Fight Back #2 - Nazis auf die Pelle rücken
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FIGHT BACK MAI/03 TREPTOW �<br />
Marco Oemus: l. und r. als NPD Ordner, r. Oktober 01<br />
Der „Franzose“- Gruppe 9<br />
sich in das Johannisthaler Stüb´l verzogen hatten.<br />
Die Veranstaltung musste in das „Prozentehouse“<br />
nach Lichtenberg verlegt werden. Doch auch <strong>die</strong>ser<br />
Ausweichort wurde von AntifaschistInnen enttarnt<br />
und angegriffen, <strong>die</strong> Veranstaltung musste abgebrochen<br />
werden. Anwesend bei der Nazigruppe im Johannisthaler<br />
Stüb´l war auch der Berliner NPD-Pressesprecher<br />
Rene Bethage aus Berlin-Schönefeld. Dieser<br />
zählt zu den wichtigsten rechtsextremen Drahtziehern<br />
im Süd-Osten Berlins. Er war früher Funktionär<br />
des Bund Freier Bürger (BFB) und gehörte<br />
zu der Initiative „Unser Land“, <strong>die</strong> vom NPD- Star<br />
Horst Mahler gegründet wurde. Bethage ist Organisator<br />
und Anmelder zahlreicher Nazi-Demonstrationen<br />
in Berlin. Obwohl er in der NPD organisiert ist,<br />
pflegt er ausgesprochen gute Kontakte in das Lager<br />
der Freien Nationalisten und stellt mit seinem Nationalen<br />
Aktionsbündnis Berlin NABB eine<br />
Schnittstelle zwischen beiden Spektren her. Seinen<br />
ausgesprochenen Hang zum Antisemitismus bewies<br />
er nicht nur mit seinen Demonstration gegen das Holocaustmahnmal<br />
oder gegen den israelischen Präsidenten,<br />
sondern auch als regelmäßiger Teilnehmer<br />
<strong>auf</strong> palästinensischen Demonstrationen.<br />
DIE KAMERADSCHAFTEN ZIEHEN MIT...<br />
Doch der Rahmen der NPD konnte in Treptow <strong>die</strong><br />
subkulturelle Nazi-Jugend nicht lange überzeugen.<br />
Zu bieder ist <strong>die</strong> geforderte Ordentlichkeit und Diziplin,<br />
zu langweilig <strong>die</strong> Volkstanzabende und Schulungsveranstaltungen<br />
mit Alkohol- und Colaverbot.<br />
Die aktionistischen <strong>Nazis</strong> aus Treptow mischten lieber<br />
in und im Umfeld der Kameradschaft Germania<br />
mit. Dies wurde im Sommer 1999 deutlich.<br />
10. Juli 1999 - Zwei VW-Busse voll mit 16 <strong>Nazis</strong> aus<br />
Berlin und Brandenburg sind <strong>auf</strong> dem Rückweg von<br />
einer Nazi-Demo in Hamburg. Auf dem Rasthof<br />
Stolpe treffen <strong>die</strong> <strong>Nazis</strong> aus dem Spektrum der Ka-<br />
Rene Bethage (Foto AIB) Gruppe 9 mit Transpi unterwegs<br />
meradschaft Germania <strong>auf</strong> eine Gruppe acht junger<br />
Punks. Die <strong>Nazis</strong> vermummen sich, bewerfen <strong>die</strong><br />
Punks mit Flaschen und Steinen und schlagen mit einer<br />
Eisenstange <strong>auf</strong> den Bus der Punks ein. Zwei<br />
Punks werden bei <strong>die</strong>sem Angriff schwer verletzt. Anschließend<br />
springen <strong>die</strong> Täter in ihre Busse und fahren<br />
ein Stück in Richtung Autobahnausfahrt, um<br />
kurz dar<strong>auf</strong> doch noch einen zweiten Angriff <strong>auf</strong> <strong>die</strong><br />
Punks durchzuführen. Eine Einheit der Polizeisondereinheit<br />
MEGA beobachtet den Nazi-Überfall, ohne<br />
einzugreifen oder zu helfen. Als <strong>die</strong> Täter schließlich<br />
<strong>auf</strong> der Autobahn gestellt werden finden sich unter<br />
