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Grand Prix Suisse - Neue Zürcher Zeitung

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NZZ am Sonntag<br />

Spezial <strong>Grand</strong><br />

<strong>Prix</strong> <strong>Suisse</strong><br />

13,7 Millionen Franken<br />

Ein Oldtimer wie der<br />

Ferrari von 1957 ist auch<br />

eine Geldanlage. Seite 76<br />

Schnelle Frau<br />

Jeannette Kaufmann<br />

fährt Rennen mit einem<br />

alten Maserati. Seite 69<br />

Spezielle Raritäten<br />

Seltene Rennwagen<br />

und Motorräder<br />

auf einen Blick. Seite 71<br />

Hektik in der «Boxenstrasse» des <strong>Grand</strong> <strong>Prix</strong> <strong>Suisse</strong> 1936: Hans Stuck mit seinem Auto Union Typ C braucht Treibstoff und neue Reifen.<br />

Die Rennautos sind zurück<br />

Bis 1954 wurden im Bremgartenwald bei Bern Autorennen mit den weltbesten Fahrern ausgetragen. Am<br />

23. August wird dieser Anlass wieder zum Leben erweckt – mit rund 400 Renn-Oldtimern<br />

EPA<br />

ADRIANO CIMAROSTI


2 Derivate <strong>Grand</strong><strong>Prix</strong><strong>Suisse</strong><br />

NZZ am Sonntag � 26. Juli 2009<br />

Faszination <strong>Grand</strong> <strong>Prix</strong> <strong>Suisse</strong>: Am Start zum Finallauf 1947 liegen vier Alfa Romeos vorn, das Mittelfeld wird von einigen Maserati 4CL gebildet.<br />

Knatternde Bubenträume<br />

Am 23. August werden wieder jene Zeiten aufleben, als im Bremgartenwald bei Bern die weltbesten<br />

Autorennfahrer gegeneinander kämpften. In Demonstrationsläufen werden die Juwelen des<br />

ennwagenbaus von einst zu bestaunen sein – rund 300 Autos und 70 Motorräder. Von Adriano Cimarosti<br />

Vor zwei Jahren setzten<br />

sich vier Automobilsportliebhaber<br />

in der Nähe von<br />

Bern an einen Tisch<br />

und beschlossen, den<br />

Verein «<strong>Grand</strong> <strong>Prix</strong><br />

uisse Bern Memorial» zu gründen.<br />

as war der Startschuss zu einem orgaisatorischen<br />

Riesenprogramm, in desen<br />

Mittelpunkt die Paraden der Oldimer<br />

stehen. Richtig – an einem<br />

emorial werden keine Rennen ausetragen.<br />

Es handelt sich vielmehr um<br />

emonstrationsläufe hinter Schrittmaherwagen.<br />

Der letzte Grosse Preis der Schweiz<br />

and 1954 auf der Bremgarten-Rundtrecke<br />

statt. Im Jahr darauf ereignete<br />

ich der schwere Unfall von Le Mans.<br />

ort flog ein Rennwagen, der in einen<br />

nfall verwickelt worden war, in die<br />

uschauer. Das Unglück forderte 81<br />

pfer und liess die Motoren auf<br />

chweizer Circuits für immer verstumen<br />

– im einzigen Land weltweit.<br />

Einst zählte der Grosse Preis der<br />

chweiz, der zwischen 1934 und 1954<br />

vierzehn Auflagen erlebte, zu den<br />

<strong>Grand</strong>es Epreuves» (analog zu den<br />

eutigen WM-Läufen). Die weltbesten<br />

ahrer traten zu diesen Prüfungen an,<br />

nd die Sieger im «Bremer» (so wurde<br />

ie Strecke in der Berner Umgangsprache<br />

genannt) hiessen vor dem<br />

rieg Hans Stuck, Rudolf Caracciola<br />

dreifacher Sieger), Bernd Rosemeyer<br />

Rundenrekordhalter) sowie Hermann<br />

ang. Ab 1947 war die Reihe an Jeanierre<br />

Wimille, Graf Carlo Felice<br />

rossi, Alberto Ascari, Juan Manuel<br />

angio und Piero Taruffi. – Bereits 1931<br />

wurde der erste Grosse Preis der<br />

Schweiz für Motorräder ausgetragen.<br />

Die Sieger jener Rennen hiessen Jimmy<br />

Guthrie, James Simpson, Omobono<br />

Tenni sowie Georges Cordey, Enrico<br />

Lorenzetti, Geoffrey Duke und Fergus<br />

Anderson. Der Letztgenannte gewann<br />

den Grossen Preis gleich sechs Mal.<br />

Man hätte annehmen können, dass<br />

der <strong>Grand</strong> <strong>Prix</strong> <strong>Suisse</strong> 2009 wieder an<br />

der Kultstätte des früheren Schweizer<br />

Motorsports stattfindet – oder wenigstens<br />

auf dem Teil, der vom alten Circuit<br />

noch übrig geblieben ist. Aber<br />

heute ist ein Grossanlass rund um den<br />

Bremgartenwald nicht mehr denkbar:<br />

An der Murtenstrasse, der einstigen<br />

Zielgeraden, wird emsig gelocht und<br />

gebaut, der einst zügig befahrene Streckenabschnitt<br />

im Wald ist vor vielen<br />

Jahren zu einem Fussgänger- und<br />

Radfahrerweg geworden.<br />

Relativ gut erhalten ist einzig die berüchtigte<br />

zweite Eymattkurve, dort, wo<br />

die Strecke wieder in den Wald mündet.<br />

In diesem perfiden Bogen, der<br />

breit beginnt, sich dann verengt und<br />

aussen von Bäumen umrahmt wird, haben<br />

mehrere Champions ihr Leben gelassen.<br />

Tenni-Kurve hat man diese Kurve<br />

getauft: 1948 stürzte hier der legendäre<br />

italienische Motorradrennfahrer<br />

Omobono Tenni tödlich.<br />

Auftritte von je 25 Minuten<br />

Mittelpunkt des bevorstehenden Memorials<br />

ist am westlichen Rand Berns<br />

das Einkaufs- und Freizeitzentrum<br />

Westside. Hier werden sich die Teilnehmerfelder<br />

formieren, um sich auf<br />

die Fahrt zu machen. Jeder Auftritt<br />

dauert 25 Minuten, so dass die Konkurrenten<br />

(rund 300 Autos und 70 Motorräder)<br />

den Circuit wohl viermal um-<br />

ADRIANO CIMAROSTI<br />

runden können. Nach der Umfahrung<br />

des Einkaufszentrums führt eine lange<br />

Steigung zuerst nach Frauenkappelen,<br />

von wo die Teilnehmer hinunter nach<br />

Riedbach fahren. Kurz nach der Talsenke<br />

führt der Parcours über einige<br />

Windungen zurück zum Westside. Das<br />

Spektakel ist trotz moderatem Tempo<br />

garantiert, auch dank dem Umstand,<br />

dass viele automobile Raritäten vor<br />

den Zuschauern vorbeiziehen: Der Gesamtwert<br />

des Fahrzeugparks beträgt<br />

rund 250 Millionen Franken.<br />

Seit den 1970er Jahren in Mode<br />

Revivals mit historischen Fahrzeugen,<br />

aber auch richtige Rennen sind Mitte<br />

der 1970er Jahre in Mode gekommen.<br />

Fahrzeuge, die manchmal jahrzehntelang<br />

herumstanden, wurden plötzlich<br />

begehrt. Die Sammler waren bereit,<br />

teilweise astronomische Summen zu<br />

bezahlen. Gutsituierte Herren erfüllten<br />

sich nun den Bubentraum und erwarben<br />

jenen Renn- oder Sportwagen, von<br />

dem sie einst geschwärmt hatten.<br />

Mit diesen Oldtimern Rennen zu<br />

bestreiten, ist nicht immer ratsam,<br />

denn es fehlt den Fahrern oft an<br />

Übung. Aber an Revivals, an denen<br />

eine gedrosselte Gangart gepflegt wird,<br />

sind die Liebhaber der einstigen<br />

Vollblüter gut aufgehoben. Dies gilt<br />

auch für die Motorradfreaks, die mit<br />

ihren blankgeputzten Maschinen zum<br />

Einsatz kommen. Am 23. August werden<br />

die bis zu 40 Fahrzeuge umfassenden<br />

Felder abwechslungsweise auf<br />

die Reise geschickt, jedes Feld steht<br />

mindestens zweimal im Einsatz, so<br />

dass die Liebhaber ihr bevorzugtes<br />

Kleinod während einer Stunde im<br />

Einsatz bewundern können.


