Distanzreiten 1899In 40 Stundenvon Züri<strong>ch</strong> über Luzern, Brienz, Bern, Sursee na<strong>ch</strong> Züri<strong>ch</strong>von Adolphe StoffelOberlieutenant im Dragoner-Regiment 7, Escadron 9S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>er Distanzritt 1899EinleitungMit grossem Interesse verfolgte i<strong>ch</strong> s.Z. den Distanzritt Wien-Berlin, las herna<strong>ch</strong> selbstverständli<strong>ch</strong>die vers<strong>ch</strong>iedenen diesbezügli<strong>ch</strong>en Bros<strong>ch</strong>üren und bedauerte sehr, dassin der s<strong>ch</strong>önen S<strong>ch</strong>weiz keine sol<strong>ch</strong>en Ritte, wenn au<strong>ch</strong> nur in bes<strong>ch</strong>eidenern Rahmen,ausgeführt werden. Als dann im Jahre 1898 zum ersten Male ein Distanzritt in derS<strong>ch</strong>weiz proponiert und au<strong>ch</strong> ausgeführt wurde (Lausanne, Bern und retour), war i<strong>ch</strong>Feuer und Flamme dafür. I<strong>ch</strong> hatte den festen Vorsatz, denselben mitzuma<strong>ch</strong>en, musstedann aber vers<strong>ch</strong>iedener Verhältnisse halber leider darauf verzi<strong>ch</strong>ten. Do<strong>ch</strong> aufges<strong>ch</strong>obenist ni<strong>ch</strong>t aufgehoben, sagte i<strong>ch</strong> mir zum Trost, von der Annahme ausgehend: hatmal erst ein Distanzritt stattgefunden, wird bald ein zweiter folgen. Die Zukunft hat meineVoraussetzung bestätigt: denn im Laufe des Sommers 1899 bekam i<strong>ch</strong> vom ReitklubZüri<strong>ch</strong> folgende Einladung: Züri<strong>ch</strong>, im Juli 1899Geehrter Herr KameradDem guten Beispiel des Wests<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Kavallerie-Vereins folgend, hat derReitklub Züri<strong>ch</strong> unter dem Ehrenpräsidium von Herrn Oberst H. Bleuler, Kommandantdes III. Armeekorps, und ausserdem no<strong>ch</strong> unterstützt dur<strong>ch</strong> eine grössere AnzahlKameraden der Osts<strong>ch</strong>weiz, bes<strong>ch</strong>lossen, dieses Jahr vom 14.–16. Oktober einenDistanzrittmit folgender Proposition zu organisieren:1. Zur Teilnahme bere<strong>ch</strong>tigt ist jeder Offizier der s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Armee2. Route: Züri<strong>ch</strong>-Brienz-Bern-Sursee-Züri<strong>ch</strong> oder vice versa, zirka 300 Kilometer.Bei der Strecke Sursee-Züri<strong>ch</strong> und umgekehrt ist die Benutzung des Sihlthalesausges<strong>ch</strong>lossen.3. Zu passierende Kontrollstellen Brienz-Bern-Sursee.4. Die Reitenden werden in 2 Klassen eingeteilt:I. Lei<strong>ch</strong>te Klasse bis und mit 75 kg Gewi<strong>ch</strong>t.II. S<strong>ch</strong>were Klasse über 75 kg Gewi<strong>ch</strong>t.Das Gewi<strong>ch</strong>t wird vor dem Abreiten bestimmt, wo<strong>bei</strong> Säbel, Ersatzeisen,Pferdeausrüstung etc. ni<strong>ch</strong>t mitgewogen werden.SEN 4-<strong>2008</strong> 23