ihnen auch Aktivisten der Treptower Kameradschaftsszene.<br />
So zwei Personen, <strong>die</strong> zuvor im Umfeld<br />
der Kameradschaft Treptow aktiv waren: Sebastian<br />
Schurak aus Hohenschönhausen und Lutz Giesen.<br />
Sebastian Schurak ist mittlerweile bei der NPD und<br />
in der Nazi-Rocker-Combo Vandalen aktiv geworden<br />
und Lutz Giesen hielt sich für einen Anführer der<br />
Berliner Kameradschaften, bevor er wegen „Kameradenbetruges“<br />
in Ungnade fiel. Doch auch lokal ansässige<br />
<strong>Nazis</strong> waren mit von der Partie: Martik<br />
Mkrttschjan (geb. 1978) aus Adlershof und Marco<br />
Oemus aus Niederschöneweide. Der Ziseleur<br />
Mkrttschjan ist Mitglied der Kameradschaft Germania<br />
und der NPD. Sein Kumpane Marco Oemus<br />
(geb. 1980) ist Mitglied der NPD und Aktivist bei<br />
der Skinheadorganisation Blood & Honour. Dessen<br />
ausgesprochene Aggression und Gewalttätigkeit<br />
brachte ihm einen Job als Ordner bei Nazi-Veranstaltungen<br />
ein.<br />
LOKALE NEUGRÜNDUNGEN<br />
Auch <strong>die</strong> Kameradschaft Germania war nicht im Bezirk<br />
verankert, obwohl sie sich hin und wieder im Johannisthaler<br />
Stüb´l traf. Für junge Nachwuchsnazis<br />
aus dem Bezirk stellte sie keine erreichbare Anl<strong>auf</strong>stelle<br />
dar. Abgesehen davon löste sie sich schließlich<br />
von selber wieder <strong>auf</strong>. So war abzusehen, dass junge<br />
Nazi-Cliquen aus Treptow ihre eigenen Grüppchen<br />
gründeten. In Adlershof gründen sich am 5. Juni<br />
2000 um <strong>die</strong> notorisch gewalttätigen Nazi-Skin Brüder<br />
Arved und Danny Degebrodt <strong>die</strong> Kameradschaft<br />
Adlershof. Mitglieder wurden Sven Schultz,<br />
Marco Wald, Thomas Snoppek, Marcus Keckel, Arved<br />
Degebrodt, Manuel Walzel und Daniela Macher.<br />
Die Treffen fanden meist bei Marco Wald statt. Dieser<br />
schrieb bereits Jahre zuvor verschiedene linke Organisationen<br />
in Treptow an und versuchte so Informationen<br />
über <strong>die</strong>se zu bekommen. Außerdem verfügt<br />
er über Kontakte zur rechtsextremen Interessensgemeinschaft<br />
zur Wiedervereinigung Gesamtdeutschlands<br />
(IWG). Vereinzelt tauchten nach der<br />
Gründung Aufkleber und Plakate der Kameradschaft<br />
Adlershof <strong>auf</strong>. Nachdem <strong>die</strong> Mitglieder der Kameradschaft<br />
jedoch durch antifaschistische Sprühaktionen<br />
<strong>auf</strong>gedeckt wurden, wurde es wieder still um sie.<br />
Am 26. Dezember 2000 gründen <strong>die</strong> Treptower Nazi-<br />
Jugendlichen Robert Rohde (geb. 1985), Ben Matzke<br />
(geb. 1984), Paul Krimmer (geb. 1984) und Mike<br />
Bodenhagen (geb. 1984) eine rechtsextreme Bruderschaft<br />
namens Odins Wölfe. Doch auch <strong>die</strong>se Gruppierung<br />
kommt mit ihren Aktivitäten über <strong>die</strong> eigene<br />
Gründung nicht hinaus. Etwas mehr zustande<br />
brachte jedoch <strong>die</strong> Gruppe 9. Bei ihr handelt es sich<br />
um eine Hooligangruppe des FC Union, <strong>die</strong> sich<br />
auch als „Höllenjungs“ bezeichnen. Stammkneipe<br />
<strong>die</strong>ser Gruppe ist <strong>die</strong> Kneipe „U 21“ in den Spreehö-<br />
l. Danny und r. Arved Degebrodt (Foto AIB)