Nadine Kabuth - Freiherr-vom-Stein-Schule
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Das Ende der Ehe bedeutet für Tony zwar den Status einer geschiedenen Frau<br />
innezuhaben, allerdings kehrt sie jedes Mal wieder in ihr altes, angenehmes und<br />
privilegiertes Leben zurück. Sie selbst trägt von den beiden Scheidungen keinen<br />
nennenswerten Schaden davon. Anders scheint es zunächst bei Mathilde. Als ihr Mann<br />
stirbt, steht sie wieder ganz am Anfang – nämlich vor dem sozialen und auch<br />
materiellen Aus. All ihre Errungenschaften – der soziale Aufstieg, der Titel und das<br />
Prestige als Frau des Bürgermeisters, die finanzielle Sicherheit sind mit einem Mal<br />
wieder verloren. Anstatt sich nun aber in die Resignation über das Scheitern des eigenen<br />
Lebensplans zu flüchten, erkennt Mathilde schließlich, dass sie keinen Mann braucht,<br />
um sich einen Platz im Leben sichern und sich ihre Träume verwirklichen zu können.<br />
Tony hingegen resigniert nach dem Scheitern ihrer zweiten Ehe zumindest in Bezug auf<br />
ihre eigene Person. Sie muss erkennen und akzeptieren, dass sie ihrer Familie nicht in<br />
dem Maße dienlich sein konnte, wie es ihr eigentlich von Geburt an vorbestimmt war.<br />
Während Tony sich in die Resignation und die rege Anteilnahme und Beteiligung am<br />
Leben ihrer Familienmitglieder flüchtet, entdeckt Mathilde ihre Unabhängigkeit und<br />
emanzipiert sich. Sie erkennt plötzlich, dass sie all ihre Ziele auch ganz allein und aus<br />
eigener Kraft erreichen kann und beginnt, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.<br />
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass beide Frauen, Tony und Mathilde, zwar<br />
vorteilhafte Vernunftehen eingegangen sind und dass alle Ehen ein jähes Ende fanden.<br />
Allerdings hat sich für Tony durch ihre beiden Ehen nicht wirklich etwas geändert, auch<br />
sie hat sich über die Jahre nicht wirklich geändert. Schließlich hatte sie stets die<br />
Möglichkeit, in ihr altes Leben – das sich <strong>vom</strong> finanziellen Standard und sozialen Status<br />
her kaum von dem Leben mit ihren Ehemännern unterschied – zurückzukehren.<br />
Mathilde hingegen wollte sich zunächst über einen Mann bzw. die Ehe mit ihm<br />
emanzipieren, musste aber als junge Witwe schließlich erkennen, dass sie diesen Mann<br />
als Mittel zum Zweck gar nicht gebraucht hätte bzw. gar nicht braucht und auch nie<br />
brauchen wird. Sie erkennt plötzlich, was in ihr steckt und dass ihr im Grunde die<br />
gleichen Möglichkeiten wie ihrem Mann offen stehen: Der Zugang zu besserer Bildung<br />
und somit zu einem guten, gesicherten Einkommen mit dem sie für sich selbst sorgen<br />
kann. Es muss jedoch betont werden, dass trotz des beginnenden gesellschaftlichen<br />
Wandels eine „emanzipierte Karriere“ wie die der Mathilde Möhring die große<br />
Ausnahme bildete. Somit könnte man Mathilde als eine Pionierin bzw. Vorreiterin ihrer<br />
Zeit betrachten.<br />
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