Distanzreiten 18995. Tenue: Blouse, Mütze und Säbel6. Start: Im Interesse mögli<strong>ch</strong>st grosser Intervalle und um ein den Ritt beunruhigendes, gegenseitiges si<strong>ch</strong> Kontrollieren einzelner Teilnehmer zu ers<strong>ch</strong>weren, werdenin jeder Klasse dur<strong>ch</strong> das Los zwei Abteilungen bestimmt und die Reiter am 14.Oktober wie folgt gestartet:4.00 a.m. ein Reiter der I. Abteil., lei<strong>ch</strong>te Klasse, Ri<strong>ch</strong>tung Brienz4.10 a.m. ein Reiter der II. Abteil., lei<strong>ch</strong>te Klasse, Ri<strong>ch</strong>tung Sursee4.20 a.m. ein Reiter der I. Abteil., s<strong>ch</strong>were Klasse, Ri<strong>ch</strong>tung Brienz4.30 a.m. ein Reiter der II. Abteil., s<strong>ch</strong>were Klasse, Ri<strong>ch</strong>tung Sursee4.40 a.m. ein Reiter der I. Abteil., lei<strong>ch</strong>te Klasse, Ri<strong>ch</strong>tung Brienz4.50 a.m. ein Reiter der II. Abteil., lei<strong>ch</strong>te Klasse, Ri<strong>ch</strong>tung Sursee5.00 a.m. ein Reiter der I. Abteil., s<strong>ch</strong>were Klasse, Ri<strong>ch</strong>tung Brienz5.10 a.m. ein Reiter der II. Abteil., s<strong>ch</strong>were Klasse, Ri<strong>ch</strong>tung Sursee etc., etc.7. Ersatz: Ein Reiter, der na<strong>ch</strong> der Anmeldung erkrankt, kann si<strong>ch</strong> unter Anzeige andas Komitee dur<strong>ch</strong> einen Kameraden ersetzen lassen. Ist der Ritt angefangen,wird kein Ersatz mehr gestattet. Der ganze Distanzritt ist auf dem glei<strong>ch</strong>en Pferdeauszuführen.8. Wegma<strong>ch</strong>er (Velozipedisten, Begleitreiter etc.) sind unstatthaft.9. Sofort na<strong>ch</strong> Ankunft am Ziel hat jeder Reiter sein Pferd in der Reitbahn einer hiefürgewählten Spezial-Kommission von kompetenten Offizieren vorzuführen, wel<strong>ch</strong>ezu konstatieren hat, ob das Pferd ni<strong>ch</strong>t über ein erlaubtes Mass hinaus inAnspru<strong>ch</strong> genommen worden ist.Das Pferd muss sodann am folgenden Morgen oder frühestens a<strong>ch</strong>t Stundenna<strong>ch</strong> der Ankunft wieder diensttaugli<strong>ch</strong> sein und der glei<strong>ch</strong>en Kommission auf derAllmend Züri<strong>ch</strong> im Trab (zirka 1000 m), Galopp (zirka 1000 m) und Nehmen vonfeldmässigen Hindernissen von seinem Reiter vorgeführt werden.Pferde, wel<strong>ch</strong>e si<strong>ch</strong> <strong>bei</strong> dieser Prüfung als ni<strong>ch</strong>t diensttaugli<strong>ch</strong> präsentieren,werden disqualifiziert und sind ausges<strong>ch</strong>lossen von jedem Preis und jederEnts<strong>ch</strong>ädigung.10. Preise: Je na<strong>ch</strong> der Teilnehmerzahl sind folgende Preise vorgesehen:Für jede Serie einen 1. Preis im Betrage von Fr. 400-500Für jede Serie einen 2. Preis im Betrage von Fr. 200-300Für jede Serie einen 3. Preis im Betrage von Fr. 100-200Für jede Serie einen 4. Preis im Betrage von Fr. 50-100nebst allfälligen Ehrenpreisen.11. Jeder von weiter als 50 km herkommende Teilnehmer, wel<strong>ch</strong>er die ganzeDistanzritt-Route innert 60 Stunden abgeritten hat und mit einem no<strong>ch</strong> diensttaugli<strong>ch</strong>en Pferd ankommt, erhält als Reiseents<strong>ch</strong>ädigung von seinem s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Domizil bis Züri<strong>ch</strong> Fr. 0.25 per km für Reiter und Pferd zusammen. DieEntfernung wird dem s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Distanzenzeiger entnommen und nur einmal in Re<strong>ch</strong>nung gebra<strong>ch</strong>t.24SEN 4-<strong>2008</strong>