Gemeindebrief 3 | 2012 - Ev.-Luth. Kirchengemeinde Heiligengeist
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Es gibt zahlreiche Unstimmigkeiten und Widersprüche<br />
in den Berichten der <strong>Ev</strong>angelien,<br />
gerade in Bezug auf den Ort und die Zeit der<br />
Geburt Jesu. Aber warum halten wir trotzdem<br />
so unbeirrbar an dieser Fassung fest? Warum<br />
wollen wir uns nicht von der Krippe im Stall<br />
hinter der Herberge lösen, warum ist uns gerade<br />
diese Fassung von Lukas so wichtig und<br />
auch so wertvoll geworden?<br />
Festzuhalten wäre zunächst, dass die <strong>Ev</strong>angelien<br />
keine Chroniken abgeben und deshalb<br />
auch nicht mit den für uns geläufigen Maßstäben<br />
einer exakten Geschichtsschreibung<br />
zu messen sind. Demgegenüber gibt es ganz<br />
offensichtlich zwei verschiedene Ebenen, die<br />
sich in den biblischen Texten überlagern: Auf<br />
der einen Seite eine theologische Deutung und<br />
auf der anderen eine historische Zuordnung. In<br />
diesem Sinne können wir auch sagen, dass Jesus<br />
gewissermaßen eine doppelte Herkunft hat,<br />
nämlich eine theologische und eine historische.<br />
Theologisch ist seine Bedeutung als davidischer<br />
Messias ausschlaggebend, und die Erzählungen<br />
aus Bethlehem breiten diese Schicht aus. Historisch<br />
wird dagegen Nazareth als „seine Vaterstadt“<br />
(Mk 6,1) ausgegeben und immer wieder<br />
in den Auseinandersetzungen mit den Ungläubigen<br />
herangezogen, die - wie die jüdischen Behörden<br />
– in Jesus nur den Galiläer sehen.<br />
6 | <strong>Gemeindebrief</strong> 3 | <strong>2012</strong><br />
Altarbild in der Kirche auf dem Hirtenfeld<br />
Theologischer Beitrag<br />
Für uns ist diese doppelte Sichtweise der Herkunft<br />
Jesu auf jeden Fall eine Anfrage, die weniger<br />
der Logik als vielmehr der Vielschichtigkeit<br />
des Glaubens gilt. Immerhin geht es bei alledem<br />
um die Geburt Jesu Christi, den wir als „wahren<br />
Menschen und wahren Gott“ verehren. In dieser<br />
Ausrichtung können sowohl Bethlehem als auch<br />
Nazareth ihren festen Platz beanspruchen.<br />
Pastor Matthias Viertel