Von 0 auf 355.000* in 59,8 Stunden - Innovatives Niedersachsen
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Was machen Sie denn hier?<br />
Herr Claassen verdient mit Oberflächen se<strong>in</strong> Geld. Er überzieht alles, was nicht niet- und nagelfest ist,<br />
mit der passenden Beschichtung. Meterdicke Walzen, w<strong>in</strong>zige Stifte und auch WC-Schüsseln.<br />
Wer braucht das eigentlich? Wir beschichten<br />
Bauteile für ganz unterschiedliche<br />
Kunden, vor allem für den Masch<strong>in</strong>enbau<br />
und dessen Abnehmer sowie die Auto<strong>in</strong>dustrie.<br />
Wir geben der Oberfläche Eigenschaften,<br />
die der Körper vorher nicht hergab. Die s<strong>in</strong>d<br />
zum Teil gegensätzlich. E<strong>in</strong> Beispiel: Knethaken,<br />
die <strong>in</strong> der Lebensmittelproduktion Teig<br />
verarbeiten, müssen das Material schön mitnehmen.<br />
Zugleich darf der Teig nicht festkleben.<br />
Damit die Knethaken gleitfähig s<strong>in</strong>d,<br />
brauchen sie e<strong>in</strong>e Antihaftbeschichtung. Außerdem<br />
sollen die Masch<strong>in</strong>enteile korrosionsbeständig<br />
se<strong>in</strong>.<br />
Warum geschieht das nicht schon bei<br />
der Herstellung der Masch<strong>in</strong>en? Die<br />
Werkstoffe ermöglichen es nicht, oder man<br />
müsste viel teurere nehmen. Wenn e<strong>in</strong> Masch<strong>in</strong>enteil<br />
aus Alum<strong>in</strong>ium besteht, dann ist<br />
es viel effizienter, später nur die Oberfläche<br />
mit Edelstahl zu beschichten. Statt 50 Kilogramm<br />
braucht man von dem wertvollen<br />
Edelstahl nur 800 Gramm, und für das Bauteil<br />
selbst reicht e<strong>in</strong> gut zu bearbeitendes<br />
preiswerteres Material. Und noch wichtiger:<br />
Wir können <strong>in</strong> die Oberfläche zusätzliche<br />
Eigenschaften <strong>in</strong>tegrieren wie Härte oder<br />
Verschleißschutz.<br />
Wor<strong>in</strong> besteht ihr Know-how? Impreglon<br />
bietet e<strong>in</strong>e breite Palette von Beschichtungen<br />
<strong>auf</strong> Basis von Fluorpolymer, Kunststoff, Metall<br />
Henn<strong>in</strong>g J. Claassen<br />
oder Keramik. Das Unternehmen hat weltweit<br />
als erstes Komb<strong>in</strong>ationsbeschichtungen aus<br />
Metall oder Keramik verbunden mit Kunststoff<br />
e<strong>in</strong>gesetzt. Wir entwickeln jedes Jahr neue<br />
Oberflächen. Der größte Sprung kam mit den<br />
Nanomaterialien. Fluorpolymere s<strong>in</strong>d weich,<br />
nutzen sich schnell ab. Werden keramische<br />
Nanopartikel <strong>in</strong> die Kunststoffmasse e<strong>in</strong>gebettet,<br />
machen sie die Beschichtung haltbarer<br />
und erhöhen gleichzeitig die Gleitfähigkeit<br />
und Antihafteigenschaft.<br />
Was unterscheidet Sie von der Konkurrenz?<br />
Obwohl Impreglon ke<strong>in</strong> Großbetrieb<br />
ist, gehören wir zu den größten Anbietern.<br />
Die Muttergesellschaft sitzt <strong>in</strong> Lüneburg, aber<br />
sie hat Produktionsstätten <strong>in</strong> Europa, <strong>in</strong> Asien<br />
und den USA. Damit kann das Unternehmen<br />
als e<strong>in</strong>ziges e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>ternationalen Standard<br />
