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G\'sungen & G\'spielt 4/2015

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INT´RESSANTERWEIS<br />

„STILLE NACHT“ AM BROADWAY<br />

Wie das bekannte Weihnachtslied von der Familie Rainer<br />

aus Fügen 1839 nach Amerika getragen wurde<br />

Text: Bernhard Rangger<br />

Die Ur-Rainer, ein Stich aus<br />

dem Jahr 1827 (Museum in der<br />

Widumspfiste, Fügen)<br />

Der Anlass für die Entstehung des<br />

heute in über hundert Sprachen<br />

übersetzten Liedes „Stille Nacht, heilige<br />

Nacht“ war die alte Oberndorfer Orgel<br />

in Salzburg. Sie war im Jahr 1818<br />

– ausgerechnet zu Weihnachten – unbrauchbar<br />

geworden. Ihr Spiel wollten<br />

der Pfarrer Joseph Mohr und der Lehrer<br />

Franz Gruber durch ein improvisiertes<br />

Lied ersetzen. Als dann 1819 der bekannte<br />

Zillertaler Orgelbauer Karl Mauracher<br />

aus Kapfing bei Fügen die Orgel<br />

in Oberndorf reparierte, sang man ihm<br />

das neue Weihnachtslied vor. Mauracher<br />

wäre kein sangesfreudiger Zillertaler<br />

gewesen, hätte er nicht sofort Text und<br />

Melodie des Liedes aufgeschrieben. So<br />

brachte er das Weihnachtslied als Erster<br />

von seinem Entstehungsort ins Zillertal.<br />

Die Familie Mauracher verlegte später<br />

die Orgelwerkstätte nach Salzburg. Karl<br />

Mauracher aber lebt im Gedenken der<br />

Zillertaler nicht so sehr als Orgelbauer,<br />

sondern viel mehr als Überbringer des<br />

Liedes „Stille Nacht“, dessen Schönheit<br />

er als Erster erkannte, weiter.<br />

„Stille Nacht“ für russischen Zar<br />

Im Zillertal begann damals gerade die<br />

große Zeit der Nationalsänger. Die Zillertaler,<br />

die bisher als Händler mit Handschuhen<br />

und Ölen kreuz und quer durch<br />

die deutschen und europäischen Länder<br />

gezogen waren, wurden zu Boten des<br />

Tiroler Liedes und überall ihrer schönen<br />

Stimmen wegen gefeiert. Neben den<br />

Geschwistern Strasser teilte Karl Mauracher<br />

das Lied auch den Sängern der<br />

Familie Rainer mit.<br />

Als im Winter 1822 Kaiser Franz I. von<br />

Österreich und Zar Alexander I. von<br />

Russland im alten Fügener Schloss als<br />

Gäste des Kammerherrn Graf Ludwig<br />

von Dönhoff weilten, sangen die Rainer<br />

das Weihnachtslied auch den Majestäten<br />

vor. Sie hatten sich wegen Angst<br />

und Lampenfieber hinter einem Vorhang<br />

aufgestellt, aber der Zar war von<br />

ihrem Gesang so begeistert, dass er sie<br />

hervorholte und zu einem Besuch nach<br />

Petersburg einlud. Den Zaren sahen die<br />

Rainers nicht mehr, aber nach Russland<br />

kamen sie trotzdem, deshalb liegt die<br />

Vermutung nahe, dass sie es gewesen<br />

sein dürften, die das neue Weihnachtslied<br />

dorthin brachten. Zwar konnte der<br />

Großteil der St. Petersburger den deutschen<br />

Text nicht verstehen, aber da fand<br />

man alsbald einen „Dolmetscher“, der<br />

es ins Russische übersetzte.<br />

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G‘SUNGEN & G‘SPIELT | 40. JAHRGANG | HEFT 04 | DEZEMBER <strong>2015</strong>

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