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Werk VI

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von Khira Li Lindemann<br />

Kann Technik<br />

Mode sein?<br />

Lisa Lang ist CEO des Modelabels Elektro Couture.<br />

Im Fab Lab Berlin, einer offenen Entwicklungswerkstatt,<br />

kreiert sie mit Hightech-<strong>Werk</strong>zeugen Mode, die leuchtet<br />

Swarovski & Misfit Slake<br />

Das Armband mit dem<br />

Shine-Activity-Tracking-<br />

Kristall dokumentiert<br />

sportliche Aktivitäten und<br />

Schlafgewohnheiten. Um<br />

150 Euro<br />

Tzukuri Eyewear<br />

Die erste Sonnenbrille, die nicht verloren geht:<br />

Über die App wird bei Bedarf der genaue<br />

Standort der Brille angezeigt.<br />

Um 310 Euro<br />

1Frau Lang, wie funktioniert Ihr Label Elektro Couture eigentlich?<br />

Unser Mission-Statement ist: We make light wearable. Wir machen<br />

nicht LEDs tragbar, sondern Licht – und das gibt es in verschiedenen<br />

Variationen: IL-Wire, also leuchtende, eingewebte Fäden, IL-Displays<br />

oder reflektierendes Material. Je nachdem, wo es passt, setzen wir es<br />

ein. Die Technik kommt dazu, wenn wir unsere Batteriesysteme<br />

entwickeln. LED-Streifen wurden nicht gebaut, um sie zu tragen oder<br />

sie zu waschen. Also nehmen wir bestehende Technologien und<br />

ändern sie – und das ist Innovation. Klar wurden in der Couture<br />

bereits Licht und andere Technologien verwendet. Allerdings hat man<br />

dabei nie ein Kleidungsstück von hinten gezeigt, weil wahrscheinlich<br />

die ganzen Kabel raushängen und womöglich noch ein Generator.<br />

3<br />

Ist diese Interdisziplinarität ein Problem?<br />

Die Herausforderung ist das Projektmanagement. Die Angst der<br />

Designer vor Technik schlägt oft in Arroganz um, aber Arroganz ist<br />

totales Gift. Wenn etwas Neues kommt, hat das Alte Angst, die<br />

Daseinsberechtigung zu verlieren. Daher muss man mit Technik<br />

vorsichtig sein, damit das Design nicht darunter leidet. Bei uns heißt es<br />

immer: „Hey, wir müssen aufpassen, damit das Licht das Design nicht<br />

überstrahlt.“ Für mich sind beide Welten, also Technik und Mode, sehr<br />

kreativ. Sie existieren allerdings in anderen Ökosystemen, sind anderen<br />

Saisons unterworfen. Für Techniker gibt es nur eine Saison, den Rest<br />

des Jahres sprechen sie mit ihren Servern.<br />

4<br />

Wie<br />

sieht die Mode Ihrer Meinung nach in 100 Jahren aus?<br />

Es gibt dieses Sprichwort: Die Art und Weise, die Zukunft vorherzusagen,<br />

ist, sie mitzugestalten. Und genau darin sehe ich eine riesengroße<br />

Perspektive. Es wird mehr Technik in der Mode geben und Individualität<br />

wird wieder stärker sein. Jeder wird aus verschiedenen Komponenten<br />

beim 3D-Drucker seines Vertrauens sein individuelles Paar<br />

Schuhe drucken lassen können. Ich mag den Begriff Customized<br />

Manufacturing, es gibt jetzt schon jede Menge Internetseiten, auf<br />

denen du dir dein Müsli zusammenstellen und liefern lassen kannst,<br />

oder eben deine eigenen Schuhe. Momentan dümpelt die Mode mit<br />

ihren immer wiederkehrenden Retrophasen vor sich hin.<br />

5<br />

2Lassen sich Technik und stilvolles Design also schwer miteinander<br />

vereinbaren?<br />

Modedesigner erzählen durch ihr Design eine Geschichte. Technologie<br />

ist ein weiteres <strong>Werk</strong>zeug, um besser und anders zu erzählen. Technik<br />

