Journal - Stadt und Land
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eCHt & SiCHerHeit<br />
Winfried Roll,<br />
Kriminaldirektor a. D.<br />
Initiative Schutz vor Kriminalität<br />
e. V., www.isvk.de<br />
Noch vor ein paar Jahren kannte<br />
kaum ein Polizist in Deutschland<br />
den Begriff „Stalking”, heute gibt<br />
es eine eigene Strafvorschrift <strong>und</strong><br />
bei manchen Polizeidienststellen<br />
sogar spezielle Beauftragte dafür:<br />
Das englische Wort für „Nachstellung“<br />
oder „Pirschjagd“ bezeichnet<br />
die Verfolgung <strong>und</strong><br />
Belästigung durch frühere<br />
Lebenspartner, abgewiesene<br />
Liebhaber oder auch<br />
Psychopathen.<br />
Stalking ist eine<br />
perfide Form<br />
von Gewalt:<br />
Schon das Piepen einer<br />
SMS, das Klingeln<br />
des Handys oder des Telefons<br />
oder auch nur ein<br />
Auto vor der Haustür erzeugen<br />
bei den so Verfolgten<br />
panische Angst, Schweißausbrüche,<br />
Zittern <strong>und</strong> Herzjagen.<br />
Ein „Stalker“ wird nicht von<br />
„Liebeswahn“ oder gar Liebe getrieben.<br />
Er will nur Macht <strong>und</strong> Kontrolle<br />
über die Frau, von der er sich in seinem<br />
Herrschaftsanspruch zurückgewiesen<br />
fühlt: Also beobachtet <strong>und</strong><br />
verfolgt er sie, lauert ihr auf, forscht<br />
sie <strong>und</strong> ihr soziales Umfeld aus, belästigt<br />
sie durch Briefe, Geschenksendungen,<br />
Telefonterror, E-Mails oder<br />
SMS.<br />
„Stalker“, die schon mit häuslicher<br />
Gewalt aufgefallen sind, gehören im<br />
Gegensatz zur großen Mehrheit der<br />
Belästiger zu den potenziell gefähr-<br />
14<br />
Stalker will Macht <strong>und</strong><br />
Kontrolle über die Frau<br />
Stalking – perfide Gewalt<br />
durch Telefonterror<br />
lichen Tätern. Massive körperliche<br />
Gewalt bis hin zu Tötungsdelikten ist<br />
aber die Ausnahme.<br />
Stalkingopfer genießen erst seit wenigen<br />
Jahren angemessenen Rechtsschutz;<br />
früher mussten sie <strong>und</strong> leider<br />
auch die Polizei oft abwarten, bis<br />
„wirklich etwas passierte“. Seit 2002<br />
können Nachstellungen nach dem Ge-<br />
waltschutzgesetz durch gerichtliche<br />
Anordnung verboten werden, bei<br />
Zuwiderhandlung droht dem beharrlichen<br />
„Stalker“ eine Freiheitsstrafe<br />
bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.<br />
Erst im Frühjahr 2007 wurde Stalking<br />
zum eigenen Straftatbestand erhoben.<br />
Der neue § 238 StGB „Nachstellung“<br />
droht bis<br />
zu drei Jahre<br />
Freiheitsstrafe<br />
oder Geldstrafe<br />
an,<br />
„Lass mich endlich<br />
in Ruhe, du ... !”<br />
bei Ges<strong>und</strong>heitsschäden oder Lebensgefahr<br />
für das Opfer sogar bis zu<br />
fünf Jahre. Ein „Stalker“ begeht eine<br />
Straftat, die bei der Polizei angezeigt<br />
werden sollte, zumal dann die Belästigungen<br />
erfahrungsgemäß häufig aufhören.<br />
Zur Anzeige oder Zeugenver-<br />
2009 wurden der Polizei<br />
über 2.200 Fälle bekannt<br />
nehmung kann man eine Person<br />
seines Vertrauens als Begleitung<br />
mitbringen. In Berlin wurden 2009<br />
schon 2.231 Fälle der „Nachstellung“<br />
erfasst, die zu 85,4 Prozent aufgeklärt<br />
wurden.<br />
Ein Merkblatt des Programms Polizeiliche<br />
Kriminalprävention, das aus<br />
dem Internet unter www.polizei-beratung.de<br />
herunterzuladen ist, gibt<br />
Betroffenen einige Verhaltensempfehlungen.<br />
Dem Störer ist vor allem<br />
deutlich klar zu machen: „Ich wünsche<br />
weder jetzt noch in Zukunft irgendeinen<br />
Kontakt.“ Danach hilft oft<br />
konsequentes Ignorieren; jede weitere<br />
Reaktion weckt im Täter nur neue<br />
Hoffnungen <strong>und</strong> könnte sein Verhalten<br />
intensivieren.<br />
Das Merkblatt stellt auch die<br />
Bedeutung der Beweismittel<br />
heraus – die<br />
Dokumentation jedes<br />
Angebots eines Treffens,<br />
jedes Besuchs, jedes<br />
Anrufs, jeder SMS, jedes<br />
Briefes <strong>und</strong> jedes Geschenks.<br />
Bei Telefonterror informieren die<br />
Telefonanbieter über Abwehrmög-<br />
Kosten für Fangschaltung<br />
muss Anrufer zahlen<br />
lichkeiten. Anträge auf eine „geheime“<br />
Rufnummer oder eine „Fangschaltung“<br />
setzen keine Strafanzeige<br />
voraus. Die Kosten für so eine Schaltung,<br />
mit denen man Anrufer auch<br />
nach dem Ende des Anrufs noch „fangen“<br />
kann, sind nach der Dauer gestaffelt<br />
<strong>und</strong> vom Anrufer zu tragen. n<br />
StADt UND LAND • Mieter <strong>Journal</strong> Nr. 30 • September 2010