30.01.2016 Aufrufe

WESTFÄLISCHES ÄRZTEBLATT

32Ni5zOCN

32Ni5zOCN

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

KAMMER AKTIV 23<br />

ihn passenden Therapie zu helfen, seien in<br />

der Vergangenheit zunehmend eingeengt<br />

worden, stellte Dr. Wolfgang-Axel Dryden, 1.<br />

Vorsitzender des Vorstands der Kassenärztlichen<br />

Vereinigung Westfalen-Lippe, fest. Ärztinnen<br />

und Ärzte seien lange Zeit dem Druck<br />

drohender Wirtschaftlichkeitsprüfungen ausgesetzt<br />

gewesen, verbunden mit der Angst<br />

vor Regressforderungen, die selbst Medizinstudenten<br />

schon verinnerlicht hätten. Dass<br />

Richtgrößenprüfungen dank Versorgungsstärkungsgesetz<br />

in Westfalen-Lippe nun ab 2017<br />

Geschichte sein sollen, begrüßte Dryden. „In<br />

diesem Punkt bin ich Minister Gröhe sogar<br />

dankbar.“<br />

Mit den Krankenkassen in Westfalen-Lippe<br />

seien bereits Vereinbarungen auf den Weg<br />

gebracht worden, die „ärztlich verständliche“<br />

Kriterien an die Arzneimittelverordnung anlegten:<br />

„Stimmt die Struktur der Behandlung<br />

mit dem überein, was der Patient braucht?“<br />

Die Vereinbarung quantitativer und qualitativer<br />

Ziele diene dem Erhalt der Therapiefreiheit<br />

und sichere die Qualität der Arzneimittelversorgung<br />

für die Patienten. „Und die Krankenkassen<br />

erhalten für ihre Versicherten die<br />

notwendige und auch kostengünstige Versorgung.“<br />

„Lieber echte<br />

Versorgungslücken schließen”<br />

Die gesetzliche Verpflichtung, eine Terminservicestelle<br />

zur Vermittlung von Facharztterminen<br />

einzurichten, werde man erfüllen,<br />

sprach der 2. KVWL-Vorsitzende, Dr. Gerhard<br />

Nordmann, einen weiteren Punkt aus dem<br />

Versorgungsstärkungsgesetz an. Ab dem 23.<br />

Januar solle die Servicestelle startfähig sein<br />

und werde nachfragenden Patienten einen<br />

Termin anbieten. „Wir werden jedoch nicht<br />

Wunscharzt und Wunschzeit vermitteln“.<br />

Die Terminservicestellen verursachten hohe<br />

Bürokratiekosten – die KVWL rechne mit ca.<br />

1,5 Millionen Euro – ohne absehbaren Nutzen.<br />

„Die Politik hat mit großem Aufwand<br />

ein Problem geregelt, das es gar nicht gibt.“<br />

Nordmann betonte, dass die Servicestellen die<br />

vermittelten Termine aus freien Kapazitäten<br />

schöpften, die Fachärzte freiwillig melden sollen.<br />

Einen Zwang, bestimmte Zeiten für diesen<br />

Zweck zu reservieren, gebe es für Ärztinnen<br />

und Ärzte nicht. „Es wäre besser gewesen“, so<br />

Dr. Nordmanns Resümee zum neuen Gesetz,<br />

„echte Versorgungsprobleme und -lücken zu<br />

identifzieren und zu schließen“.<br />

Gesetz hat vieles in Bewegung gebracht<br />

„Das Versorgungsstärkungsgesetz hat vieles in<br />

Bewegung gebracht“, lobte CDU-Landtagsabgeordneter<br />

Oskar Burkert in der abschließenden<br />

Podiumsdiskussion und hob die Leistung<br />

des Bundesgesundheitsministers hervor, in<br />

so kurzer Zeit so viele Gesetze auf den Weg<br />

gebracht zu haben. Als weiteren Beitrag zur<br />

Stärkung der Versorgung benannte Burkert<br />

die Förderung des Arzt-Nachwuchses. Die<br />

Zugangsbedingungen zum Medizinstudium<br />

müssten geändert werden, dann gelinge es<br />

auch leichter, Ärzte für die Versorgung im<br />

ländlichen Raum zu gewinnen.<br />

Angebliche und tatsächliche Schwierigkeiten<br />

für Patienten, einen Facharzttermin zu erhalten,<br />

griff Dr. Klaus Reinhardt auf. Der Vizepräsident<br />

der Ärztekammer und Bundesvorsitzende<br />

