Harmonikalager in Waschludt Tag der Nationalitäten ... - Neue Zeitung
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NZ 33/2009 G E M E I N S C H A F T E N D E R U N G A R N D E U T S C H E N<br />
3<br />
Es gab <strong>in</strong> Ödenburg zwei<br />
Freunde, die e<strong>in</strong> Leben lang<br />
wie Pech und Schwefel<br />
zusammenhielten: Gustav<br />
Zettl und Franz Storno. Beide<br />
sammelten Gegenstände und<br />
legten somit den Grundste<strong>in</strong><br />
für e<strong>in</strong> Wohnungsmuseum.<br />
Die Familie Storno ist<br />
ausgestorben, aber die Zettl-<br />
Langer-Sammlung ist nach<br />
wie vor zu besichtigen.<br />
Agnes Langer, die Ururenkel<strong>in</strong> von<br />
Gustav Zettl, weiß über jeden<br />
Gegenstand etwas zu erzählen und<br />
kennt sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Familiengeschichte<br />
bestens aus. Von Beruf<br />
Deutschlehrer<strong>in</strong> wohnt sie mit ihrem<br />
Mann und ihrem Sohn Móric<br />
im Haus <strong>in</strong> <strong>der</strong> Balfi-Straße, das<br />
zugleich Wohnung und Museum<br />
ist. So kommt es manchmal vor,<br />
daß die Familie beim Essen schnell<br />
den Tisch abdecken muß, denn<br />
Gäste kommen und wollen die<br />
Sammlung anschauen. Ich wollte<br />
es auch tun, aber ich wollte auch<br />
etwas über die Familienchronik erfahren,<br />
so ließ ich Agnes erzählen.<br />
Die Familie Zettl kam aus Bayern<br />
nach Güns. Josef Zettl erblickte<br />
dort 1812 das Licht <strong>der</strong> Welt. Se<strong>in</strong><br />
Vater gab ihn 1822 nach Ödenburg<br />
<strong>in</strong> die We<strong>in</strong>handlung von Ignazius<br />
Flandorfer <strong>in</strong> die Lehre. 1830<br />
kaufte Josef von Anton R<strong>in</strong>geisen<br />
dessen Essigfabrik <strong>in</strong> <strong>der</strong> Balfi-<br />
Straße – das heutige Museum – auf.<br />
Bald erweiterte er die Produktion<br />
mit Rum, Likören und Spirituosen.<br />
Aus <strong>der</strong> Ehe mit Barbara Albrecht<br />
entstammten neun K<strong>in</strong><strong>der</strong>, e<strong>in</strong>es<br />
von ihnen war <strong>der</strong> 1852 geborene<br />
Gustav Zettl, <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong> <strong>der</strong> Privatsammlung.<br />
Gustav Zettl und se<strong>in</strong> bester<br />
Freund Franz Storno – er war Sohn<br />
e<strong>in</strong>es Rauchfangkehrers, <strong>der</strong><br />
gleichzeitig e<strong>in</strong> professionell malen<strong>der</strong><br />
Restaurator war – besuchten<br />
dieselbe Schule. Beide zeichneten<br />
und malten leidenschaftlich gern<br />
und wollten diesem Beruf nachgehen.<br />
Franz durfte studieren und<br />
wurde akademisch ausgebildeter<br />
Maler, Gustav mußte aber die Spirituosen-<br />
und Essigfabrik se<strong>in</strong>es<br />
Vaters übernehmen. Doch als wohlhaben<strong>der</strong><br />
Bürger konnte er se<strong>in</strong>er<br />
Liebhaberei, dem Sammeln von alten<br />
Gegenständen, frönen und sich<br />
als Amateurkünstler im Zeichnen<br />
und Malen hervortun.<br />
Franz Storno beendete 1874 se<strong>in</strong><br />
Studium im Ausland und kam nach<br />
Ödenburg zurück. E<strong>in</strong> Porträtmaler,<br />
