Bebenhausen / Zwiefalten
Bebenhausen / Zwiefalten
Bebenhausen / Zwiefalten
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
1 BEBENHAUSEN<br />
machte, einzuwölben. Schöne Beispiele solcher Dreistrahl-<br />
schirme sind uns im näheren Umkreis in der Silberkammer<br />
des Wormser Domes (um 1270), im Kapitelsaal des Zisterzienserklosters<br />
Eberbach, im Vorraum zur Konradikapelle des<br />
Konstanzer Münsters oder im Chorunterbau des Breisacher<br />
Stephansmünsters überliefert.<br />
Allen diesen Beispielen, einschließlich des Maulbronner Kapitelsaales,<br />
ist die Tatsache gemein, dass bei der Wahl des Wölbschemas<br />
raumkonstruktive Erfordernisse im Vordergrund<br />
standen. In <strong>Bebenhausen</strong> tritt nun erstmals in Süddeutschland<br />
der dekorative Effekt des Sterngewölbes, der sich bei den oben<br />
genannten Beispielen eher sekundär aus den Gegebenheiten<br />
entwickelte, als primäres Anliegen des Entwerfers zutage. Das<br />
Bebenhäuser Sommerrefektorium ist von Anbeginn an auf<br />
diese spezielle Gewölbeform hin konzipiert. Gerade in der<br />
konsequenten Betonung der gleichmäßig und dynamisch sich<br />
entfaltenden und an Stützen und Mauer sich wieder vereinigenden<br />
Rippenläufe, in der schwerelos-graphischen Eleganz<br />
der geometrischen Muster, die sich an der Decke verfolgen<br />
lassen, zeigt sich, wie sehr der Baumeister auf den Kontrast<br />
zwischen dem ruhigen, statischen Element der glatten Wände<br />
mit der regelmäßigen Abfolge ihrer Fenster und den schlichten,<br />
schlanken Pfeilerkörpern gegenüber dem dynamischen<br />
Wogen der Wölbfelder und den dekorativen Rippensternen<br />
abgezielt hat. Perfekt gelungen ist das Ausnutzen der nun<br />
möglichen, zahlreicheren Durchfensterung der Wände - so<br />
täuscht beispielsweise die Südwand mit ihren drei prachtvollen<br />
Fenstern eine Dreischiffigkeit des Innenraumes vor - wie<br />
auch die technische Einpassung der Gewölbe. Damit wurde<br />
auch in Süddeutschland der Schritt zu einer dekorativen Auffassung<br />
der Gewölbe vollzogen, wie es bereits früher in England<br />
und von dort angeregt auch im deutschen Ordensland<br />
geschehen war. Vom Bebenhäuser Sommerrefektorium ging<br />
der maßgebliche Impuls zur Konstruktion der heute verlorenen,<br />
von Roland Recht aber nachgewiesenen Sterngewölbe in<br />
20 EXKURSION BEBENHAUSEN / ZWIEFALTEN<br />
der Katharinenkapelle des Straßburger Münsters aus, die sich<br />
ebenfalls ganz dem Spiel mit den dekorativen, Effekten der<br />
Gewölbekonstruktion hingegeben präsentierte und von der<br />
aus sich eine direkte Verbindung zu den Ziergewölben Peter<br />
Parlers ziehen ließe, ohne welche die gesamte spätgotische Architektur<br />
in Deutschland so kaum denkbar wäre.<br />
Ein wesentlicher Beitrag zum Eindruck der lichtdurchfluteten<br />
Heiterkeit, den das Innere des Sommerrefektoriums auch<br />
heute noch vermittelt, liegt darin, dass sich die Fenster, im<br />
Gegensatz zu der im schwäbischelsässischen Raum beinahe<br />
obligatorischen Dreibahnigkeit, konsequent in vier Bahnen<br />
öffnen. Vergleichbares findet sich allenfalls in den wenig früher<br />
entstandenen Polygonfenstern des Chores der Esslinger<br />
Pfarrkirche St. Dionys oder in den beiden Südfenstern sowohl<br />
der Westempore in der Herrenberger Stiftskirche als auch des<br />
Chorquadrats der Esslinger Frauenkirche. Die angedeuteten<br />
engen Bezüge der Architektur des Bebenhäuser Sommerrefektoriums<br />
und des großen Ostfensters vor allem zur Westfassade<br />
der Reutlinger Marienkirche legen die Vermutung nahe, daß<br />
der entwerfende Meister in deren Umfeld zu suchen ist, auch<br />
wenn uns die Quellen nichts über seinen Namen oder seine<br />
Herkunft berichten. Möglicherweise gibt uns ein Fragment<br />
des Bebenhäuser Anniversarbuches den richtigen Hinweis,<br />
und der dort erwähnte, 1359 als Konverse in <strong>Bebenhausen</strong><br />
gestorbene Meister Peter von Reutlingen war in der Tat der<br />
schöpferische Geist, der hinter dieser großartigen Architektur<br />
stand. Und vielleicht ist letztlich auch in der prachtvollen<br />
Blattmaske, die als Konsolstein in der südwestlichen Ecke des<br />
Sommefrefektoriums dient und an ein ähnlich auffälliges Pendant<br />
im Tympanon des nördlichen Reutlinger Westportales<br />
erinnert, ein weiterer Fingerzeig auf die Herkunft und Identität<br />
des Bebenhäuser Meisters zu sehen.<br />
Insgesamt gesehen markieren diese heute noch erhaltenen,<br />
unter dem Abbatiat Konrad von Lustnaus ausgeführten Teile