Distanzreiten 189912. Einsatz Fr. 20.–, wel<strong>ch</strong>er mit der Anmeldung einzusenden ist und <strong>bei</strong> allfälligemAbstande von der Teilnahme ni<strong>ch</strong>t mehr zurückvergütet wird.13. S<strong>ch</strong>luss-Anmeldungstermin: Einliegender Anmeldes<strong>ch</strong>ein ist bis spätstens den8. Oktober 1899 abends an Herrn Kav.-Oberlieut. W. Baumann, Mythenquai 70,Züri<strong>ch</strong> II einzusenden.14. Weitere Detailanordnungen werden den Teilnehmern am Ritte anfangs Oktoberzugestellt.Herr Kamerad!Indem wir mit dieser Proposition vor Sie treten, erlauben wir uns, Sie im Auftrage vielerOffiziere aller Grade und im Namen der Mitglieder des Reitklub Züri<strong>ch</strong>, wel<strong>ch</strong>e alleder Idee eines Distanzrittes sehr sympathis<strong>ch</strong> gegenüberstehen, kamerads<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>zur Teilnahme einzuladen. Wir haben uns bestrebt, <strong>bei</strong> der Organisation alle gere<strong>ch</strong>tenAnforderungen in Berücksi<strong>ch</strong>tigung zu ziehen und den Ritt so anzulegen, dass einunverständiges, rohes Darauflosreiten ni<strong>ch</strong>t zum Ziele führen kann. Wir wollen keinezu S<strong>ch</strong>anden gerittene Pferde, weil wir damit Distanzritte für alle Zeiten in der S<strong>ch</strong>weizdiskreditieren würden. Deshalb verlangen wir, dass die ankommenden Pferde am andernMorgen wieder diensttaugli<strong>ch</strong> sind.Im übrigen haben wir dem Reitergefühl und der militäris<strong>ch</strong>en Ges<strong>ch</strong>ickli<strong>ch</strong>keit derKonkurrierenden mögli<strong>ch</strong>st viel Spielraum gelassen und das freie Bestimmungsre<strong>ch</strong>tund die Zeitdauer der Halte, sowie die Auswahl der Wege denselben im weitesten Sinneanheimgestellt.Wir werden es uns zur Ehre anre<strong>ch</strong>nen und unser mögli<strong>ch</strong>stes thun, die Teilnehmer andiesem Distanzritt auf kamerads<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>ste in Züri<strong>ch</strong> zu empfangen.Indem wir hoffen, Sie unter die Mitreitenden zählen zu dürfen, begrüssen wir SieMit vorzügli<strong>ch</strong>er Ho<strong>ch</strong>a<strong>ch</strong>tungDer Ehrenpräsident für den Distanzritt 1899:Oberst H. Bleuler.Kommandant des III. ArmeekorpsNamens des vom Reitklub Züri<strong>ch</strong> für den Distanzritt 1899 bestellten KomitesDer Präsident:Robert Stehli, Art.-Hauptm.Der Aktuar:W. Baumann, Kav.-Oberl.,Präsident des R.-K. Z.Vorbereitungen zum RittVon Anfang an der Ansi<strong>ch</strong>t, dass zwis<strong>ch</strong>en Distanzritten und Rennen ein enormerUnters<strong>ch</strong>ied, ri<strong>ch</strong>tete i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>on im Training darna<strong>ch</strong>. Bei einem Rennen, dasSEN 4-<strong>2008</strong> 25
Distanzreiten 1899ja in hö<strong>ch</strong>stens 5-8 Minuten gewonnen werden muss, soll das Pferd aufs äusserste trainiertsein, um in dieser kurzen Frist alles aus ihm herausholen zu können. Ganz andersverhält es si<strong>ch</strong> aber <strong>bei</strong> einem Distanzritte. Das Pferd muss allerdings au<strong>ch</strong> trainiert, aberda<strong>bei</strong> in sehr guter Kondition sein, also Kraft abgeben können, um denno<strong>ch</strong> <strong>bei</strong> vollerKraft und Leistungsfähigkeit am Finish zu ers<strong>ch</strong>einen. Dasselbe darf also <strong>bei</strong>m Trainingunter keinen Umständen überanstrengt werden, und vergesse man also nie, dass dieHauptleistung der Ritt selbst ist. Ein weiterer Hauptfaktor zum Erfolg ist au<strong>ch</strong> der, dassdas Pferd ni<strong>ch</strong>t zu jung ist (8-12 Jahre ist na<strong>ch</strong> meiner Ansi<strong>ch</strong>t das beste Alter) und Pferdund Reiter si<strong>ch</strong> genau kennen.Zirka se<strong>ch</strong>s Wo<strong>ch</strong>en vor dem Ritte begann i<strong>ch</strong> mit dem Trainieren und ritt dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nittli<strong>ch</strong>2 bis 3 