pwc: Wissen Wie hoch der Geldsegen durch Landesbürgschaften se<strong>in</strong> darf, kann man exakt berechnen. 40 pwc: | april 2008
Bürgen statt borgen <strong>Die</strong> EU-Kommission hatte sie abgeschafft. Jetzt s<strong>in</strong>d Landesbürgschaften zur Wirtschaftsförderung wieder möglich – dank e<strong>in</strong>es neuen EU-Beihilferechners. Von Michael Gneuss Rund 183 Millionen Euro hat der Bau der Velt<strong>in</strong>s-Arena, der Sportstätte des FC Schalke 04, gekostet. Für 87 Millionen Euro baute Borussia Mönchengladbach sei- nen Borussia-Park. Das ist viel Geld, aber die modernen Stadien s<strong>in</strong>d auch mehr als Fußballplätze – sie werden für Veranstal- tungen vielfältiger Art genutzt, schaffen Arbeitsplätze und machen die Region at- traktiver. Auf den Weg gebracht wurden die- se Projekte mithilfe von Landesbürgschaf- ten. „<strong>Die</strong>se Möglichkeit hat sehr geholfen, auf dem Weg des Strukturwandels große Investitionen auch im Bereich Freizeit und Sport zu realisieren“, sagt Bernd Papen- ste<strong>in</strong>, bei <strong>PricewaterhouseCoopers</strong> (PwC) <strong>in</strong> der Beratung für Kunden der öffentlichen Hand tätig. Und die Banken waren auf der sicheren Seite – im Falle e<strong>in</strong>er Insolvenz wäre das Land e<strong>in</strong>gesprungen. Neben Sportstadien wurden <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>- Westfalen auf diese Weise auch komplett neue Fabriken für Lasertechnik sowie Flug- simulatoren für das Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g von A380-Be- satzungen f<strong>in</strong>anziert. Unternehmen konnten so <strong>in</strong>vestieren, Technologieprojekte anschie- ben oder e<strong>in</strong>fach nur Betriebsmittel beschaf- fen. Auch Rungis Express <strong>in</strong> Meckenheim hat e<strong>in</strong>e Bürgschaft vom Land Nordrhe<strong>in</strong>-Westfa- len (NRW) erhalten. Der Fe<strong>in</strong>kost-Großhänd- ler für Topgastronomen, Hotels und Restau- rants sichert damit Kredite ab, die für neue Kühlaggregate und Masch<strong>in</strong>en nötig wurden. „Mit e<strong>in</strong>em Teil der Gelder können wir auch unsere Umlaufmittel erhöhen“, sagt Daniel A. Witt, der bei Rungis Express für das Busi- ness Development zuständig ist. Insgesamt bürgt das Bundesland NRW aktuell für rund Der Weg zur Bürgschaft Landesbürgschaften werden für Kredite frei wählbarer Banken zu maximal 80 Prozent übernommen. Voraussetzung dafür ist e<strong>in</strong> Förder<strong>in</strong>teresse der Bürgen: Es muss e<strong>in</strong>en volkswirtschaftlichen Nutzen geben. Zu- dem müssen die Vorhaben nachhaltig trag- fähig ersche<strong>in</strong>en, die Rückzahlungsfähigkeit muss gewährleistet se<strong>in</strong>. PwC prüft dann die Solidität des Vorhabens mithilfe des Beihilferechners. Unternehmen, die sich für e<strong>in</strong>e Landesbürgschaft <strong>in</strong>teressieren, sollten sich zunächst an ihre Bank wenden. 1.000 Projekte mit e<strong>in</strong>em Volumen von etwa 2 Milliarden Euro. Aus Sicht der Landesregie- rung s<strong>in</strong>d die Landesbürgschaften günstiger und wirkungsvoller als Zuschüsse. „Ande- re Verfahren zur Förderung s<strong>in</strong>d viel aufwen- diger oder <strong>in</strong>zwischen nicht mehr zulässig“, sagt Joachim Neuser, Sprecher des M<strong>in</strong>iste- riums für Wirtschaft, Mittelstand und Energie <strong>in</strong> NRW. Mitte vergangenen Jahres aber stoppte die EU-Kommission die Förderung: <strong>Die</strong> Bürg- schaften seien zu <strong>in</strong>transparent, so das Argument. Bis dah<strong>in</strong> wurde der Beihilfewert pauschal mit 0,5 Prozent des Bürgschafts- betrags angesetzt. „Das alte Verfahren traf tatsächlich nicht die wirkliche Höhe der Bei- hilfe und war daher nicht haltbar“, sagt Pa- penste<strong>in</strong>. So entwickelten er und se<strong>in</strong> Team e<strong>in</strong> neues Rechenverfahren, mit dem e<strong>in</strong>e realistische Größenordnung für den Beihilfe- wert ermittelt und die Anforderung der EU- Landesbürgschaften s<strong>in</strong>d wirkungsvoller und günstiger als Zuschüsse. Unternehmen können sie für jede Art von Vorhaben nutzen, auch für Investitionen oder zusätzliche Betriebsmittel. Kommission <strong>in</strong> puncto Transparenz von öf- fentlichen Fördermaßnahmen erfüllt werden kann. Abhängig ist der Beihilfewert von der Ausfallwahrsche<strong>in</strong>lichkeit, der Laufzeit, den verfügbaren Sicherheiten sowie der vom Kreditnehmer zu zahlenden Bürgschafts- provision. Im September 2007 wurde der Beihilferechner von der EU-Kommission für die Bürgschaften zu Investitionskrediten genehmigt. <strong>Die</strong> Erweiterung auf Betriebs- mittelkredite folgte im November. „Damit waren die öffentlichen Bürgschaften geret- tet. Das Rechenmodell muss jetzt für alle öffentlichen Bürgschaften, die <strong>in</strong> Deutsch- land genehmigt werden, angewandt wer- den“, sagt PwC-Mitarbeiter<strong>in</strong> Annika Schatz, die Anfragen aus ganz Deutschland zu Methode und Rechner beantwortet. „Seit- dem gibt es auch wieder Projekte, die über Bürgschaften f<strong>in</strong>anziert werden.“ In den neuen Bundesländern werden Bürg- schaften für Sanierungsmaßnahmen und Wachstumsf<strong>in</strong>anzierungen e<strong>in</strong>gesetzt. „Hier wären viele Firmen ohne Landesbürgschaf- ten gar nicht entstanden. Oder längst wie- der verschwunden“, sagt Peter Koch, der das Bürgschaftsgeschäft von PwC <strong>in</strong> Mag- deburg betreut. Auch außerhalb Deutsch- lands zeigen immer mehr Länder Interes- se – etwa Italien und Portugal. „Lösungen für EU-beihilferechtliche Probleme werden künftig eher noch mehr nachgefragt wer- den“, ist Papenste<strong>in</strong> überzeugt. „<strong>Die</strong> EU- Kommission wird auch <strong>in</strong> Zukunft darauf drängen, dass Fördermaßnahmen <strong>in</strong> ihrer Wirkungsweise transparent s<strong>in</strong>d, und die Anwendung der Instrumente andernfalls un- terb<strong>in</strong>den.“ Kontakt bernd.papenste<strong>in</strong>@de.pwc.com Tel. 0211 981-2639 Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/beihilfewertrechner pwc: | april 2008 41