NZZ am Sonntag � 26. Juli 2009 Derivate <strong>Grand</strong><strong>Prix</strong><strong>Suisse</strong><br />

3<br />

Bern soll «das Mekka des historischen Rennsports» werden – das Programm<br />

Zur Blütezeit des <strong>Grand</strong> <strong>Prix</strong> <strong>Suisse</strong><br />

säumten jeweils über 100 000 Zuschauer<br />

die Strecke im Bremgartenwald. Für<br />

das «<strong>Grand</strong> <strong>Prix</strong> <strong>Suisse</strong> Bern Memorial<br />

2009» rechnen die beiden Initianten<br />

Beat Roos und Daniel Geissmann vorsichtshalber<br />

nur mit «mindestens 10 000<br />

zahlenden Besuchern».<br />

Diese können die 18 Demonstrationsläufe<br />

auf der neuen, acht Kilometer langen<br />

Strecke an vier Punkten verfolgen<br />

(siehe Plan). Diese Paraden der Renn-<br />

Oldtimer finden am 23. August statt. Ab<br />

dem frühen Morgen werden sich jeweils<br />

Felder von rund 40 Fahrzeugen über den<br />

Parcours bewegen. Als Highlights werden<br />

dabei der Auto Union Typ C (1934),<br />

diverse Ferraris, Maseratis und Bugattis<br />

angekündigt – und der Alfetta 159, der<br />

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Frauenkappelen<br />

Chrummacher<br />

P<br />

P<br />

Riedbach<br />

1000m<br />

den <strong>Grand</strong> <strong>Prix</strong> <strong>Suisse</strong> viermal als Sieger<br />

beendete. Insgesamt werden 300 Automobile<br />

und 70 Motorräder über die Strecke<br />

knattern. Zwischen den Demonstrationsläufen<br />

wird auch der Luftraum historisch<br />

belegt: Geplant ist ein Überflug alter<br />

Flugzeuge von Bern-Belp aus – angekündigt<br />

sind Hunter, Venom, Vampire, DC 3,<br />

Super Constellation und andere.<br />

Unter dem Etikett «<strong>Grand</strong> <strong>Prix</strong> <strong>Suisse</strong>»<br />

wird gleich die ganze Woche Unterhaltung<br />

und Anschauungsunterricht geboten, also<br />

vom 17. bis zum 23. August. So läuft beispielsweise<br />

in Frauenkappelen eine Retrospektive<br />

des Automobilbaus, gleichenorts<br />

findet die Gedenkausstellung zum 70. Geburtstag<br />

des früheren Formel-1-RennfahrersClayRegazzonistatt.AmDonnerstag<br />

wird ein Gedenkstein im früheren Start-<br />

E25<br />

P<br />

Buch<br />

Fahrzeugpark<br />

Wagenabnahme<br />

Reparatur<br />

gelände im Bremgartenwald enthüllt. Als<br />

besonders publikumsträchtig kündigt<br />

sich am Freitag und Samstag der abendliche<br />

Korso der teilnehmenden Fahrzeuge<br />

durch die Berner Altstadt an – mitsamt<br />

Präsentation auf dem Bundesplatz.<br />

An der folgenden Soirée wird der Opernsänger<br />

Andreas Winkler mit einem<br />

Tanzensemble unter anderem ein Lied<br />

vortragen, das eigens für den Anlass<br />

komponiert wurde.<br />

Laut Organisator Beat Roos soll Bern<br />

mittelfristig «das Mekka des historischen<br />

Rennsports» werden. Ein erstes Memorial,<br />

das unter anderer Ägide 1998 stattfand,<br />

erlebte allerdings nur eine Wiederholung.<br />

Die neuen Initianten wollen den<br />

<strong>Grand</strong> <strong>Prix</strong> <strong>Suisse</strong> alle zwei Jahre durchführen.<br />

(wag.)<br />

Zuschauerzone<br />

Sperrzone<br />

Westside<br />

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Fahrer-Lager<br />

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Gästebereich<br />

P<br />

Start/Ziel<br />

FOTOS: ADRIANO CIMAROSTI<br />

<strong>Grand</strong> <strong>Prix</strong> <strong>Suisse</strong> 1954: Ein Blick ins Innere des Mercedes-Benz W196 von Karl Kling.<br />

Das Seitenwagen-Rennen von 1952 geht an Milani/Pizzocri auf Gilera.<br />

Legendär.<br />

Chronoris <strong>Grand</strong> <strong>Prix</strong> ‘70<br />

Limited Edition<br />

www.oris.ch


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der grosse preis<br />

von westside.<br />

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ZZ am Sonntag � 26. Juli 2009 Derivate <strong>Grand</strong><strong>Prix</strong><strong>Suisse</strong><br />

5<br />

Renn-Oldtimer Die Liebhaber der teuren Boliden<br />

Ein Stück Zeitgeschichte, bis zu 250 km/h schnell: Jeannette Kaufmann mit dem Maserati 4CL aus dem Jahr 1939.<br />

er Gas gibt, ist keine Tussi<br />

eannette Kaufmann fährt Oldtimer-Rennen. Sie bewegt sich damit in einer Männerwelt. Von Remo Geisser<br />

eidenschaft wird durch Viren verbreiet.<br />

So sieht es Jeannette Kaufmann.<br />

ls Kind war sie stets mit ihrem Vater<br />

nd seinen Brüdern unterwegs. Und<br />

ie hatten nur ein Thema: Motoren. Es<br />

auerte einige Zeit, bis sich das Mädhen<br />

infizierte. Als Jeannette Kaufann<br />

alt genug war, selbst Gas zu geen,<br />

liess sich die Familie nicht bitten.<br />

ie Onkel brachten ihr das Töfffahren<br />

ei, der Vater überliess ihr das Steuer<br />

eines ersten Oldtimers. «Mir hat nie<br />

emand gesagt: ‹Das kannst du nicht.›<br />

der: ‹Das darfst du nicht›», erinnert<br />

ich die Badenerin.<br />

Vielleicht vertraute sie darum dem<br />

nstruktor im BMW-Rennwagen, der<br />

hr auf dem Salzburgring sagte: «Tu<br />

infach, was ich dir sage.» Sie tat es<br />

nd erlebte das berauschende Gefühl<br />

ontrollierten Fahrens bei hoher Gechwindigkeit.<br />

Wenig später hatte<br />

eannette Kaufmann die Rennlizenz.<br />

ber 50 Oldtimer – wie Erich Traber<br />

eine Vernunft verlor<br />

ein Vermögen gemacht hat Erich Traer<br />

mit dem Börsengang des Elektroik-Discounters<br />

Interdiscount. Doch in<br />

er Seele des 1930 geborenen Kaufanns<br />

brennt seit dem 19. Lebensjahr<br />

in anderes Feuer – jenes für schöne,<br />

chnelle und historisch bedeutsame<br />

utomobile.<br />

Das Büro des heute 78-Jährigen im<br />

ndustriegebiet südlich von Bern<br />

pricht Bände. Da hängen historische<br />

lakate, Gruppenbilder von Markenreffen<br />

und bündelweise Medaillenätze<br />

von Classic-Car-Rennen. Auf eier<br />

Stellwand mit privaten Fotos aus<br />

ier Jahrzehnten sind mehr Autos zu<br />

ehen als Menschen. Und was für Auos!<br />

Der passionierte Sammler hatte<br />

chon immer den Blick fürs Besondere:<br />

eit Mitte der fünfziger Jahre waren<br />

underte von Automobilen in seinem<br />

esitz – allesamt Fahrzeuge, die dem<br />

enner Freudentränen in die Augen<br />

reiben.<br />

Die Anfänge von Trabers Sammeleidenschaft<br />

lassen sich datieren: 1949<br />

usste er als blutjunger Angestellter<br />

iner Handelsgesellschaft täglich mit<br />

nsehen, wie der Juniorchef mit einem<br />

G TC vorfuhr. Genau so einen wollte<br />

raber auch, obwohl er nur zu gut<br />

usste, dass einem Jungspund wie ihm<br />

in solcher Wunsch nicht anstand.<br />

echs Jahre später, er war inzwischen<br />

Sie fuhr moderne Boliden und Oldtimer-Rennwagen.<br />

Beides faszinierte sie,<br />

der Unterschied lag im Emotionalen.<br />

«Man muss ein altes Auto spüren und<br />

gut behandeln», sagt die Rennfahrerin,<br />

«es ist fast wie bei einem Kind, das<br />

man anzieht, bevor man aus dem Haus<br />

geht.» So wird der Motor des 1939er<br />

Maseratis, mit dem Jeannette Kaufmann<br />

am <strong>Grand</strong> <strong>Prix</strong> <strong>Suisse</strong> unterwegs<br />

