Vom Korn zum Brot Vom Korn zum Brot - Ev.-luth. Kirchengemeinde ...
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30<br />
SENIOREN<br />
Lebensfreude und neue Kontakte auf Reisen<br />
Senioren unterwegs - Im Bus wird auf jeden Rücksicht genommen<br />
Wer hat sie nicht, die Erinnerungen<br />
an schöne Reisen? Reisen,<br />
die man einst allein, mit dem<br />
Partner oder mit den Kindern<br />
gemacht hat? Viele ältere Menschen<br />
erfüllt der Gedanke daran<br />
mit Wehmut; glauben sie doch,<br />
die Zeit des Reisens sei vorbei.<br />
„Nee, ich trau' mich nicht!“,<br />
hört man oft. Und man sieht<br />
förmlich die Hindernisse und<br />
Gefahren vor sich, die Senioren<br />
von dem schönen Erlebnis einer<br />
Reise abhalten. Dabei sind Reisen<br />
für ältere Menschen durchaus<br />
möglich und finden sich immer<br />
wieder im Angebot der Unternehmen.<br />
Mut, sich daran zu<br />
beteiligen, macht Gisela Kaper,<br />
die selbst solche Reisen organisiert.<br />
In einem Gespräch mit der<br />
Expertin auf dem Gebiet der Seniorenreisen<br />
erfahren wir mehr<br />
über die Gedanken und Gefühle<br />
der Gäste vor der ersten gemeinsamen<br />
Busreise. Immer<br />
wieder hört sie: „Ich hab' ja niemanden,<br />
der mit mir fahren<br />
möchte.“ Oder: „Ich kenne bestimmt<br />
niemanden im Bus. Mit<br />
wem soll ich sprechen? Mich<br />
austauschen?“ „Eine Bustour ist<br />
anstrengend. Ich will nicht den<br />
ganzen Tag auf den Beinen sein,<br />
ich brauche meine Ruhepausen.“<br />
„Was passiert, wenn ich<br />
krank werde? Allein kann ich<br />
mir nicht helfen.“<br />
Diese und andere Bedenken<br />
hört Gisela Kaper aber nur vor<br />
Antritt der Reisen. Ihre langjährige<br />
Erfahrung hat ihr gezeigt,<br />
dass diese und andere<br />
Hindernisse aus dem Weg geräumt<br />
werden können.<br />
„Bei mir bleibt niemand allein!“,<br />
bekräftigt die resolute<br />
Frau: „Bei mir fahren viele Alleinreisende<br />
mit, aber auch Paare,<br />
die ich seit langen Jahren<br />
kenne. Ich habe zwei Kunden,<br />
die um den Titel des 'treuesten<br />
Kunden' konkurrieren. Die eine<br />
Dame trat letztens ihre 44. Rei-<br />
<strong>Ev</strong>angelisch in Varel Nr. 3/2012<br />
se an, ein Herr seine 45. Tour.<br />
Bei so vielen Reisen lernt man<br />
die Menschen kennen, weiß<br />
welche Bedürfnisse und Vorlieben<br />
sie haben. Deshalb bekommt<br />
jeder seinen Platz im<br />
Bus zugewiesen. So sitzen Neulinge<br />
neben 'alten Hasen', Ruhebedürftige<br />
neben Ruhebedürftigen<br />
und Mitteilungsfreudige neben<br />
Mitteilungsfreudigen. Es<br />
können sich keine störenden<br />
Cliquen bilden.“<br />
Wie beliebt diese Art des<br />
Reisens ist, merkt man schon<br />
daran, dass auf jedem Platz ein<br />
gesticktes Kopfpolster prangt –<br />
gefertigt von einer dankbaren<br />
Mitreisenden. „Ich habe eine<br />
eifrige Reisende, die ließ sich<br />
auf ihrer ersten Tour von ihrer<br />
Enkelin begleiten – damit sie<br />
sich nicht so verloren fühlte.<br />
Das hat zwar beiden Spaß gemacht,<br />
wäre aber gar nicht nötig<br />
gewesen, denn die Seniorin<br />
fand sofort besten Anschluss.<br />
Deshalb fährt sie jetzt auch regelmäßig<br />
mit – mal mit, mal<br />
ohne Begleitung.“<br />
Damit die Bustouren nicht<br />
durch vieles Einkehren teurer<br />
werden, hat die Reiseleiterin<br />
den „Frühstücksimbiss“ eingeführt.<br />
Er findet meist auf einem<br />
