Kaiserlich erleben, Ausgabe 4/2015
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28 Kultur<br />
Vollmondwanderung der Sternwarte March<br />
Auf den Spuren<br />
der Planeten<br />
Gerade mal neun Stunden Helligkeit pro Tag – so liest sich in unseren Breitengraden<br />
die ernüchternde Licht-Bilanz für den Monat Dezember. Keine Frage: Wir sind mitten<br />
in der dunklen Jahreszeit angekommen. Doch wer sagt eigentlich, dass man dem<br />
Licht nur am Tag begegnen kann? Klar, der Sonne schon, aber in das silberne Licht des<br />
Mondes kann man bei einer Vollmondwanderung auf dem Planetenweg March ganz<br />
wunderbar eintauchen.<br />
© fotolia – Karin Jähne<br />
Noch erleuchten die letzten<br />
Sonnenstrahlen<br />
das kleine Haus mit<br />
der braunen Kuppel: Hier, auf<br />
einem Hügel zwischen Buchheim<br />
und Holzhausen, liegt<br />
die Sternwarte March. Vor der<br />
Tür erwarten uns, ebenfalls<br />
strahlend, Agnes Wörne und<br />
ihr Teamkollege Franz Braun,<br />
beide überaus engagierte Hobby-Astronomen.<br />
„Wir wollen<br />
Astronomie praxisnah vermitteln“,<br />
sagt Agnes Wörne, Leiterin<br />
der Volkshochschule March,<br />
die Trägerin der Sternwarte ist,<br />
„und verständlich für jedermann.“<br />
Gesagt, getan – gemeinsam<br />
mit einigen weiteren Vollmond-Wanderern<br />
machen wir<br />
uns auf den Weg, denn: Unser<br />
Ziel an diesem Abend ist nicht<br />
etwa die Sternwarte mit dem<br />
großen Teleskop in ihrer Kuppel,<br />
sondern der rund um den<br />
Hügel angelegte Planetenweg.<br />
Merkur, Venus, Erde, Jupiter<br />
und Mars liegen auf unserer Route,<br />
unser Ausgangspunkt – die<br />
Sternwarte – symbolisiert die<br />
Sonne in diesem kleinen Sonnensystem.<br />
Wobei klein natürlich<br />
relativ ist. Der gesamte Planetenweg<br />
ist zwar rund sieben Kilometer<br />
lang, aufs Weltall übertragen<br />
entspricht aber jeder Meter, den<br />
wir gemeinsam zurücklegen, sage<br />
und schreibe 1,5 Milliarden Metern,<br />
also 1,5 Millionen Kilometern.<br />
„Mit jedem Schritt legen wir<br />
eine Million Kilometer zurück“,<br />
verdeutlicht Agnes Wörne den<br />
Maßstab. „Wir laufen also mit<br />
unserer Schrittgeschwindigkeit<br />
schneller als mit Lichtgeschwindigkeit.“<br />
Rasante Vorstellung!<br />
Da solche Dimensionen schlicht<br />
unvorstellbar sind, hat sie gemeinsam<br />
mit Franz Braun und<br />
einem weiteren Hobby-Astronom<br />
2013 den Planetenweg eröffnet.<br />
Ein überirdisch schöner Lichtpunkt<br />
am dunklen Nachthimmel<br />
Dabei werden die acht Planeten<br />
durch Granitstelen symbolisiert,<br />
die in entsprechendem Abstand<br />
maßstabsgerecht um die Sonne<br />
herum angeordnet sind. An jeder<br />
Stele informiert eine Infotafel<br />
über den Planeten. „Merkur<br />
ist ein Gesteinsplanet“, steht bei<br />
unserer ersten Station, und ist<br />
„in unserem Maßstab nur ein<br />
Steinwurf von der Sonne entfernt.“<br />
Stimmt, wir sind gerade<br />
mal am Fuß des kleinen Hügels<br />
angelangt, in dem früher der<br />
Wasserspeicher der March untergebracht<br />
war. Winzig klein<br />
ist Merkur außerdem: Sein maßstabsgerechtes<br />
Abbild auf der Stele<br />
ist kleiner als der Fingernagel<br />
meines kleinen Fingers.<br />
Weiter geht es zur Venus mit<br />
ihrer giftigen Atmosphäre und<br />
zur uns vertrauten Erde, dem<br />
einzigen Planeten mit Wasser<br />
in flüssiger Form. Der uns ebenfalls<br />
vertraute Mond ist in diesem<br />
System übrigens gerade mal 25<br />
Zentimeter von der Erde entfernt.<br />
Apropos Mond: Ganz plötzlich<br />
wird uns nämlich bewusst, warum<br />
wir die Planeten ausgerechnet<br />
heute erwandern. Dick, rund<br />
und orange schiebt sich im Osten<br />
ganz allmählich der Vollmond<br />
über die Berge des Schwarzwalds.<br />
<strong>Kaiserlich</strong> <strong>erleben</strong> · 04/<strong>2015</strong>