Heft Seckau heute 830311_Heftlayout - Abtei Seckau

Auf dem Weg zur Mitte
von P. Othmar Stary
Das Labyrinth als Verirrungsfalle oder Menschheitssymbol?
Wer eine romanische oder gotische Kirche betritt, den zieht es mit unaufhaltsamer
Kraft nach vorne. Im Westen schreitet er durch das Portal in den Kirchenraum
hinein. Im Osten steht der Altar, der Ort der Feier, auf den alles ausgerichtet
ist. Dazwischen liegt die Wegtrecke, die zu durchmessen ist, um aus dem Dunkel in das
Licht zu gelangen. Wer sich der Anziehungskraft überlässt, die zum Voranschreiten drängt,
kommt voran, nähert sich dem Ziel. Die Säulen und Pfeiler, die den Weg säumen, laden einerseits
zum Weitergehen ein, bieten zugleich Gelegenheit zum Atemholen und Kraftschöpfen.
Der Blick, der sich nach vorne richtet, zur Höhe erhebt und zu Boden senkt, entdeckt ein
Kunstwerk nach dem anderen, erlebt ständig Überraschungen und stößt auf Beachtenswertes,
das zum Fragen anregt. Was hier geschaffen wurde und auf sich aufmerksam macht, will
den Glauben an Gottes Gegenwart wecken und vertiefen, seine Taten vergegenwärtigen und
zur richtigen Lebensgestaltung ermuntern. Dem aufmerksamen Betrachter kann nicht entgehen,
dass in manchen Kirchen vor dem Aufstieg zum Altar ein kreisförmiges oder rechteckiges
Gebilde in den Boden eingelassen wurde. Es handelt sich um ein Labyrinth, das einen
von außen nach innen führenden, recht verschlungen anmutenden Weg zur Mitte darstellt.
Wer sich davor befindet, stellt sich unwillkürlich die Frage nach seiner Bedeutung.
Seit Jahrtausenden in vielen Kulturen beheimatet
Das Labyrinth gilt als ein Symbol, das seit etwa 5000 Jahren in den verschiedensten Kulturen
unserer Erde verwendet wird, um die ständig auftauchende Frage nach dem Sinn des mensch-
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