garantieren. Über e<strong>in</strong>e Datenbank tauschen<br />
die 18 Standorte ihre Innovationen und Verfahrensschritte<br />
aus. Als Gruppe entwickeln<br />
und bieten wir alle Beschichtungsprozesse,<br />
die von den Kunden <strong>in</strong> aller Welt benötigt<br />
werden. Dabei s<strong>in</strong>d wir immer <strong>in</strong> der Nähe<br />
der Kunden.<br />
Wor<strong>in</strong> sehen Sie die Zukunft des Unternehmens?<br />
Die Rohstoffe werden immer<br />
knapper. Deshalb müssen aus den Materialien<br />
die besten Eigenschaften herausgeholt<br />
werden. Außerdem wird es <strong>in</strong> Zukunft noch<br />
mehr <strong>auf</strong> umweltverträgliche Verfahren an-<br />
kommen. 80 Prozent der Beschichtungs-<br />
verfahren s<strong>in</strong>d galvanisch, meist verbunden<br />
mit hohen Umweltbelastungen. Bei Impreglon<br />
kommt ke<strong>in</strong>e Galvanik zum E<strong>in</strong>satz, nur Verfahren<br />
ohne Schwermetalle oder andere toxische<br />
Stoffe. So wird als Ersatz für die Feuerverz<strong>in</strong>kung<br />
das „Greenkote-Verfahren“ e<strong>in</strong>ge-<br />
setzt. Diese Z<strong>in</strong>kthermodiffusion ist die wirk-<br />
samste und zugleich umweltfreundlichste<br />
Beschichtungstechnik, um Metalloberflächen<br />
gegen Korrosion zu schützen. Angewendet<br />
wird sie zum Beispiel bei W<strong>in</strong>dkraftanlagen.<br />
Generell sehe ich <strong>in</strong> den erneuerbaren Energien,<br />
vor allem im Offshorebereich, wachsende<br />
Chancen. Als wir uns <strong>in</strong> der Wirtschaftskrise<br />
Gedanken über neue Märkte gemacht haben,<br />
haben wir außerdem die Lebensmittelherstellung<br />
und die Mediz<strong>in</strong>technik identifiziert. Gegessen<br />
wird immer, und die älter werdende Gesellschaft<br />
benötigt mehr mediz<strong>in</strong>ische Geräte.<br />
Was hat es mit den WC-Schüsseln <strong>auf</strong><br />
sich? Das ist e<strong>in</strong>er der größten E<strong>in</strong>zel<strong>auf</strong>träge<br />
<strong>in</strong> der Geschichte des Unternehmens. Nachdem<br />
wir erfolgreich Flugzeugtoiletten beschichtet<br />
haben, gab es e<strong>in</strong>en Folge<strong>auf</strong>trag<br />
von der Bahn über 5.000 Toilettenschüsseln.<br />
Die Beschichtung senkt den Wasserverbrauch,<br />
an der Oberfläche bleibt praktisch<br />
nichts haften und die Toilettenschüsseln<br />
sehen somit immer piccobello aus.<br />
www.impreglon.de<br />
Der 65jährige Lüneburger ist nicht nur Vorstandsvorsitzender der impreglon AG, sondern auch sozial<br />
engagiert, Galerist und erfolgreicher Hotelier. Ursprünglich nur, um die <strong>in</strong>ternationalen Gäste se<strong>in</strong>es Unternehmens<br />
anständig vor Ort unterzubr<strong>in</strong>gen, k<strong>auf</strong>te und sanierte er e<strong>in</strong> altes Haus im denkmalgeschützten<br />
Wasserviertel Lüneburgs und eröffnete se<strong>in</strong> erstes Hotel, gefolgt von e<strong>in</strong>em weiteren und mehreren Restaurants.<br />
<strong>in</strong> dem von ihm gegründeten Vere<strong>in</strong> „Schützt die Opfer“, kümmert er sich um K<strong>in</strong>der mit Handicap<br />
<strong>in</strong> der Dritten Welt, die Opfer von Gewalt und Missbrauch geworden s<strong>in</strong>d.<br />
1-2010 | plietsch | 09