Picknickplatz mit angeschlossener<br />
Toilette statt. Jeder bringt<br />
sein eigenes Frühstücksbrot mit,<br />
Frau Kaper sorgt für Kaffee und<br />
Tee.<br />
„Für viele Reisende ist<br />
wichtig, dass sie den Busfahrer<br />
kennen, dem sie sich anvertrauen.<br />
Mein Mann lenkt die Wagen<br />
immer selbst. Und ich fahre<br />
auch immer persönlich mit.“<br />
erklärt Frau Kaper: „Wir machen<br />
ausreichend Pausen. Alle<br />
zwei Stunden haben unsere<br />
Gäste Gelegenheit, etwas zu<br />
sich zu nehmen oder zur Toilette<br />
zu gehen. Wobei wir nicht<br />
auf die Uhr schauen. Niemand<br />
muss in Stress geraten und aus<br />
lauter Angst, den Bus zu ver-<br />
Dresden gehört zu den beliebten Ausflugszielen der Senioren, die<br />
bequem und betreut mit dem Bus reisen können.<br />
passen, auf den Toilettengang<br />
verzichten. Lieber warten wir<br />
fünf Minuten länger und ersparen<br />
unseren Mitreisenden ein<br />
'Malheur'.“<br />
Malheure anderer Art gibt es<br />
natürlich immer mal wieder.<br />
Wenn <strong>zum</strong> Beispiel einer Mitreisenden<br />
das Gebiss durchbricht.<br />
Dies geschah glücklicherweise<br />
auf einer Tagestour,<br />
und Gisela Kaper konnte mit<br />
Heftpflaster Überbrückungshilfe<br />
leisten. Oder als eine Mitreisende<br />
in Brighton in einem Geschäft<br />
ihr Portemonnaie liegen<br />
ließ. Dank der einheimischen<br />
Reisebegleitung – die immer im<br />
Ausland dabei ist – konnte mit<br />
einem Anruf alles geklärt werden.<br />
Die Mitreisende meldete<br />
sich, mit ihrer dolmetschenden<br />
Reisebegleitung an der Seite,<br />
bei der Polizei und bekam ihr<br />
Eigentum zurück.<br />
„Bei allen Fahrten ins Ausland<br />
bekommen meine Gäste<br />
meine Handynummer, so dass<br />
ich jederzeit zu erreichen bin,<br />
um helfend einzugreifen. Wir<br />
fühlen uns füreinander verantwortlich<br />
wie in einer großen<br />
Familie. Wenn einer meiner<br />
Gäste Höhenangst hat, bekommt<br />
er ein Zimmer im Erdgeschoss.<br />
Wenn einer Diät leben<br />
muss, bekommt er seine<br />
Diätnahrung. Wenn einige nicht<br />
so gut zu Fuß sind, dann orga-<br />
nisiere ich die Ausflüge so, dass<br />
ein Teil der Gäste im Café sitzen<br />
bleiben kann, während die<br />
anderen eine Besichtigung mitmachen.“<br />
Vor Antritt einer Reise erklärt<br />
Frau Kaper den Interessenten,<br />
was an körperlicher Belastung<br />
auf sie zukommt. Beliebt<br />
sind Tagestouren, bei denen<br />
die Gruppen auch schon<br />
mal groß sein können. Vor allem,<br />
wenn es etwas Leckeres zu<br />
essen und zu trinken gibt, wenn<br />
die Geselligkeit im Vordergrund<br />
steht. Zu kulturellen Veranstaltungen<br />
machen sich häufig nur<br />
15 bis 20 Mitreisende auf.<br />
„Aber egal, wie viele mitfahren,<br />
jeder wird betüddelt, jeder soll<br />
auf seine Kosten kommen.“<br />
Mit Hilfe eines befreundeten<br />
Juristen wird Gisela Kaper<br />
demnächst den „Verein Kulturund<br />
Erlebnisreisen Varel / Friesische<br />
Wehde“ gründen. „Denn<br />
als Verein können wir auch Betriebsbesichtigungendurchführen.<br />
Der Wunsch ist schon häufiger<br />
an mich herangetragen<br />
worden“.<br />
Das Redaktionsteam unseres<br />
Magazins wünscht seinen Leserinnen<br />
und Lesern Mut, eine<br />
Reise zu wagen. Das bringt Lebensfreude<br />
und neue Kontakte,<br />
die im Alter ja so immens wichtig<br />
sind.<br />
Christiane Boos<br />
www.ev-kirche-varel.de