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Heft Seckau heute 830311_Heftlayout - Abtei Seckau

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ablegt. Symbolisch und im übertragenen Sinne lässt es der Klagende es damit los und<br />

übergibt es Gott.<br />

Klage bezeichnet auch ein Rechtsgeschehen und es gilt als eine der großen Errungenschaften<br />

der demokratischen Staatsformen, dass jeder Bürger seine Klage vor einer juristischen<br />

Instanz vorbringen kann und so zu Gehör kommt.<br />

Klage ist immer Dialog, denn wir fassen unsere Befindlichkeit in Worte, klagen und sagen<br />

es einem „DU“, wir tragen es vor, sei es vor einer Person, einer amtlichen Instanz und oder<br />

sei es vor Gott als unserem innigsten „DU“, wie Martin Buber, der jüdische Religionsphilosoph,<br />

Gott nennt. Es zählt für mich zu den befreiendsten und liebevollsten „Erlaubnissen“<br />

des Buchs der Psalmen, dass die Klage erlaubt ist und ich sie Gott zumuten darf.<br />

Klage ist jedoch nicht zu verwechseln mit „Jammern“, als immerfort währende Wiederholung<br />

derselben, was gerade zu keiner Wandlung und Lösung führt. Klage ermöglicht Loslassen<br />

und Neuanfang. Jammern als pervertiertes Muster der Klage dagegen bleibt im Wiederholungszwang<br />

stecken. Das kann soweit gehen, dass Jammern zum Muster wird und<br />

eine Änderung oder Lösung im Grunde gar nicht angestrebt wird. Das Problem, das bejammert<br />

wird, ist die Lösung, um Aufmerksamkeit zu erhalten.<br />

Klage ist jedoch auch nicht zu verwechseln mit Anklage. Meine Klage und mein Befinden<br />

vor Gott zu bringen, es vor ihn zu legen, auch abzulegen, ist eines, die Bewertung und das<br />

„anders haben wollen“ ein anderes. „Dein Wille geschehe“ - einer der wohl schwersten<br />

Sätze des Vaterunsers“ mahnt diesen Unterschied an.<br />

Paul Gerhard (1607-1676), Theologe, Dichter und Komponist vieler Kirchenlieder, selbst<br />

Leid geprüft im großen 30-jährigen Krieg, schreibt in einem seiner Lieder:<br />

„Befiehl Du Deine Wege<br />

und was Dein Herze kränkt,<br />

der allertreusten Pflege,<br />

des, der den Himmel lenkt.<br />

Der Wolken, Luft und Winden<br />

gibt Wege, Lauf und Bahn,<br />

der wird auch Wege finden, da Dein Fuß gehen kann…“<br />

Meditation: Welche Klage möchte ich in meiner derzeitigen Lebenssituation vor Gott bringen?<br />

Sind Lob und Klage also Gegensätze?- Auf den ersten Blick mag es als logischer Widerspruch,<br />

als Paradoxon erscheinen. Sehen wir jedoch genauer hin, können wir Lob und<br />

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