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Gliederung der Vorlesung »Die athenische Demokratie«

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Quellen zu: (1) Einführung/Fragestellung<br />

1. Demokratisches Selbstverständnis (Thukydides 2,37-38.40): [37] Die Verfassung, nach <strong>der</strong><br />

wir leben, vergleicht sich mit keiner <strong>der</strong> fremden; viel eher sind wir für sonst jemand ein<br />

Vorbild als Nachahmer an<strong>der</strong>er. Mit Namen heißt sie, weil <strong>der</strong> Staat nicht auf wenige Bürger,<br />

son<strong>der</strong>n auf eine größere Zahl gestellt ist, Volksherrschaft (demokratia). Nach dem Gesetz<br />

haben in den Streitigkeiten <strong>der</strong> Bürger alle ihr gleiches Teil, <strong>der</strong> Geltung nach aber hat im<br />

öffentlichen Wesen den Vorzug, wer sich irgendwie Ansehen erworben hat, nicht nach<br />

irgendeiner Zugehörigkeit son<strong>der</strong>n nach seinem Verdienst; und ebenso wird keiner aus Armut,<br />

wenn er für die Stadt etwas leisten könnte, durch die Unscheinbarkeit seines Namens<br />

verhin<strong>der</strong>t. Son<strong>der</strong>n frei leben wir miteinan<strong>der</strong> im Staat und im gegenseitigen Verdächtigen<br />

alltäglichen Treibens, ohne dem lieben Nachbar zu grollen, wenn er einmal seiner Laune lebt,<br />

und ohne jenes Ärgernis zu nehmen, das zwar keine Strafe, aber doch kränkend anzusehen ist.<br />

Bei so viel Nachsicht im Umgang von Mensch zu Mensch erlauben wir uns doch im Staat,<br />

schon aus Furcht, keine Rechtsverletzung, im Gehorsam gegen die jährlichen Beamten und<br />

gegen die Gesetze, vornehmlich die, welche zu Nutz und Frommen <strong>der</strong> Verfolgten bestehen,<br />

und gegen die ungeschriebenen, die nach allgemeinem Urteil Schande bringen. [38] Dann<br />

haben wir uns bei unsrer Denkweise auch von <strong>der</strong> Arbeit die meisten Erholungen geschaffen:<br />

Wettspiele und Opfer, die jahraus, jahrein bei uns Brauch sind, und die schönsten häuslichen<br />

Einrichtungen, <strong>der</strong>en tägliche Lust das Bittere verscheucht. ... [40] Wir lieben das Schöne und<br />

bleiben schlicht, wir lieben den Geist (philosophein) und werden nicht schlaff. Reichtum dient<br />

bei uns <strong>der</strong> wirksamen Tat, nicht dem prahlenden Wort, und Armut ist einzugestehen keinem<br />

schimpflich, ihr nicht tätig zu entgehen schimpflicher. Wir vereinigen in uns die Sorge um unser<br />

Haus zugleich und unsre Stadt, und den verschiedenen Tätigkeiten zugewandt, ist doch auch in<br />

staatlichen Dingen keiner ohne Urteil. Denn einzig bei uns heißt einer, <strong>der</strong> daran keinen Anteil<br />

nimmt (tôn metechonta), nicht ein stiller Bürger (apragmona), son<strong>der</strong>n ein schlechter<br />

(achreion), und nur wir entscheiden in den Staatsgeschäften selber o<strong>der</strong> denken sie doch<br />

richtig durch. Denn wir sehen nicht im Wort eine Gefahr fürs Tun, wohl aber darin, sich nicht<br />

durch Reden zuerst zu belehren, ehe man zur nötigen Tat schreitet. ...<br />

2. Definition <strong>der</strong> Demokratie (Aristoteles, Politik 6,2,1317a40-b17 u. 1317b18-1318a3):<br />

Grundlage <strong>der</strong> demokratischen Staatsform ist die Freiheit; man pflegt nämlich zu behaupten,<br />

dass die Menschen nur in dieser Staatsform an <strong>der</strong> Freiheit teilhaben, und erklärt, dass danach<br />

jede Demokratie strebe. (b1) Zur Freiheit gehört aber erstens, dass man abwechselnd regiert<br />

und regiert wird. Denn die demokratische Gerechtigkeit besteht darin, dass man nicht <strong>der</strong><br />

Würde, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Zahl nach die Gleichheit walten lässt; wo diese Gerechtigkeit herrscht, da<br />

muss die Menge Herr sein, und was die Mehrzahl billigt, das muss das Gültige und das<br />

Gerechte sein. Man sagt nämlich, es sei gerecht, dass je<strong>der</strong> Bürger das Gleiche habe. So sind<br />

denn in den Demokratien die Armen mächtiger als die Reichen. Denn sie sind zahlreicher, und<br />

maßgebend ist die Meinung <strong>der</strong> Mehrzahl. Dies ist also das eine Zeichen <strong>der</strong> Demokratie, das<br />

alle Demokraten als Wesenszug dieser Verfassungsform angeben. Ein an<strong>der</strong>es ist, dass man<br />

leben kann, wie man will. Sie sagen, dies eben sei die Leistung <strong>der</strong> Demokratie; denn nicht zu<br />

leben, wie man wolle, sei charakteristisch für Sklaven. Dies ist also die zweite Eigenschaft <strong>der</strong><br />

Demokratie. Von da her kommt denn, dass man sich nicht regieren lässt, am besten von<br />

überhaupt niemandem, o<strong>der</strong> dann doch nur abwechslungsweise. Auch dies trägt also zur<br />

Freiheit im Sinne <strong>der</strong> Gleichheit bei. ... Da nun dies vorausgesetzt wird und dies die<br />

Regierungsform ist, so ergibt sich das Folgende als demokratisch: Alle Ämter werden aus allen<br />

besetzt, alle herrschen über jeden und je<strong>der</strong> abwechslungsweise über alle. ... Richter sind alle<br />

und können aus allen entnommen werden und richten über alles o<strong>der</strong> doch über das meiste,

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