Äußerung zusammen.Dies möchte ich im Folgenden an einem Werk erläutern.<strong>IMAGE</strong> | Ausgabe <strong>17</strong> | 1/2013 113
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Vol. 100 TMR 585Latvian Mortgage an
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