ist heutzutage gar nicht mehr das Problem, denn es gibt alles. Die<br />

Möglichkeiten werden nur noch nicht erkannt. Und viele Designer<br />

haben Angst vor der Technologie, weil sie Einiges nicht verstehen. Es<br />

wird bereits mit Solartechnologie experimentiert, mit Kinetik, also<br />

technischer Mechanik, oder mit Glasfaser-Optik-Materialien, aus<br />

denen Datenkabel bestehen. Wichtig ist nur, interdisziplinär zu<br />

arbeiten, alle Bereiche zu verstehen und diese zu verbinden. Deshalb<br />

verbringe ich viel Zeit damit, Menschen aus verschiedenen Bereichen<br />

in einen Raum zu sperren.<br />

Und welches Fashion-Tech-Piece könnte sich zukünftig durchsetzten?<br />

Das ist schwer zu sagen. Es geht nicht unbedingt um das Piece,<br />

sondern um das Konzept dahinter. Was die Welt gar nicht braucht, ist<br />

ein Outfit, das die ganze Zeit blinkt, fiept und mit dir spricht. Kleidung<br />

sollte deine Stärke repräsentieren und dich nicht wie ein Zirkuspferdchen<br />

daherkommen lassen. Kleidung, die deinen Puls misst oder weiß,<br />

wie viel Kalorien du zu dir nimmst, ist auch so ein Thema. Letztens<br />

war ich auf der Wearable Technologies Conference in San Francisco.<br />

Da saß ein ganzer Haufen Amerikaner aus der I-Health-Szene. Die<br />

haben sich gegenseitig mit ihren Fashion-Tech-Pieces übertrumpft. Es<br />

wird zum Beispiel einen BH geben, der Brustkrebs früh genug<br />

diagnostiziert, was an sich ja eine tolle Sache ist. Aber wenn du das<br />

Businessmodell dahinter verstehst, wird dir schlecht! Du wirst nämlich<br />

zur Datenschleuder: Die Hersteller verkaufen deine Daten, wie es<br />

Facebook auch macht. Stell dir vor, du bist Diabetiker und kaufst<br />

morgens eine Tüte Chips. Diese Information geht dann an deine<br />

Versicherung, die dir dann am nächsten Tag die Kündigung schickt.<br />

Davor habe ich wirklich Angst. Aus lauter Technikverliebtheit werden<br />

wir noch zu Big Brother. Da muss man sehr aufpassen, denn am Ende<br />

geht es oft leider doch nur ums Geld.<br />

von Jenny Kolossa<br />

Wo tragen<br />

wir das hin?<br />

Wearable Technologies sind<br />

Accessoires, die mit Technik<br />

ausgestattet sind. Die Schmuckstücke<br />

sollen unser Leben<br />

optimieren und sind via Bluetooth<br />

mit Smartphone-Apps<br />

verbunden. Diese Kombination<br />

ist noch nicht weit verbreitet,<br />

wird aber in Zukunft Teil unseres<br />

Alltags sein<br />

Bellabeat Leaf<br />

Der Anhänger überwacht<br />

das Bewegungsprofil,<br />

Stress-Level und Schlafverhalten<br />

seiner Trägerin<br />

und zeichnet den<br />

Menstruationszyklus auf.<br />

Um 100 Euro<br />

BioSensive Technologies Inc. Ear-O-Smart<br />

Der erste Smart-Ohrring der Welt zeichnet die<br />

Herzfrequenz und die Bewegungsabläufe sowie<br />

den damit verbundenen Kalorienverbrauch auf.<br />

Um 100 Euro<br />

Algara<br />

Über die Smartphone-App kann die Edelstein-Farbe<br />

des Armbands nach Belieben<br />

verändert werden. Außerdem misst es Schritte<br />

und die Distanz, die zurückgelegt wurde.<br />

Um 135 Euro<br />

64 WERK <strong>VI</strong> Q&A<br />

65

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