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BAYERNOIL aktuell - Bayernoil Raffineriegesellschaft mbH

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Rund um die Raffinerie<br />

Neue Pumpentechnologie macht’s möglich:<br />

20 % Mehrdurchsatz im Hydrofiner<br />

Was taten die Fuhrleute in früheren Zeiten, wenn es galt, einen steilen Pass zu überwinden? Richtig, sie spannten ein<br />

zusätzliches Pferd vor den Wagen! Dieses zusätzliche Arbeitspferd heißt im Hydrofiner nicht „Wenzl“ oder „Schunkl“,<br />

in Anlehnung an zwei besonders pfiffige Kollegen in der Produktion, sondern nüchtern „Hydrofiner Einsatzpumpe<br />

J­601“ und zieht auch keinen Wagen, sondern ist die Basis für die Kapazitätserweiterung des Hydrofiners im Betriebsteil<br />

Vohburg von 100 t/h auf 120 t/h.<br />

Im Zuge des ISAR­Projekts wurden im<br />

September 2008 mit der Abstellung der<br />

HDS 2 und des Unifiners im Betriebsteil IngolstadtMitteldestillat­Entschwefelungskapazitäten<br />

in Höhe von ca. 150 t/h<br />

stillgelegt. Der Hydrofiner sollte daher<br />

mit überschaubaren Kosten von 100 auf<br />

120 t/h erweitert werden, um die Entschwefelung<br />

der Mitteldestillatströme<br />

(LCO und teilweise SGO/LVGO), die bisher<br />

in Ingolstadt erfolgte, weiterhin sicher zu<br />

stellen. Die Vorstudien zu diesem Projekt<br />

wurden aber aufgrund der ermittelten<br />

Umbaukos ten im siebenstelligen Bereich<br />

nicht weiterverfolgt.<br />

10<br />

Modifizierte Schmierölpumpe der Einsatzpumpe J-601<br />

Vorstudien zeigen Engpässe auf<br />

Zunächst wurden am Hydrofiner Testläufe<br />

zur Ermittlung der Anlagenengpässe durchgeführt.<br />

Es zeigte sich dabei, dass bei einer<br />

Fahrweise mit einer Einsatzpumpe Durchsätze<br />

bis zu 108 t/h möglich waren. Dabei<br />

offenbarten sich aber auch neue Beschränkungen,<br />

welche die mechanische Stabilität<br />

der Anlage hätten gefährden können.<br />

So steigt zum Beispiel bei einer Erhöhung<br />

der Einsatzmenge auch die Strömungsgeschwindigkeit<br />

in den Wärmetauschern des<br />

Hochdruckteils der Anlage. Damit werden<br />

die betroffenen Apparate wiederum anfälliger<br />

gegenüber Erosionskorrosion. Es galt<br />

also, die Probleme in enger Zusammenarbeit<br />

zwischen Anlagenbereichsteam und<br />

PI­Tagdienst­Team zu lösen.<br />

Systematische Vorplanung erlaubt<br />

Versuchsbetrieb<br />

Um aus einem Versuchsbetrieb mit Zuschaltung<br />

einer zweiten Einsatzpumpe<br />

möglichst viele Erkenntnisse zu gewinnen,<br />

wurden zunächst nochmals die Designparameter<br />

der wesentlichen Anlagenkomponenten<br />

gesichtet. Intensive Gespräche<br />

mit dem Betriebspersonal und der Instandhaltungsmannschaft<br />

lieferten weitere<br />

wertvolle Hinweise auf bestehende Limitierungen.<br />

Um ein detailliertes Druckprofil<br />

über die Anlage erstellen zu können,<br />

wurden zusätzliche Druckmessungen an<br />

der Anlage installiert. Zur Überwachung<br />

der Einsatzpumpen wurde außerdem eine<br />

Anzeige der Stromaufnahme ins Prozessleitsystem<br />

aufgenommen.<br />

Testbetrieb liefert wertvolle<br />

Erkenntnisse<br />

Eine weitere Voraussetzung für den Test<br />

war der Umbau der bisher anfälligen Ölpumpen<br />

an den beiden Einsatzpumpen auf<br />

einen unabhängigen Schmierölkreislauf<br />

nach einem Eigendesign der <strong>BAYERNOIL</strong>­<br />

Instandhaltung. Mit dieser Modifikation<br />

durch die Instandhaltung konnte die Zuverlässigkeit<br />

der Maschinen wesentlich<br />

gesteigert werden.<br />

Abbildung 1: Durchsatzerhöhung im Juni 2009<br />

Nach diesen Vorplanungen folgte ab September<br />

2008, mit den Behörden abgestimmt,<br />

ein vierwöchiger Testlauf mit dem<br />

zweiten „Pferd“ J­601, also Parallelbetrieb<br />

beider Einsatzpumpen, dessen Ergebnisse<br />

in einem nochmaligen Test im Februar<br />

2009 abgesichert wurden. Im Ergebnis<br />

konnten dabei Durchsätze von 115 t/h im<br />

Dauerbetrieb gefahren werden. Hydraulische<br />

Limitierungen lagen wie erwartet<br />

im Bereich des Niederdruckteils und der<br />

Stripperkolonne. Mit diesen Erkenntnissen<br />

konnte dann die erforderliche Gegenmaßnahme,<br />

