12.01.2016 Aufrufe

ZOOM NO Ausgabe 7/8 2015

Das besondere Magazin für den Düsseldorfer Norden

Das besondere Magazin für den Düsseldorfer Norden

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

›› Rhein-Report<br />

Baudenkmälern rechts und links seines<br />

Flusslaufs zu wanden.<br />

Die Rheinromantik wird oftmals als<br />

Reaktion der Künstler auf die beginnende<br />

Industrialisierung und ihre Folgen angesehen.<br />

Als Quelle in den schweizerischen<br />

Alpen entspringend, entwickelt sich der<br />

Rhein auf dem Weg Richtung Nordsee<br />

nicht nur zu einem geografisch und landschaftlich<br />

ansehnlichen Gewässer. Der<br />

Rhein ist auch gesellschaftlich wichtig,<br />

immerhin gibt er einer großen Region ihren<br />

Namen und prägt die Mentalität ihrer<br />

Millionen Einwohner – man denke z.B. an<br />

den „rheinischen Frohsinn“.<br />

NEUE WAHRNEHMUNG DER LANDSCHAFT<br />

Zu Beginn des 19. Jhdt. wurden Natur und<br />

Landschaften neu wahrgenommen. Daraus<br />

entwickelte sich das Konzept der „Erhabenen<br />

Natur“, die das reine Wilde und nicht<br />

mehr das Anmutige in den Vordergrund<br />

stellt, wie es Friedrich Schlegel beschreibt.<br />

Die Landschaften entlang des Rheins entsprechen<br />

genau dieser „Erhabenen Natur“.<br />

Die verklärten Landschaften mit ihren mittelalterlichen<br />

Burgen, schroffen, nackten<br />

Felsen und bewaldeten Hügeln stehen im<br />

Mittelpunkt der Rheinromantik. Sie spielen<br />

für die Dichter eine wichtige Rolle.<br />

INSPIRATIONSQUELLE NAMHAFTER<br />

DEUTSCHER DICHTER<br />

In Deutschland gilt das Jahr 1802 als Geburtsstunde<br />

der Rheinromantik. Damals<br />

unternahmen die befreundeten Dichter<br />

Clemens Brentano und Achim von Arnim<br />

eine Rheinreise, auf der sie unter anderem<br />

Volkslieder, Märchen und Sagen sammelten.<br />

Auch die berühmte Liedersammlung<br />

„Des Knaben Wunderhorn“ von Brentano<br />

und von Arnim entstand während dieser<br />

Reise. An die Fahrt erinnerte sich Brentano<br />

übrigens ein Jahr später in dem Gedicht<br />

„Es setzten zwei Vertraute“, in dem<br />

es heißt: „Es setzten zwei Vertraute / Zum<br />

Rhein den Wanderstab, / Der braune trug<br />

die Laute, / Das Lied der blonde gab.“<br />

Auch die Gebrüder August und Friedrich<br />

Schlegel, gehörten mit zu den Ersten,<br />

welche die Kulturlandschaft am Rhein mit<br />

besonderen Augen sahen. Den bürgerlich<br />

Intellektuellen schienen besonders<br />

das Mittelrheintal von Bingen bis Bonn<br />

mit den Ruinen ehemaliger Ritterburgen<br />

und kleinen Fischerdörfern als Inbegriff<br />

wilder Natur und großer Heldentaten zu<br />

gefallen. 1802 veröffentliche Friedrich<br />

Schlegel das Gedicht „Am Rheine“, das<br />

programmatisch für die Rheinromantik<br />

ist. In diesen Versen weint der Dichter<br />

» Sei mir gegrüßt, mein Vater Rhein,<br />

Wie ist es dir ergangen?<br />

Ich habe oft an dich gedacht<br />

Mit Sehnsucht und Verlangen.«<br />

So sprach ich, da hört ich im Wasser tief<br />

Gar seltsam grämliche Töne,<br />

Wie Hüsteln eines alten Manns,<br />

Ein Brümmeln und weiches Gestöhne:<br />

»Willkommen, mein Junge, das ist mir lieb,<br />

Daß du mich nicht vergessen;<br />

Seit dreizehn Jahren sah ich dich nicht,<br />

Mir ging es schlecht unterdessen.«<br />

(Aus Heinrich Heine „Deutschland ein Wintermärchen“)<br />

über „Felsen, so die Ritter sich erkoren“<br />

und über die „alten Mauern“, die „traurig<br />

aus dem Wasser ragen“: In dieser düsteren,<br />

fast mystischen Umgebung lebten<br />

früher – der Vergangenheitsbezug ist hier<br />

sehr wichtig – „hohe Helden“, die mutig<br />

und „voll von Lust nach Ruhme strebten“.<br />

Sehr bedeutsam in Schlegels Gedicht ist<br />

der Bezug zu Deutschland, das mehrfach<br />

als „Vaterland“ bezeichnet wird. Der<br />

Rhein erscheint als Symbol für ein vereintes<br />

Deutschland, auch das ist ein wesentliches<br />

Merkmal der Rheinromantik.<br />

DIE RHEINROMANTIK ALS<br />

EUROPÄISCHES PHÄ<strong>NO</strong>MEN<br />

Der Rhein war aber nicht nur bei deutschen<br />

Dichtern und Malern ein beliebtes<br />

Motiv, sondern vor allem auch in Italien<br />

und England. Ein vielgelesenes und sehr<br />

beliebtes Werk der damaligen Zerit, um<br />

die Reisen des jungen Schildknappen<br />

Harold ist „Childe Harold‘s Pilgrimage“<br />

von dem englischen Dichter Lord Byron.<br />

Während sich die ersten beiden Teile auf<br />

Südeuropa und Malta beziehen, geht es<br />

im dritten Canto (Gesang) unter anderem<br />

um Deutschland – und dabei insbesondere<br />

um um den Rhein. Byron hat, wie es<br />

scheint, in seinen Versen seine eigenen<br />

Europa-Reisen verarbeitet. Schon in den<br />

ersten Versen, die Byron dem Rhein widmet,<br />

wird seine Sicht auf den Fluss deutlich:<br />

„Majestätisch“ sei dieser und die<br />

Schönheiten, die sich links und rechts an<br />

den Ufern fänden, ein „göttliches Werk“.<br />

Dazu gehören für den Dichter unter anderem<br />

Bäche und Täler, Felsen und Wälder,<br />

Weinreben und Berge – aber vor allem,<br />

wie auch bei Friedrich Schlegel, die unbewohnten<br />

Ruinen von Schlössern und<br />

Burgen, die immer wieder aus der Landschaft<br />

des Mittelrheins hervorstechen.<br />

Mit großen Worten wird der Drachenfels<br />

beschrieben – der Ort, an dem der Nibelungensage<br />

nach Siegfried den Drachen<br />

erschlagen und in seinem Blut gebadet<br />

hat. Auch hier begegnet sowohl dem Leser<br />

als auch dem Wanderer wieder das<br />

viel beschworene Zusammenspiel von<br />

natürlichen und künstlichen Schönheiten:<br />

Auf dem Felsen thront die Drachenburg,<br />

unten schlängelt sich der Rhein zwischen<br />

Weinbergen hindurch, und auf den Hügeln<br />

und Feldern wachsen blühende Wiesen,<br />

Bäume, Getreide und vieles mehr. In Koblenz<br />

ließ sich Byron vom Denkmal für den<br />

französischen General François Severin<br />

Marceau begeistern, einer Pyramide mit<br />

Löwenrelief von 1796. Diese bezeichnet<br />

5

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!