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Bebenhausen / Zwiefalten

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1 BEBENHAUSEN<br />

Von besonderer Bedeutung wurde die Beziehung zu den<br />

Grafen von Württemberg, die neben <strong>Bebenhausen</strong> vom<br />

Untergang der Pfalzgrafen am meisten profitierten, ja die<br />

eigentlichen Nutznießer des politischen Niederdergangs<br />

und wirtschaftlichen Ruins der Tübinger wurden und in<br />

vielfacher Weise an deren Stelle traten. Vor allem nachdem<br />

die Württemberger 1342 die Stadt Tübingen, den einstigen<br />

Herrschaftsmittelpunkt der Pfalzgrafen, von diesen erwerben<br />

konnten, gewannen sie eine Art regionaler Hegemonialstellung.<br />

Zu den reichsrechtlichen Kompetenzen, die<br />

Württemberg durch die Übertragung von Reichsrechten,<br />

etwa der Reichslandvogtei Niederschwaben, seit einigen<br />

Jahrzehnten besaß, kamen nun nach dem Kauf von Tübingen<br />

gegenüber <strong>Bebenhausen</strong> traditionelle Rechte der<br />

Gründerfamilie hinzu. „Das ergab eine nach den Maßstäben<br />

der Zeit zweifellos starke schirmherrschaftliche Stellung,<br />

die wohl weniger vertraglich als gewohnheitsrechtlich<br />

bestimmt war.“ 1392 ist dann auch deutlich von „tuitio<br />

et defensio“, also vom Schutz und Schirm, Württembergs<br />

über <strong>Bebenhausen</strong> die Rede. Was Konsequenzen nach sich<br />

zog, war doch mit Schutz immer auch Herrschaft verbunden.<br />

Im 15. Jahrhundert ist dann auch - ohne dass dies irgendwo<br />

oder irgendwie schriftlich und vertraglich fixiert<br />

worden wäre - eine zunehmende Integration <strong>Bebenhausen</strong>s<br />

in den württembergischen Territorialstaat zu beobachten.<br />

Das zeigt sich etwa auf dem wichtigen Gebiet der Rechtspflege:<br />

In der Regel zielte die Bebenhäuser Erwerbspolitik<br />

darauf, in den Klosterdörfern allen Besitz, alle Einkünfte,<br />

„Zinsen und Gefälle“ sowie alle Rechte an sich zu bringen.<br />

So erwarben die Äbte dort meist auch die volle, uneingeschränkte<br />

Gerichtshoheit. Dennoch akzeptierten<br />

die Äbte offensichtlich die ehemaligen pfalzgräflichen<br />

Hochgerichtsrechte, verzichteten in ihrem Territorium<br />

auf die Ausübung der Blutgerichtsbarkeit und traten diese<br />

an Württemberg ab. In der Realität sah dies - etwas ver-<br />

8 EXKURSION BEBENHAUSEN / ZWIEFALTEN<br />

einfacht dargestellt - so aus: Bei Verbrechen und Taten, für<br />

die das Dorfgericht nicht zuständig war, bei Mord, Brandlegung,<br />

Vergewaltigung, Aufruhr, Raub, Gotteslästerung<br />

wurde der Delinquent - sofern man seiner habhaft wurde<br />

- im Gefängnisturm des Lustnauer Klosterhofs eingesperrt.<br />

Dann wurde untersucht, ob es sich um eine schwere „Malefizsache“,<br />

die nur mit Blut gesühnt werden konnte, handele<br />

oder nicht. Wenn ja, dann wurde der Verbrecher an Württemberg,<br />

nach Tübingen, zur Vollstreckung des Urteils,<br />

insbesondere des Todesurteils weitergereicht. Deutlich<br />

wird allerdings die Tendenz, alle Vergehen, aus denen Geld<br />

zu schlagen war, als eine Angelegenheit zu behandeln, für<br />

die allein der Abt zuständig war, und all jene Fälle, die in<br />

Strafverfolgung oder -vollzug höhere Kosten - Gefangene<br />

müssen beispielsweise verpflegt werden - erwarten ließen,<br />

an Württemberg abzutreten.<br />

Lediglich in der Frage um die Appellationsinstanz und das<br />

übergeordnete Gericht etwa bei einer Revisionsklage eines<br />

vom klöster lichen Dorfgericht Verurteilten oder beim<br />

Rechtsstreit zweier Dörfer - kam es zwischen <strong>Bebenhausen</strong><br />

und Württemberg zu einem Kompetenzenkonflikt, der bis<br />

zur Reformation anhielt. So bekämpfte das Kloster - seit<br />

dem Beginn des 15. Jahrhunderts nachweisbar - den althergekommenen<br />

Instanzenweg und Rechtszug seiner Dörfer<br />

nach Tübingen, wobei es sich aller ihm zur Verfügung<br />

stehender Mittel bediente. Wiederholt zog Württemberg<br />

dagegen Appellationssachen nach „altem Herkommen“ an<br />

das Tübinger Stadtgericht.<br />

Die von Württemberg gehandhabten Schutz und Schirmfunktionen<br />

zeigten sich gegenüber <strong>Bebenhausen</strong> außer bei<br />

der Blutgerichtsbarkeit noch in vielen weiteren Bereichen.<br />

So erscheint das Kloster 1471 letztmals selbständig in der<br />

Reichsmatrikel und entrichtet danach seine Reichssteuern<br />

über Württemberg. Zudem musste es Musterungen seiner

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