... zur naturkundlichen SammlungMit der stetig wachsenden <strong>Natur</strong>aliensammlungwuchs auch das Bedürfnis, Übersicht zu schaffen. Das ersteSammlungsverzeichnis hat 1801 Georg LeonhardHartmann (1764–1828) im Auftrag der Bibliotheksleitungerstellt. Seine Zusammenstellung war nach acht Kategoriengeordnet. Die Objekte hingegen lagen zerstreut inden verschiedenen Fächern der Gestelle. Sie umfasstenunter anderem ein menschliches Skelett, eine gegerbteMenschenhaut, ein Skelett eines Embryos, ein Hundeskelett,zwei Gazellenhörner, die Haut eines Kalbes mit zweiKöpfen, eine Pharaonenratte, ein <strong>St</strong>raussenei, den Kopfeines Pfeffervogels (Tukan), ein Rostrum (Nasenfortsatz)eines Schwertfisches, einen Kugelfisch, das oben erwähntegrosse Nilkrokodil, einen Hai-Kiefer, ein paar MuschelundSchneckenschalen, einzelne Korallenstöcke, Kokosnüsseund verschiedene Mineralien (Ehrenzeller 1981,Heierli 1996).1804 musste die Sammlung aus Platzgründen in den«untersten Saal» von <strong>St</strong>.Katharinen, das alte Refektorium,verlegt werden. Dieser Raum war feucht und führte dazu,dass die Objekte unter Schimmelbefall und Insektenfrasslitten und dabei zum Teil erheblich beschädigt wurden.Erst auf die Intervention von Caspar Tobias Zollikofer,welcher 1812/13 eine umfassende Neuordnung und Katalogisierungder Sammlung vornahm, stellte der Gemeinderat1819 für das <strong>Natur</strong>alienkabinett provisorischein Zimmer im Ratshaus zur Verfügung. 1832 folgte eineweitere Verlegung in ein Zimmer im «Schmalzwaaghaus»,einem Kaufhaus bei der heutigen <strong>St</strong>.Laurenzenkirche.Doch auch diese Unterbringung war nur kurzfristig,so dass bereits 1835 die Sammlung im «Haus zum Schaaf»an der Spisergasse und später im damals neu erbautenMarkthaus untergebracht wurde. Die unvorteilhaftenAufbewahrungsbedingungen setzten den zum Teil wertvollenObjekten weiter zu. 1844 wurde die Sammlung inzwei Zimmern des neu erstellten Grabenschulhausesübersiedelt. Im selben Jahr wurde von der <strong>St</strong>.Gallischen<strong>Natur</strong>wissenschaftlichen Gesellschaft aus dem Nachlassdes 1843 verstorbenen Caspar Tobias Zollikofer dessenumfangreiche <strong>Natur</strong>aliensammlung angekauft und später,1855, zusammen mit ihrer Bibliothek der Ortsbürgergemeindemit der Auflage übergeben, dass diese künftigfür die Betreuung und den Unterhalt aufkommen sollte.Eine eigenständige InstitutionMit der Gründung des <strong>Natur</strong>historischen Museumsam 24. März 1846 wurde der Theologe und KantonsschullehrerJacob Wartmann (1803–1873) dessen erster Direktor.Er war zuständig für die Pflege der zoologischenSammlungen und der Mineralien. Der Apotheker DanielMeyer (1778–1864) wurde mit der Betreuung der Pflanzen-und Insektensammlung beauftragt, während derKaufmann und Spediteur Georg Leonhard Zyli (1774–1860)die Betreuung der Conchylien (Schnecken und Muscheln)übernahm. Die Sammlung war jeweils an Sonntagen von10 bis 12 Uhr öffentlich zugänglich. In den folgenden Zeitengingen vor allem durch weitgereiste Kaufleute vieleneue Schenkungen ein, so dass schon bald wieder Platzproblemeentstanden. Als Depot für nicht ausgestellteObjekte wurde von der Ortsbürgergemeinde ein zusätzlicherRaum in der ehemaligen Lavaterschen Büchersammlungam Platztor zur Verfügung gestellt.Eine Lösung brachte erst 1855 der Umzug in die damalsneu erstellte Kantonsschule am Oberen Brühl. Hierwurden der <strong>Natur</strong>aliensammlung drei grössere Räumeim Erdgeschoss und ein grosser Ausstellungssaal im zweiten<strong>St</strong>ock zugewiesen. Die Sammlung wuchs durch namhafteAnkäufe und Schenkungen weiter an. BernhardWartmann (1830–1902), der Sohn von Jacob Wartmannund von 1873 bis 1902 dessen Nachfolger als Museumsleiter,veröffentlichte 1863 unter dem Titel «<strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong>s <strong>Natur</strong>alienkabinett»eine umfangreiche Zusammenstellungder damals ausgestellten Objekte. Darin beschreibt er,wie sich im grössten Saal neben rund 120 Säugetieren undetwa 600 Vogelpräparaten auch noch verschiedene Alkoholpräparatemit Reptilien, Amphibien und Fischen sowieeine Sammlung von Wirbeltierskeletten befanden. Inder Mitte des Saals standen zwei Schaupulte, in denenrund 200 Muschel- und über 700 Schneckenschalen aufbewahrtwurden. Im zweiten Saal folgten weitere imMeer lebende Wirbellose sowie die Käfer- und Schmetterlingssammlungen.Zudem fanden sich hier auch die Belegexemplarezu den von Johann Daniel Hartmann (1793–1862) beschriebenen europäischen Land- und Süsswasserschnecken.Daneben gesellte sich das umfangreiche Herbarvon Pfarrer Johann Conrad Rehsteiner (1797–1858)und anderen Botanikern mit insgesamt 20000 Blütenpflanzen-Belegen.In einem zentralen, grossen Schaupultwaren die Mineralien und die Fossilien untergebracht. Imdritten und kleinsten Saal befanden sich die Präparateeinheimischer Tiere, Pflanzen und Mineralien. Wartmannwar sich des wissenschaftlichen Wertes dieserSammlungen bewusst und nutzte sein Verzeichnis auchals Aufruf, diese weiter zu äuffnen, was in der Folge auchtatkräftig getan wurde (Wartmann 1870–1901, Bächler1902).10
Oben: Das Sammlungsverzeichnis,1801 verfasst von GeorgLeonhard Hartmann. Es findetsich in den Protokollen der<strong>St</strong>adtbibliothek, Seiten 217–218,und ist in der Kantonsbibliothek(Vadiana) aufbewahrt, Ms.S 78, I.Mitte: Missbildungen und Abnormitätenwaren früher beliebteSammelobjekte. Hier handeltes sich um das Präparat einesdoppelköpfigen Kalbs.Unten: Dieses Präparat einesKleinen Paradiesvogels (Paradisaeaminor) stammt aus Neu-Guinea. Paradiesvogel-Präparatezählten zu den zentralen Bestandteilender <strong>Natur</strong>alienkabinette.Ihren Namen erhieltendiese Vögel dadurch, dass dieersten Bälge ohne Füsse nachEuropa gelangten und man daherannahm, dass sie, engelgleich,ständig in der Luft seien.11