sein wird, zuerst mit Benzin aufgewärmt<br />

und dann auf Methanol umgestellt.<br />

Einfach reinsitzen und Gas<br />

geben – das geht nicht. Dafür hat das<br />

Auto nicht nur einen wundervollen<br />

Ton, sondern auch einen eigenen, berauschenden<br />

Geruch.<br />

Der Maserati musste erst wieder<br />

zum Rennwagen gemacht werden. Jahrelang<br />

war er rot und schön in der<br />

Garage eines Sammlers gestanden. Der<br />

Motor lief zwar, aber das Auto war mechanisch<br />

höheren Aufgaben nicht<br />

nach Genf übersiedelt und dort für<br />

eine Lebensversicherungsgesellschaft<br />

tätig, nahm Trabers Schicksal indes<br />

seinen Lauf. Er wohnte ausserhalb der<br />

Stadt, fuhr täglich mit dem Fahrrad zur<br />

Arbeit und wieder zurück, und eines<br />

Sommerabends fiel er auf dem Nachhauseweg<br />

fast vom Rad. Vor einer<br />

Garage stand ein Juwel von einem feuerroten<br />

MG TC – um Trabers Vernunft<br />

war es definitiv geschehen.<br />

Der rote Flitzer wurde ihm zwar<br />

schnell zu klein. Doch die Leidenschaft<br />

für den Besitz edler Autos war endgültig<br />

entflammt. Traber machte sich<br />

kurze Zeit später selbständig, importierte<br />

und vertrieb Fotozubehör und<br />

gründete mit Partnern die Firma Interdiscount,<br />

die man gemeinsam an die<br />

Börse brachte. Bald kamen neue Modelle<br />

hinzu, grössere, seltenere. Und<br />

mit jedem wuchs der Wunsch, dereinst<br />

ein Automuseum zu bauen und es mit<br />

den schönsten und interessantesten<br />

Fahrzeugen zu bestücken.<br />

Traber hätte sie gehabt – über 200<br />

der faszinierendsten Autos der Welt.<br />

Unter anderem einen der drei Lincolns<br />

des FBI, die John F. Kennedy zugeteilt<br />

waren. Auch am 22. November 1963,<br />

dem Tag seiner Ermordung. «Hätte es<br />

damals geregnet», sinniert Traber,<br />

«hätte man anstelle des Cabrios meine<br />

Limousine genommen. Dann hätte die<br />

mehr gewachsen. Die Kaufmanns investierten<br />

zwei, drei Jahre Arbeit, bis<br />

der Wagen wieder zuverlässig am<br />

Limit lief. Dazwischen gab es einige<br />

Frustrationen. «Ich musste mehrmals<br />

wegen technischer Probleme Rennen<br />

abbrechen und zusammenpacken»,<br />

sagt Jeannette Kaufmann.<br />

Dass es dabei auch Tränen gab, mag<br />

in der Rennfahrerwelt zunächst pikiert<br />

zur Kenntnis genommen worden sein.<br />

«Ich war ohnehin eine Exotin», sagt<br />

die Frau. Aber eine, die schnell akzeptiert<br />

wurde. Man müsse nicht die Ellbogen<br />

ausfahren und auch nicht<br />

schneller sein als die Männer, sagt sie.<br />

Es gehe einzig darum, den Konkurrenten<br />

zu zeigen, dass man fähig sei, ein<br />

solches Auto am Limit zu bewegen.<br />

«Und dass man keine Tussi ist.» Die<br />

Rolle der Frauen im Oldtimer-Sport<br />

hat die Marketing-Fachfrau immer<br />

wieder beschäftigt. Oft stehen die Part-<br />

Weltgeschichte wohl einen anderen<br />

Verlauf genommen.» Traber baute<br />

schliesslich doch kein Museum. Von<br />

den achtziger Jahren an schossen Automuseen<br />

nur so aus dem Boden, und<br />

alle waren sie «zu steril» – zumindest<br />

für Trabers Geschmack. Er beschloss,<br />

seine Sammlung zu reduzieren, so dass<br />

sie heute aus noch gut 50 Fahrzeugen<br />

besteht – lauter Juwelen. Die meisten<br />

davon sind europäische Sportwagen<br />

der Extraklasse, hergestellt zwischen<br />

1920 und 1969. Der Rest sind Raritäten<br />

mit besonders gelungenen Formen,<br />

US-Cars aus den wilden fünfziger Jahren<br />

sowie Fahrzeuge mit historischem<br />

Hintergrund.<br />

Am kommenden <strong>Grand</strong> <strong>Prix</strong> <strong>Suisse</strong><br />

sind fünf von Trabers Fahrzeugen unterwegs.<br />

Ein Veritas, ein Jaguar, ein Lotus,<br />

ein Delahaye und ein Stanguellini<br />

von 1960. Letztgenannten lässt Traber<br />

als Zückerchen am Schluss des Gesprächs<br />

in der Ausstellungshalle in<br />

Gang setzen. Der Motor springt an und<br />

heult auf wie ein Düsenjet. Trotz ohrenbetäubendem<br />

Lärm hat man plötzlich<br />

eine Ahnung vom inneren Antrieb<br />

des alten Mannes. Die goldenen Zeiten<br />

des Rennsports sind zwar vorüber.<br />

Doch ab und zu flackern sie punktuell<br />

wieder auf. Auch hierzulande. Nicht<br />

zuletzt dank Menschen wie Erich Traber,<br />

78, Autoliebhaber. Philipp Bitzer<br />

MARCO ZANONI<br />

nerinnen der Fahrer am Rand und<br />

schauen fasziniert zu – aber sie dürfen<br />

die Autos nicht berühren, geschweige<br />

denn fahren. Jeannette Kaufmann<br />

hingegen sieht das stolze Leuchten in<br />

den Augen ihres Vaters, wenn sie mit<br />

einem seiner Boliden richtig Gas gibt.<br />

Einsatz bewies die Frau auch abseits<br />

der Rennstrecke. Sie setzte sich erfolgreich<br />

dafür ein, dass im Rahmen der<br />

Schweizer Meisterschaften eine Kategorie<br />

für Oldtimer geschaffen wurde.<br />

Es war ihr wichtig, dass sich die<br />

Rennfahrer mit ihren alten Autos zeigen<br />

konnten. «Und zwar in richtigen<br />

Rennen – nicht nur bei Schickimicki-<br />

Anlässen.» Heute gibt es eine Vielzahl<br />

von Rennen. Sie dienen dem sportlichen<br />

Vergleich, aber auch dem<br />

Austausch unter Fachleuten. Das Zusammengehörigkeitsgefühl<br />

in dieser<br />

eigenen Welt sei einzigartig, sagt die<br />

Rennfahrerin.<br />

MARKUS FORTE<br />

Und die Angst? Im Maserati, den<br />

Jeannette Kaufmann mit dröhnendem<br />

Motor über den Circuit jagt, gibt es<br />

kein ABS, keinen Airbag, keine Sicherheitsgurten.<br />

Nein, Angst hat die Rennfahrerin<br />

nicht. Sie baute zwar 1998 am<br />

Klausenrennen einen Unfall, bei dem<br />

sie sich die Nase brach und Prellungen<br />

zuzog. Aber was sie viel mehr beschäftigte<br />

als ihre Schmerzen, war der<br />

schwere Schaden am Auto. Es habe<br />

wahnsinnig viel Geld gekostet, den<br />

Boliden zu restaurieren. Doch nicht<br />

nur der materielle Wert der Oldtimer<br />

sei wichtig. «Jedes Mal, wenn etwas<br />

kaputt ist, geht ein Stück Geschichte<br />

verloren.» Deshalb sei sie heute stets<br />

mit viel Respekt unterwegs. Was allerdings<br />

nicht heisst, dass sie langsam<br />

fährt. Der Maserati wurde als Rennmaschine<br />

gebaut und ist bis zu 250 km/h<br />

schnell. Jeannette Kaufmann scheut<br />

sich nicht, dieses Limit zu kitzeln.<br />

Ein Leben für eine Passion: Erich Traber, Autoliebhaber, in der Ausstellungshalle in Toffen.


Alle Zeit der Welt – seit 1760<br />

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NZZ am Sonntag � 26. Juli 2009 Derivate <strong>Grand</strong><strong>Prix</strong><strong>Suisse</strong><br />

7<br />

AlteRennboliden<br />

mitbesonderer<br />

Geschichte<br />

Ob 16-zylindriger Rennwagen oder<br />

Motorräder der grössten Schweizer<br />

Marke – am <strong>Grand</strong> <strong>Prix</strong> <strong>Suisse</strong> werden sie<br />

