ieren. Die Tsetse-Fliege überträgt die Schlafkrankheit auf den Menschen. Sterilisie rte Männchen sollen die Population reduz in west lichen Ländern. Nun verfolgen Forscher einen heiklen Plan: Sie wollen en – oder gleich ganz aussterben. Doch wie riskant sind die Eingriffe ins Erbgut? 30. September 2015 • <strong>profil</strong><strong>wissen</strong> 3 SCIENCE PICTURE COMPANY/CORBIS
BIOLOGIE Was die Forscher antreibt, ist vor allem die Angst vor zwei potenziell gefährlichen Kreaturen: vor Aedes aegypti und vor der Stechmückenart Anopheles, die die Malariaparasiten Plasmodien überträgt: Pro Jahr stecken die beiden Arten weltweit eine halbe Milliarde Menschen mit Malaria und Denguefieber an. Malaria fordert jährlich eine halbe Million Menschenleben, Dengue 300.000, Tendenz steigend. Denn Blutsauger wie Aegis aegypti leben nicht nur in fernen Ländern wie Thailand, Indien, Brasilien, Japan, den USA und der Karibik, sondern wurden auch schon in mehreren Ländern Europas entdeckt, weshalb Experten bereits vor neuen Seuchen auf dem Kontinent warnen (siehe Kasten). Insektizide machen den Mücken, die häufig in Containerschiffen und Flugzeugfrachträumen um die Welt reisen, immer weniger aus. Und ein wirksamer Impfstoff gegen Krankheiten wie Malaria und Dengue fehlt bis heute. Forscher, die das Basteln mit Genen fasziniert, hoffen auf die Designermücken als Ausweg aus der Krise – die Zweifel der Kritiker teilen sie nicht. „Menschen weltweit kritisieren unsere Produkte. Sie sehen die drastische Notlage der Menschen nicht, denen wir helfen können“, ärgert sich Tom Miller, Entomologe an der Universität von Kalifornien in Riverside und einer der Urväter der Insektenforschung mit genetisch modifizierten Organismen. Endlich können Moskitos vernichtet werden, ohne schädliche Pestizide zu versprühen, meint auch Hadyn Parry, der Leiter von Oxitec. „Weder unsere Mücken noch ihre Nachkommen überleben in der freien Natur. Sie verschwinden einfach spurlos“, sagt er und erklärt weitere Details seines Prinzips: Im Labor mischen Forscher den Männchen das Antibiotikum Tetrazyklin ins Zuckerwasser – als Mittel gegen das Todesgen. Weil sie allerdings nach ihrer Freilassung dieses Medikament nicht mehr bekommen, geht ihr Leben nach der Paarung schnell zu Ende. Oxitec konnte die Wirksamkeit der OX513A-Mücken mehrmals unter Beweis stellen: Bei kontrollierten Freilandversuchen in Ländern wie Brasilien, Malaysia und auf den Cayman-Inseln gelang es dem Unternehmen, eine Reduktion der wilden Aedes-aegypti-Population um durchschnittlich 90 Prozent zu erreichen. Es ist nicht das erste Mal, dass Wissenschafter den Sex Drive der Insekten zur Artenvernichtung benutzen. Eingeführt wurde diese Methode vor 50 Jahren zur Bekämpfung der Schraubenwurmfliege, deren Larven sich in die Wunden von Kühen in den amerikanischen Südstaaten fraßen. Initiator der ungewöhnlichen Aktion war Edward Knipling, der Chef der Abteilung für Insektenforschung im US-Landwirtschaftsministerium. Er setzte eine neue Art der Schädlichkeitsbekämpfung durch, die sich von allen anderen Methoden radikal unterschied: Statt so viele Schädlinge Die Gelbfiebermücke (Aedes aegypti) infiziert Millionen von Menschen mit West-Nil-Fieber, Chikungunya und Dengue. GEORGE CHURCH (oben), HADYN PARRY Harvardprofessor Church will eine weltweite Diskussion über gentechnisch veränderte Insekten, Oxitec-Chef Parry bekämpft Gelbfiebermücken mit Killermoskitos. 86 <strong>profil</strong><strong>wissen</strong> 3 • 30. September 2015