Werk VI
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Ärmel am Bein<br />
Gerd Harry Lybke, genannt „Judy“, ist einer der bedeutendsten<br />
Galeristen in Deutschland. Mit seiner Galerie Eigen+Art,<br />
bereits 1983 in Leipzig gegründet, vertritt er Künstler wie<br />
Neo Rauch, Melora Kuhn oder Martin Eder. Mit uns spricht er<br />
über das asoziale Verhalten von Männern, warum keiner<br />
mit ihm über Kunst redet und woran man die Qualität eines<br />
guten Anzugs erkennt<br />
INTER<strong>VI</strong>EW: LISA SCHÜTZ<br />
FOTOS: STEFAN KORTE<br />
Zur Arbeit erscheint der<br />
Galerist Judy Lybke<br />
immer im Anzug – einer<br />
davon hat Ärmel am Bein<br />
WERK <strong>VI</strong>: In einem Interview mit der FAZ haben Sie gesagt,<br />
dass „es nicht um Antworten geht – es geht um Fragen“. Was<br />
haben Sie damit gemeint?<br />
Judy Lybke: Für mich sind Antworten nicht die Leitmotive oder<br />
Gründe, um einen nächsten Schritt zu gehen. Das, wonach ich<br />
suche, was ich finden will, sind die Fragen, die mich bewegen.<br />
So ist es auch bei jeder Ausstellung mit meinen Künstlern. Es<br />
ist mir wichtig, eine Entwicklung in deren Arbeit zu sehen.<br />
Schaue ich mir die <strong>Werk</strong>e an, lassen sie immer Fragen offen.<br />
Solange die Geschichte nicht zu Ende erzählt ist, bleiben die<br />
Arbeiten interessant.<br />
Auf meine Anfrage nach einem Gespräch haben Sie mit der<br />
Aussage „Ich liebe Interviews!“ sofort zugestimmt. Was mögen<br />
Sie daran?<br />
Bei Interviews werde ich nicht so stark unterbrochen wie sonst<br />
im Leben. Ich kann dabei pausenlos etwas erzählen. Außerdem<br />
bekomme ich dadurch die Möglichkeit, meine Gedanken auszuformulieren.<br />
Denn indem du das Gedachte aussprichst, gewinnt<br />
es eine andere Bedeutung. So kannst du überprüfen, ob<br />
das Gesagte überhaupt einen Sinn ergibt, auch an der Reaktion<br />
deines Gegenübers. Wichtig ist, dass es ihn einfängt.<br />
Gibt es etwas, worüber Sie gerne reden würden, was Sie aber<br />
noch keiner gefragt hat?<br />
Mich hat noch nie einer gefragt, wie das künstlerische <strong>Werk</strong><br />
von einem Künstler aus der Galerie Eigen+Art im Verhältnis<br />
zu einem anderen Künstler steht. Eine kunsthistorische Abhandlung<br />
in Form von einem Disput, eine <strong>Werk</strong>gruppe des<br />
einen Künstlers der des anderen gegenüberzustellen, tiefgründig<br />
über die Arbeiten sprechen, das machen die Leute nicht.<br />
Und warum nicht? Weil sie sich nicht so gern mit der Kunst<br />
beschäftigen und sich auch nicht mit ihr auskennen. Das ist<br />
aber genau das, was ich wirklich weiß. Was die meisten Journalisten<br />
von mir verlangen ist Allgemeinwissen und steht in<br />
jeder Bild-Zeitung. Und dem hecheln die nun schon seit Jahren<br />
hinterher. Aber es ist natürlich auch anstrengend, wenn man<br />
sich mit mir über Kunst unterhalten will. Ich weiß einfach so<br />
viel, dass mein Gegenüber dann ziemlich schnell ziemlich blass<br />
aussieht.<br />
Vielleicht sind die Menschen mehr an Ihnen als Person anstatt<br />
an der Kunst und Ihren Künstlern interessiert?<br />
Ja, an mir und natürlich an dem Kontext der Kunstvermittlung,<br />
das heißt, wie das mit dem Geld so alles abläuft.<br />
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