alle über die Strecke dröhnen. Wir zeigen<br />

zwölf speziell bemerkenswerte Gefährte<br />

Mercedes W154, 1939<br />

DasModellW154kamschon1938im<br />

Rahmen der <strong>Grand</strong>-<strong>Prix</strong>-Formel heraus.<br />

MitdemW154von1939gewannHermann<br />

Lang den Grossen Preis der<br />

Schweiz. Lang wurde damit auch Europameister<br />

(Pendant zur späteren WM).<br />

Zylinder: V12<br />

Hubraum: 2962 cm 3<br />

Leistung: 485 PS bei 7800 U./min<br />

Spitzengeschwindigkeit: 315 km/h<br />

Motosacoche D50, 1936<br />

Motosacoche war die grösste Schweizer<br />

Motorradmarke. Produziert wurde sie<br />

von 1899 bis 1957 von der Firma H. &<br />

A. Dufaux in Genf. Die D 50 mit 495-cm 3 -<br />

Einzylinder-Stossstangenmotor konnte<br />

im Verkehr eingesetzt werden.<br />

Zylinder: 1<br />

Hubraum: 495 cm 3<br />

Leistung: 26 PS<br />

Spitzengeschwindigkeit: 140 km/h<br />

ARRIGO CIMAROSTI<br />

Aston Martin DB, 1955<br />

Ein sportlicher und eleganter Reisewagen,<br />

der sich auch bei Wettbewerben<br />

gut bewährte, insbesondere bei Langstreckenrennen.<br />

Der langhubige Motor<br />

ist eine Ableitung des Rennwagen-<br />

Motors.<br />

Zylinder: 6 (Motor: 3 DB S Aston Martin)<br />

Hubraum: 2922 cm 3<br />

Leistung: 164 PS bei 5000 U./min<br />

Spitzengeschwindigkeit: 200 km/h<br />

Talbot T26 GS, 1950<br />

Vom 4,5-Liter-Talbot mit 6-Zylinder-<br />

Saugmotor gab es die <strong>Grand</strong>-<strong>Prix</strong>-<br />

Version sowie den zweisitzigen Sportwagen.<br />

Die Autos waren sonst ziemlich<br />

identisch. Auf dem T 26 GS gewannen<br />

Louis Rosier und Sohn 1950 Le Mans.<br />

Zylinder: 6 Zylinder<br />

Hubraum: 4485 cm 3<br />

Leistung: 260 PS bei 5000 U./min<br />

Spitzengeschwindigkeit: 240 km/h<br />

FOTOS: ADRIANO CIMAROSTI<br />

Auto Union Typ C, 1936<br />

Der 16-Zylinder-Rennwagen mit Mittelmotor<br />

der 750-kg-Formel war nicht<br />

einfach zu beherrschen. Damit holte<br />

sich Bernd Rosemeyer in der Saison<br />

1936 viele Erfolge, so auch bei Bern.<br />

Mit 169 km/h fuhr er auch einen nie<br />

mehr erreichten Rundenrekord.<br />

Zylinder: V16-Kompressormotor,<br />

Hubraum: 6005 cm 3<br />

Leistung: 520 PS<br />

Spitzengeschwindigkeit: 320 km/h<br />

Moto G. Dondolino, 1948<br />

Jahrzehntelang galt das seitliche<br />

Schwungrad als charakteristisches<br />

Merkmal der Einzylinder (liegend) aus<br />

Mandello del Lario bei Como. Die Moto<br />

Guzzi Dondolino konnte mit Lampe<br />

auch im Verkehr eingesetzt werden.<br />

Zylinder: 1<br />

Hubraum: 498 cm<br />

Leistung: 33 PS bei 5500 U./min<br />

Spitzengeschwindigkeit: 180 km/h<br />

ARRIGO CIMAROSTI<br />

DANIEL REINHARD<br />

Jaguar D-Type, 1955<br />

MitdiesemModellhatJaguardie<br />

24 Stunden von Le Mans in den Jahren<br />

1955 bis 1957 gewonnen. Die mittlere<br />

Partie des Fahrzeugs besteht aus einer<br />

Monocoque-Konstruktion, an die hinten<br />

und vorne ein Rohrrahmen angebaut ist.<br />

Zylinder: 6<br />

Hubraum: 3442 cm 3<br />

Leistung: 250 PS bei 6000 U./min<br />

Spitzengeschwindigkeit: 273 km/h<br />

Maserati 4CLT/48, 1948<br />

Mit dem eleganten Modell belegten<br />

Villoresi und Ascari 1948 den dritten<br />

und fünften Rang in Bern. Giuseppe<br />

Farina gewann mit dem 4CLT den<br />

GP von Lausanne 1949, Emanuel de<br />

Graffenried 1949 den GP von England.<br />

Zylinder: 4<br />

Hubraum: 1489 cm 3 , Zweistufengebläse<br />

Leistung: 260 PS bei 7000 U./min<br />

Spitzengeschwindigkeit: 260 km/h<br />

Bugatti T44, 1930<br />

In der Zwischenkriegszeit galt Bugatti<br />

als Prestigemarke, heute besteht ein<br />

Kult rund um die Autos aus dem Elsass.<br />

Der T44, kurz «Trois litres» genannt, war<br />

ein sportlicher Reisewagen und wurde<br />

von diversen Karossiers eingekleidet.<br />

Zylinder: 8<br />

Hubraum: 2992 cm 3<br />

Leistung: 95 PS<br />

Spitzengeschwindigkeit: 140 km/h.<br />

DANIEL REINHARD<br />

ARRIGO CIMAROSTI<br />

Norton Manx 30, 1947<br />

Norton zählte dank den Erfolgen im<br />

Rennsport zu den stolzen Namen.<br />

NortonwarauchinBernerfolgreich,wo<br />

Fahrer wie Jimmy Guthrie, Jimmy Simpson,<br />

Freddie Frith und dann auch Geoffrey<br />

Duke auf den diversen Manx siegten.<br />

Zylinder: 1<br />

Hubraum: 499 cm 3<br />

Leistung: 36 PS<br />

Spitzengeschwindigkeit: 190 km/h<br />

FerrariTipo500/F2,1952<br />

Mit dem Formel-2-Modell wurde der<br />

Mailänder Alberto Ascari Weltmeister<br />

der Jahre 1952/1953. Dieser Vierzylinder<br />

gewann den GP der Schweiz<br />

mit Piero Taruffi und Alberto Ascari<br />

und war damals kaum zu schlagen.<br />

Zylinder: 4 Zylinder, Saugmotor<br />

Hubraum: 1984 cm 3<br />

Leistung: 190 PS bei 7200 U./min<br />

Spitzengeschwindigkeit: 250 km/h<br />

Alfa Romeo 158/159, 1950<br />

Der 1938 geborene Tipo 158 wurde bis<br />

1951 laufend weiterentwickelt und hiess<br />

zuletzt159.Eswardererfolgreichste<br />

<strong>Grand</strong>-<strong>Prix</strong>-Wagen von 1946 bis 1951,<br />

wobei die Leistung von 190 auf 430 PS<br />

zunahm. Vierfacher Sieger in Bern.<br />

Zylinder: 8<br />

Hubraum: 1479 cm 3 , Zweistufengebläse<br />

Leistung: 430 PS bei 9300 U./min<br />

Spitzengeschwindigkeit: 315 km/h


8 Derivate <strong>Grand</strong><strong>Prix</strong><strong>Suisse</strong><br />

NZZ am Sonntag � 26. Juli 2009<br />

Rennanzüge<br />

gestern<br />

und heute<br />

Früher fuhr man in festen<br />

Baumwollhemden, heute sind<br />

Rennsport-Overalls das Ergebnis<br />

hochkomplexer technischer<br />

Tüfteleien. Von Jeroen van Rooijen<br />

Was waren das<br />

doch für<br />

schöne, wilde<br />

Zeiten, als<br />

tollkühne<br />

Männer in<br />

tonnenschween<br />

Autos Rennen fuhren, die zwar<br />

ber Flugzeugmotoren verfügten, aber<br />

aum brauchbare Bremsen hatten! Sie<br />

aten dies mit nichts als einer ledernen<br />

turmhaube und einem Sichtschutz auf<br />

em Kopf, in Baumwolltwill-Overalls,<br />

ie manchmal notdürftig von einem<br />

ederwams vor Ölspritzern geschützt<br />

waren. Die Bilder aus jener Zeit sind<br />

unwiderstehlich: Wie etwa Tazio Nuvolari<br />

1934 am <strong>Grand</strong> <strong>Prix</strong> <strong>Suisse</strong> in<br />

Bremgarten mit seinem weissen Oxfordhemd<br />

mit kragenloser Lederweste<br />

auf seinem Auto sitzt, ein neckisches<br />

Seidenfoulard um den Hals gezurrt.<br />

Oder Rudolf Caracciola und Manfred<br />

von Brauchitsch, die in einer Aufnahme<br />

von 1935 in grosszügig geschnittenen<br />

weissen Overalls dasitzen und<br />

fachsimpeln, derweil die Rennfahrerbrillen<br />

um den Hals baumeln.<br />

Siedend heisses Öl<br />

Rennen zu fahren, war damals richtig<br />

harte Arbeit. An Lenkkraftunterstützung<br />

war nicht zu denken, also musste<br />

kräftig am Steuer gezerrt werden. Die<br />

Autos waren laut und eng, die Ab-<br />

wärme des Motors schob sich unbarmherzig<br />

in die Enge des Cockpits, das Öl<br />

spritzte siedend heiss aus den Ritzen<br />

der Motorhaube und «imprägnierte»<br />

die Gesichtshaut des Fahrers. Und es<br />

gab nicht viel mehr Materialien als<br />

Baumwolle, Leinen und Leder, aus denen<br />

man einen Rennanzug hätte<br />

schneidern können, der gleichzeitig<br />

atmungsaktiv war und auch die Fähigkeit<br />

hatte, den Fahrer einigermassen zu<br />

schützen.<br />

Stretchfasern und elastische Bundabschlüsse,<br />

die einen modernen Rennanzug<br />

so bequem wie ein Pyjama<br />

machen, waren damals noch nicht erfunden.<br />

Und so banden sich die Piloten<br />

vor 75 Jahren die Hemdmanschetten<br />

und Hosensäume einfach mit Lederriemen<br />

zu, um Wind und Hitze abzuwehren.<br />

In grossen aufgesetzten Taschen<br />

wurden Dokumente, Karten und<br />

Werkzeug verstaut, weil jeder Pilot ja<br />

gleichzeitig auch ein Stück weit sein<br />

eigener Mechaniker war.<br />

Heute, wo Formel-1-Autos von den<br />

Fahrern fast mit dem kleinen Finger zu<br />

bedienen sind – vorausgesetzt, man<br />

kennt die Funktionen der vielen elektronischen<br />

Helfer! – und die grösste<br />

Herausforderung die enormen Beschleunigungs-<br />

und Fliehkräfte sind,<br />

gehorcht ein Rennanzug ganz anderen<br />

Kriterien. Sicherheit und Komfort sind<br />

die Maximen, denen die Ausrüstungen<br />

Autofahren schafft Unabhängigkeit. Auch für behinderte Menschen.<br />

ADRIANO CIMAROSTI<br />

Ein Ledergilet schützt vor Ölspritzern: Tazio Nuvolari 1934 am <strong>Grand</strong> <strong>Prix</strong> <strong>Suisse</strong>.<br />

Dreilagiger Hightech-Anzug, massgeschneidert:<br />

Der Formel-1-Fahrer<br />

Jenson Button. (19. Juni 2009)<br />

10CD3KOQ6AMAwF0RPF-nY2G5ckqSKEAHH_o4AoKKZ5mjk9E77Wvl39cAZSDtCoUlwlkap4RCFO4qgwAWyBsSSt9tJ_h7WFExjADaa9jQfCnJxMXQAAAA==<br />

