pwc: Märkte 22 pwc: | april 2008
Das Fernsehduell Noch steckt das Internetfernsehen <strong>in</strong> den K<strong>in</strong>derschuhen. Aber schon bald könnte es den herkömmlichen Kanälen ernsthaft Konkurrenz machen. Von Sven Schirmer Es ist <strong>Die</strong>nstagabend, und Mark setzt sich entspannt vor den Fernseher, um se<strong>in</strong>e E-Mails zu lesen. Auf dem Bildschirm er- sche<strong>in</strong>t die Meldung: „Thomas lädt Sie zu e<strong>in</strong>em Programmtipp e<strong>in</strong>. Wollen Sie an- nehmen?“ Mark möchte. Ok gedrückt, und schon schaltet se<strong>in</strong> Fernseher zu Taucher TV, wo e<strong>in</strong>e Dokumentation über Schatz- sucher <strong>in</strong> Indonesien läuft. Am oberen Rand se<strong>in</strong>es Fernsehgeräts taucht e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>eres Bild auf: Se<strong>in</strong> Freund Thomas ist <strong>in</strong> dessen Wohnzimmer <strong>in</strong> München zu sehen. Geme<strong>in</strong>sam planen die beiden gleich den nächsten Tauchurlaub – <strong>in</strong> Indonesien. Alles ke<strong>in</strong> Problem. Denn im Anschluss an die Dokumentation können sie die Reise direkt mit der Fernbedienung buchen – und die Tauchausrüstung der Schatzsucher gleich mit. Nicht mehr lange, und e<strong>in</strong>e solche Szene gehört zu unserem Fernsehalltag. Darauf jedenfalls hoffen die Anbieter von IPTV, dem Internet Protocol Television, kurz gesagt: dem Internetfernsehen. Medienexperten wie Ossi Urchs setzen dabei vor allem auf die <strong>in</strong>teraktiven Möglichkeiten des neuen Me- diums: „Ich kann mir gut vorstellen, dass gerade beim Thema Bundesliga Fußball- fans auch gerne nebenbei mit ihren Freun- den chatten. Nach dem Motto: ‚Haste das D<strong>in</strong>g gesehen?‘“ Wie zuletzt beim „Über- allfernsehen“ DVB-T (Digital Video Broad- cast<strong>in</strong>g Terrestrial) ist längst e<strong>in</strong>e öffentliche Diskussion über die Zukunft des Fernse- hens und se<strong>in</strong>e vielfältige Nutzung ent- brannt. Das DVB-T fristet zwar eher e<strong>in</strong> Ni- schendase<strong>in</strong>, das Internetfernsehen aber soll sich als feste Größe etablieren. Doch Werner Ballhaus, Branchenexperte Telekommunikation bei PwC. für Euphorie ist es nach Ansicht von Werner Ballhaus, dem Leiter des Bereichs Techno- logie, Medien und Telekommunikation bei <strong>PricewaterhouseCoopers</strong> (PwC), noch zu früh. „IPTV steckt <strong>in</strong> Deutschland noch <strong>in</strong> den K<strong>in</strong>derschuhen“, so Ballhaus. „Gel<strong>in</strong>gt es den Anbietern aber mithilfe geeigne- ter Market<strong>in</strong>gkonzepte, den Konsumenten den Mehrwert von IPTV zu erklären und die Vorteile von Internet und Fernsehen <strong>in</strong> ei- nem Angebot zu verschmelzen, wird es den bisherigen Kanälen Konkurrenz machen.“ Wo die Chancen und Risiken für die Markt- akteure liegen, untersucht e<strong>in</strong>e PwC-Studie zum Fernsehen der Zukunft, die Ende März veröffentlicht wird. Bislang ist das aber noch Zukunftsmusik. Der German Enterta<strong>in</strong>ment & Media Outlook von PwC prognostiziert bis Ende 2008 e<strong>in</strong>e IPTV-Verbreitung <strong>in</strong> 250.000 Haushalten, Der Mehrwert von Internetfernsehen ist noch lange nicht beim Nutzer angekommen. Bis 2011 sollen aber immerh<strong>in</strong> zwei Millionen Menschen hierzulande IPTV empfangen. was nur rund 0,6 Prozent am Gesamtmarkt entspricht. 2011 sollen es dann schon 5,45 Prozent se<strong>in</strong>. Das wären rund zwei Millio- nen Kunden, die Internetfernsehen via DSL empfangen könnten. Zurzeit haben hierzulande die drei Telekom- munikationsunternehmen Hansenet (Ali- ce), T-Home und Arcor IPTV im Angebot. Hansenet war der erste Anbieter, der im Mai 2006 mit der Übertragung von Fernseh- programmen über se<strong>in</strong>e DSL-Leitungen begann. Bis Ende des Jahres 2007 hatten sich rund 15.000 Kunden für Alice Home TV entschieden. Das Senderportfolio deckt mit 60 Free-TV- und 40 Pay-TV-Programmen zurzeit alle bekannten Sender ab. Miche- le Novelli, Market<strong>in</strong>gdirektor bei Hansenet, kündigte kürzlich an, Alice Home TV würde bald mit e<strong>in</strong>er Reichweite von bis zu zehn Millionen Haushalten <strong>in</strong> 150 Städten und Geme<strong>in</strong>den zu e<strong>in</strong>er relevanten Größe am deutschen TV-Markt. Seit Oktober 2006 hat auch T-Home mit Enterta<strong>in</strong> e<strong>in</strong> IPTV-Paket im Portfolio. Mit großem Market<strong>in</strong>ge<strong>in</strong>satz, stetig s<strong>in</strong>kenden Preisen und Lockangeboten konnte sich der Branchenführer auf Platz e<strong>in</strong>s der hiesigen IPTV-Anbieter hieven. Kurz vor Jahresende begrüßte Christian P. Illek, Mitglied des Bereichsvorstands T-Home für Market<strong>in</strong>g, den hunderttausendsten Enterta<strong>in</strong> -Kunden. Im Oktober 2007 startete Arcor-Digital TV. Das Eschborner Unternehmen ist vom Erfolg von IPTV überzeugt. „IPTV benötigt zwar noch e<strong>in</strong>iges an Kommunikationsleistung,“ so Arcor-Pressesprecher Michael Peter, „doch die Vorteile gegenüber den bisherigen Verbreitungswegen werden sich durchsetzen.“ Kontakt werner.ballhaus@de.pwc.com Tel. 0211 981-5848 Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc280 pwc: | april 2008 23