Rudolf Ste<strong>in</strong>er von <strong>der</strong> Wiener<br />
Akademie für Kunst und Malerei,<br />
siedelte sich ebenfalls <strong>in</strong> Ödenburg<br />
an; die drei Freunde malten gerne<br />
und oft zusammen. Sie gründeten<br />
Ödenburger Familien im Porträt<br />
Die Zettl-Langers<br />
Agnes Langer bei <strong>der</strong> Führung im Museum<br />
Der Alltag im Wohnungsmuseum<br />
Dorftag <strong>in</strong> Klamanok<br />
Geschichten und Er<strong>in</strong>nerungen<br />
Der zehnjährige Vere<strong>in</strong> für Kismányok erwartete mit vielen Programmen<br />
die E<strong>in</strong>wohner <strong>der</strong> Ortschaft und viele Gäste aus nah und fern zum Dorffest.<br />
Mehrmonatige Vorbereitung g<strong>in</strong>g dem Fest voraus, und da wurden Geschichten<br />
aus dem Dorf und zu jedem Haus und Hof wie<strong>der</strong>belebt und ausgearbeitet.<br />
Bei <strong>der</strong> tüchtigen Sammelarbeit g<strong>in</strong>g es aber nicht nur um Erzählungen,<br />
auch alte Gegenstände <strong>der</strong> Deutschen und <strong>der</strong> Sekler <strong>in</strong> Klamanok<br />
wurden gesucht und gefunden und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Ausstellung im Bürgermeisteramt<br />
präsentiert. „Da ist wirklich e<strong>in</strong>iges zusammengekommen, ich<br />
habe nicht gedacht, daß die Leute noch so viele alte Sachen zu Hause haben“,<br />
me<strong>in</strong>te Marta Illés, e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> Organisator<strong>in</strong>nen des Festes. „Trachten,<br />
Wandschoner und noch vieles mehr s<strong>in</strong>d jetzt noch e<strong>in</strong>e Weile <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausstellung<br />
zu sehen.“<br />
Schon am Freitag begannen die Festlichkeiten, vor allem mit vielen<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>programmen. Am Samstag, dem 1. August, gab es e<strong>in</strong>e Messe und<br />
e<strong>in</strong> abwechslungsreiches Kulturprogramm. „Schließe nie de<strong>in</strong>e Tür, wenn<br />
die Vergangenheit wie<strong>der</strong> klopft. Wo du auch lebst, vergesse nie, wo de<strong>in</strong><br />
Weg begonnen hat.“ Dieses Motto wählten die Kle<strong>in</strong>manoker für ihr Fest,<br />
es galt gleichzeitig als E<strong>in</strong>ladung für alle ehemaligen Kismányoker. Viele<br />
Deutsche wurden aus dieser Ortschaft vertrieben, diesmal kamen aber nur<br />
wenige <strong>in</strong> ihren Heimatort zu diesem festlichen Anlaß. „Das ist so, weil<br />
all die damals Vertriebenen schon sehr alt s<strong>in</strong>d“, so Frau Illés. „Für die<br />
deutschen Vertriebenen hatten wir auch vor kurzem e<strong>in</strong> eigenes Fest.“ Der<br />
Vere<strong>in</strong> für Kismányok will auch fortan für die Verschönerung des Dorfes<br />
arbeiten und Veranstaltungen organisieren, vor allem für die K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Ortschaft.<br />
Christ<strong>in</strong>a Arnold<br />
den Kreis für Bildende Künstler,<br />
<strong>der</strong> bis heute existiert und die zahlreichen<br />
Maler <strong>der</strong> Stadt umfaßt.<br />
Die Freundschaft und Sammeltätigkeit<br />
von Franz Storno und<br />
Gustav Zettl waren legendär. In den<br />
beiden Sammlungen s<strong>in</strong>d Parallelen<br />