Stunden pro Tag. Ges<strong>ch</strong>äftshalber musste die Stunden wohl oder übel aufmorgens früh und abends spät verlegen. Am Morgen ritt i<strong>ch</strong> gewöhnli<strong>ch</strong> eine Stundelang S<strong>ch</strong>ritt, um das Pferd an einen langen, ausgiebigen, aber ruhigen S<strong>ch</strong>ritt zu gewöhnen,abends dagegen S<strong>ch</strong>ritt und Trab, mit mögli<strong>ch</strong>st langen Trabreprisen, während zirkazwei Stunden. Sonntags ma<strong>ch</strong>te i<strong>ch</strong> alsdann längere Touren von 75-80 km Maximum.I<strong>ch</strong> übte mi<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> im Gehen zu Fuss mit und ohne Pferd, weshalb i<strong>ch</strong> von Beginn desTrainings an keine Stiefel mehr trug, sondern starke, mittels<strong>ch</strong>were S<strong>ch</strong>nürs<strong>ch</strong>uhe mitLedergamas<strong>ch</strong>en, wie sie die Herren Offiziere der Infanterie zu tragen pflegen. Um gegenalle Eventualitäten gesi<strong>ch</strong>ert zu sein, unternahm i<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> Ritte <strong>bei</strong> Na<strong>ch</strong>t mit Hilfe einerguten Laterne. In dieser Beziehung ma<strong>ch</strong>te i<strong>ch</strong> alle mögli<strong>ch</strong>en Versu<strong>ch</strong>e, und ents<strong>ch</strong>iedmi<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> für eine Acetylenlaterne, wie sie für Velos gebräu<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>, nur fixierte i<strong>ch</strong>die Feder, um mögli<strong>ch</strong>st ruhiges Li<strong>ch</strong>t zu erzielen. Na<strong>ch</strong>dem die Art der Beleu<strong>ch</strong>tunggewählt, kam nun no<strong>ch</strong> die wi<strong>ch</strong>tige Frage der Platzierung derselben und ents<strong>ch</strong>loss i<strong>ch</strong>mi<strong>ch</strong> für folgende zwei Arten des Tragens:Bei trockenem Wetter befestigte i<strong>ch</strong> das Latern<strong>ch</strong>en an einem am re<strong>ch</strong>ten Bügel angebra<strong>ch</strong>tenWinkeleisen. Fürs s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>te Wetter liess i<strong>ch</strong> mir eine Vorri<strong>ch</strong>tung konstruieren,die i<strong>ch</strong> am re<strong>ch</strong>ten Stiefel fests<strong>ch</strong>nallen konnte; dadur<strong>ch</strong> kommt die Laterne natürli<strong>ch</strong>höher zu stehen, ist aber au<strong>ch</strong> weniger dem S<strong>ch</strong>mutze ausgesetzt. Anfangs ging das Pferdaus Fur<strong>ch</strong>t vor dem grellen Li<strong>ch</strong>t ein wenig unruhig; je unruhiger aber der Gang, desto unruhigerau<strong>ch</strong> das Li<strong>ch</strong>t; bald jedo<strong>ch</strong> gewöhnte si<strong>ch</strong> das Pferd an dasselbe und ging ruhig.Was nun das Bes<strong>ch</strong>läg anbelangt, musste i<strong>ch</strong> für meine Gretel leider vorn <strong>bei</strong>dseitig sorgen.Stegeisen verwenden, da dieselbe Eitersteingallen halber s<strong>ch</strong>on mehrmals operiertwerden musste. Se<strong>ch</strong>s Tage vor dem Abritt liess i<strong>ch</strong> das Pferd neu bes<strong>ch</strong>lagen, damites si<strong>ch</strong> an das Bes<strong>ch</strong>läg gewöhne und zwei Tage vor dem Ritt wurden no<strong>ch</strong> die Nietenfris<strong>ch</strong> angezogen.I<strong>ch</strong> hatte die feste Absi<strong>ch</strong>t, das Pferd zwei Tage vor dem Ritt per Bahn na<strong>ch</strong> Züri<strong>ch</strong>transportieren zu lassen, damit es einen Tag vor dem Start no<strong>ch</strong> der Ruhe pflegenkönne. Leider aber wusste i<strong>ch</strong> Freitags 7 Uhr Morgens no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t, ob es mir vergönnt seiam Ritte teilzunehmen und Samstag morgens in der Frühe sollte gestartet werden.Erst halb 9 Uhr konnte der Ents<strong>ch</strong>eid getroffen werden und dampfte i<strong>ch</strong> dann mit dem10 Uhr Zuge Züri<strong>ch</strong> zu. Wiewohl der Wagen für das Pferd für alle Fälle bestellt war,26SEN 4-<strong>2008</strong>