WESTFÄLISCHES ÄRZTEBLATT
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14 TITELTHEMA<br />
Z<br />
u einer neuen GOÄ gebe es keine Alternative,<br />
stellte Dr. Windhorst klar.<br />
„Die alte GOÄ ist tot.“ Das jahrzehntealte<br />
derzeitige Regelwerk sei intransparent<br />
und vor allem im europäischen Kontext nicht<br />
mehr rechtssicher. Wenn sich Ärzteschaft,<br />
Krankenversicherer und Beihilfeträger jedoch<br />
nicht auf eine Gebührenordnung einigten, sei<br />
es nur eine Frage der Zeit, bis der Gesetzgeber<br />
selbst eine Gebührenordnung erlasse. „Die<br />
würde dann nicht unbedingt zugunsten der<br />
Ärzteschaft ausfallen.“<br />
„Wir haben eine Legitimation durch den Deutschen<br />
Ärztetag“, hielt Windhorst den Teilen<br />
der Ärzteschaft entgegen, die die Rolle der<br />
Bundesärztekammer in den Verhandlungen für<br />
Gewichtiges Ergebnis der bisherigen Verhandlungen:<br />
Ärztekammer-Präsident Dr. Theodor Windhorst hatte bei<br />
seinem Bericht zur Lage einen umfangreichen Entwurf zur<br />
neuen Gebührenordnung mit ans Rednerpult gebracht.<br />
die neue GOÄ anzweifeln. Seit 2004 habe sich<br />
das Parlament der Ärzteschaft immer wieder<br />
mit dem Thema einer Gebührenordnungsreform<br />
befasst. Und bereits 2005 habe der Ärztetag<br />
deutlich gemacht, dass etwas passieren<br />
müsse. Stand zunächst die innerärztliche<br />
Entscheidung im Raum, ob es überhaupt eine<br />
neue GOÄ geben sollte, wurde später ein Inflationsausgleich<br />
von 32 Prozent gefordert. „Das<br />
entspricht neun Milliarden Euro, die wir aber<br />
nicht bekommen werden.“ Diese Forderung sei<br />
nicht zu verwirklichen – die Kostenträgerseite<br />
habe vielmehr sogar Kürzungen durchsetzen<br />
wollen, erinnerte Windhorst. Zwischenzeitlich<br />
seien die Verhandlungen sogar abgebrochen<br />
worden. Mittlerweile seien die erneut aufgenommenen<br />
Gespräche zwischen Ärzteschaft,<br />
Versicherern und Beihilfeträgern jedoch weit<br />
gediehen, eine Rahmenvereinbarung datiert<br />
bereits von 2013. Doch nun stelle sich ein Teil<br />
der Ärzteschaft gegen eine neue Gebührenordnung.<br />
Diese höchst kontroverse Diskussion innerhalb<br />
der Ärzteschaft werde von der Politik mit<br />
großem Unverständnis gesehen. Nicht nur der<br />
Bundesgesundheitsminister sei sauer, auch<br />
bei der SPD werde laut über eine ministeriumseigene<br />
Gebührenordnung nachgedacht,<br />
die dann aber nicht mehr auf einem dualen<br />
System der Krankenversicherung aufbauen<br />
werde.<br />
Ein zentraler Kritikpunkt in der aktuellen<br />
Diskussion: Die „Gemeinsame Kommission“,<br />
die für Pflege und Weiterentwicklung der<br />
Gebührenordnung zuständig sein und dem<br />
Bundesgesundheitsministerium bzw. dem<br />
Gesetz- und Verordnungsgeber diesbezüglich<br />
Empfehlungen geben soll. „In dieser Kommission<br />
braucht es einheitliche Beschlüsse. Wenn<br />
bei vier Vertretern der Bundesärztekammer,<br />
zwei der Privaten Krankenversicherer und<br />
zwei der Beihilfeträger auch nur ein einziger<br />
Arzt mit einem Beschlussvorschlag nicht einverstanden<br />
ist, geht das Ganze ans Bundesgesundheitsministerium<br />
als Letztentscheider“,<br />
erläuterte Windhorst.<br />
Auch die geplante Neuregelung der Steigerungsmöglichkeiten<br />
bei der Rechnungsstellung<br />
sorgt bei manchen Ärztinnen und Ärzten<br />
für Unmut. Die Leistungsbewertungen der<br />
neuen GOÄ werden mit nicht unterschreitbaren<br />
Einfachsätzen festgelegt. Diese Einfachsätze,<br />