zu f<strong>in</strong>den: Auf dem Kachelofen<br />
von Gustav s<strong>in</strong>d Frauen- auf jenem<br />
von Franz Männerfiguren abgebildet.<br />
Der angebliche Grund bestand<br />
dar<strong>in</strong>, daß bei den Zettls Mädchen,<br />
bei den Stornos Buben geboren<br />
wurden.<br />
Gustav Zettl heiratete Irma<br />
Bauer. Sie bekamen zwei Töchter.<br />
Die e<strong>in</strong>e Tochter, Helene, ehelichte<br />
den k. u. k. Offizier Hermann von<br />
Langerode. Er stammte aus e<strong>in</strong>er<br />
Weberfamilie <strong>in</strong> Schlesien. Als<br />
Soldat war er <strong>in</strong> Preßburg stationiert,<br />
wo die Eheleute lebten, bis<br />
Hermann im Ersten Weltkrieg fiel.<br />
Die Witwe kam mit ihren drei K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />
nach Ödenburg <strong>in</strong> das Elternhaus<br />
zurück, wo sich neben <strong>der</strong><br />
Wohnung auch die Fabrik befand.<br />
Dr. Herbert Langer, <strong>der</strong> Großvater<br />
von Ágnes, führte die Manufaktur<br />
und verwahrte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wohnung<br />
all die Schätze, die se<strong>in</strong> Großvater<br />
e<strong>in</strong>st gesammelt hatte.<br />
1951 entg<strong>in</strong>g auch die Essigund<br />
Likörfabrik nicht <strong>der</strong> Verstaatlichung.<br />
Die Wohnung wurde <strong>der</strong><br />
Familie ebenfalls weggenommen,<br />
sie durfte jedoch zur Miete bleiben.<br />
Ab 1955 wurde dann die Wohnung<br />
zum Museum erklärt. Herbert<br />
Langer und se<strong>in</strong>e Frau führten damals<br />
die Gäste durch die Räume<br />
und erzählten ihnen von den<br />
Gegenständen und <strong>der</strong> Vergangenheit.<br />
Diese Geschichten werden<br />
von Generation zu Generation<br />
weitergegeben, so herrscht bis<br />
heute e<strong>in</strong>e Kont<strong>in</strong>uität. Ágnes und<br />
ihr Mann setzen die Tradition fort<br />
und betreuen heute die Sammlung<br />
mit viel Liebe. Móric, <strong>der</strong> Sohn,<br />
mit dem Ágnes nur deutsch spricht,<br />
wächst sozusagen <strong>in</strong> die „Führungen“<br />
h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>.<br />
Das bürgerliche Milieu mit se<strong>in</strong>em<br />
Eklektizismus ist fasz<strong>in</strong>ierend.<br />
Es s<strong>in</strong>d hier römische Münzen, Keramiken,<br />
Waffen, Fächer, Türschlösser,<br />
Zunftschil<strong>der</strong>, Uhren,<br />
Gläser, Kupferstiche, Gemälde und<br />
vieles mehr zu bewun<strong>der</strong>n. Ágnes<br />
zeigt mir die deutschsprachigen<br />
Sprüche über den Türen wie z. B.<br />
„Tr<strong>in</strong>k und iss, Gott nicht vergiss“<br />
und bietet mir dabei e<strong>in</strong> Glas<br />
selbstgemachten Hollersaft an.<br />
Es kl<strong>in</strong>gelt an <strong>der</strong> Tür, es kommen<br />
Museumsbesucher. Ágnes begleitet<br />
mich zur Tür und ich nehme<br />
mir fest vor, noch e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong>s Museum<br />
zurückzukehren, denn e<strong>in</strong><br />
Wohnungsmuseum mit e<strong>in</strong>em solchen<br />
Flair, daß nämlich je<strong>der</strong><br />
Gegenstand e<strong>in</strong>e Geschichte hat,<br />
f<strong>in</strong>det man heutzutage selten.<br />
Judit Bertalan