10CAsNsjY0MDAx1TWwMLYwMgMAU_WQ7A8AAAA=<br />

REUTERS<br />

der PS-Gladiatoren zu gehorchen<br />

haben. Naturfasern haben seit den<br />

fünfziger Jahren ausgedient und sind in<br />

Profi-Rennen heute gar verboten: Sie<br />

brennen zu rasch, sollte der Wagen<br />

verunglücken und der Fahrer nicht<br />

rechtzeitig dem Wrack entfliehen können.<br />

Rennanzüge, die nach den strengen<br />

Regeln des Weltverbandes FIA<br />

homologiert sind, werden seit den<br />

1960er Jahren aus feuerfesten Stoffen<br />

genäht, die dennoch hochgradig atmungsaktiv<br />

sind. Schliesslich schwitzen<br />

die Piloten im Verlauf eines Rennens<br />

bis zu zwei Liter Flüssigkeit aus.<br />

Über 2000 Franken teuer<br />

Als Standard für Rennanzüge gilt heute<br />

die FIA-Norm 8856-2000, die genau<br />

vorschreibt, welche Materialien verwendet<br />

werden dürfen, wie diese vernäht<br />

sein und welche Schichten unter<br />

dieser Arbeitsbekleidung getragen<br />

werden müssen. Ein entsprechendes<br />

Abzeichen ist bei den meisten Rennanzügen,<br />

wie etwa dem von Lewis<br />

Hamilton, im Nacken unter dem Kragen<br />

eingestickt. Ausstatter wie Maxpart<br />

oder Sparco führen gemäss den<br />

FIA-Vorschriften eine Reihe von hitzeund<br />

wasserfesten, atmungsaktiven und<br />

multidirektional dehnbaren Profi-<br />

Rennanzügen. Beim Modell «Pairformance»<br />

von Maxpart erlaubt eine<br />

Kombination aus Interlock-Strickge-<br />

webe und Stretch-Aramiden im Armbereich<br />

maximale Bewegungsfreiheit.<br />

Allerdings kostet ein solcher Overall<br />

mit über 2000 Franken auch so viel wie<br />

der feine Zwirn eines italienischen<br />

Schneiders.<br />

Die besten Rennanzüge kommen<br />

übrigens aus Italien, und zwar aus<br />

Asolo in der norditalienischen Provinz<br />

Treviso, wo die Firma Alpinestars den<br />

Formel-1-Heroen wie Rubens Barrichello<br />

oder Jenson Button dreilagige<br />

Hightech-Rennanzüge nach individuellen<br />

Massen auf den Leib schneidert.<br />

Die äussere Schicht besteht aus<br />

einem hochgradig reissfesten und<br />

gegen Abrieb resistenten Ripstop aus<br />

extrem leichten Karbon- und Kunstfasern.<br />

Die Zwischenschicht aus gefilztem<br />

Nomex-Gewebe hält die Hitze<br />

vom Körper fern, während das komplett<br />

mit Flachnähten gearbeitete Innenfutter<br />

rasch Schweiss nach aussen<br />

transportiert und dafür sorgt, dass<br />

keine Druckstellen den Fahrer von seiner<br />

Arbeit ablenken.<br />

Die Beine und Arme sind bereits in<br />

jenen Kurven geschnitten, in denen<br />

der Fahrer im Cockpit sitzt. Eine bewegliche<br />

Schulterkonstruktion nimmt<br />

Rücksicht auf das heute weitverbreitete<br />

Head-and-Neck-Support-System<br />

«Hans», das den Helm des Fahrers abstützt<br />

und bei extremen Kräften vor<br />

Verletzungen schützt.<br />

Dank Ihrer Spende ermöglicht die Stiftung Cerebral behinderten<br />

Menschen die Fahrprüfung.<br />

Die Stiftung Cerebral unterhält eine Flotte von speziell umgebauten<br />

Fahrzeugen, damit auch Menschen im Rollstuhl die Fahrprüfung machen<br />

können. Unterstützen Sie die Fahrschule der Stiftung Cerebral und<br />

schaffen Sie Mobilität für körperbehinderte Menschen.<br />

Wir sind dankbar für jede Spende, für alle, die mit einem Legat über ihr<br />

Leben hinaus Gutes tun wollen, und für Unternehmen, welche einzelne<br />

Projekte finanzieren. Die Stiftung Cerebral unterstützt Betroffene und ihre<br />

Familien in der ganzen Schweiz.<br />

Helfen verbindet<br />

Schweizerische Stiftung für das cerebral gelähmte Kind<br />

Erlachstrasse 14, Postfach 8262, 3001 Bern,<br />

Telefon 031 308 15 15, PC 80-48-4, www.cerebral.ch


Die Brücke Pont de Pierre und die Garonne in Bordeaux<br />

Dieses kleine Gut von Daniel und Brigitte Orsini<br />

liegt im Entre-Deux-Mers. Château Les Ragottes<br />

2005 ist ein runder Wein mit dem Geschmack<br />

von Pflaumen, roten und schwarzen Johannisbeeren<br />

mit einer cremigen Note und festen<br />

Tanninen.<br />

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Klassische Autos – klassische Weine<br />

BRONZE<br />

2007<br />

CONCOURS DE BORDEAUX<br />

VINS D'AQUITAINE<br />

Die Rebstöcke der Familie Revaire sind im<br />

Durchschnitt 45 Jahre alt und lieferten für den<br />

Château Lafaye 2005 nur eine winzige Menge<br />

konzentrierter Trauben. Ein reifer Wein mit weichen<br />

Brombeer- und roten Johannisbeernoten und<br />

warmem, samtigem Abgang mit Holznote.<br />

10CEXKMQ6AIAwF0BPR_JZWih0FJmKMGu9_FBMXh7e9OcMIn63vdz-DAbUEV9EaLkruEizKZCVQeBGgrsyK7Nkt_p22li5gAA-YjjZe1rODNV0AAAA=<br />

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Liebe Freunde klassischer Oldtimer,<br />

Sie haben eine Leidenschaft für schöne alte Autos und sind von diesem Stil und der Klasse begeistert?<br />

Glauben Sie mir, genauso ergeht es mir, wenn ich ein Glas eines dieser herrlichen Weine aus Bordeaux in der<br />

Hand halte - einfach stilvoll und elegant. Und wie eine schöne Ausfahrt machen auch diese Weine richtig<br />

Spass!<br />

Solche grossen Weine werden auch von grossartigen Winzern gemacht. Von leidenschaftlichen, fähigen<br />

Persönlichkeiten wie etwa von dem Paar Brigitte and Daniel Orsini, die Macher des fabelhaften Château les<br />

Ragottes 2005. Sie lesen ihre Trauben mit der Hand und lassen ihn wenigstens ein Jahr in teurer, französischer<br />

Eiche reifen. All diese Weine werden auf kleinen Gütern mit handwerklichen Methoden hergestellt. Wir lieben<br />

GRATIS<br />

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Die Käufer müssen volljährig sein. Alle Artikel werden vorbehaltlich ihrer Verfügbarkeit zum Verkauf angeboten; max. 3 Kisten pro Person. Dieses<br />

Angebot ist nur für neue Kunden von ChateauDirect gültig. Die Preise sind nur zur Zeit der Drucklegung gültig, wobei dieses spezielle Angebot höchstens<br />

6 Wochen lang nach dem Datum des Postversands gilt, falls nicht anders angegeben. Wenn Sie mit Kreditkarte bezahlen, wird Ihr Konto erst 5 Tage nach<br />

Bestellungseingang belastet. Wenn Sie bei ChateauDirect, einer Marke der Direct Wines AG, bestellen, speichern wir Ihre Adresse und auftragsbezogenen Daten<br />

zur Geschäftsabwicklung zur Pflege der Kundenbeziehung. Sie erhalten dann automatisch alle unsere neuen Angebote. Wir geben die Anschriften unserer<br />

Kunden nur zur Bonitätsprüfung und an sorgfältig ausgewählte Unternehmen weiter, deren Produkte für Sie von Interesse sein könnten. Selbstverständlich<br />

können Sie der Nutzung der Daten für Werbezwecke jederzeit widersprechen. Die kompletten Datenschutzrichtslinien der Direct Wines AG finden Sie unter<br />

www.chateaudirect.ch. Für weitere Auskünfte oder Sperrungen wenden Sie sich bitte an: datenschutzbeauftragter@chateaudirect.ch oder schreiben Sie uns an.<br />

Anrufe aus dem Festnetz, die mit 0848 beginnen, kosten Sie lediglich den Lokaltarif. Alle Preise enthalten die gesetzliche Mehrwertsteuer. Unsere Preise gelten je<br />

Flasche à 0,75l, wenn nicht etwas anderes vermerkt ist.<br />

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Jeder Jahrgang des Château Mayne Guyon<br />

von Bernard Cazeneuve gewann in den letzten<br />

zehn Jahren mindestens eine Silbermedaille,<br />

dieser 2005er sogar eine Goldmedaille! Ein<br />

weicher Wein mit ungeheurer Konzentration<br />

und Frucht.<br />

Concours Mâcon<br />

SILBER<br />

2007<br />

FRANKREICH<br />

Concours Mondial<br />

GOLD<br />

2007<br />

du Vin Bruxelles<br />

Der komplexe Château Bourdicotte Bordeaux<br />

Supérieure 2005 stammt von einem ganz und<br />

gar unverfälschten, traditionellenWeingut in der<br />

NähederhistorischenFestungsstadtSauveterrede-Guyenne.<br />

Reichlich rote Beeren mit feiner<br />

Zedernholznote.<br />

solche Menschen, ihre hohe Professionalität, ihre Kompromisslosigkeit und ihre Wärme, denn all das finden wir dann auch in ihren Weinen.<br />

Weine, mit intensivem Geschmack und starkem Charakter. In dieser Kiste erwarten Sie ausschliesslich Weine des Top-Jahrgangs 2005 – ein<br />

Jahrgang von historischer Qualität. Mit dabei der Insider-Tipp Château Lafaye 2005 von den Premières Côtes de Blaye von sehr alten Reben,<br />

dazu der klassische Château Bourdicotte Bordeaux Supérieure 2005 mit hohem Merlot-Anteil, der mit einer Goldmedaille prämierte Château<br />

Mayne Guyon 2005 und abschliessend der herrlich runde Château Les Ragottes 2005 der Familie Orsini. Diese Weine finden Sie exklusiv nur<br />

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Ihr<br />

Beat Koelliker ist Präsident von ChateauDirect und Autor mehrerer ausgezeichneter Weinbücher (u. a. der Bestseller Hallwag Weinschule, Weinwanderwege),<br />

die nach dem Prinzip „Learning by Tasting“ die Weinliteratur revolutioniert haben.<br />

