Döbelner Allgemeine SINDELFINGER ZEITUNG BÖBLINGER - BDZV
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Klonen –<br />
Fluch oder Segen?<br />
Ärzte entfachen<br />
neue Diskussion<br />
jan Köln - Neue Diskussion über das Thema Klonen -<br />
Mediziner denken offenbar über eine Lockerung der<br />
strengen deutschen Gesetze nach. So sagte Ärztekammerpräsident<br />
Jörg-Dietrich Hoppe der Hamburger<br />
Wochenzeitung „Die Woche”: Angesichts rasanter Fortschritte<br />
mit embryonalen Stammzellen in den USA und in<br />
Großbritannien müsse auch in Deutschland die Frage<br />
erlaubt sein, ob in Zukunft „frühe menschliche Lebewesen<br />
zur Verfügung stehen sollten, um Krankheiten und Leid<br />
von Patienten zu lindern”. In einer Stellungnahme für das<br />
Abendblatt schwächte er ab: „Wenn es tatsächlich in den<br />
Bereich des Möglichen kommen sollte, Menschen durch<br />
gezüchtete Organe zu retten, muss eine weitgehende ethische<br />
Diskussion über die Embryonenforschung geführt<br />
werden. Hierzu ist eine umfangreiche Aufklärung über die<br />
Möglichkeiten, Risiken und ethischen Grenzen der neuen<br />
Verfahren notwendig. Sie kann es ermöglichen, die Diskussion<br />
auf einem hohen Niveau zu führen und in der<br />
Folge Grenzen abzustecken. Den Befürwortern der<br />
Embryonenforschung ist entgegenzuhalten, dass die<br />
Forderung, menschliches Leben vom biologischen Beginn<br />
an unbedingt zu respektieren und vor unwürdigem<br />
Gebrauch zu schützen, berechtigt ist.”<br />
Der Reproduktionsmediziner Professor Henning Beier<br />
vom Uniklinikum in Aachen: „Wenn Kranke mit embryonalen<br />
Stammzellen geheilt werden können, dann wird in<br />
Deutschland eine Mehrheit dafür sorgen müssen, dass das<br />
Embryonenschutzgesetz geändert wird.” Dem hält der<br />
Präsident der Hamburger Ärztekammer, Dr. Frank-Ulrich<br />
Montgommery, entgegen, zuviel Hoffnung sei unangebracht.<br />
Die Embryonenforschung könne frühestens in 20<br />
Jahren für die Menschheit von Nutzen sein. Die Techniken<br />
sollten erst mit Hilfe von Tieren perfektioniert werden.<br />
„Die deutschen Schutzgesetze sind führend in der Welt.”<br />
Noch verbietet das Gesetz Experimente mit menschlichen<br />
Embryonen. Es drohen fünf Jahre Haft. Anders ist es in<br />
Großbritannien. Dort ist die Forschung mit Embryonen<br />
bis zum 14. Tag nach der Befruchtung erlaubt, ebenso in<br />
den USA. Die Frühform menschlichen Lebens ist für die<br />
Wissenschaftler deshalb so interessant, weil diese jungen<br />
Zellen noch nicht auf eine Funktion festgelegt sind. Man<br />
hofft, aus ihnen eines Tages jedes gewünschte Gewebe<br />
züchten zu können. Forscher der US-Firma Advanced Cell<br />
Technology (ACT) aus Worcester in Massachusetts haben<br />
erst kürzlich eine Rindereizelle entkernt und ihr den Kern<br />
Klassenstufe 11-13<br />
UMWELT &<br />
ENERGIE 2020<br />
einer menschlichen Stammzelle, somit also das Erbgut<br />
eingepflanzt (wir berichteten). Das befruchtete Ei teilte<br />
sich mehrfach, bis das Experiment abgebrochen wurde.<br />
Das Ziel: ein Ersatzteillager für den Menschen. Zum einen<br />
wäre es möglich, etwa für Parkinson-Patienten (Schüttellähmung)<br />
Nervenzellen zu züchten, die den im Gehirn<br />
fehlenden Botenstoff wieder herstellen, und dies ohne<br />
Nebenwirkungen. Zum anderen kann aber nicht ausgeschlossen<br />
werden, dass weit mehr gezüchtet wird. Die US-<br />
Ethikkommission ließ im Mai verlautbaren: „Experimente<br />
zur Gewinnung von embryonalen Stammzellen, bei denen<br />
Embryonen bis zum 14. Tag zerstört werden, sind ethisch<br />
zulässig, wenn es gute Gründe gibt anzunehmen, dass sie<br />
notwendig sind, um lebensbedrohliche oder schwer behindernde<br />
Krankheiten zu heilen.” Trotz aller Experimente ist<br />
eine echte Therapie nach Aussagen der US-Forscher allerdings<br />
erst in einigen Jahren zu erwarten.<br />
Ein anderer Weg wäre, die „genetische Uhr” der menschlichen<br />
Körperzellen zurückzudrehen, so dass sie neu „programmierbar<br />
wären”. Dies ist mit dem Gen-Schaf „Dolly”<br />
gelungen. Es wurde aus einer Euterzelle gezüchtet. Diese<br />
Experimente sind auch bei uns erlaubt. Es müssten keine<br />
Embryonen zerteilt werden, die ACT-Direktor Michael<br />
West nur „Zellhaufen” nennt. In jedem Fall muss die Frage<br />
beantwortet werden, wann menschliches Leben beginnt<br />
und wann Klone „ein Recht auf eigenes Leben” haben.<br />
1.<br />
2.<br />
3.<br />
Berichterstattung des Hamburger Abendblattes vom 24.06.1999<br />
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Worin sehen Befürworter die Chancen der<br />
Embryonenforschung, und welche Argumente<br />
sprechen gegen solche Experimente mit der<br />
Frühform menschlichen Lebens?<br />
Diskutieren Sie die Frage, „wann menschliches<br />
Leben beginnt, und wann Klone ein ‚Recht auf<br />
eigenes Leben’ haben”.<br />
Der Präsident der Hamburger Ärztekammer,<br />
Dr. Frank-Ulrich Montgommery, prognostiziert,<br />
die Embryonenforschung könne frühestens<br />
in 20 Jahren für die Menschheit von<br />
Nutzen sein. Würden Sie gerne im Jahr 2020<br />
von den Ergebnissen einer solchen Forschung<br />
profitieren können?<br />
Begründen Sie ihre Meinung.