ZGF Gorilla | Dezember 2004 - Zoologische Gesellschaft Frankfurt
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Zoo <strong>Frankfurt</strong><br />
Kelele und Kobold wieder bei ihren Familien<br />
Der kleine Bonobo Kelele wurde im Hause<br />
Schmidt von Hand aufgezogen, nachdem<br />
seine Mutter kurz nach der Geburt gestorben<br />
war. Bereits mit drei Monaten kam er<br />
zurück in die Bonobo Gruppe.<br />
24 <strong>ZGF</strong> <strong>Gorilla</strong> 4/<strong>2004</strong><br />
Zwei verstoßene Affenkinder werden in <strong>Frankfurt</strong> von Hand aufgezogen. Von Dr.<br />
Christian R. Schmidt<br />
Der Gelbbrustkapuziner Kobold wurde<br />
am 18. Mai <strong>2004</strong> als drittes Kind von<br />
DEJA geboren. Seine Mutter kümmerte<br />
sich – anders als bei ihren beiden<br />
ersten Kindern – überhaupt nicht um KO-<br />
BOLD. Er wurde deshalb von Fabian Schmidt<br />
von Hand aufgezogen. Im Alter von 35 Tagen<br />
wurde er erstmals seiner Familie vorgestellt:<br />
Vater URBAIN war höchst<br />
interessiert an seinem „verlorenen<br />
Sohn“, Mutter DEJA beachtete<br />
ihn überhaupt nicht und seine<br />
drei Halbschwestern versuchen<br />
etwas grob mit ihm zu spielen.<br />
Fast täglich kam nun KOBOLD zu<br />
seiner Familie auf Besuch.<br />
Am 16. September, im Alter<br />
von 121 Tagen wagten wir den<br />
Versuch, KOBOLD zu seinem Vater<br />
URBAIN zu lassen. KOBOLD verhält<br />
sich, als ob er in seiner Familie<br />
aufgewachsen wäre. Er spielt,<br />
frisst selbständig und erhält von<br />
Tierpfleger Harald Thomas und<br />
seinem Team noch täglich zwei<br />
Flaschen durchs Gitter.<br />
Nur noch 300 Gelbbrustkapuziner leben<br />
in den atlantischen Küstenregenwäldern<br />
Brasiliens, die weitgehend abgeholzt sind.<br />
Die Art ist von der Ausrottung bedroht, weshalb<br />
der Zoo Mulhouse ein Europäisches Erhaltungszucht-Programm<br />
(EEP) führt.<br />
Bonobo KELELE als Waisenkind<br />
KELELE wurde am 22. Juli 04 als siebtes<br />
Kind von SALONGA geboren. Am folgenden<br />
Morgen starb SALONGA an einer<br />
Herzinsuffizienz. Das 17-jährige Weibchen<br />
KAMITI, das noch nie ein eigenes Junges<br />
hatte, trug KELELE wie eine erfahrene Mutter<br />
am Bauch. Reviertierpfleger Carsten<br />
Knott, Regina Brinkmann und das übrige<br />
Team im Menschenaffenhaus trainieren un-<br />
sere Menschenaffen. KAMITI kam willig ans<br />
Gitter, ließ aber eine Flaschenfütterung von<br />
KELELE nicht zu. Schließlich musste Zooveterinär<br />
Bert Geyer KELELE in Narkose abnehmen.<br />
Auch der Versuch einer Adoption<br />
durch zwei andere Weibchen war erfolglos.<br />
Deshalb kam KELELE, in Absprache mit<br />
dem EEP-Koordinator, als 15. Affenkind zu<br />
Anne Marie Schmidt zur Handaufzucht, was<br />
u. a. heißt, Tag und Nacht alle zwei Stunden<br />
Flasche geben, stundenlanges Herumtragen<br />
zur Vermeidung von Stereotypien.<br />
KELELE entwickelte sich insgesamt prächtig.<br />
KAMITI erhielt ein Spezialtraining mit<br />
Affenpuppe und Flasche und KELELE<br />
musste lernen, nachts nicht nach der Flasche<br />
zu schreien. Schon im Alter von 29<br />
Tagen begannen KELELEs Besuche bei KA-<br />
MITI und den anderen Artgenossen. Im Alter<br />
von zwei Monaten waren alle Voraussetzungen<br />
für eine Integration von KELELE gegeben,<br />
als eine kleine Erkältung sich zu einer<br />
Bronchitis entwickelte. Nach der Genesung<br />
begannen die Zoobesuche wieder.<br />
Im Alter von 95 Tagen war KELELEs großer<br />
Tag: Er kam zu KAMITI und Großmutter<br />
MARGRIT (mit 53 Jahren Europas ältester<br />
Bonobo). Nach 5 Minuten nahm KAMITI<br />
den schreienden KELELE an den Bauch und<br />
betreut ihn vorbildlich. Sie lässt auch die<br />
Bananen- und Flaschenfütterung durchs<br />
Gitter zu. Schon am ersten Tag sprang Oma<br />
MARGRIT bei der Kinderbetreuung ein. Die<br />
nächsten zwei Tage teilen sich KAMITI und<br />
MARGRIT vorbildlich die Pflichten der Jungenaufzucht.<br />
Die frühzeitige Reintegration KELELEs in<br />
die Geburtsgruppe ist international einmalig:<br />
In anderen Zoos wird das erst mit 4-5<br />
Jahren erreicht. Der Erfolg – von dem wir<br />
hoffen, dass er anhält – ist auf das gute Zusammenspiel<br />
von Bonobos, Tierpflegerteam<br />
und Ersatzmutter zurückzuführen. Dafür sei<br />
allen gedankt.