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siffert/weinweltfoto.ch


10 <strong>Grand</strong><strong>Prix</strong><strong>Suisse</strong><br />

Sport NZZ am Sonntag � 26.Juli2009<br />

Berner Autorennen 1934–1954 Motorsport der Spitzenklasse<br />

Im Bremgartenwald<br />

Zwei Jahrzehnte lang wurde auf der Bremgarten-Rundstrecke bei Bern Motorsport gezeigt, der<br />

international zu den grossen Prüfungen zählte. Die Veranstaltung zog jedes Mal Zehntausende von<br />

Zuschauern an, allesamt fasziniert von der Unmittelbarkeit des Rennsports<br />

Tankstopp von August Momberger anno 1934 – der Feuerwehrmann ist einsatzbereit.<br />

Der <strong>Grand</strong> <strong>Prix</strong> von Europa 1948 läuft, 74 000 Zuschauer fiebern mit.<br />

Max Christen nach dem 2. Rang im Preis von Bremgarten 1939, umringt von Fans.<br />

Zaungäste am Rennen von 1939 – mit Eleganz gegen dröhnende Motoren.<br />

Der Österreicher Rupert Hollaus 1954 auf seiner NSU in der Forsthauskurve. Die erste Kurve nach der Zielgeraden am GP <strong>Suisse</strong> 1949: Ferrari führt vor Maserati. Schon in der ersten Runde des GP <strong>Suisse</strong> 1953 kommt


NZZ am Sonntag � 26. Juli 2009 <strong>Grand</strong><strong>Prix</strong><strong>Suisse</strong><br />

Sport 11<br />

Jacques Swaters mit dem Ferrari von der Strecke ab.<br />

FOTOS: ADRIANO CIMAROSTI<br />

FOTOS: MARKUS FORTE<br />

Mit vollem Einsatz durch die Kurve: Georg Kaufmann am Steuer des Lagonda M45 auf der privaten Rennstrecke Anneau du Rhin.<br />

Die Nase im Wind, die<br />

Füsse am Glutofen<br />

Oldtimer-Rennwagen sind laut, heiss und selbst mit 75 Jahren noch sehr schnell. Das<br />

macht das Fahren zum nachhaltigen Erlebnis für alle Sinne. Von Remo Geisser<br />

Er ist ein Ungetüm. Anderthalb<br />

Tonnen schwer,<br />

vierschrötig, das Lenkrad<br />

so gross wie eine Familienpizza.<br />

1934 wurde<br />

der Lagonda Rapide M45<br />

in England gebaut. Ein<br />

Jahr später gewann dieses Modell das<br />

24-Stunden-Rennen von Le Mans. Und<br />

noch heute startet der Motor beim ersten<br />

Druck auf den Anlasserknopf. Die<br />

sechs Zylinder stampfen und lassen<br />

den Oldtimer erzittern, der Motor<br />

brummt und gluckert. Als höre man<br />

das Benzin durch seine Adern fliessen.<br />

Auf einer Landstrasse im Elsass<br />

überlässt Georg Kaufmann, der Besitzer<br />

des Lagonda, das Steuer dem Passagier.<br />

Dieser ergreift das grosse Rad,<br />

senkt den Kopf und schaut entgeistert<br />

hinunter zu den Pedalen. Das Gas in<br />

der Mitte, links die Kupplung, rechts<br />

die Bremse. So sei das bei vielen alten<br />

Rennwagen, sagt Kaufmann. «Das erleichterte<br />

es, beim Hinunterschalten<br />

gleichzeitig zu kuppeln und zu bremsen.»<br />

Ja, das Schalten. Könner kuppeln<br />

bei jedem Gangwechsel zweimal – zuerst,<br />

wenn sie den einen Gang rausnehmen,<br />

und wieder, wenn sie den<br />

nächsten einlegen. Mit Zwischengas!<br />

Der Unerfahrene will die kostbare<br />

Maschine sanft behandeln, sieht aber<br />

bald ein, dass hier eine energische Intervention<br />

verlangt ist: Ein kraftvoller<br />

Tritt aufs Kupplungspedal, den Ganghebel<br />

mit einem Ruck nach vorn schieben<br />

– nein, das Getriebe knirscht nicht.<br />

Dann löst sich der linke Fuss, der rechte<br />

sucht das Mittelgas. Und das gewaltige<br />

Drehmoment des 4,5-Liter-Motors<br />

drischt das Auto sofort nach vorne.<br />

Zweiter Gang, dritter Gang. Der Wind<br />

weht einem um die Nase, die Bäume<br />

fliegen vorbei. Frankreichs Radarpolizisten<br />

sind zum Glück anderweitig beschäftigt,<br />

denn der Lagonda prescht<br />

trotz seinen 75 Lenzen über die Strasse<br />

wie ein junges Rennpferd.<br />

In den Kurven zeigen sich die Tücken<br />

des rein mechanischen Vehikels.<br />

Bewegt man das Lenkrad nur leicht,<br />

passiert gar nichts. Man muss richtig<br />

drehen und dabei einige Kraft aufwenden<br />

– einen Oldtimer zu fahren, ist körperliche<br />

Arbeit. Auch die Bremsen reagieren<br />

nur auf resolute Tritte. Zudem<br />

muss sich der Fahrer auf Überraschungen<br />

gefasst machen. Stampft er aufs<br />

Bremspedal, schlingert der Wagen bald<br />

nach rechts, bald nach links. Und wenn<br />

er Glück hat, zieht das Vehikel auch<br />

einmal geradeaus. So wird all das, was<br />

in einem modernen Auto blinder Automatismus<br />

ist, im alten Rennwagen zur<br />

heiklen Aufgabe. Mit den Finessen mag<br />

sich der Unerfahrene nicht beschäftigen.<br />

Da gäbe es zum Beispiel einen<br />

Knopf, mit dem die Zündung mechanisch<br />

der Tourenzahl des Motors angepasst<br />

werden kann. Bei Bergrennen<br />

dreht der Könner bald nach links, bald<br />

nach rechts, damit der Wagen immer<br />

möglichst viel Kraft entwickelt.<br />

Jetzt setzt sich der Könner wieder<br />

ans Steuer und lenkt den Boliden an<br />

die Einfahrt zum Anneau du Rhin in<br />

der Nähe von Colmar. Auf der Rennstrecke<br />

bolzen bereits ein paar hochgetunte<br />

Kleinwagen. Georg Kaufmann<br />

tritt das Gaspedal durch, der Lagonda<br />

rast die Gerade hoch. Die Tacho-Nadel<br />

zeigt gegen 180 km/h, und der Passagier<br />

wird sich ängstlich bewusst, wo er<br />

sich befindet. Im Lagonda gibt es weder<br />

Sicherheitsgurten noch Überrollbügel.<br />

«Wenn es das Auto überschlägt,<br />

hofft man, dass man rausfällt», hat<br />

Kaufmann gesagt. Der Haltegriff aussen<br />

an der Karosserie vermag die<br />

Angst nicht zu vertreiben. Er sieht aus,<br />

als sei er von einem Ikea-Möbel abgeschraubt<br />

worden. Trotzdem klammert<br />

Wo Oldtimer fahren<br />

Privat-Circuit<br />

sich der Beifahrer fest, so gut er kann,<br />

und er rutscht weit hinunter in den<br />

Fussraum. Vielleicht ist man dort ja sicher.<br />

Auf jeden Fall ist es heiss, denn<br />

der Motor und der an der Beifahrerseite<br />

entlanggezogene Auspuff glühen.<br />

Georg Kaufmann ist in seinem Element.<br />

Er stampft und hebelt mit vollem<br />

Körpereinsatz, prügelt das alte Gefährt<br />

durch Kurven und Schikanen. Wenn<br />

das Heck des Lagonda ausbricht, fängt<br />

es der Fahrer mit energischen Griffen<br />

ins Steuer wieder auf. Ab und zu pfeift<br />

ein GTI auf Slicks vorbei, aber das<br />

kann den Spass des Oldtimer-Fahrers<br />

nicht schmälern. Auch der Passagier<br />

hat inzwischen Vertrauen gefasst, jubelt<br />

und lacht unter dem Helm. Was er<br />

hier erlebt, ist eine völlig neue Dimension<br />

des Autofahrens. Er fühlt sich<br />

nicht entrückt wie in den hochtechnisierten<br />

Wagen der Neuzeit, sondern ist<br />

mit allen Sinnen in der lauten, heissen,<br />

windigen Wirklichkeit.<br />

Doch kurz ist das Vergnügen. Kaufmann<br />

biegt vom Circuit ab, verabschiedet<br />

sich und entschwindet im Lagonda<br />

auf der Landstrasse. Der Gast steuert<br />

sein modernes Gefährt nach Hause.<br />

Autobahn, Klimaanlage, DRS 3 – warum<br />

nur muss er ständig gähnen?<br />

Oldtimer-Rennwagen können in der<br />

Schweiz nur begrenzt bewegt werden.<br />

DieRally-unddieLangstrecken-Boliden<br />

haben in der Regel eine Strassenzulassung,<br />

alle anderen dürfen nur auf<br />

gesicherten Rundkursen gefahren<br />

werden. Da es solche in der Schweiz<br />

nicht gibt, ist die nächste Gelegenheit<br />

der Anneau du Rhin bei Colmar in<br />

Frankreich. Diese Strecke ist in Privatbesitz<br />

und kann von den Aktionären fast<br />

jeden Abend fürs Training benutzt werden.OftwerdendiealtenAutosaber<br />

auch in Rennen eingesetzt. Davon gibt<br />

es im In- und Ausland mittlerweile so<br />

viele, dass sich die Oldtimer-Fahrer<br />

praktisch jedes Wochenende die Startgelegenheiten<br />

aussuchen können. (reg.)<br />

Technik von 1934: Ein Lederriemen sichert die Kühlerhaube. Blick unter die Motorhaube.