so Dr. Windhorst, entsprächen den über<br />
80 Prozent der bisher mit einem bis zu 2,3-fachen<br />
Steigerungssatz abgerechneten Leistungen.<br />
In besonderen Fällen solle auch eine<br />
Abrechnung von Leistungen mit dem Multiplikator<br />
2 möglich sein. Dieser sei gekoppelt mit<br />
einer Positivliste von Leistungen: „Begründete<br />
Rechnungen mit Leistungen von dieser Positivliste<br />
wollen die Versicherer schnell erstatten,<br />
sodass der Patient rasch sein Geld bekommt“,<br />
erklärte Dr. Windhorst. Abweichende<br />
Honorarvereinbarungen seien nach wie vor<br />
zulässig, erforderten aber schriftliche Begründungen.<br />
Keinesfalls werde die Gebührenordnung für<br />
Ärzte dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab<br />
aus dem Bereich der GKV-Patientenversorgung<br />
angeglichen, beruhigte der Kammerpräsident.<br />
Dafür gebe es eine Möglichkeit zur<br />
kontinuierlichen Begleitung und Anpassung<br />
der Gebührenordnung – damit nicht wieder<br />
Forderungen wie die nach einem 32-prozentigen<br />
Inflationsausgleich entstehen müssten.<br />
Vor allem aber sei wichtig, dass mit der neuen<br />
Gebührenordnung das bewährte Duale System<br />
der Krankenversicherung weiter erhalten<br />
werden könne, obwohl es in der Politik Bestrebungen<br />
gebe, eben dieses System aufzugeben.<br />
Doch über den Streit zum GOÄ-Entwurf werde<br />
die Zeit allmählich knapp, warnte Dr. Windhorst:<br />
Je näher zum Wahltermin 2017 der<br />
Entwurf in den Bundesrat komme, desto größer<br />
werde die Gefahr, dass das neue Regelwerk<br />
an den Vermittlungsausschuss überwiesen<br />
werde. Dann jedoch stünden die Chancen<br />
sehr schlecht, noch in dieser Legislaturperiode<br />
zu einem Ergebnis zu kommen.<br />
Haushalt für 2016 beschlossen<br />
Zweites großes Thema der letzten Kammerversammlung<br />
des Jahres waren die<br />
Entgegennahme der Jahresrechnung 2014<br />
und die Beratung und Verabschiedung des<br />
Ärztekammer-Haushalts für das Jahr 2016.<br />
Haushaltsausschuss-Vorsitzender Dr. Peter<br />
Czeschinski erläuterte, dass die Kammer<br />
auch im kommenden Jahr großen Wert auf<br />
sparsame Haushaltsführung lege. Dass das<br />
Haushaltsvolumen auf geplante Einnahmen<br />
und Ausgaben von rund 27,5 Mio. Euro wachse,<br />
sei auf die ebenfalls wachsenden Aufgaben<br />
der Kammer, z. B. die Durchführung der<br />
Fachsprachenprüfung, zurückzuführen. „Diese<br />
Steigerungen wirken sich nicht zulasten der<br />
Kammermitglieder aus.“<br />
Pflichtquartal Allgemeinmedizin<br />
im Praktischen Jahr abgelehnt<br />
Soll die Ärztekammer Westfalen-Lippe Bestrebungen<br />
unterstützen, ein obligates Ausbildungsquartal<br />
in der Allgemeinmedizin im<br />
Praktischen Jahr einzurichten? So schlug<br />
es ein Antrag von Rolf Granseyer und Peter<br />
Schumpich (Fraktion Hausarztliste) vor, der<br />
in der Kammerversammlung diskutiert wurde.<br />
Seit Oktober 2015 müssen für mindestens<br />
zehn Prozent der Studierenden eines Studienjahres<br />
PJ-Plätze in der Allgemeinmedizin<br />
zur Verfügung stehen, erläuterte PD Dr. Michael<br />
Böswald, Vorsitzender des Arbeitskreises<br />
„Hochschule, Ärztliche Ausbildung“ der<br />
Ärztekammer Westfalen-Lippe, die aktuelle<br />
Situation. Mit der Novellierung der Approbationsordnung<br />
2012 gebe es zwar nach wie<br />
vor ein Wahltertial Allgemeinmedizin, neu<br />
seien jedoch ein verpflichtendes zweiwöchi-<br />
01|16 <strong>WESTFÄLISCHES</strong> <strong>ÄRZTEBLATT</strong>