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zds#28

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8 | REPORTAGE<br />

Text: Carolin Hoffmann<br />

Fotos: Begüm Yücelay<br />

Reportage | 9<br />

Mehr ist<br />

nicht genug<br />

Zwischen Burn-out und Beschleunigung –<br />

wie es ist, ein Pastor zu sein<br />

Lorethy Starck betreut als Pastor drei Gemeinden der protestantischen<br />

Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten.<br />

Mit seinem weißen BMW-Kombi rast er über die<br />

A 28. Neben dem Schaltknüppel liegt sein Headset,<br />

falls noch ein Anruf kommt. Es ist zehn nach vier,<br />

heute stehen noch drei Termine an. Vor zehn wird<br />

er heute Abend nicht zu Hause sein. Morgen und<br />

übermorgen das Gleiche. Mit seiner Frau verbringt<br />

er nur wenig Zeit; sie arbeitet meist zu entgegengesetzten<br />

Zeiten. Er ist gestresst, sagt er, aber es sind<br />

nur kurze Augenblicke, in denen er es sich anmerken<br />

lässt. Noch zwölf Kilometer bis zu seinem Ziel.<br />

Nach anderthalb Stunden zurück nach Bremen –<br />

nächster Termin.<br />

Lorethy Starck wurde 1967 in einem kleinen<br />

Dorf in Nordrumänien geboren. Sein Vater war<br />

Schreiner, er selbst wollte Medizin oder Kunst studieren.<br />

Heute ist er Pastor, hat Psychologie studiert<br />

und betreut drei adventistische Gemeinden gleichzeitig,<br />

keine Seltenheit in der heutigen Zeit. Auf<br />

jeden Pastor kommen etwa 200 bis 300 Gemeindemitglieder.<br />

Ansprüche und Aufgaben wachsen,<br />

aber die Zeit bleibt die gleiche. Effizienzsteigerung<br />

und Zeitdruck machen auch vor der Kirche nicht<br />

Halt. Oft arbeitet Starck bis spät in den Abend, so<br />

wie heute. Er ist auf dem Weg zu einem Bibelkreis<br />

in Hude. Sein Thema: Leid, im Gedenken an den<br />

Flugzeugabsturz vor einigen Tagen.<br />

Das Gemeindehaus der Siebenten-Tags-Adventisten<br />

in Hude ist ein Einfamilienhaus mit Garten.<br />

Es wurde angemietet, als die Hauskreise der ländlichen<br />

Gemeinde zu groß geworden waren. Die Miete<br />

zahlen die Mitglieder der Freikirche, die keine<br />

Kirchensteuer bezieht und sich durch Spenden<br />

Er hat die Gabe, die<br />

Lauten zum Schweigen<br />

und die Leisen zum<br />

Reden zu bringen<br />

finanziert. Ihren Gottesdienst halten sie samstags<br />

ab, damit der Sabbat am siebenten Tag gewürdigt<br />

wird. So erklärt sich auch der Name der weltweit<br />

verbreiteten Glaubensgemeinschaft. Starck kam<br />

durch seine Wurzeln zu den Adventisten.<br />

Er ist etwas zu früh beim Bibelkreis. Als er den<br />

Raum betritt, hält er einen Moment inne. Er betrachtet<br />

eine Reihe von Porträtfotos an der Wand.<br />

Sie zeigen Kinder und Jugendliche, die der Pastor<br />

in dieser Kirche gesegnet hat. Starck erzählt, dass<br />

einige bereits studieren würden, andere seien im<br />

Ausland. Er kann sich gut an jeden Einzelnen erinnern,<br />

weiß ihre Spitznamen, kennt ihre Eigenheiten.<br />

Er selbst hat keine Kinder, nur einen Kater.<br />

Der Pastor tritt ans Rednerpult, sofort ist alle<br />

Aufmerksamkeit bei ihm. Er strahlt etwas Autoritäres<br />

aus, wie er vor der Gemeinde steht und mit<br />

den Gläubigen über Leid und Zufriedenheit diskutiert.<br />

Er hat die Gabe, die Lauten zum Schweigen<br />

und die Leisen zum Reden zu bringen. Er

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