Schlesischer Gottesfreund
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damals Hunderte seiner Amtsbrüder zu tun gezwungen<br />
waren? Wo er doch im Elternhaus vor Ort Aufnahme finden<br />
konnte. Er blieb in seiner Heimatgemeinde; und er wird ihr<br />
im Geheimen als Seelsorger gedient haben, als<br />
„Buschprediger” in geheimen Waldgottesdiensten. Ein<br />
Judas, der ihn verraten hätte, fand sich Gottlob nicht. Auch<br />
der 1654 einziehende katholische Pfarrer Reimann scheint<br />
aus Mitleid oder Rücksicht auf die Gemeinde Pezolds<br />
Aufenthalt nicht angezeigt zu haben. Erst nach sechs<br />
Jahren, im Frühjahr 1660, wird der unglückliche Mann von<br />
Soldaten, die im Gebirge nach ihm jagten, gefangen und<br />
nach Jauer abgeführt. Zunächst wurde er in ein böses altes<br />
„Losamment” (Kerker), dann in ein Stübchen gelegt, bis<br />
endlich auf Fürbitte des Herzogs von Liegnitz seine<br />
Freilassung erfolgte. Die Haft, die auch seine Familie teilte,<br />
soll 37 Wochen gedauert haben. So berichtet es jedenfalls<br />
die Bittschrift, in der später die Michelsdorfer im<br />
Jahre 1741 den Preußen-könig um Rückgabe ihrer Kirche<br />
bitten.<br />
Der Verbannte fand zunächst auf dem Schloß Krain bei<br />
Liegnitz bei dem Herrn von Schweinitz Aufnahme. Dort<br />
traf er den aus Rudelsdorf (später Rudelstadt) ebenfalls<br />
vertriebenen Pastor Gutbier, dessen Tochter seine zweite<br />
Lebensgefährtin und seinen früh mutterlos gewordenen<br />
Kindern eine zweite Mutter wurde. Im Jahre 1663 endlich<br />
konnte Petzold in Kriegheide bei Lüben wieder die Kanzel<br />
besteigen. Aus einer großen Scheune war dort eine Grenzkirche<br />
entstanden, für angrenzende Gemeinden des Fürstentums<br />
Glogau. Eine Glocke, die er 1670 für diese Kirche<br />
gießen ließ, trug seinen Namen und (außer Psalm 12 Vers<br />
6) auch in einem lateinischen Vers die Worte „Testis ego<br />
Im Rahmen der diesjährigen<br />
Feier von Eichendorffs Geburtstag<br />
in Lubowitz wurde am<br />
Grab seiner Eltern und seiner im<br />
Kindesalter verstorbenen Geschwister<br />
auf dem alten Friedhof des<br />
Ortes durch Erzbischof Prof. Alfons<br />
Nossol, den früheren Oberhirten der<br />
Diözese Oppeln, eine Gedenkplatte<br />
eingeweiht. Die Einweihung fand<br />
im Anschluß an den von ihm gehaltenen<br />
festlichen Gottesdienst statt,<br />
bei dem er über seine Begegnungen<br />
mit dem Dichter und über dessen<br />
Poesie sprach. Die zahlreichen<br />
Gottesdienstbesucher zogen sodann<br />
mit Blasmusik in einer langen<br />
Prozession aus der Kirche zum<br />
Friedhof, vorbei am Eichendorff-<br />
Kultur- und Begegnungszentrum<br />
und seinem davor vom hohen<br />
BEITRÄGE<br />
exilii duri”, „ich bin ein Zeuge bitterer Vertreibung”. Eine<br />
Generalkirchenvisitation im Fürstentum Liegnitz am 31.<br />
Oktober 1674 brachte seiner treuen Arbeit volle Anerkennung.<br />
Doch schon das nächste Jahr riß den schaffensreichen<br />
Mann und treuen Bekenner jäh hinweg. Am 1. Juli<br />
1676 ging durch Blitzstrahl das Pfarrhaus in Flammen auf;<br />
beim Retten seiner Habe begrub ihn eine einstürzende<br />
Giebelwand unter ihren Trümmern. Von elf Kindern an des<br />
Vaters Grab war das jüngste Töchterlein erst drei Wochen<br />
vor dem Tod des Vaters getauft worden, der älteste Sohn<br />
war noch Student.<br />
Aber auf seiner Familie ruhte des Vaters Segen. Sein<br />
zweiter Sohn Siegmund – er war Tischlerobermeister in<br />
Lüben geworden – läßt zwei seiner Söhne studieren; sie<br />
ergreifen den Beruf des Großvaters und werden unter<br />
Friedrich d. Großen in Rohndorf und Guhrau Pastoren; der<br />
jüngere war schon bei dem großen Kinderbeten dabei in<br />
den Tagen, als Karl XII. von Schweden durch Schlesien<br />
zog, und wurde 1741 im Lager Rauschwitz vor Glogau für<br />
Guhrau ordiniert. Und unter seinen Urenkeln findet sich ein<br />
Minister in Wien und ein Professor in Leipzig ...<br />
Und jenes Schreibmaschinen-Manuskript des Pastor<br />
primarius Klapper, das wir hier im wesentlichen unverändert<br />
wiedergeben, schließt mit folgenden Worten: Johann<br />
George Pezolds Lebensbild aber „erscheint uns würdig, im<br />
300. Jahr seines Geburtstages und 250. Jahr seines Todestages<br />
des tragischen treuen Herzens in unserem Kalender<br />
der Vergessenheit entrissen und unseren Lesern zur<br />
Stärkung in schwerer Zeit geboten zu werden, zugleich als<br />
ein kleiner Beitrag zur Geschichte unserer treuen schlesischen<br />
Heimat.” �<br />
„Keinen Dichter noch ließ seine Heimat los”<br />
An der Ruhestätte der Familie Eichendorff<br />
Sockel herabblickenden Namensgeber.<br />
An der Spitze des Zuges gingen<br />
der em. Erzbischof Nossol, neben<br />
dem Ortspfarrer Dr. Heinrich Rzega<br />
und dem Ratiborer Prälaten Johann<br />
Szywalski auch Dr. Peter Tarlinski,<br />
Seelsorger für die Minderheiten im<br />
Bistum Oppeln, der später den<br />
Festvortrag im Kultur- und Begegnungszentrum<br />
halten sollte, sowie<br />
eine Schar Ministranten. Besagtes<br />
Grab, das nach Errichtung der jetzigen<br />
Pfarrkirche zu Beginn des letzten<br />
Jahrhunderts aus der alten abgerissenen<br />
Schrotholzkirche an den<br />
heutigen Platz verlegt worden ist,<br />
markiert seit dem Jahr 1936 ein<br />
Gedenkstein. Der aus einem hohen<br />
Mittelquader und zwei ihn flankierenden<br />
kleineren Quadern bestehende<br />
Gedenkstein war auf Anregung