12 <strong>Grand</strong><strong>Prix</strong><strong>Suisse</strong><br />

Derivate NZZ am Sonntag � 26. Juli 2009<br />

Am 17. Mai 2009 für umgerechnet 13,7 Millionen Franken von Sam Walton ersteigert: Ferrari 250 Testarossa von 1957.<br />

Investieren in Oldtimer<br />

Klassische Sportwagen erzielen die höchsten Wertsteigerungen: Sie sind rar, begehrt – und markieren<br />

technische Bestleistungen ihrer Epoche. Als Kapitalanlage eignen sie sich jedoch selten. Von Daniel Hug<br />

Der Bieter am Telefon<br />

blieb anonym. Doch<br />

am Sonntag, 17. Mai –<br />

die Aktienmärkte waren<br />

in depressiver<br />

Stimmung – wollte er<br />

sich die Chance<br />

rotzdem nicht entgehen lassen: Nach<br />

angem Bietergefecht fiel der Hammer<br />

n der Auktion im italienischen Maraello<br />

bei 9,02 Millionen Euro.<br />

Der hartnäckige Bieter ersteigerte<br />

ich einen der erfolgreichsten Ferrariennwagen,<br />

und zwar aus dem Jahr<br />

957: Der verkaufte 250 Testarossa erielte<br />

zwischen 1958 und 1961 zehn Siee.<br />

Nur 22 Exemplare dieses Modells<br />

atte Ferrari gebaut – keines war jeoch<br />

so erfolgreich wie das versteigere<br />

mit der Fahrgestellnummer 0714TR.<br />

Wer legt den Gegenwert einer geäumigen<br />

Villa an bester Lage auf den<br />

isch, um ein vierrädriges Geschoss zu<br />

aufen? Marcel Massini, einer der weltbesten<br />

Ferrari-Spezialisten und Autor<br />

ahlreicher Bücher, weiss es. «Rob<br />

Walton hat ihn über einen Mittelsmann<br />

ekauft», sagt er. Rob ist der Sohn von<br />

22 Millionen Franken<br />

20<br />

18<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

Ferrari 250 GTO (1962)<br />

Der GTO (Gran Turismo Omologato) ist<br />

der gesuchteste Sportwagen, einer mit<br />

vielen Rennerfolgen. Karosseriegewicht<br />

1000 kg. Nur 36 Exemplare 1962/63<br />

gebaut, V12-Zylinder, Spitze 280 km/h.<br />

Wertsteigerung seit 1962: 36000%.<br />

0 60 000 Fr. (Katalogpreis)<br />

1962 87 89 91 93 95 97 99 01 03 05 07 09<br />

Quelle: Marcel Massini<br />

Sam Walton, dem Gründer von Wal-<br />

Mart, der grössten Supermarkt-Kette<br />

der Welt. Sie ist bekannt als gnadenlose<br />

Preisdrückerin im Einkauf. Das<br />

private Vergnügen lassen sich die Waltons<br />

offenbar gerne etwas kosten.<br />

Ist der Markt für klassische Wagen<br />

immun gegenüber der Wirtschaftskrise?<br />

«Bei den absoluten Spitzenmodellen<br />

ist die Krise nicht spürbar», sagt<br />

Massini. Für die Ikone unter den Sportwagen,<br />

den Ferrari 250 GTO aus den<br />

frühen 1960er Jahren, müsse man heute<br />

über 20 Millionen Dollar hervorzaubern,<br />

falls einer der weltweit 36 Besitzer<br />

überhaupt zum Verkauf bereit sei.<br />

Im Segment unterhalb von 500 000<br />

Dollar hätten die Preise von manchen<br />

Modellen jedoch um 25 bis 30 Prozent<br />

nachgegeben. «Wer zum Verkauf gezwungen<br />

war, hat bereits verkauft. Die<br />

Spekulanten sind nun aus dem Markt»,<br />

sagt Massini. Er glaubt daher nicht,<br />

dass die Preise für gute Klassiker weiter<br />

fallen werden.<br />

Taugen Oldtimer als Kapitalanlage?<br />

Nach den bitteren Erfahrungen mit<br />

zerbröselnden Aktien möchte man es<br />

1,4 Millionen Franken<br />

1,2<br />

1,0<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

Aston Martin DB4 GT<br />

Stärker(302PS)undleichter(1277kg)<br />

als der «normale» DB4, forderte der<br />

DB4 GT auf den Rennpisten die Ferraris<br />

heraus. Nur 75 Exemplare wurden gebaut.<br />

0–100 km/h: 6,4 sec., Spitze: 246<br />

km/h. Wertsteigerung seit 1961: 2590%.<br />

47 000 Fr.<br />

Marktpreis<br />

Aston Martin DB4 GT<br />

Katalogpreis indexiert<br />

gemäss Teuerung<br />

1961 96 97 99 01 03 05 07 09<br />

Quelle: Motor Klassik / Automobil-Revue / BfS<br />

gerne glauben. Wer klassische Wagen<br />

jedoch vorwiegend als Wertanlage anschafft,<br />

wird wahrscheinlich seine Enttäuschung<br />

erleben: Autos mit echter<br />

Wertsteigerung sind so selten wie die<br />

Picassos und Van Goghs in der Kunst.<br />

Im Jahr 1962 war der Ferrari 250<br />

GTO zum Katalogpreis von 60 000<br />

Franken zu haben. Heute muss man das<br />

367-Fache dafür auslegen. Das entspricht<br />

einer durchschnittlichen jährlichen<br />

Verzinsung von 13,4 Prozent.<br />

Doch nur theoretisch: Der Wagen muss<br />

gefahren, gewartet und versichert werden.<br />

Die Revision eines 12-Zylinder-<br />

Ferrari-Motors etwa kann 100 000<br />

Franken verschlingen. Christian Jenny,<br />

der eine der besten Jaguar-Sammlungen<br />

besitzt, rechnet vor: «Der Fahrzeugunterhalt<br />

verschlingt alljährlich<br />

einen Betrag, der meist beträchtlich<br />

höher ist als der gängige Hypozins,<br />

zum Beispiel etwa 5 Prozent des ursprünglich<br />

investierten Betrags.»<br />

Sammler unterscheiden grob zwischen<br />

Rennsportwagen und Strassenautos.<br />

Für den Preis zentral sind Begehrtheit<br />

des Modells, Seltenheit,<br />

Mercedes 300 SL (1954)<br />

Der Flügeltürer war seinen Konkurrenten<br />

meilenweit voraus: Futuristisches Design,<br />

Motor mit Benzineinspritzung, in<br />

1400 Exemplaren gebaut, 3-Liter-Motor<br />

mit 215 PS, Spitze 250 km/h, 1190 kg.<br />

Wertsteigerung seit 1955: 1843%.<br />

800 000 Franken<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

50<br />

100<br />

25<br />

28 300 Fr.<br />

50 47 400 Fr.<br />

33 500 Fr.<br />

0<br />

0<br />

0<br />

1955 96 97 99 01 03 05 07 09 1959 96 97 99 01 03 05 07 09 1972 96 97 99 01 03 05 07 09<br />

Quelle: Motor Klassik / Automobil-Revue<br />

..................................................................................<br />

«Das Sammeln von<br />

klassischen Automobilenkannmannurin<br />

wenigen Fällen als echte<br />

Investition betrachten.»<br />

..................................................................................<br />

Jaguar XK 150 S OTS<br />

Äusserst rare Version der XK-Serie,<br />

OTS steht für Open Two Seater, bärenstarker<br />

3,8-Liter-Motor mit 268 PS,<br />

nur 36 Stück wurden gebaut.<br />

Spitze 225 km/h, Gewicht 1405 kg.<br />

Wertsteigerung seit 1961: 557%.<br />

225 000 Franken<br />

200<br />

175<br />

150<br />

125<br />

100<br />

75<br />

Quelle: Motor Klassik / Automobil-Revue<br />

Rennerfolg, Vorbesitzer, die nachweisbare<br />

Geschichte und vor allem: ein authentischer<br />

Originalzustand. Geld ist<br />

aber längst nicht alles: Die besten Stücke<br />

kommen gar nie auf den Markt,<br />

sondern gehen unter der Hand weg.<br />

«Für den wirklichen Sammler sind Beziehungen<br />

das Wichtigste», so Jenny.<br />

Wer ohne Fachwissen und Leidenschaft<br />

an die Sache geht, wird einen<br />

aufpolierten Blender nicht von einem<br />

Wagen mit Substanz unterscheiden<br />

können.<br />

Ein klug ausgewählter Oldtimer<br />

kann einem immerhin die Investition<br />

erhalten. Das geht auch mit deutlich<br />

günstigeren Wagen, etwa mit einem<br />

Alfa Romeo 1750 GT Veloce 1967, der<br />

vor fünf Jahren noch um 20 000 Franken<br />

gehandelt wurde, heute aber gegen<br />

30 000 Franken (in gutem Zustand)<br />

kostet. Auch er strahlt mit seiner Bertone-Karosserie<br />

stilvollen Charme aus.<br />

Und bietet das einmalige Erlebnis von<br />

echten Autos: Man fährt – und wird<br />

nicht gefahren wie in den heutigen<br />

Allerweltswagen, die mit elektronischen<br />

Hilfen vollgestopft sind.<br />

Porsche 911 Carrera RS<br />

Neben den eigentlichen Rennversionen<br />

gesuchtestes Modell der 911-Reihe, von<br />

der Touring-Version wurden 1308 Stück<br />

gebaut. Sehr leicht (960 kg), 0–100<br />

km/h in nur 5,2 sec., Spitze 245 km/h.<br />

Wertsteigerung seit 1973: 441%.<br />

300 000 Franken<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

Quelle: Motor Klassik / Automobil-Revue<br />

GIORGIO BENVENUTI / EPA


NZZ am Sonntag � 26. Juli 2009 Derivate <strong>Grand</strong><strong>Prix</strong><strong>Suisse</strong><br />