die Vergrößerung von Regelventilen,<br />

während des Stillstands im Frühjahr<br />

2009 umgesetzt werden.<br />

Der aufmerksame Leser fragt sich nun sicherlich<br />

mit Recht, wie sich diese Durchsatzerhöhung<br />

auf die erwähnte Erosionsproblematik<br />

auswirkt, da ja offensichtlich<br />

höhere Durchsätze mit steigenden Geschwindigkeiten<br />

und somit steigender Erosion<br />

verbunden sind? Genau dies war die<br />

Schlüsselfrage des ganzen Umbaus.<br />

Als gefährdete Bereiche wurden die Umlenkzonen<br />

der Hochdruck­Luftkühler identifiziert.<br />

Die dort ermittelten Geschwindigkeiten<br />

erwiesen sich als grenzwertig.<br />

Allerdings stellte sich schnell heraus, dass<br />

das eigentliche Thema hier die ungleiche<br />

Verteilung der Gasströme als Folge von<br />

Salzablagerungen war. Diese Ablagerungen<br />

verursachten erhöhte Differenzdrücke<br />

über den Hochdruckteil der Anlage<br />

und partiell erhöhte Geschwindigkeiten,<br />

welche dann die Erosion bewirkten. Als<br />

Lösung ergab sich hierfür die Einführung<br />

regelmäßiger Wasserwäschen. Dies zeigte<br />

unmittelbar Wirkung, zu erkennen an den<br />

bei den Wäschen fallenden Differenzdrücken.<br />

Durch Ungleichverteilung verursachte<br />

partielle Erosionsprobleme werden<br />

somit abgeschwächt.<br />

Positive Effekte realisiert<br />

Ein weiterer hilfreicher Ansatz war die Erhöhung<br />

des Systemdrucks. Aufgrund der<br />

nun zur Verfügung stehenden zusätzlichen<br />

Leistung der Einsatzpumpen (Parallelfahrweise)<br />

konnte der Systemdruck um etwa<br />

2 bar, also an den Auslegungsbereich der<br />

Anlage, angezogen werden. Dadurch reduzierten<br />

sich die Strömungsgeschwindigkeiten<br />

weiter. Ein weiterer willkommener<br />

Nebeneffekt war, dass der Wasserstoffpartialdruck<br />

trotz Durchsatzerhöhung konstant<br />

gehalten werden konnte. Dadurch<br />

wurde der Katalysatordeaktivierung entgegengewirkt.<br />

Grünes Licht für den Dauerbetrieb<br />

Bei der zuständigen Behörde wurde parallel<br />

die Kapazitätserweiterung beantragt.<br />

Dabei galt es unter anderem, die Kapazität<br />

des Fackelsystems für den höheren Durchsatz<br />

zu überprüfen. Mit der Installation<br />

einer zusätzlichen Sicherheitsabschaltung<br />

an der Stripperkolonne kann jetzt ein unzulässiger<br />

Druckanstieg im Fackelsystem<br />

verhindert werden. Nach der schnellen und<br />

unkomplizierten Genehmigung des Antrags<br />

durch die Behörde waren dann schließlich<br />

alle Voraussetzungen für den Dauerbetrieb<br />

gegeben.<br />

Was zu beweisen war –<br />

Dauerbetrieb seit Juni 2009<br />

Die Anlage läuft nunmehr seit 15. Juni<br />

2009 im Dauerbetrieb mit stabilem Einsatz<br />

von 120 t/h und trägt damit zur Verbesserung<br />

unserer derzeit schwierigen Margensituation<br />

bei.<br />

Bei getätigten Investitionen von ca. 80.000 ›<br />

hat sich der Umbau bereits ausgezahlt<br />

(Abb. 1). Die Maßnahme ist damit aber noch<br />

nicht abgeschlossen. Einzelne offene Punkte<br />

wie die Verbesserung der Zuverlässigkeit<br />

der Einsatzpumpen oder die Bewertung der<br />

Katalysatorlaufzeit bilden in den nächsten<br />

Monaten die Schwerpunkte der Arbeit. Ziel<br />

ist die nachhaltige Sicherstellung der Anlagenzuverlässigkeit<br />

durch konsequentes<br />

Monitoring der Anlagenparameter.<br />

Schlussfolgerungen<br />

Das Beispiel zeigt einmal mehr, dass es<br />

nicht immer nur die „große Lösung“ ist, die<br />

zu Erfolgen führt. Vielmehr können durch<br />

systematisches Arbeiten unter Einbeziehung<br />

des Fachwissens aller vorhandenen<br />

Experten scheinbare Grenzen Schritt für<br />

Schritt immer weiter hinausgeschoben<br />

werden. Versteckte Potentiale können so<br />

mit relativ geringem finanziellem Aufwand<br />

sicher und stabil gehoben und somit unsere<br />

Raffinerie weiterentwickelt werden.<br />

Wie wichtig und richtig dieses Vorgehen<br />

für <strong>BAYERNOIL</strong> sein kann, wird besonders<br />

in der <strong>aktuell</strong>en Wirtschaftskrise deutlich.<br />

Rupert Herold<br />

Prozessingenieur BTV<br />

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