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IMAGE 17 - Gesellschaft für interdisziplinäre Bildwissenschaft

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Hans. J. Wulff: Schwarzbilder – Notizen zu einem filmbildtheoretischem ProblemErfüllung wird vom Film sofort wieder aufgegriffen, den symbolischen Impuls,der sich aus der Geschichte zu ergeben scheint, aufgreifend: Die Frau sagt, siesei noch ganz passiv, es sei, als spiele der Mann allein. Sie benennt ein subjektivesThema und Lernziel. Erneute Umarmung, erneute Abblende. Die nunzügige Aufblende zeigt die Trennung des Paares am nächsten Morgen.Die so lang stehende Schwärze des Bildes lässt sich nicht mehr nurals syntaktisches Funktionszeichen interpretieren, sondern verlangt nach Deutung.Eine Aufladung mit der subjektiven Bedeutung dessen, was wir gesehenhaben, bietet sich an. Der Film unterstützt diese suchende Bewegungnach dem tieferen Sinn, wenn er das gleiche Thema sofort wieder aufgreift.Die Szene scheint abgeschlossen, der erste Eindruck, der Konvention: Abblendenindiziert Szenenenden! folgend. Aber der Abschluss ist nicht finit,da<strong>für</strong> steht das Schwarz zu lang. Die Dauer der Schwärze könnte ein Fehlersein, aber sie könnte auch auf etwas anderes hindeuten. Dass die Szene sichdann doch nicht als beendet erweist, macht die schon begonnene zusätzlicheSinnbemühung stark, die in die Rezeption der nächsten Bilder noch hineinwirkt.1313Ein Extremfall ist vielleicht Stanley Kubricks Film 2001 – A Space Odyssey (USA 1968): Untereinem längeren initialen Schwarz erklingen Takte aus György Ligetis requiemartigem Stück Atmospheres.Erst nach diesem dreißigsekündigen Vorspiel öffnet sich das Bild: Wir sehen aufstrahlendem Blau das MGM-Logo. Neue Musik – die ersten Takte von Richard Strauss‘ Alsosprach Zarathustra; wir sehen den Titel über einem Bild, das den Aufgang einer Sonne übereinem schwach beleuchteten Planeten zeigt. Danach endet die Musik, es beginnt der Film, eineWüstenlandschaft, das Rauschen des Windes. Die beiden Musiken, die die Themen-Extreme desganzen Filmes signifizieren, sind schon zu Beginn harsch gegeneinander gestellt. Strauss‘ Stückals Markierung und Begleitung des Zivilisatorischen, verbunden mit der Objekthaftigkeit der Weltund einem photographischen Modus, der sie wiedergeben kann; dagegen Ligetis Musik als Symbolisierungeiner Realität jenseits des Figuralen, vielleicht auch als Symbol einer Realität vor derSchöpfung, einer Realität außerhalb der Zeit und des Raumes.Ein anderer Extremfall ist Michelangelo Antonionis Film Professione: Reporter (I 1973), der inseinem Film nicht nur Bedeutungspotentiale der Farbe Weiß auszuhorchen versucht, sondern derganz am Ende zu Schwarz übergeht: Der bis dahin so dominante Bilddiskurs wird »zur eindeutigenPrivilegierung der Sprache in einem vor schwarzem Hintergrund stattfindenden Schlussmonologdes Journalisten über einen Blinden, der nach dem Wiedergewinnen seiner SehkraftSelbstmord verübt hat« (SIEREK 1990: 432), fortgeführt. Dass auch hier Schwarz mit einer reflexivenHaltung, ja einer Skepsis gegenüber dem visuellen Zeigemodus des Films verbunden ist, seinur am Rande festgehalten.Eher als Augenzwinkern endet die letzte Folge der Fernsehserie TheSopranos (USA 1999-2007): Sie brach mitten in einem Song urplötzlich ab, eine der Figuren hattees noch geschafft, eine Parklücke zu finden, klingelt bei einem Freund, der sich aufmacht zu öffnen– als Ton und Bild plötzlich verschwinden und nur ein schwarzer Bildschirm zurückbleibt,lange stehen bleibt, bevor die letzten Abspanncredits über das Bild-Schwarz laufen. Einige Zuschauerwaren wohl so irritiert, dass sie den Schluss <strong>für</strong> eine Sendestörung hielten – wiederumein Indiz da<strong>für</strong>, dass derartiges Schwarzbild eng mit den Dramaturgien der Gestaltschließung,der Finalisierung von Geschichten verbunden ist.<strong>IMAGE</strong> | Ausgabe <strong>17</strong> | 1/2013 21

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