Nadine Kabuth - Freiherr-vom-Stein-Schule
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das in diesem Moment vielleicht eher einschüchternd und herrisch empfindet – sich das<br />
als Mann gefallen lässt. Zum anderen, wenn man nun Hugos Charaktereigenschaften<br />
mit in Betracht zieht, könnte man auch zu folgender These gelangen: Hugo ist aus<br />
gutem und wohlhabendem Hause, er ist in einer höhergestellten Familie mit vielen<br />
Privilegien und Annehmlichkeiten aufgewachsen. Hierin liegt möglicherweise die<br />
Erklärung für seine äußerst stark ausgeprägte Faulheit und Bequemlichkeit. Genau<br />
dieses sorgenfreie und bequeme Leben hat er bis jetzt bei Mathilde kennen gelernt.<br />
Vielleicht steckte also viel mehr Kalkül, Berechnung und die Aussicht auf den eigenen<br />
Vorteil in dem Heiratsantrag Hugo Großmanns, als es in diesem Moment selbst<br />
Mathilde hätte vermuten können?<br />
Die offizielle Verlobungsfeier findet im kleinen Kreis statt, allerdings ist die<br />
Verbindung Mathildes mit einem Mann aus gutem Hause längst das Gesprächsthema<br />
Nummer eins in der Nachbarschaft.<br />
Zuckerbrot und Peitsche – ein einfaches Prinzip mit großer Wirkung<br />
Bevor Mathilde nun ihren Plan „Sozialer Aufstieg“ weiterverfolgt, gönnt sie ihrem<br />
Verlobten noch „eine Woche Weihnachtsferien“ 22 . Nach Ablauf dieser Ferienwoche<br />
jedoch ist der Spaß für Hugo erst einmal vorbei: Mathilde nimmt ihn ein weiteres Mal<br />
ins Gebet. Bis zu seiner Examensprüfung besucht er nun jeden Tag das Repetitorium an<br />
seiner Universität. Abends fragt seine Verlobte ihn dann in der Wohnstube im Beisein<br />
der Mutter ab. Damit ihm diese Prozedur jedoch nicht zu anstrengend wird, baut<br />
Mathilde immer wieder kleine Lernpausen ein, in denen sich Hugo einen Moment lang<br />
ausruhen und erfrischen darf. Geschickt wie sie nun mal ist, weiß Mathilde ganz genau,<br />
wie sie Hugo bei Laune hält und ihn trotzdem nach ihren Vorstellungen leiten und<br />
formen kann: Mit Zuckerbrot und Peitsche.<br />
Tatsächlich besteht Hugo sein Examen und ist nun Referendar. Doch auch für die Zeit<br />
nach dem Examen hat Mathilde bereits vorgesorgt: Die westpreußische Stadt<br />
Woldenstein hat eine Stelle als Bürgermeister ausgeschrieben, eine Stelle ganz nach<br />
Mathildes Geschmack und Vorstellungen. Hugo bewirbt sich um den Posten und erhält<br />
kurze Zeit später die Zusage.<br />
Der Preis des Ruhms – Was kostet der soziale Aufstieg?<br />
Nach einer bescheidenen Hochzeit macht sich das frisch vermählte Paar auf nach<br />
Woldenstein. Dort angekommen, leben sich die beiden recht schnell und gut ein. Bald<br />
22 Th. Fontane „MM“: 9.Kapitel, S.52, Z. 11<br />
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