Grundschule aktuell 122
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Praxis: Kritische Stellen und Förderideen<br />
erforderlich. Diese Vorstellung kann<br />
man schon früh sichtbar machen, indem<br />
man die Tätigkeit des Bündelns<br />
oder die Darstellung von Zahlen mittels<br />
strukturierten Materials mit der Stellentafel<br />
in Verbindung bringt und man<br />
somit die Zusammenhänge zwischen<br />
diesen Darstellungsmitteln deutlich<br />
macht. Dies kann sogar schon ab der<br />
ersten Klasse geschehen, wie die Aufgabenbeispiele<br />
in Abb. 3 zeigen.<br />
Sollten am Ende der Grundschulzeit<br />
sich allerdings immer noch Schwierigkeiten<br />
zeigen, erscheint es nicht sinnvoll,<br />
den Stoff der vorangegangenen<br />
Schuljahre lediglich zu wiederholen.<br />
Durch die »Eroberung neuer Zahlräume«<br />
und die wiederholte Beschäftigung<br />
mit dem Aufbau von Zahlen haben die<br />
Lernenden bereits »zahl«reiche Einsichten<br />
erhalten und verfügen oft über<br />
umfangreiches Wissen. Dass dieses oft<br />
nicht strukturiert ist bzw. im Verständnis<br />
nicht gesichert, zeigen aber Aufgaben,<br />
die ein flexibles Stellenwertverständnis<br />
verlangen. Im unten stehenden<br />
Beispiel werden die Lernenden dazu<br />
aufgefordert, ikonische Darstellungen<br />
in die stellengerechte Darstellung in der<br />
Stellentafel und als Zahl zu übersetzen.<br />
Das Besondere an der Aufgabenstellung<br />
ist hierbei die nicht gebündelte Darstellung,<br />
die von der Standarddarstellung<br />
abweicht und daher von den Lernenden<br />
erst interpretiert werden muss (siehe<br />
Abb. 4).<br />
Das gelingt bei der Deutung von 22<br />
einzelnen Einern als Zahl 22 meist problemlos;<br />
die Schwierigkeiten erscheinen<br />
zumeist an anderer Stelle. Beispielsweise<br />
zeigt sich neben der fehlenden<br />
Unterscheidung zwischen dem Symbol<br />
von Hundertern und Tausendern und<br />
der Schwierigkeit der 0 als Notation für<br />
Abb. 3: Aufgabenbeispiele aus dem Zahlenbuch 1, S. 26 f. (Wittmann / Müller 2011)<br />
»fehlende« Stellen die Schwierigkeit, die<br />
Darstellung von zehn Zehnern als einen<br />
Hunderter zu »übersetzen« (während<br />
die Aufgabe 10 · 10 = 100 von den Kindern<br />
meist beherrscht wird). Auch die<br />
Addition von 2 Zehnern und 22 Einern<br />
zum Ergebnis 42 wird nicht verstanden.<br />
Hier setzen also wichtige Förderideen<br />
an; dabei kann die Idee der Bündelung<br />
und Entbündelung von Zahlen beispielsweise<br />
sehr gut mit Systemwürfelmaterial<br />
(s. Abb. 5) veranschaulicht<br />
werden, das die Zehnerstruktur unseres<br />
Zahlsystems berücksichtigt. Mit<br />
dem Material lässt sich beispielsweise<br />
ein flexibler Aufbau der 100 durch ein<br />
»Nachbauen« aus Zehnerstangen und<br />
Einerwürfeln veranschaulichen.<br />
Für die Lernenden ist es dann allerdings<br />
wichtig, sich von der rein handelnden<br />
Ebene auch lösen zu können,<br />
damit die Einsicht in die dezimale<br />
Struktur auch auf größere Zahlräume<br />
– die, die nicht ohne Weiteres mit Material<br />
dargestellt werden können – übertragen<br />
werden kann. Eine Möglichkeit<br />
hierzu ist, z. B. Zahlen auf der Vorstellungsebene<br />
operativ zu verändern mit<br />
Aufgabenstellungen wie: »Zu der Zahl<br />
534 kommen 2 Zehner hinzu. Welche<br />
Zahl ist es jetzt?«<br />
Des Weiteren können auch größere<br />
Zahlräume durch eine Notation von<br />
nicht gebündelten Einheiten in der Stellentafel<br />
behandelt werden. Hier können<br />
Lernende auch zeigen, ob sie die Erfahrung,<br />
die sie handelnd am Würfelmaterial<br />
vollzogen haben, auf eine symbolische<br />
Ebene übertragen können (siehe<br />
Abb. 6).<br />
Die typischen Fehllösungen, die bei<br />
der Bearbeitung solcher Aufgaben im<br />
Abb. 4: Aufgabenbeispiel aus dem Baustein »Stellenwerte verstehen« aus<br />
Materialien des Projekts »Mathe-sicher-können« (Selter et al., i. V. 2014)<br />
Abb. 5: Systemwürfelmaterial aus Holz<br />
16 GS <strong>aktuell</strong> <strong>122</strong> • Mai 2013