13<br />

Zu kleiner Markt<br />

Seit mehr als hundert<br />

Jahrenwerdeninder<br />

chweiz Rennfahrzeuge<br />

ebaut. Peter Sauber ist<br />

er Einzige, der es damit<br />

u internationalem<br />

Ansehen brachte.<br />

Von Adriano Cimarosti<br />

Schon zu Beginn des vorigen<br />

Jahrhunderts gab es<br />

in der Schweiz begabte<br />

Techniker und Ingenieure,<br />

welche hervorragende<br />

Rennfahrzeuge<br />

auf die Strasse brachten.<br />

eistens handelte sich bei diesen aber<br />

m Einzelstücke oder um Renn- und<br />

portwagen, die in Kleinstserien herestellt<br />

wurden. Zum einen war im<br />

leinen Land die Nachfrage bechränkt;<br />

zum andern wirkte sich das<br />

Verbot für Rundstreckenrennen negativ<br />

aus, das seit 1955 in der Schweiz gilt.<br />

Erst mit dem Aufkommen der Promotionsformeln<br />

um 1960 herum entstanden<br />

in der Schweiz Renn- und<br />

Sportwagen, die an einen grösseren<br />

Kundenkreis verkauft wurden. Zuvor<br />

hatten sich einzelne Konstrukteure damit<br />

begnügt, Renn-Automobile für den<br />

persönlichen Gebrauch zu bauen.<br />

Dominierende Briten<br />

Eine neue Zeitrechnung begann 1959<br />

mit der Formel Junior. Hier waren die<br />

Konstrukteure gezwungen, Elemente<br />

wie Motor und Getriebe von Grossserienwagen<br />

zu übernehmen. Vorerst<br />

entstand ein Junior-Boom in Italien,<br />

dann kamen die Engländer, die mit<br />

ihrem Mittelmotor-Leichtbaukonzept<br />

weltweit dominierten. Auf den Britichen<br />

Inseln entstand eine Rennndustrie,<br />

die bis heute wegweisend<br />

st. Für Schweizer Verhältnisse war der<br />

JIMMY FROIDEVAUX / KEYSTONE<br />

Peter Sauber fängt als Rennfahrer an und erreicht später als Besitzer eines Formel-1-Rennstalls Beachtliches. Hier bejubelt er den 3. Rang Johnny Herberts 1997 in Ungarn.<br />

..................................................................................<br />

Die ab 1968 freigegebene<br />

Werbung brachte eine<br />

Belebung der Szene. Nun<br />

sah man auch junge Fahrer<br />

in den Rennwagen.<br />

..................................................................................<br />

Spielraum hingegen zu klein. In Basel<br />

entstanden zu jener Zeit immerhin die<br />

MBM von Peter Monteverdi sowie die<br />

Sauter, wenn auch in kleiner Zahl.<br />

England verfügte über ein grosses<br />

Reservoir an jungen Spezialisten; viele<br />

Ingenieure kamen aus der Flugzeugindustrie.<br />

Nach Cooper, Lotus und Lola<br />

schossen Marken wie Elva, Ausper,<br />

Envoy, Merlyn oder Gemini aus dem<br />

Boden. Aus der Formel Junior wuchs<br />

1964 die Formel 3. Angesichts des grossen<br />

Angebots an englischen Marken<br />

konnten die Schweizer quantitativ allerdings<br />

nicht mithalten.<br />

Ende der 1960er Jahre kam die<br />

Formel Ford auf, bei der die Reglemente<br />

sehr straff formuliert wurden,<br />

um kostspielige Konstruktionen auszuschliessen.<br />

Prompt stiegen ein paar<br />

Schweizer ein – zum Beispiel LCR oder<br />

Griffon. Ein Betätigungsfeld für kleine<br />

Konstrukteure war die gleichzeitig aufkommende<br />

Formel Vau (später Super<br />

Vau), in der sich etwa die Horag der<br />

Super-Vau-Kategorie auch auf internationaler<br />

Ebene bewährten. Diese Renn-<br />

FOTOS: ADRIANO CIMAROSTI<br />

wagen wurden vom Thurgauer Markus<br />

Hotz gebaut. Deutsche Konstrukteure<br />

konnten allerdings auf einen grösseren<br />

Kundenkreis zählen.<br />

Die ab 1968 freigegebene Werbung<br />

auf Rennfahrzeugen brachte eine Belebung<br />

der Rennszene. Mehr und mehr<br />

sah man nun auch junge Fahrer in den<br />

Rennwagen, nachdem in den vorhergehenden<br />

Jahrzehnten eher betuchte<br />

Geschäftsinhaber oder Garagisten hinter<br />

dem Rennvolant gesessen hatten.<br />

Sponsoren finanzierten junge Fahrer;<br />

man entdeckte Talente, die sich die<br />

ersten Sporen auf Schweizer Wagen<br />

verdienten. Gleichzeitig entstanden<br />

hierzulande Tuning-Betriebe wie die<br />

renommierte Heini Mader Racing<br />

Components in Gland.<br />

Die Ära Sauber<br />

1970 begann die Ära von Peter Sauber,<br />

der mit seinem ersten Sportwagen<br />

gleich Schweizer Meister wurde. Zwei<br />

Jahrzehnte später sorgte er mit dem<br />

Sauber-Mercedes dank zwei WM-<br />

Titeln (Gruppe C) erstmals für internationales<br />

Aufsehen. 1993 wagte der<br />

<strong>Zürcher</strong> Oberländer den Schritt in die<br />

Formel 1 und erreichte dort mit seinem<br />

Privatteam beachtliche Erfolge. Nach<br />

der Übernahme durch BMW (2005)<br />

gelang dem BMW-Sauber sogar der<br />

erste Triumph auf oberster Stufe – im<br />

Juni 2008 am GP von Kanada. Mittlerweile<br />

ist der Betrieb in Hinwil ein Unternehmen<br />

mit fast 300 Mitarbeitern.<br />

Schweizer Rennwagen-Konstrukteure<br />

1904: Charles und Frédéric Dufaux. Die<br />

Genfer Brüder entwickeln 1904 einen<br />

Achtzylinder-Rennwagen, und 1905 stellt<br />

Frédéric Dufaux auf einem Dufaux mit<br />

26-Liter-Motor einen Rekord mit<br />

156,5 km/h auf (fliegender Kilometer).<br />

1911: Louis Chevrolet. Der aus La Chauxde-Fonds<br />

stammende Louis Chevrolet<br />

zählt zu den Mitgründern der US-Marke.<br />

1959: Kurt Sauter. DerBaslerbautFormel-Junior-Rennwagen<br />

mit DKW-Motor.<br />

1960: Peter Monteverdi. DerBaslerbaut<br />

Formel-Junior-Rennwagen der Marke<br />

MBM mit Ford- oder DKW-Motoren.<br />

1962: Claude und Georges Gachnang.<br />

Die Gachnangs aus Aigle bauen den Formel-1-Rennwagen<br />

Cegga mit Maserati-<br />

Motor. Es folgen weitere Konstruktionen.<br />

1967: Jo Marquart. Der Winterthurer Jo<br />

Marquart arbeitet bei Lotus und u. a. bei<br />

McLaren als Fahrgestellkonstrukteur.<br />

1967: Jürg Dubler. Im Rahmen der Formel<br />

Vau baut der <strong>Zürcher</strong> elf Rennwagen<br />

der Marke Zarp (auch als Kits).<br />

1970: Jean-Louis Burgnard. Beim Genfer<br />

entsteht der Rennsportwagen Griffon.<br />

1975: Louis Christen. In Rheineck werden<br />

Formel-3- und Formel-Ford-Rennwagen<br />

gebaut.<br />

1967: Fredy Amweg. In Ammerswil<br />

bauen Fredy Amweg und sein Vater<br />

einen Amweg-BMW 700 und später<br />

einen Amweg-BMW der Formel 2.<br />

1984: Pierre Rechsteiner. Bis 1988 baut<br />

der Genfer aus La Sarraz einige Formel-3-Rennwagen<br />

der Marke Swica.<br />

1970: Peter Sauber. Zuerst baut der<br />

<strong>Zürcher</strong> Oberländer den C1-Einliter-<br />

Sportwagen. Nach diversen Konstruktionen<br />

mit Ford- oder BMW-Motor beginnt<br />

ab 1986 die Erfolgsgeschichte der<br />

Sauber-Mercedes der Gruppe C. Die<br />

Höhepunkte: Doppelsieg 1989 in Le<br />

Mans sowie Gewinn der Teamwertung<br />

1989 und 1990. 1993 stellt Sauber auf<br />

die Formel 1 um. Dem Werk wird ein<br />

moderner Windkanal angegliedert.<br />

2005 übernimmt BMW den Rennstall.<br />

1984: Mario Illien. Der Churer Ingenieur<br />

gründet 1984 mit dem Cosworth-Kollegen<br />

Morgan in Brixworth eine Rennmotorenfabrik.<br />

Vorerst baut man Chevrolet-Indy-V8-Aggregate,<br />

später die Mercedes-Formel-1-Motoren.<br />

Seit ein paar<br />

Jahren sind es Honda-Indy-Aggregate.<br />

Der Basler Konstrukteur Peter Monteverdi 1961 mit seinem MBM-Porsche.<br />

Der Churer Mario Illien, erfolgreicher<br />

Spezialist für Rennmotoren.<br />

Der Winterthurer Jo Marquart war in England unter anderem für McLaren tätig (1969).

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