HOMME MAGAZINE Ausgabe 05/2015

REIFEPRÜFUNG
Wie entwickeln sich feine fränkische Silvaner? Werden sie meist
zu früh getrunken?
Die klassischen deutschen Weißwein-Empfehlungen für Weine,
die verschiedene Speisen begleiten sollen, sind Weiß- und
Grauburgunder. Mit ihrer Fülle kommen sie auch mit kräftigeren
Speisen zurecht und aufgrund der dezenten Aromatik passen sie
zu vielen Gerichten. Dabei wird häufig der Silvaner vergessen,
der ebenfalls genannte Eigenschaften bieten kann und zusätzlich
durch seine moderate, aber doch meist markantere Säurestruktur,
viele Speisen optimal ergänzt. Vor allem, wenn der Wein
ein paar Jahre reifen durfte und sich die Säure eingebunden hat,
überzeugt ein guter Silvaner am Tisch. Chef-Oenologe Hermann
Mengler hat die Probe zusammengestellt und dabei nicht nur
Jahrgänge, sondern auch die wichtigsten Terroirs berücksichtigt:
Keuper, Muschelkalk und Bundsandstein. Von dem vom Keuper
geprägten Terroir im Osten der Weinbauregion Franken stammt
der Silvaner pur von Harald Brügel. Vertreter des bekannten
Muschelkalks waren das Weingut Rainer Sauer mit seinem Silvaner
L und das Juliusspital mit verschiedenen Jahrgängen der
berühmten Lage Würzbuger Stein. Wie viel Kraft und Mineralik
Silvaner auf den steilen Buntsandstein-Hängen des Homburger
Kallmuth entwickeln kann, konnte am Asphodill des Weinguts
Fürst Löwenstein beobachtet werden. Zunächst standen ältere
Jahrgänge 2002 bis 2007 – zur Verkostung. Dabei wurde das
Reifepotential deutlich, das Silvaner aus guten Lagen mitbringt.
Die 2007er und 2006er präsentierten sich durchweg noch frisch
und auch die Weine aus dem Jahrgang 2002 zeigten noch Reifepotential.
Zum Menü wurden zu jedem Gang zwei Jahrgänge
der erwähnten Weine gereicht: 2012 und 2009. Die jüngeren
zeigten sich noch verschlossen und auch die 2009er profitierten
von Belüftung. Hohes Reifepotential und damit verbunden
langsame Entwicklung aufgrund der Qualität der Jahrgänge und
der Terroirs. Die reiferen Weine präsentierten sich runder und
mundeten besser zum Essen. Interessant war auch, dass die
Silvaner nicht nur zu Schwarzwurzelsalat und Hummerbisque
passten, sondern auch das Niederbayerische Reh mit Gewürzkraut
(weiß) und Blumenkohl-Nugatcreme sehr gut vom 2009
Asphodill begleitet wurde. Weinprobe und Degustationsmenü
haben gezeigt, dass zumindest hochwertige Silvaner ein gutes
Reifepotential haben und von längerer Flaschenreife profitieren:
Die Säure bindet sich ein, der Wein besticht mit seiner Kraft und
Dichte gepaart mit Frische und Mineralität. So werden sich sicherlich
auch die Weine aus dem Jahrgang 2009 weiterhin positiv
entwickeln. Wünschenswert wäre also, wenn die Produzenten
den Partnern in der Gastronomie, mehr gereifte Weine anbieten.
Manche Winzer haben das erkannt und lagern Weine aus guten
Jahrgängen ein. Das dürfte dazu beitragen, dass die Rebsorte
Silvaner allgemein und besonders als Speisenbegleiter das Ansehen
bekommt, das sie verdient.
Sabine Ernest-Hahn
www.wein-consulting.eu
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130 HOMME MAGAZINE // SEPTEMBER/OKTOBER 2015