des Hartmannbundes benannte als eine<br />

Ursache für Termin-Mangel den Umstand,<br />

dass viele Patienten unkoordiniert im Gesundheitssystem<br />

unterwegs seien. „Die Politik<br />

scheut sich aber, das beim Namen zu nennen.“<br />

Auch sei das Honorarsystem darauf angelegt,<br />

Fallzahlen zu produzieren. „Man sollte innehalten<br />

und über mögliche andere Formen der<br />

Honorierung sprechen.“<br />

Wären Krankenhäuser überhaupt in der Lage<br />

und willens, die über Terminservicestellen zusätzlich<br />

vermittelten Patienten zu versorgen?<br />

Selbstverständlich würden die Kliniken helfen,<br />

versicherte Matthias Blum, Geschäftsführer<br />

der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-<br />

Westfalen. Angesprochen auf die ohnehin<br />

schon langen Wartezeiten in vielen Ambulanzen<br />

verwies er darauf, dass hohes Patientenaufkommen<br />

und langes Warten durchaus einen<br />

Grund hätten: „Die Menschen kommen ja<br />

sogar schon während der Sprechstundenzeiten<br />

niedergelassener Ärzte ins Krankenhaus.“<br />

Der Gesetzgeber hätte noch weitaus stärkere<br />

planwirtschaftliche Elemente für das Gesundheitswesen<br />

vorsehen können, kommentierte<br />

Dr. Gerhard Nitz von der Rechtsanwaltskanzlei<br />

Dierks und Bohle (Berlin) den Vorstoß zur<br />

Einrichtung von Terminservicestellen. Bei aller<br />

Kritik: Die Lösung für die Kassenärztlichen<br />

Vereinigungen könne nur sein, die neuen Anforderungen<br />

zu erfüllen.<br />

„Eine gute neue Welt”<br />

Auch die Themen Therapiefreiheit und Arzneimittelverordnung<br />

fanden ihren Niederschlag<br />

in der Diskussion – unter den Zeichen des<br />

Versorgungsstärkungsgesetzes durchaus positiv:<br />

Auch Patientinnen und Patienten komme<br />

es zugute, wenn das Regressrisiko durch das<br />

Gesetz sinke, führte KVWL-Vorsitzender Dr.<br />

Dryden aus. Die Suche nach Folgeverordnern<br />

lasse sich so für sie vermeiden. Und auch Dirk<br />

Ruiss, Leiter der vdek-Landesvertretung ließ<br />

die Zufriedenheit der Krankenkassen mit der<br />

neuen Regelung durchscheinen. „In Zukunft<br />

kann breiter und umfassender gesteuert und<br />

besser informiert werden. Wir bewegen uns in<br />

eine gute neue Welt.“<br />

Geld ist wichtig — aber nicht alles<br />

Wenn nicht dem Gesundheitswesen zwischenzeitlich<br />

die Ärzte ausgehen. „Geld ist<br />

wichtig, wichtiger aber noch ist ein System,<br />

das für Ärzte nicht von vornherein vermint<br />

ist“, forderte Ärztekammerpräsident Dr. Theodor<br />

Windhorst angesichts der in Aussicht<br />

gestellten verstärkten Förderung von Weiterbildungsstellen<br />

in Arztpraxen. Aufgabe der<br />

Ärztekammer sei es, die Inhalte der Weiterbildung<br />

im ambulanten Bereich darzustellen.<br />

„Aber wir brauchen ein ganzes Paket von Initiativen,<br />

um den Berufsnachwuchs an die Hand<br />

zu nehmen. Auch die Förderung von Famulaturen<br />

in den Praxen gehört dazu.“ Windhorst<br />

gab zu bedenken, dass unter den Berufsstartern<br />

in den Kliniken bereits jetzt jeder Zweite<br />

sein Medizinstudium im Ausland abgeschlossen<br />

habe. Viele von ihnen, vermutete der<br />

Kammerpräsident, würden sich später nicht<br />

niederlassen. Seine Forderung: „Wir brauchen<br />

einen Systemwandel, der es ermöglicht, dass<br />

die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen<br />

ihre Arbeit schaffen können.“<br />

<strong>WESTFÄLISCHES</strong> <strong>ÄRZTEBLATT</strong> 01|16

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!